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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 05.04.2000
Aktenzeichen: 9 U 203/99
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 278
BGB § 607
ZPO § 97
ZPO § 91 a
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Verlangt eine Bank als Voraussetzung für die Beantragung öffentlicher Förderdarlehen eine Rentabilitätsvorschau, so begründet dies allein keinen Unternehmensberatungsvertrag mit dem Kreditnehmer.
Oberlandesgericht Stuttgart - 9. Zivilsenat - Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 9 U 203/99

Verkündet am: 5.4.2000

In Sachen

wegen Eigentumsherausgabeanspruch und Darlehen

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 8.3.2000 unter Mitwirkung von

Richter am Oberlandesgericht Ehmann, Richter am Oberlandesgericht Böhm und Richterin am Oberlandesgericht Weitbrecht

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Rottweil vom 10.9.1999 wird zurückgewiesen.

2. Von den Gerichtskosten des Berufungsverfahrens tragen der Beklagte Ziff. 1 60 %, die Beklagte Ziff. 2 3 % und die Beklagten Ziff. 1 und 2 als Gesamtschuldner 37 %.

Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen der Beklagte Ziff. 1 63 %, die Beklagte Ziff. 2 3 % und die Beklagten Ziff. 1 und 2 als Gesamtschuldner 34 %.

Die Beklagten tragen ihre eigenen außergerichtlichen Kosten.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte Ziff. 1 darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 340.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Beklagte Ziff. 2 darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 150.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Streitwert des Berufungsverfahrens:

Verfahren gegen den Beklagten Ziff. 1 bis zur Erledigungserklärung: 353.109,87 DM danach: 323.109,87 DM

Verfahren gegen die Beklagte Ziff. 2: 133.707,86 DM

Streitwert insgesamt bis zur Erledigungserklärung: 363.707,86 DM danach: bis 340.000,00 DM

Beschwer der Beklagten: 333.707,86 DM

Die Klägerin verlangt die Rückzahlung von Darlehen, die sie teils den Beklagten gemeinsam, teils einzeln als Privatdarlehen und dem Beklagten Ziff. 1 allein als Betriebskredite für ein von ihm betriebenes Unternehmen gewährt hat.

Im einzelnen handelt es sich um folgende Darlehen:

||||||||

Datum des Darlehensvertrages|Kontoart|Kontonummer|Abwicklungskonto|Darlehensschuldner|Darlehensbetrag|Saldo bei Kündigung|Klagebetrag|1. 09.12.1982|Girokonto|867906|419220|Beklagter zu 1)| |51.112,66 DM|50.000,00 DM|2. 12.05.1987|Darlehen|7814945|419172|beide Beklagten|68.000,00 DM|39.664,92 DM|39.664,92 DM|3. 14.09.1989|Darlehen|7828993|419196|beide Beklagten|10.000,00 DM|4.041,19 DM|4.041,19 DM|4. 14.11.1990|Darlehen|7858073|419206|beide Beklagten|30.000,00 DM|20.993,61 DM|20.993,61 DM|5. 19.03.1996|Girokonto|455648|419141|Beklagter zu 1)| |303.418,62 DM|50.000,00 DM|6. 03.04.1996|Darlehen|782798|419189|beide Beklagten|30.000,00 DM|28.708,64 DM|28.708,64 DM|7. 28.05.1996|Darlehen|7850246|419665|Beklagter zu 1)|79.000,00 DM|67.280,61 DM|50.000,00 DM|8. 31.10.1996| Darlehen|786895|419165|Beklagter zu 1)|70.000,00 DM|64.431,72 DM|50.000,00 DM|9. 20.06.1997|Darlehen|786198|419213|beide Beklagten|30.000,00 DM|30.137,52 DM|30.137,52 DM|10. 15.12.1993|Girokonto|849913|419134|Beklagte zu 2)| |10.626,69 DM|10.626,69 DM

Bei den Darlehen Ziff. 2 bis 4, 6 und 9 handelt es sich um Realkredite, die Darlehen Ziff. 1 und 10 sind private Kontokorrentkredite, während die übrigen Darlehen betriebliche Darlehen sind, die im Wege einer Teilklage geltend gemacht werden.

Zusätzlich verlangte die Klägerin die Herausgabe von sicherungsübereigneten Maschinen. Diese Maschinen sind aufgrund des in erster Instanz ergangenen Versäumnisurteils vom 1.4.1999 verwertet worden, weshalb beide Parteien in der Berufungsinstanz in der letzten mündlichen Verhandlung insoweit die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache erklärt haben. Die Maschinen sicherten die Betriebsmitteldarlehen.

Im Herbst 1995 beabsichtigte der Beklagte Ziff. 1, ein gewerbliches Unternehmen zu gründen, das sich mit der Herstellung von Präzisionsdrehteilen beschäftigte. Aus diesem Grunde trat er an die Klägerin heran mit der Bitte, ihm ein Darlehen in Höhe von 750.000,00 bis 800.000,00 DM zu gewähren unter Einbeziehung zinsgünstiger öffentlicher Fördermittel. Die Klägerin lehnte es jedoch ab, einen über 500.000,00 DM hinausgehenden Kredit zu gewähren. Sie begründete dies damit, daß öffentliche Fördermittel nur in begrenztem Umfang zur Verfügung stünden und die Restfinanzierung über die Klägerin sich nicht tragen würde. Sie forderte den Beklagten Ziff. 1 auf, eine neue Kapitalbedarfsplanung vorzunehmen, die dieser auch durch einen von der Klägerin empfohlenen Steuerberater fertigen ließ. Danach brauchte der Beklagte Ziff. 1 zur Betriebsführung ein Kapital von 488.000,00 DM für das erste Kreditjahr. Diesen Betrag erhielt der Beklagte Ziff. 1 teils durch öffentliche Förderdarlehen, teils durch Darlehen der Klägerin bzw. durch Einräumung eines Kontokorrentkredits.

Am 1.4.1996 nahm das Unternehmen des Beklagten die Geschäftstätigkeit auf. Da die öffentlichen Fördermittel zu diesem Zeitpunkt noch nicht zur Verfügung gestanden hatten, gewährte die Klägerin dem Beklagten Ziff. 1 ein Vorschaltdarlehen über 322.060,00 DM nebst 9,5 % Zinsen p.a. Nach Auszahlung der Fördermittel wurde dieses Darlehen getilgt.

Das Unternehmen des Beklagten Ziff. 1 scheiterte. Da die Beklagten weder auf ihre privaten Darlehen noch der Beklagte Ziff. 1 auf die Betriebsmitteldarlehen Zahlungen leisteten, kündigte die Klägerin jeweils am 21.7.1998 sämtliche Darlehen zum 4.8.1998. In der Folgezeit verlangte sie die Herausgabe der sicherungsübereigneten Maschinen.

Die Klägerin hat vorgetragen, sie treffe kein Verschulden am Scheitern des Betriebes des Beklagten Ziff. 1. Die Auszahlung der Fördermittel hätte sich bis Juni 1996 hingezogen, weil zunächst die von den Beklagten angebotenen Sicherheiten den Bewilligungsstellen nicht genügt hätten. Die tilgungsfreie Zeit des ERP-Darlehens von nur einem Jahr sei deshalb beantragt worden, weil dies vom Steuerberater des Beklagten Ziff. 1 in der Rentabilitätsvorschau so vorgesehen gewesen sei.

In vier Klagen hat die Klägerin die Herausgabe des Sicherungsgutes verlangt sowie die Rückzahlung der gewährten Darlehen. Das Landgericht hat die Klagen zu einem Verfahren miteinander verbunden.

Die Klägerin hat ursprünglich beantragt:

1. Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin folgende Gegenstände herauszugeben:

a) CNC Drehzentrum Citizen Boley Nr. 8134 nebst Lademagazin Nr. 0062609

b) Drehautomat Strohm M 105 mit Magazin EN 6149

c) Drehautomat Strohm M 105 ohne Magazin EN 4106

d) Drehautomat Strohm M 125 ohne Magazin NA 6565

e) Revolverdrehautomat MAS 20 mit Zubehör 8BBJ 1995/2765

f) CNC-gesteuerter Citizen-Automat BJ/1989/R3334

g) Meßprojektor Maschinen-Nummer VB 300

h) Drehmaschine Strohm M 255 Maschinen-Nummer 255 Z 842

i) Drehmaschine Strohm M 205 Maschinen-Nummer 205 Z 369

j) Teile Waschanlage Typ AGI-DIP 400

k) Basic-Standarddrehmaschine, Maschinen-Nr. 108462 nebst Zubehör, bestehend aus 3-Backenfutter, 160 mm, Planscheibenfutter, 200 mm, Aufspannscheibe, 123 mm, Wechselräder, Vierfach-Stahlhalter, Spänewand, Untergestell, Reduzierhülsen, feste Spitzen, Gewindeuhr, Bedienwerkzeug.

2. Der Beklagte zu 1) wird weiter verurteilt, an die Klägerin 200.000,00 DM nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank ab dem 21. August 1998 sowie 60,00 DM Abwicklungsgebühr zu zahlen.

3. Der Beklagte zu 1) wird weiter verurteilt, an die Klägerin 10.597,99 DM nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank ab dem 21. August 1998 sowie 60,00 DM Abwicklungsgebühr zu zahlen.

4. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 123.109,87 DM nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank ab dem 21. August 1998 sowie 60,00 DM Abwicklungsgebühr zu zahlen.

Versäumnisurteil vom 1.4.1999 hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Hiergegen haben die Beklagten fristgerecht Einspruch eingelegt.

Die Klägerin hat daraufhin beantragt,

das Versäumnisurteil vom 1.4.1999 aufrechtzuerhalten.

Die Beklagten haben beantragt,

das Versäumnisurteil vom 1.4.1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben vorgetragen, die Existenzgründung des Beklagten Ziff. 1 sei durch Finanzierungsberatungsfehler der Klägerin erfolglos geblieben. Aus diesen Gründen seien sie auch nicht mehr in der Lage, ihre Verpflichtungen aus den Privatdarlehen zu erfüllen.

Die Klägerin habe den Beklagten Ziff. 1 zur Führung seines Betriebes von Anfang an nicht mit ausreichendem Kapital versorgt. Tatsächlich habe der Kapitalbedarf nämlich bei 543.000,00 DM gelegen. Die Klägerin hätte entsprechend höhere Fördermittel beantragen müssen. Zusätzlich habe die Klägerin, um von eigener Darlehensgewährung zu profitieren, die Auszahlung verzögert, um den Beklagten Ziff. 1 in die Notwendigkeit zu versetzen, das hochverzinste Vorschaltdarlehen bei der Klägerin aufzunehmen. Schließlich sei das Scheitern der Existenzgründung auch darauf zurückzuführen, daß die Klägerin die ERP-Mittel nur mit einer tilgungsfreien Laufzeit von 1 Jahr beantragt habe, während tilgungsfreie Laufzeiten von bis zu 3 Jahren möglich gewesen seien.

Mit Urteil vom 10.9.1999 hat das Landgericht das Versäumnisurteil aufrechterhalten. Auf den Inhalt des Urteils wird verwiesen.

Gegen das ihnen am 15.10.1999 zugestellte Urteil legten die Beklagten am 15.11.1999 Berufung ein und begründeten diese innerhalb verlängerter Frist am 17.1.2000.

Die Beklagten rügen die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das Landgericht und tragen in der Sache vor, die Kreditkündigungen vom 21.7.1998 seien zur Unzeit erfolgt. Die privaten Darlehen hätten nur minimalste Rückstände aufgewiesen. Bei einem Gesamtbetrag von ca. 123.000,00 DM seien nur Rückstände in Höhe von 4.226,08 DM vorhanden gewesen.

Die Beklagten sind der Ansicht, die Klägerin schulde ihnen Schadensersatz wegen falscher Finanzierungs- und Unternehmensberatung. Es sei die Klägerin gewesen, die vom Beklagten Ziff. 1 den Wechsel des Steuerberaters verlangt habe. Sie habe die Beauftragung des Steuerberaters gefordert. Fehlerhafte Berechnungen des Steuerberaters müßte sich die Klägerin daher nach § 278 BGB zurechnen lassen.

Die Klägerin hätte den Beklagten sagen müssen, welche Rentabilitätsvorschau gefertigt werden müsse und welche Umsätze ermittelt werden sollten. Es sei ihre Aufgabe gewesen, den notwendigen Finanzierungsbedarf des Unternehmens zu ermitteln und das Unternehmen mit den erforderlichen Finanzmitteln auszustatten. Diese Verpflichtungen habe sie schon deshalb getroffen, weil sie sich als Kundenberaterbank ausgegeben habe.

Ihre Fehler im einzelnen seien gewesen:

a) Der gesamte Kapitalbedarf habe bei 488.000,00 DM gelegen. Die Klägerin habe aber an Fördermitteln nur 428.000,00 DM beantragt und 60.000,00 DM als Eigenkapital angegeben, um diese selbst, natürlich teurer, als Darlehen zu gewähren. Nach dem Finanzbedarf hätte sie wenigstens 53.696,00 DM mehr beantragen müssen. Auf die Berechnung im einzelnen (Bl. 164 d.A.) wird hingewiesen.

b) Für ein ERP-Darlehen sei eine Laufzeit von ca. 15 Jahren möglich. Tatsächlich habe die Klägerin aber nur eine 10-jährige Laufzeit beantragt und statt drei nur ein tilgungsfreies Jahr. Der Vorteil für das Unternehmen hätte bei richtiger Beantragung in der Streckung der Zins- und Tilgungsbelastung gelegen.

c) Die Klägerin habe den Beklagten Ziff. 1 nicht darüber informiert, welche Sicherheiten zu stellen waren. Dadurch habe sie das Vorschaltdarlehen längere Zeit gewähren können mit der Folge, daß den Beklagten Ziff. 1 ein höherer Zinsaufwand getroffen habe. Im übrigen hätten die Fördermittel nicht zur Tilgung des Vorschaltdarlehens verwendet werden dürfen. Die Fördermittel seien im Februar und April 1996 bewilligt, aber erst im Sommer 1996 ausbezahlt worden. Statt dessen habe der Beklagte Ziff. 1 auf das Vorschaltdarlehen 9,5 % Zinsen p.a. zahlen müssen.

Die Rentabilitätsvorschau des Steuerberaters habe nach der geplanten Umsatzentwicklung akzeptable Betriebsergebnisse gebracht. Wegen der falschen Finanzierungsplanung seien diese Ergebnisse aber nicht erzielbar gewesen. Der Betrag von 488.000,00 DM sei für die Investitionen bis zur Aufnahme der Geschäftstätigkeit erforderlich gewesen. Zusätzlicher Kapitalbedarf habe aber für die Anlauf- und Aufbauphase bestanden, worauf die Klägerin nicht hingewiesen habe. Auch hierfür hätte sie öffentliche Fördermittel beantragen müssen.

d) Die Klägerin habe nicht berücksichtigt, daß auch Markterschließungskosten anfallen würden.

Infolgedessen müsse die Klägerin die Beklagten von ihren Verbindlichkeiten freistellen. Die Klägerin sei nämlich verpflichtet gewesen, die Kreditwünsche des Beklagten Ziff. 1 zurückzuweisen. Zum Zeitpunkt der Verhandlungen über die Betriebsmitteldarlehen hätten die Beklagten nur ihre zur Finanzierung eines Hausbaus aufgenommenen privaten Kredite gehabt. Diese Kredite hätte der Beklagte Ziff. 1 zurückführen können, weil er als Industriemeister jederzeit einen entsprechend hohen Verdienst im Anstellungsverhältnis hätte erzielen können. Der Schaden bestehe daher darin, daß die Geschäftskredite überhaupt in Anspruch genommen worden seien.

Nachdem die Parteien den Rechtsstreit für erledigt erklärt haben, soweit die Klägerin das Sicherungsgut herausverlangt hatte, beantragen die Beklagten:

Das Urteil des Landgerichts Rottweil - 2. Zivilkammer -, verkündet am 10.9.1999 - AZ.: 2 O 1038/98 -, wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin trägt vor, sie habe eine Rentabilitätsvorschau verlangt, weil dies Voraussetzung für die Gewährung von öffentlichen Fördermitteln sei. Der Beklagte Ziff. 1 habe sich bei ihr nach einem kompetenten Fachmann erkundigt, weshalb sie zwei Steuerberater genannt habe, wozu auch der Steuerberater L gehört habe.

Keinesfalls habe sie die Beschäftigung eines bestimmten Steuerberaters gefordert.

Da der Steuerberater des Beklagten Ziff. 1 für das ERP-Darlehen nur ein tilgungsfreies Jahr in der Rentabilitätsvorschau vorgesehen hatte, habe sie auch nur ein tilgungsfreies Jahr beantragt.

Die Auszahlungen der Fördermittel seien von der gleichfalls beantragten Bürgschaftserklärung der Bürgschaftsbank abhängig gewesen. Im März 1996 habe die Bürgschaftsbank der Klägerin mitgeteilt, die angebotenen Sicherheiten seien nicht ausreichend. Sie habe eine weitere Grundschuld in Höhe von 100.000,00 DM auf dem Wohnhaus der Beklagten Ziff. 2 gefordert und eine Höchstbetragsbürgschaft der Beklagten Ziff. 2 in Höhe von 50.000,00 DM. Die Grundschuld sei am 7.5.1996 bestellt worden. Die Beklagte Ziff. 2 habe sich aber anfangs gegen die Bürgschaftserklärung und die Grundschuldbestellung zur Wehr gesetzt. Auch die von der Deutschen Ausgleichsbank verlangte Mitverpflichtung der Beklagten Ziff. 2 sei anfangs verweigert worden. Die Bürgschaftserklärung sei dann von der Beklagten Ziff. 2 am 20.8.1996 unterzeichnet worden.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sachvortrags wird auf die im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze der Parteivertreter nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Die Beklagten sind nach § 607 BGB verpflichtet, die jeweils von ihnen privat aufgenommenen Kredite zurückzuzahlen. Der Beklagte Ziff. 1 ist darüber hinaus verpflichtet, die für die Unternehmensgründung gewährten Kredite zurückzuführen. Schadensersatzansprüche, die sie von diesen Verpflichtungen befreien könnten, bestehen nicht.

1.

Den Beklagten stehen keine Schadensersatzansprüche wegen einer etwaigen Kündigung zur Unzeit zu. Es liegt keine Kündigung zur Unzeit vor. Nach Nr. 26 der AGB für Sparkassen darf die Sparkasse fristlos aus wichtigem Grund kündigen, wenn eine wesentliche Verschlechterung oder eine erhebliche Gefährdung der Vermögensverhältnisse des Kunden eintritt, insbesondere wenn der Kunde die Zahlungen einstellt. Bei allen Krediten waren die Beklagten mit mehr als drei Ratenzahlungen in Verzug. Das Geschäftsgirokonto des Beklagten Ziff. 1 war mit über 300.000,00 DM im Soll, das Girokonto der Beklagten Ziff. 2 mit dem eingeklagten Betrag. Die Beklagten tragen nicht vor, daß sie eine weitere Geldquelle gehabt hätten, aus der sie die fälligen Raten in Zukunft und für die Vergangenheit noch hätten bezahlen können.

Das Verbot der Kündigung zur Unzeit soll insbesondere verhindern, daß der Kündigungsempfänger nicht derart überrascht wird, daß es ihm nicht möglich ist, die Darlehensvaluta rechtzeitig anderweitig zu besorgen. Die Beklagten tragen jedoch nicht vor, und dies wäre auch zu bezweifeln, daß sie andere Darlehensgeber gefunden hätten, wenn sie rechtzeitig vor der Kündigung von der Klägerin zur Zahlung aufgefordert worden wären. Auch der Einwand der Beklagten, der Beklagte Ziff. 1 hätte als angestellter Industriemeister weiterzahlen können, ist rein hypothetisch. Vor der Unternehmensgründung war der Beklagte Ziff. 1 bereits in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts tätig gewesen und hatte sich von dem einzigen anderen Gesellschafter trennen wollen. Er hatte daher mit der Unternehmensgründung keinen sicheren Arbeitsplatz aufgegeben. Er trägt auch nicht vor, daß er sich bei rechtzeitiger Warnung um eine Arbeitsstelle bemüht und diese auch erhalten hätte. Tatsächlich hatte er sich von Anfang an gegen die Herausgabe des Sicherungsgutes damit gewehrt, daß er diese Geräte zur Weiterführung seines defizitären Unternehmens benötige. Die Kreditkündigungen, selbst wenn sie die Beklagten überrascht haben mögen, haben daher keinen Schaden verursacht.

2.

Die Klägerin schuldet den Beklagten auch nicht Schadensersatz wegen einer falschen Finanzierungs- oder Unternehmensberatung. Mit der Kreditanfrage durch den Beklagten Ziff. 1 und den sich anschließenden Verhandlungen darüber, wie der Kredit am zinsgünstigsten beschafft werden könnte, war zwischen dem Beklagten Ziff. 1 und der Klägerin ein Finanzierungsberatungsvertrag zustandegekommen. Danach war die Klägerin verpflichtet, alle in Betracht kommenden Finanzierungsmodelle vorzustellen und dem Beklagten Ziff. 1 deren Vor- und Nachteile umfassend, richtig und verständlich zu erläutern sowie auf etwaige Bedenken hinzuweisen (OLG Celle VuR 99, 449 f, 450; WM 1993, 2082). Sie hatte dabei erschöpfend die Möglichkeiten der öffentlichen Förderung dem Beklagten Ziff. 1 mitzuteilen.

Keinesfalls aber war die Klägerin verpflichtet, den Beklagten Ziff. 1 unternehmerisch zu beraten. Planung, Aufbau und Führung des Unternehmens geschahen im Rahmen der Verwendung des Darlehens. Das Verwendungsrisiko trägt aber der Beklagte Ziff. 1 als Darlehensnehmer allein. Der Beklagte Ziff. 1 trägt auch keine Tatsachen vor, aus denen auf den Abschluß eines Unternehmensberatungsvertrages zwischen den Parteien geschlossen werden könnte. Ein solcher Vertragsabschluß ergibt sich auch nicht aus seinem Vortrag, die Klägerin habe den Einsatz des Steuerberaters verlangt. Zum einen ist dieser Vortrag von der Klägerin substantiiert bestritten worden und vom Beklagten Ziff. 1 nicht bewiesen, zum anderen wäre ein solches Verlangen auch nicht geeignet, den Abschluß eines Unternehmensberatungsvertrages anzunehmen. Der Beklagte Ziff. 1 trägt nicht vor, wie es zu dem von ihm behaupteten Verlangen gekommen ist. Nach dem Vortrag der Klägerin hatte sie eine Rentabilitätsvorschau gefordert als Voraussetzung für die Beantragung der öffentlichen Förderdarlehen. Damit hatte sie nicht etwa ein Angebot zum Abschluß eines Unternehmensberatungsvertrages abgegeben, sondern auf Mitwirkungspflichten des Beklagten Ziff. 1 bei der Krediterlangung hingewiesen. Die Klägerin haftet daher auch nicht für ein möglicherweise vorhandenes Fehlverhalten des Steuerberaters denn nicht die Klägerin, sondern der Beklagte Ziff. 1, der die Einreichung der Rentabiliitätsvorschau schuldete, hatte diesen zur Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten eingesetzt.

Sollte der Steuerberater daher den Kapitalbedarf des Unternehmens zu niedrig bemessen haben, trifft die Klägerin hierfür keine Haftung.

Würden die Vorwürfe der Beklagten, die Klägerin habe die Fördermittel nicht in der möglichen Höhe und für die mögliche Zeit beantragt, zutreffen, so würde die Klägerin zwar wegen schuldhafter Verletzung des Finanzierungsberatungsvertrages haften, gleichwohl war den Beklagten ein Schadensersatzanspruch nicht zuzusprechen.

Die Beklagten haben nämlich weder die Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem Scheitern des Unternehmens noch die Schadenshöhe substantiiert dargestellt, obwohl sie hierauf durch das landgerichtliche Urteil hingewiesen worden waren. Der Ansicht der Beklagten, die Klägerin trage die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß die Vertragsverletzungen nicht ursächlich für das Scheitern des Unternehmens gewesen seien, ist nicht zuzustimmen. Auch im Rahmen der positiven Vertragsverletzung hat der Anspruchsteller die objektive Pflichtverletzung und deren Kausalität für den Schaden darzulegen und zu beweisen. Dasselbe gilt für den Eintritt und die Höhe des Schadens.

Die Beklagten äußern sich weder zur Laufzeit des die Kosten erhöhenden Vorschaltdarlehens, noch berechnen sie die Mehrausgaben. Auch stellen sie nicht dar, weshalb das Fehlen eines angeblich zusätzlich benötigten Betrages in Höhe von ca. 54.000,00 DM sich so negativ auf den Geschäftsverlauf ausgewirkt habe, daß das Unternehmen aus diesem Grunde von Anfang an zum Untergang verurteilt gewesen ist. Dasselbe gilt für die Bemessung der tilgungsfreien Zeit hinsichtlich des ERP-Darlehens. Anlaß für einen dahingehenden substantiierten Vortrag, in welcher Weise die behaupteten Beratungsfehler das Schicksal des Unternehmens beeinflußt haben, hatten sie deshalb, weil sich aus der Analyse des Unternehmensberaters (Bl. 91 d.A.) ergibt, daß das Unternehmen in der Zeit von 1996 bis 1997 erhebliche Verluste erwirtschaftet hatte, die auf der Relation niedriger Umsätze und hoher Kosten beruht haben. Der Unternehmensberater hatte die Ursache vor allem in einer falschen Kalkulation gesehen. Nach seiner Darstellung waren die ermittelten Stundensätze hinter den Verrechnungspreisen zurückgeblieben und die Zahl der Aufträge zu gering gewesen, um einen kostendeckenden Umsatz zu erwirtschaften. Hier hätte der Beklagte Ziff. 1 im einzelnen vortragen müssen, daß entgegen den Ausführungen des Unternehmensberaters S die höheren Kreditkosten und die unzureichende Kreditmittelgewährung den Ausschlag für die erwirtschafteten Verluste gegeben hatten.

Entgegen der Ansicht der Beklagten besteht der Schaden des Beklagten Ziff. 1 nicht in einem Vergleich seiner Vermögenslage vor Eröffnung und nach Beendigung des Geschäftsbetriebes. Er hatte das Unternehmen gegründet, obwohl die Klägerin von Anfang an klargestellt hatte, daß sie den begehrten Kredit in Höhe von ca. 800.000,00 DM nicht gewähren würde und der Kredit nicht höher als 500.000,00 DM betragen dürfe. Wären die Kreditmittelkosten günstiger und höher gewährt worden, hätte er den Betrieb erst recht eröffnet.

Keineswegs wäre die Klägerin gehalten gewesen, die Kreditwünsche des Beklagten Ziff. 1 insgesamt zurückzuweisen. Auch im Rahmen der Finanzierungsberatung hatte sie nicht die Aufgabe, den Kreditmittelbedarf des Unternehmens zu errechnen. Der Beklagte Ziff. 1 hatte den Bedarf mitzuteilen, die Klägerin hatte lediglich die günstigste Finanzierungsart aufzuzeigen.

3.

Das Wertpapierhandelsgesetz findet entgegen der Ansicht der Beklagten auf das hier vorliegende Rechtsverhältnis keine Anwendung.

Die Berufung war daher zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97, 91 a ZPO. Die Klage auf Herausgabe des Sicherungsgutes war bei ihrer Erhebung zulässig und begründet und hatte sich nach übereinstimmender Erklärung der Parteien nur durch die Verwertung erledigt. Gemäß § 91 a ZPO hat daher der Beklagte Ziff. 1 die insoweit entstandenen Kosten allein zu tragen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10,711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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