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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 28.03.2001
Aktenzeichen: 9 U 205/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 608
BGB § 1193
BGB § 197
BGB § 198
ZPO § 281 Abs. 3 Satz 2
ZPO § 506
ZPO § 307 Abs. 1
ZPO § 197
ZPO § 92 Abs. 2
ZPO § 4
ZPO § 708 Nr. 1
ZPO § 10
ZPO § 711
1. Die Fälligkeit von Zinsen aus einer Sicherungsgrundschuld ist nach § 608 BGB analog zu beurteilen.

2. Die Kostenregelung des § 281 Abs. 3 Satz 2 ZPO ist auf den Fall der nachträglich eingetretenen sachlichen Unzuständigkeit i.S. des § 506 ZPO nicht anzuwenden.


Oberlandesgericht Stuttgart - 9. Zivilsenat - Im Namen des Volkes Teil-Anerkenntnis- und Schluß-Urteil

Geschäftsnummer: 9 U 205/00

Verkündet am: 28. März 2001

In der Berufungssache

wegen Duldung der Zwangsvollstreckung

hat der 9 Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 07. März 2001 unter Mitwirkung von

Vors. Richter am OLG Dr. Keihl Richter am OLG Ehmann Richter am OLG Böhm

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlußberufung der Klägerin wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Ravensburg vom 26.09.2000 geändert und wie folgt gefaßt:

a) Das Anerkenntnisurteil des Amtsgerichts Bad Saulgau vom 31.05.2000 (1 C 134/2000) wird aufgehoben und die Klage abgewiesen soweit Zinsen für die Zeit vom 27.11.1986 bis 31.12.1994 zuerkannt sind; im übrigen wird es für vorbehaltlos erklärt.

b) Die Beklagte wird verurteiltt, aus der im Grundbuch von H eingetragenen Grundschuld über 100.000,-- DM wegen eines weiteren Teilbetrags von 90.000,-- DM zuzüglich 15 % Zinsen hieraus seit 01.01.1995 die Zwangsvollstreckung in das im vorgenannten Grundbuch in Abteilung I Nr. 4 eingetragene Grundstück St.-L-Straße 18, Flurstück W, Gebäude- und Freifläche, 29 ar, 94 m², zu dulden.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 20.000,-- DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Streitwert des Berufungsverfahrens und Beschwer der Beklagten je 100.000,-- DM.

Tatbestand:

Die Beklagte ist Eigentümerin des Grundstücks St.-L-Straße 18 in H und Gesellschafterin der W GmbH. Die Klägerin gewährte dieser Firma durch Vertrag vom 30.09.1998/17.11.1998 einen auf 30.09.1999 befristeten Betriebsmittelkredit i.H.v. 250.000,-- DM (Anl. K 4 a).

Als Sicherheit diente u.a. die jetzt streitige Grundschuld.

Das Landgericht hat unter Aufrechterhaltung des Anerkenntnis-/Vorbehaltsurteils des Amtsgerichts Bad Saulgau vom 31.05.2000 (1 C 134/00) der Klage in der Hauptsache in vollem Umfang stattgegeben und der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt mit Ausnahme der durch die Anrufung des Amtsgerichts Bad Saulgau entstandenen Mehrkosten.

Die Beklagte hat gegen das ihrem Prozeßbevollmächtigten am 06.10.2000 mit einem am 06.11.2000 beim Oberlandesgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz Berufung eingelegt, die sie mit einer am 08.01.2001 eingegangenen Begründung versehen hat, nachdem die Frist zur Berufungsbegründung auf diesen Tag verlängert worden war.

Die Klägerin wendet sich mit ihrer am 29.01.2001 beim Oberlandesgericht eingegangenen Anschlußberufung gegen die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils, soweit ihr die Kosten des Rechtsstreits auferlegt wurden.

Die Beklagte, die mit ihrer Berufung zunächst ihren Klagabweisungsantrag weiterverfolgt hat, hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat den Hauptanspruch und die Zinsforderung für die Zeit ab 01.01.1996 anerkannt und nur wegen der weitergehenden Zinsforderung die Einrede der Verjährung erhoben.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen, soweit sie den Anspruch nicht anerkannt hat.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und ihr die Kosten des ersten Rechtszuges insgesamt aufzuerlegen.

Die Beklagte anerkennt den Antrag hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszuges.

Die Klägerin macht geltend, die Zinsen für das Jahr 1995 seien noch nicht verjährt. Ihrer Klagrücknahme hinsichtlich der Zinsen für die Zeit vor 1995 hat die Beklagte nicht zugestimmt.

Wegen des Vorbringens der Parteien im einzelnen wird auf ihre im zweiten Rechtszug vorgelegten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb verlängerter Frist begründet worden. Die Berufung der Klägerin ist als unselbständige Anschlußberufung zulässig.

II.

Die Berufung der Beklagten hat wegen des Hauptanspruches keinen, wegen der Zinsen nur teilweise Erfolg. Die unselbständige Anschlußberufung der Klägerin hat in vollem Umfang Erfolg.

1.

Die Beklagte hat den Hauptanspruch und die ab 01.01.1996 fälligen Zinsen anerkannt. Insoweit ist sie nach § 307 Abs. 1 ZPO dem Anerkenntnis gemäß zu verurteilen.

2.

Der Zinsanspruch der Klägerin ist auch für das Jahr 1995 begründet. Zinsen aus Sicherungsgrundschulden verjähren gem. § 197 ZPO in vier Jahren (BGH WM 1999, 2253). Die Fälligkeit solcher Zinsen ist gesetzlich, insbesondere in § 1193 BGB, nicht geregelt. Sie ist deshalb in entsprechender Anwendung des § 608 BGB zu beurteilen (Palandt/Bassenge, BGB, 60. Aufl., § 1193, Rn. 3). Danach sind die Zinsen nach dem Ablauf je eines Jahres zu entrichten. Einen davon abweichenden Eintritt der Fälligkeit haben die Parteien ersichtlich nicht vereinbart. Die 1995 angefallenen Zinsen sind sonach am 01.01.1996 fällig geworden.

Die kurze Verjährung gem. § 197 BGB beginnt mit dem Schluß des Jahres, in dem die Fälligkeit eingetreten ist, also mit dem Ablauf des 31.12.1996 (§ 201 BGB), weil der Anspruch, worauf gem. § 198 BGB abzustellen ist, erst am 01.01.1996 entstanden ist. Voraussetzung für das Entstehen des Anspruches ist grundsätzlich seine Fälligkeit (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 198, Rn. 1). Mit Rücksicht darauf, daß die Rechtshängigkeit im Laufe des Jahres 2000 eingetreten ist, sind deshalb die ab 01.01.1995 angefallenen Zinsen nicht verjährt.

Für die Zinsforderung für die Zeit vom 27.11.1986 bis 31.12.1994 ist dagegen die Klage abzuweisen, weil insoweit Verjährung eingetreten ist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO. Das Landgericht hat die durch die Anrufung des Amtsgerichts Bad Saulgau entstandenen Mehrkosten zu Unrecht der Klägerin auferlegt. § 281 Abs. 3 Satz 2 ZPO ist insoweit nicht anzuwenden. Diese Vorschrift gilt für den Fall der ursprünglichen Unzuständigkeit, nicht dagegen für den Fall der gem. § 506 ZPO nachträglich eingetretenen sachlichen Unzuständigkeit (Zöller/Herget, a.a.O., § 506, Rn. 7).

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen zu tragen, weil sei wegen des Hauptanspruches in vollem Umfang unterliegt. In beiden Rechtszügen sind die Zinsen in vollem Umfang Nebenforderungen i.S.d. § 4 ZPO, die sich auf die Bemessung des Streitwertes und damit auf die Kostenverteilung nicht auswirken. Ein Fall, in dem Zinsen aus einem nicht oder nicht mehr im Streit stehenden Hauptanspruch Hauptforderungen i.S.d. § 4 ZPO darstellen, liegt nicht vor (vgl. BGHZ 26, 174; BGH NJW 1994, 1869). Der Hauptanspruch ist zwar von der Beklagten anerkannt. Er ist jedoch auch im zweiten Rechtszug noch anhängig. Eine Berücksichtigung der Zinsen als Hauptforderung kommt nur in Betracht, soweit sie allein Gegenstand des Rechtsstreits sind.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils ergibt sich aus §§ 708 Nr. 1, 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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