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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 22.05.2007
Aktenzeichen: 2 WF 97/07
Rechtsgebiete: KostO, RVG, ZPO, FGG, GewSchG


Vorschriften:

KostO § 30 Abs. 2
KostO § 100 Abs. 3
KostO § 100 a Abs. 2
RVG § 17 Nr. 4
RVG § 22 Abs. 1
RVG § 33 Abs. 3
ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 13
FGG § 64 b Abs. 3
GewSchG § 1
GewSchG § 2
Der Geschäftswert für Familiensachen betreffend Maßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz bestimmt sich nach §§ 100 a Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO und nicht nach § 100 Abs. 3 KostO, wenn das Gewaltschutzverfahren die Überlassung der gemeinsamen Wohnung zum Gegenstand hat.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 2 WF 97/07

In der Familiensache

betreffend gerichtliche Maßnahmen zum zivilrechtlichen Schutz vor Gewalttaten und Nachstellungen

hier: Festsetzung der Gegenstandswerte für Hauptsache und einstweiliges Anordnungsverfahren

hat der 2. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Reichling und die Richterinnen am Oberlandesgericht Schlachter und Geib-Doll auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin vom 23. April 2007 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Ludwigshafen am Rhein vom 9. März 2007 ohne mündliche Verhandlung am 22. Mai 2007

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird geändert:

Der Gegenstandswert für das Hauptsacheverfahren wird auf 4 500,00 €, derjenige für das einstweilige Anordnungsverfahren auf 2 500,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin hat den Antragsgegner nach §§ 1 und 2 GewaltSchG auf Unterlassung von Kontaktaufnahmen zu ihr und den Kindern und Überlassung der gemeinsamen Wohnung zur alleinigen Benutzung in Anspruch genommen und insoweit auch den Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt. Nach deren Erlass und teilweiser Änderung nach mündlicher Verhandlung wurde das Hauptsacheverfahren mit Rücksicht auf eine mögliche außergerichtliche Einigung der Beteiligten nicht weiterbetrieben.

Das Familiengericht hat mit der angefochtenen Entscheidung den Gegenstandswert für die Hauptsache (vorläufig) auf 2 000,00 € und für das einstweilige Anordnungsverfahren auf 1 000,00 € festgesetzt.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde erstreben die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin eine Heraufsetzung der Geschäftswerte auf mindestens 5 000,00 € für die Hauptsache und mindestens 2 000,00 € für das einstweilige Anordnungsverfahren.

II.

Die verfahrensrechtlich bedenkenfreie Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin führt in der Sache zu einem Teilerfolg.

Die Statthaftigkeit des Rechtsmittels folgt aus § 33 Abs. 3 RVG, weil es einer Wertfestsetzung (bislang) lediglich für die Berechnung der Anwaltsgebühren bedarf.

Gerichtsgebühren sind (noch) nicht angefallen. Für das Hauptsacheverfahren werden gemäß § 100 a Abs. 1 KostO Gerichtsgebühren nur im Falle einer hier (noch) nicht erfolgten abschließenden Sachentscheidung erhoben; einstweilige Anordnungsverfahren nach § 64 b Abs. 3 FGG im Rahmen selbständiger Familiensachen nach § 621 Abs. 1 Nr. 13 ZPO sind gerichtsgebührenfrei.

Da Hauptsacheverfahren und Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verschiedene Angelegenheiten sind (§ 17 Nr. 4 RVG), sind für beide Verfahrensgegenstände jeweils eigene Werte festzusetzen.

Werden - wie hier (Anträge 1 + 2) - in einem Verfahren sowohl Maßnahmen nach § 1 Gewaltschutzgesetz als auch solche nach § 2 der genannten Vorschrift begehrt, so handelt es sich um zwei unterschiedliche Verfahrensgegenstände, die jeweils getrennt zu bewerten sind. Für die Bemessung des Gegenstandswertes des Verfahrens sind beide Werte zusammen zu rechnen (§ 22 Abs. 1 RVG).

(1) Der Geschäftswert für Familiensachen betreffend Maßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz (§ 621 Abs. 1 Nr. 13 ZPO) bestimmt sich gemäß § 100 a Abs. 2 KostO nach § 30 Abs. 2 KostO. § 100 a Abs. 2 KostO kommt als Spezialvorschrift gegenüber § 100 Abs. 3 KostO auch für Gewaltschutzverfahren zur Anwendung, die die Überlassung der gemeinsamen Wohnung zum Gegenstand haben (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 36. Aufl., § 100 a KostO Rdnr. 1).

Nach § 30 Abs. 2 KostO ist (jeweils) von Regelwerten von 3 000,00 € auszugehen (Satz 1), die jedoch nach Lage des Falles niedriger oder höher angenommen werden können (Satz 2). Ein Abweichen vom Regelwert ist dann gerechtfertigt, wenn dessen Annahme nach den konkreten Umständen des Einzelfalles unangemessen hoch oder niedrig wäre (vgl. Hartmann, Kostengesetze 36. Aufl., § 30 Rdnr. 54 f m.w.N.).

Vorliegend erscheint dem Senat ein Abrücken vom Regelwert unter Berücksichtigung der Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten, insbesondere für die Antragstellerin, lediglich hinsichtlich des Begehrens auf Überlassung der gemeinsamen Wohnung (Antrag Ziff. 2), nicht aber hinsichtlich des Kontaktaufnahmeverbotes (Antrag Ziff. 1) geboten.

Nach dem Inhalt der Antragsschrift kam es in den Monaten vor der gerichtlichen Inanspruchnahme bei Zusammentreffen der Beteiligten wiederholt zu erheblichen Streitigkeiten und massiven Gewaltandrohungen und Gewaltanwendungen, in die teilweise auch die gemeinsamen drei Kinder mit einbezogen waren. Dass weitere Beeinträchtigungen der Antragstellerin und der Kinder zu besorgen waren, belegt auch das aktenkundige Verhalten des Antragsgegners vor und im Gebäude des Amtsgerichts am Tage der Antragstellung. Angesichts dessen erscheint die Annahme des Regelwertes für das Begehren auf Ausspruch eines Kontaktverbotes nicht unangemessen

Demgegenüber rechtfertigen die konkreten Umstände eine Herabsetzung der Regelwertes auf die Hälfte, soweit die Antragstellerin auch die Überlassung der gemeinsam genutzten Wohnung verlangt hat. Die Antragstellerin hat die Wohnung bereits wenige Tage nach der Antragstellung verlassen und mit den gemeinsamen Kindern in der Nähe ihrer Eltern in M... Wohnung genommen. Ihr Begehren auf Überlassung der - vom Antragsgegner angemieteten - Wohnung hat sich damit bereits kurze Zeit nach Antragstellung erledigt; im Vergleich zu durchschnittlichen Verfahren des gleichen Gegenstandes erscheint die Annahme des Regelwertes daher unangemessen hoch.

Insgesamt ist damit der Gegenstandswert für das Verfahren in der Hauptsache auf (3 000,00 € + 1 500 00 € =) 4 500,00 € festzusetzen.

(2) Für einstweilige Anordnungen im Rahmen von Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz (§ 64 b Abs. 3 FGG) ist der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit gemäß § 24 Satz 3 RVG entsprechend § 24 Satz 1 oder 2 RVG festzusetzen.

Bei einstweiligen Anordnungen, die Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt und Nachstellungen nach § 1 GewaltSchG zum Gegenstand haben, ist vom Wert von 500,00 € auszugehen (§ 24 Satz 1 RVG); bei solchen, die sich auf das Überlassen der Ehewohnung gemäß § 2 GewaltSchG richten, ist entsprechend § 24 Satz 2 RVG der Festwert von 2 000,00 € anzusetzen.

Der zusammengerechnete Gegenstandswert für das Eilverfahren beläuft sich mithin auf 2 500,00 €.

(3) Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 31 Abs. 5 KostO).

Ende der Entscheidung

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