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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 31.05.2007
Aktenzeichen: 6 UF 81/06
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 288 Abs. 1 Satz 2
BGB § 291
BGB § 1360 a Abs. 3
BGB § 1361
BGB § 1361 Abs. 4 Satz 4
BGB § 1613 Abs. 1
BGB § 1613 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 139
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken IM NAMEN DES VOLKES Urteil

6 UF 81/06

Verkündet am: 31. Mai 2007

In der Familiensache

wegen Zahlung von Trennungsunterhalt,

hat der 6. Zivilsenat - Familiensenat - des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Morgenroth, den Richter am Oberlandesgericht Hengesbach und die Richterin am Oberlandesgericht Geib-Doll auf die mündliche Verhandlung vom 19. April 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Kandel vom 19. April 2006 geändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin als Trennungsunterhalt für die Zeit vom Oktober 2003 bis (einschließlich) Februar 2006 insgesamt 18.876,00 € nebst 5 %-Punkten über den Basiszinssatz seit dem 7. März 2006 zu zahlen.

II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtstreits beider Instanzen haben die Klägerin 1/4 und der Beklagte 3/4 zu zahlen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien waren seit 16. Juni 1989 miteinander verheiratet und leben seit Oktober 2003 getrennt voneinander. Mit Urteil vom 01. März 2006 wurde ihre Ehe rechtskräftig geschieden. Die Klägerin beansprucht für die Zeit ab Oktober 2003 bis zur Rechtskraft der Scheidung Trennungsunterhalt, zuletzt in Höhe eines Teilbetrages von 25.880,00 €.

Die Klägerin hat mehrere Ausbildungen absolviert. Sie ist examinierte Krankenschwester, studierte Ergotherapeutin sowie staatlich anerkannte Kosmetikerin. Während der Ehe war sie zunächst nicht berufstätig, sondern hat die am .... ... 19... geborene Tochter J... betreut. Im Jahr 2002 entschloss sich die Klägerin im Einverständnis mit dem Beklagten, selbständig ein Kosmetikstudio zu betreiben. Dieses wurde Anfang des Jahres 2003 eröffnet. Nach der Trennung im Oktober 2003 blieb der Beklagte zusammen mit der Tochter im gemeinsamen Haus der Parteien, für das der Beklagte sämtliche Kosten einschließlich der bestehenden Darlehensverbindlichkeiten trägt. Für die Monate Oktober bis Dezember 2004 hat die Klägerin Kindesunterhalt in Höhe von 3 x 307,00 € geleistet. Ende August 2005 ist die Tochter der Parteien aus dem Haus ausgezogen. Sie hat ab 1. September 2005 ein soziales Jahr in Karlsruhe absolviert und dort gewohnt.

Der Beklagte ist vollschichtig als Sachverständiger bei der Firma D... C...r tätig. Zu seinem jährlichen Einkommen sind Entgeltabrechnungen vorgelegt. Auf das Hausdarlehen erbringt er monatlich 1.219,79 €; zusätzlich zahlt er auf ein Arbeitgeberdarlehen 127,82 € im Monat. Daneben zahlt er für eine Risikolebensversicherung monatlich 30,28 €, zusätzlich werden von seinem Gehalt auf einen Bausparvertrag monatlich 26,59 € abgeführt.

Die Klägerin hat geltend gemacht, zum Nettoeinkommen des Beklagten sei die von ihm bezogene Steuererstattung hinzuzurechnen. Berufsbedingte Aufwendungen könne er nicht in Abzug bringen, da er die nahegelegene Arbeitsstätte zu Fuß oder auch mit dem Fahrrad erreichen könne. Der Wohnwert des gemeinsamen Hausanwesens betrage entsprechend dem erzielbaren Mietwert 1.300,00 €, sie selbst habe aus dem Kosmetikbetrieb lediglich ein durchschnittlichen Nettogewinn von rund 600,00 € erwirtschaftet. Nach dem Auszug der Tochter könnten ab September 2005 auf Seiten des Beklagten keine Unterhaltsleistungen mehr in Abzug gebracht werden.

Demgegenüber hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass die Klägerin ihre Bedürftigkeit nicht nachvollziehbar dargelegt habe. Insoweit seien die vorgelegten Nachweise nicht ausreichend. Von seinem Einkommen seien neben der Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen die Hausdarlehen sowie ein doppelter Betrag für Kindesunterhalt abzuziehen. Des Weiteren habe er ab 2004 eine monatliche Rücklage zur Instandsetzung der Heizung zu bilden sowie Zahlungen in Höhe von 400,00 € monatlich auf ein Darlehen seiner Mutter zu leisten. Sein Wohnvorteil betrage lediglich 520,00 €. Die Tochter sei auch während der Ableistung des freiwilligen sozialen Jahres regelmäßig zu ihm gekommen.

Das Amtsgerichts - Familiengericht - hat die Klage abgewiesen, weil die Klägerin ihre Bedürftigkeit nicht dargelegt und bewiesen habe. Sie sei nach der Trennung zur vollschichtigen Tätigkeit im Rahmen des Kosmetikstudios verpflichtet gewesen und habe nicht dargelegt, inwieweit bei Erfüllung dieser Erwerbsobliegenheit noch ein ungedeckter Unterhaltsbedarf geblieben wäre. Zu den Einzelheiten der Begründung wird auf das erstinstanzliche Urteil (Blatt 141 bis 144 d. A.) verwiesen.

Hiergegen macht die Klägerin im Wege der Berufung geltend:

Hinsichtlich ihrer Bedürftigkeit habe das Amtsgericht verkannt, dass ihr - selbst wenn ein Einkommen fiktiv in Ansatz gebracht werde - zumindest ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt zustehe. Die Gewinne des Kosmetikstudios seien bei weitem nicht so ausgefallen, wie die Parteien sich das vorgestellt hätten. Dazu seien die betriebswirtschaftlichen Auswertungen für 2004 und (teilweise) 2005 vorgelegt worden. Seit Februar 2006 sei sie nicht krankenversichert und auch nicht in der Lage, die Steuerberatungskosten zu zahlen.

Außerdem habe sich der Beklagte um die gemeinsame Tochter nicht hinreichend gekümmert und diese weder versorgt noch betreut. Seit 1. September 2005 werde sie vom Beklagten auch finanziell in keiner Weise mehr unterstützt.

Da der Mietwert des Hauses 1.300,00 € betrage, entsprächen die Belastungen in etwa dem objektiven Wohnwert. Letzterer sei anzusetzen, weil der Beklagte weder das Haus selbst übernommen noch einem Hausverkauf zugestimmt habe.

Aus gesundheitlichen Gründen sei für sie der Beruf einer Altenpflegerin nicht in Betracht gekommen, als (angestellte) Kosmetikerin könne sie allenfalls 940,00 € monatlich erzielen. Unter Berücksichtigung des Einkommens des Beklagten errechne sich für den Zeitraum bis einschließlich Dezember 2004 ein Anspruch in Höhe von monatlich 1.034,00 €, ab Januar 2005 ein solcher in Höhe von 1.203,00 € monatlich. Hiervon mache sie 80% monatlich als Teilbetrag geltend gemacht.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Amtsgerichts Kandel vom 19. April 2006, 1 F 286/04, aufzuheben und dem Beklagten zu verurteilen, an sie 25.880,00 € nebst 5 % über den Basiszinssatz seit dem 7. März 2006 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung (Blatt 196 bis 199 der Akten) sowie der Schriftsätze vom 4. Januar, 11. Februar und 10. Mai 2007.

Zur Ergänzung wird im Übrigen auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.

Sie führt auch in der Sache überwiegend zum Erfolg. Der Beklagte schuldet für die Zeit ab Oktober 2002 bis einschließlich Februar 2006 Trennungsunterhalt von insgesamt 18.876,00 €. Dazu gilt:

1. Anspruchsgrundlage ist § 1361 BGB. Danach kann ein Ehegatte während des Getrenntlebens von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und nach den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen. Geschuldet ist Trennungsunterhalt allerdings nur bis zur Rechtskraft der Scheidung, die hier am 1. März 2006 eingetreten ist.

2. Unterhalt für die Vergangenheit kann die Klägerin ab Oktober 2003 beanspruchen, §§ 1361 Abs. 4 Satz 4, 1360 a Abs. 3, 1613 Abs. 1 BGB. Danach kommt es u. a. darauf an, zu welchem Zeitpunkt der Verpflichtete zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aufgefordert worden bzw. zu welchem Zeitpunkt er in Verzug gekommen ist. Gemäß § 1613 Abs. 1 Satz 2 BGB wird der Unterhalt ab dem 1. des Monats, in den das bezeichnete Ereignis fällt, geschuldet, wenn der Unterhaltsanspruch dem Grunde nach zu diesem Zeitpunkt bestanden hat. Hier hat die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 20. Oktober 2003 nicht nur 1.192,50 € monatlich als Trennungsunterhalt geltend gemacht, sondern zugleich unter Fristsetzung bis zum 30. Oktober 2003 zur Auskunft hinsichtlich des Einkommens aufgefordert. Damit ist sie grundsätzlich berechtigt, für die Zeit ab Oktober 2003 rückwirkend Trennungsunterhalt zu beanspruchen.

3. Der Höhe nach bemisst sich der Trennungsunterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen der Ehegatten. Bedarfsprägend sind hier zunächst die beiderseitigen Erwerbseinkünfte. Die Klägerin hatte nämlich bereits zurzeit des Zusammenlebens Ende 2002 das Kosmetikstudio erworben und Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit erzielt, während der Beklagte bei der Firma D... C... vollschichtig angestellt war und ist. Außerdem waren die Lebensverhältnisse durch den Vorteil des Wohnens im eigenen Haus, die damit zusammenhängenden Belastungen sowie die Versorgung des gemeinsamen Kindes geprägt.

4. Hieraus ergeben sich für die Unterhaltsberechnung folgende Grundlagen:

a) Einkünfte des Beklagten

aa) Zur Ermittlung des Erwerbseinkommens des Beklagten sind dessen Entgeltabrechnungen jeweils zum Dezember der Jahre 2003, 2004 und 2005 vorgelegt. Danach beläuft sich dessen Nettogehalt (ohne den Abzug der Leistungen für Vermögensbildung) auf rund 3.234,00 € (2003), rund 3.156,00 € (2004) und rund 3.368,00 € (2005). Hiervon sind pauschal 5 % für berufsbedingte Aufwendungen in Abzug zu bringen. Soweit die Klägerin geltend macht, der Beklagte könne darauf verwiesen werden, seine Arbeitsstätte entweder zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu erreichen, ist sie dessen Vorbringen, dass er als Sachverständiger teilweise an verschiedenen Orten eingesetzt wird, nicht substantiiert entgegengetreten. Nach Abzug der Pauschale verbleiben rund 3.072,00 € (2003), 2.998,00 € (2004) bzw. rund 3.200,00 € (2005).

bb) Zusätzlich zum Gehalt des Beklagten ist für das Jahr 2005 eine Steuererstattung zu berücksichtigten. Die Klägerin macht insoweit geltend, der Beklagte habe für das Jahr 2002 im Jahr 2005 eine Steuerrückerstattung in Höhe von 4.978,64 € erhalten der Beklagte räumt dies ein, allerdings nur in Höhe von 3.969,43 €. Zu Lasten der für den Bedarf darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin ist deshalb von dem zuletzt genannten Betrag auszugehen, was monatlich zu einer Erhöhung um rund 331,00 € führt. Der Beklagte hat seinerseits nicht konkret dargelegt und bewiesen, dass er der Klägerin - wie er geltend macht - die Hälfte des Betrages überlassen hat. Dass der Beklagte der Klägerin während des hier streitgegenständlichen Unterhaltszeitraums irgendeine Zahlung geleistet hätte, ist an keiner Stelle belegt.

Allerdings ist für 2004 zu berücksichtigen, dass der Beklagte in diesem Jahr gemäß dem vorgelegten Steuerbescheid für 2003 eine Nachzahlung in Höhe von 2.290,25 € zu erbringen hatte. Somit ist sein Einkommen für 2004 um monatlich rund 191,00 € zu reduzieren.

cc) Hinsichtlich des Wohnvorteils des Beklagten kann für den Trennungszeitraum entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht auf den objektiven Wohnwert abgestellt werden, sondern nur auf einen angemessenen. Der Bundesgerichtshof hat seine ständige Rechtsprechung zur Bemessung des Vorteils des mietfreien Wohnens während der Trennungszeit zuletzt durch Urteil vom 28. März 2007 - VII ZR 21/05 - ausdrücklich bestätigt. Weil der in der Wohnung verbleibende Ehegatte während der Trennungszeit zunächst nicht gehalten ist, die Wohnung anderweitig zu verwerten, ist der Wohnwert in dieser Zeit nur in der Höhe einer angemessenen Wohnungsnutzung des in der Ehewohnung allein verbliebenen Ehegatten darzustellen. Dabei ist der Gebrauchswert für den die an sich zu große Wohnung weiter nutzenden Ehegatten regelmäßig danach zu bestimmen, welchen Mietzins er auf dem örtlichen Wohnungsmarkt für eine den ehelichen Lebensstandart entsprechende angemessene kleinere Wohnung zahlen müsste (vgl. BGH aaO). Dieser Auffassung hat sich der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung angeschlossen. Dabei ist der Zeitraum nicht etwa auf das erste Trennungsjahr zu beschränken (so auch Pfälzisches Oberlandesgericht - 2. Zivilsenat - NJW-RR 2007, 222). Ausnahmen können nur dann gemacht werden, wenn etwa ein neuer Partner in die Wohnung aufgenommen wird, aufgrund besonderer Umstände mit einer Wiederherstellung der ehelichen Lebensverhältnisse schon vor Rechtskraft der Ehescheidung nahezu nicht mehr gerechnet werden kann oder die Trennungszeit sich äußerst lang hinzieht (vgl. Pfälzisches Oberlandesgericht aaO).

Keiner der vorgenannten Fälle ist hier gegeben. Insbesondere hat der Beklagte im Termin unwidersprochen klargestellt, dass er mit seiner Freundin nicht in dem Haus zusammenlebt. Auch ist der Zeitraum der Trennung keineswegs ungewöhnlich lang (vgl. zum Zeitraum von 3 Jahren BGH FamRZ 2000, 351, 353). Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass der Beklagte treuwidrig die Verwertung des Hauses verhindert habe, ändert dies - auch wenn Gespräche über eine Verwertung geführt worden sein sollten - nichts daran, dass im Grundsatz während der Trennungszeit keine entsprechende Verpflichtung besteht.

Hinsichtlich des Mietwerts ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Beklagte bis einschließlich August 2005 zusammen mit der Tochter in dem Anwesen gelebt hat. Für 2 Personen hält der Senat eine 70 bis 75 m² große Wohnung für ausreichend und angemessen ausgehend von der Miete in einer guten Wohnlage von rund 7,00 € je m² ergibt das einen Wohnwert von rund 520,00 €, für die Zeit in der der Beklagte sodann das gemeinsame Anwesen allein bewohnte bei einer Wohnfläche von etwa 55 m² errechnet sich ein verbleibender Wohnvorteil von aufgerundet 400,00 € monatlich.

dd) Gegenzurechnen sind allerdings die Hauslasten mit unstreitig 1.347,61 € (1.219,79 € Sparkasse, 127,82 € Arbeitgeberdarlehen). Hinzu kommen die Unkosten für eine Risikolebensversicherung (30,28 €). In Abzug zu bringen sind weiter die Beträge für den Bausparvertrag, die ausweislich der Entgeltabrechnungen in Höhe von 26,59 € monatlich vom Gehalt abgeführt werden.

ee) Nicht in Abzug gebracht werden können hingegen die geltend gemachten Instandsetzungsrücklagen. Ob solche anzuerkennen sind, ist grundsätzlich anhand der Umstände des Einzelfalles zu entscheiden (vgl. grundlegend BGH FamRZ 2000, 351 ff). Hier geht es um Erneuerung der Heizungsanlage. Dazu hat der Beklagte zwar die Erforderlichkeit und die durch diese Maßnahme anfallenden Kosten dargelegt und nachgewiesen. Bestritten und nicht nachgewiesen ist aber, dass er tatsächlich eine solche Rücklage bildet. Es fehlt jeglicher Sachvortrag zu der Einrichtung eines besonderen Kontos zu diesem Zweck. Hierauf kann auch nicht verzichtet werden, denn im Interesse der Klägerin als Miteigentümerin ist es wesentlich, dass eine verbindliche Festlegung des Zwecks vorgenommen wird. Ansonsten kann unter diesem Gesichtspunkt ein bedarfsreduzierender Abzug nicht vorgenommen werden.

ff) Nicht als Abzugspositionen sind auch das (angeblich) von der Mutter gewährte Darlehen mit monatlich 400,00 € Rückzahlung sowie (entsprechend den Süddeutschen Leitlinien) die verbrauchsunabhängigen Nebenkosten wie Grundsteuer, Schornsteinfegerprüfung und Privathaftpflichtversicherung, die üblicherweise auf den Mieter umgelegt werden, anzuerkennen. Das von der Mutter angeblich am 17. November 2003 aufgenommene Darlehen von 20.000,00 € hat die Lebensverhältnisse der Parteien nicht geprägt. Grund für die Aufnahme des Darlehens soll gewesen sein, dass nach der Mitnahme von Hausratsgegenständen durch die Klägerin neue angeschafft worden seien und außerdem Rechtsanwaltskosten und Gerichtskosten zu zahlen gewesen wären. Die Notwendigkeit dieser Ausgaben kann dahinstehen, weil schon nicht nachgewiesen ist, dass der Beklagte überhaupt Zahlungen an seine Mutter erbringt.

gg) Weiter in Abzug zu bringen ist allerdings der Kindesunterhalt, und zwar in Höhe des jeweiligen Tabellenunterhalts. Denn der Beklagte hat während des überwiegenden Teils des Unterhaltszeitraums nicht nur die gemeinsame Tochter betreut und versorgt, er hatte auch - soweit die Klägerin keinen Kindesunterhalt geleistet hat - den Barunterhalt zu tragen. Das gilt jedoch nicht für die Zeit vom Oktober 2004 bis Dezember 2004. Für diesen Zeitraum hat die Klägerin unwidersprochen vorübergehend monatlich Kindesunterhalt in Höhe von 307,00 € erbracht. Darüber hinaus kommt ein Abzug des Tabellenbetrages ab September 2005 nicht (mehr) in Betracht, weil die Tochter aus dem gemeinsamen Anwesen ausgezogen ist und nunmehr in Karlsruhe wohnte. Insoweit ist der Beklagte der Behauptung der Klägerin, dass ihre Tochter ab diesem Zeitpunkt von ihm in keiner Weise mehr unterstützt wurde, nicht substantiiert entgegengetreten. Vielmehr hat er lediglich darauf hingewiesen, dass er weiterhin das Kindergeld zur Verfügung stelle. Im Übrigen sind konkrete Unterstützungsleistungen nicht dargetan. Die bloße Weiterleitung des Kindergeldes rechtfertigt es aber nicht, wegen fehlender Unterhaltszahlungen der Klägerin dem Beklagten weiterhin Kindesunterhalt in Höhe des Tabellenbetrages gutzuschreiben. Denn es fehlt nach dem Auszug der Tochter an jeglichen Grundlagen, die einen solchen Abzug weiterhin rechtfertigen könnten.

b) Einkünfte der Klägerin

aa) Die Klägerin hat ihr Einkommen nunmehr anhand geeigneter Unterlagen dargetan und nachgewiesen. Sie war während des gesamten hier fraglichen Zeitraums selbständig tätig und hat ein Kosmetikstudio betrieben. Zur Ermittlung ihrer Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb ist auf die steuerlichen Jahresabschlussunterlagen abzustellen, und zwar im Hinblick auf die häufig schwankenden Einkommen regelmäßig auf einen Zeitraum von 3 Kalenderjahren. Da hier Unterhalt für den Zeitraum von Oktober 2003 bis Februar 2006 beansprucht wird, berücksichtigt der Senat die - nunmehr im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens nach Hinweis gemäß § 139 ZPO vorgelegten - zeitnah dokumentierten Jahre 2003 bis 2005. In dieser Zeit belief sich der Gewinn aus der Führung des Kosmetikstudios auf 13.695,10 € (2003), 7.309.04 € (2004) und 11.104,99 € (2005). Dies führt zu einem Monatsgewinn in Höhe von durchschnittlich rund 892,00 €. Hierauf waren gemäß den erst jetzt ergangenen Steuerbescheiden für 2004 keine und für 2005 geringfügige Einkommenssteuer bzw. Solidaritätszuschlag zu zahlen. Für die Unterhaltsberechnung muss dies jedoch unberücksichtigt bleiben, da die Klägerin solche Aufwendungen während des streitgegenständlichen Zeitraums nicht hatte.

Nach Ansicht des Senats besteht auch kein Grund, der Klägerin (fiktiv) ein höheres Einkommen zuzurechnen. Der Beklagte hat in der Zeit des Zusammenlebens ihre Entscheidung zur selbständigen Erwerbstätigkeit mitgetragen. Nach den sodann auftretenden Problemen in Zusammenhang mit der Trennung musste die Klägerin nicht sogleich ihren Entschluss revidieren, sondern durfte die weitere Entwicklung abwarten. Dass die Übernahme des Kosmetikstudios auf Dauer keinen positiven Verlauf i.S. einer Ertragssteigerung nehmen würde, lässt sich jedenfalls für den hier zur Entscheidung stehenden Unterhaltszeitraum nicht feststellen.

Soweit der Beklagte nunmehr die Richtigkeit der Gewinn- und Verlustrechnungen mit Schriftsätzen vom 11. April und 10. Mai 2007 in Frage stellt, besteht kein Grund, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Was zunächst die Einnahmen Mai bis Juni 2003 und die dazu vorgelegten handschriftlichen Aufzeichnungen angeht, ergibt der Vergleich zur Jahreseinnahme von über 40.000,00 € keine erhebliche Abweichung, zumal es im Oktober zur Trennung der Parteien kam, von da an die Klägerin also auf sich allein gestellt war. Was weiter die geltend gemachten Abschreibungen betrifft, sind diese keineswegs außergewöhnlich hoch. Abschreibungen für Gebäude, die unterhaltsrechtlich nicht anzuerkennen wären, nimmt die Beklagte nicht vor. Hinsichtlich der beweglichen Wirtschaftsgüter gilt, dass eine lineare Abschreibung entsprechend den Afa-Tabellen der Steuerverwaltung auch unterhaltsrechtlich anzuerkennen ist (vgl. etwa BGH FamRZ 2003, 741, 743; Weinreich/Kleffmann, Familienrecht 2. Auflage Seite 240 Rdnr. 43). Hier hat das Finanzamt die Gewinnermittlung der Klägerin nahezu betragsgenau übernommen, wie sich den von ihr vorgelegten Steuerbescheiden für die Jahre 2004 und 2005 entnehmen lässt. Deshalb hat der Senat keine Bedenken, die Abschreibungen auch unterhaltsrechtlich anzuerkennen. Soweit der Beklagte weiter beanstandet, dass 2004 keine Einnahme aus Verkäufen stattgefunden hätten, obwohl ein Warenbezug erfolgt sei, während 2005 einem Wareneinkauf entsprechende Verkäufe gegenübergestanden hätten, lässt er außer Betracht, dass nach der beruflichen Tätigkeit der Klägerin der Warenbezug in erster Linie wesentliche Grundlage der kosmetischen Behandlung ihrer Kunden war. Der hohe Warenbezug 2004 erklärt auch, dass 2005 trotz eines geringeren Wareneinkaufs Verkäufe erfolgten. Hinsichtlich des Wareneinkaufs für 2003 ist zu berücksichtigen, dass das Studio erst neu eröffnet wurde, mithin von Grund auf auszustatten war. Ungeachtet dessen liegt es nahe, dass das Fehlen der gesondert ausgewiesenen Einnahmen aus Verkäufen in den Jahren 2003 und 2004 lediglich darauf beruht, dass eine Aufteilung der Erlöse nach Behandlungen und Verkäufen unterblieben ist, da dies für die angefallene Umsatzsteuer unerheblich war. Jedenfalls steht fest, dass das zuständige Finanzamt (auch) für 2004 die Steuererklärung der Beklagten akzeptiert hat, so dass der Senat keinen Anlass hat, die Richtigkeit der durch eine Buchhaltungsfirma erstellten Unterlagen in Frage zu stellen.

bb) Vom Einkommen der Klägerin abzuziehen sind ihre Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, und zwar in Höhe von rund 250,00 € monatlich. Die entsprechenden Aufwendungen sind jeweils in den Steuererklärungen aufgeführt. Auch insoweit bestehen keine Bedenken gegen die Richtigkeit, nachdem das Finanzamt auch die für 2004 und 2005 geltend gemachten Sonderausgaben akzeptiert hat. Nach Darlegung der Klägerin war sie erst ab 2006 nicht mehr in der Lage, Beiträge für ihre eigene Kranken- und Pflegeversicherung aufzubringen.

cc) Des weiteren sind - wie bereits ausgeführt - entsprechend dem unbestritten gebliebenen Vorbringen in der Berufungsschrift die von der Klägerin für die Monate Oktober bis Dezember 2004 an den Beklagten geleisteten Kindesunterhaltszahlungen in Abzug zu bringen.

c) Schließlich sind die bereinigten Erwerbseinkommen der beiden Parteien weiter jeweils um den Erwerbstätigenbonus in Höhe von 10 % zu bereinigen.

5. Aus diesen Grundlagen errechnet sich für den gesamten Unterhaltszeitraum folgender Bedarf:

a) Oktober bis Dezember 2003

 Nettoeinkommen des Beklagten 3.072,00 €
abzüglich Darlehen und Risikolebensversicherung 1.377,89 €
abzüglich Beitrag Bausparkasse 26,59 €
ergibt 1.667,52 €
zuzüglich Wohnvorteil 520,00 €
ergibt 2.187,52 €
abzüglich Kindesunterhalt 384,00 €
ergibt 1.803,52 €
abzüglich Erwerbstätigenbonus aus 1.667,52 € - 384,00 € = 1.283,57 € 128,36 €
ergibt bereinigt 1.675,16 €
Einkommen der Klägerin 892,00 €
abzüglich Kranken- und Pflegeversicherung 250,00 €
ergibt 642,00 €
abzüglich Erwerbstätigenbonus 578,00 €
Differenz der Einkommen rund 1.097,16 €
Bedarf (50%) rund 549,00 €

b) 2004

aa) Januar bis September 2004

 Einkommen des Beklagten rd. 2.998,00 €
abzüglich Steuernachzahlung 191,00 €
abzüglich Darlehen und Risikolebensversicherung 1.377,89 €
abzüglich Beiträge an Bausparkasse 26,59 €
ergibt 1.402,52 €
zuzüglich Wohnvorteil 520,00 €
ergibt 1.922,52 €
abzüglich Kindesunterhalt 364,00 €
ergibt 1.558,52 €
abzüglich Erwerbstätigenbonus aus 1.402,12 € - 364,00 € = 1038,12 € ergibt 1.454,71 €
Einkommen der Klägerin (wie zuvor) 578,00 €
Differenz 876,71 €
Bedarf (50 %) rund 438,00 €

b) Oktober bis Dezember 2004 (Zahlung des Kindesunterhalts durch Klägerin)

 Einkünfte des Beklagten 1.922,52 €
abzüglich Erwerbstätigenbonus aus 1.402,52 € 140,25 €
ergibt 1.782,27 €
Einkommen der Klägerin: 892,00 €
abzüglich Kranken- und Pflegeversicherung 250,00 €
abzüglich Kindesunterhalt 307,00 €
ergibt bereinigt 335,00 €
abzüglich Erwerbstätigenbonus 10 % 302,00 €
Differenz der Einkommen 1.480,27 €
Unterhaltsbedarf (50 %) rund 741,00 €

c) 2005/2006

aa) Januar bis August 2005

 Einkommen des Beklagten rd. 3.200,00 €
zuzüglich Steuererstattung 331,00 €
abzüglich Darlehen und Risikolebensversicherung 1.377,89 €
abzüglich Bausparbeiträge 26,59 €
ergibt rd. 2.126,52 €
zuzüglich Wohnvorteil (520,00 €) 2.646,52 €
abzüglich Kindesunterhalt 437,00 €
ergibt 2.209,52 €
abzüglich Erwerbstätigenbonus aus 2.126,52 € - 437,00 € = 1.689,52 € 168,95 €
ergibt rd. 2.040,57 €
Einkommen der Klägerin (wie 2003) 578,00 €
Differenz 1.462,57 €
Bedarf (50 %) rund 732,00 €

bb) Ab September 2005 bis Februar 2006 (ohne Abzug Kindesunterhalt; geringerer Wohnvorteil)

 Einkommen des Beklagten rd. 2.126,00 €
abzüglich Erwerbstätigenbonus (10 %) 212,60 €
ergibt 1.913,40 €
zuzüglich Wohnvorteil (400,00 €) 2.313,40 €
Einkommen der Klägerin (wie zuvor) 578,00 €
Differenz 1.735,40 €
Bedarf (50%) 868,00 €

6. Demzufolge ergibt sich ein Unterhaltsanspruch in Höhe von insgesamt 18.876,00 €, der gem. §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 mit 5 %-Punkten über den Basiszinssatz seit dem 7. März 2006 zu verzinsen ist.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Das Urteil ist gem. § 708 Nr. 10, 711, 713, 26 Nr. 9 EGZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

Die Revision wird nicht zugelassen. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts, § 543 Abs. 2 ZPO. Die Frage der Bewertung des Wohnvorteils während der Trennungszeit ist vom Bundesgerichtshof - wie oben ausgeführt - entschieden. Hinsichtlich der Rücklagen für die Anschaffung einer neuen Heizungsanlage stellt sich die von der Klägerin aufgeworfene Frage nicht, nachdem der Senat die entsprechende Position aus tatsächlichen Gründen unberücksichtigt gelassen hat.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 25.880,00 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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