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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 09.10.2000
Aktenzeichen: 1 HPL 51/00
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 121
StPO § 122
StPO § 122 Abs. 4
StPO § 117 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 1 HPL 51/00 5121 Js 9534/00 StA Frankenthal

In dem Strafverfahren gegen

wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.,

hier: besondere Haftprüfung nach §§ 121, 122 StPO

hat der 1. Strafsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Ohler und die Richter am Oberlandesgericht Halfmann und Petry

am 9. Oktober 2000

beschlossen:

Tenor:

1. Die Fortdauer der Untersuchungshaft wird angeordnet.

2. Die nächste Haftprüfung nach § 122 Abs. 4 StPO findet am 9. Januar 2001 statt.

3. Bis dahin wird die Haftprüfung nach § 117 Abs. 1 StPO dem nach den allgemeinen Bestimmungen dafür zuständigen Gericht übertragen (§ 122 Abs. 3 Satz 3 StPO).

Gründe:

Der Angeschuldigte ist in dieser Sache am 4. April 2000 festgenommen worden und befindet sich seitdem aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts Frankenthal (Pfalz) vom selben Tag (4 a Gs 161/00) in Untersuchungshaft.

Die II. Strafkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) hält die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich und hat deshalb die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dem Oberlandesgericht zur Entscheidung über den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft vorgelegt (§ 122 Abs. 1 StPO).

Die Fortdauer der Untersuchungshaft ist gerechtfertigt. Der Angeschuldigte ist nach dem Ergebnis der Ermittlungen, insbesondere den glaubhaften Angaben der Tatopfer, dringend verdächtig, die Straftaten begangen zu haben, die in dem Haftbefehl und in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Frankenthal (Pfalz) vom 9. Juni 2000 näher dargestellt sind (§§ 176 Abs. 1, 177 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Nr. 1, 22, 53 StGB).

Es besteht Flucht- und Verdunklungsgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 und 3 StPO). Der Angeschuldigte, der lediglich ein Teilgeständnis abgelegt hat, hat zu einem der Opfer, seiner Stieftochter Sch, sowie zu der Zeugin S D, seiner Ehefrau und Mutter der Geschädigten, familiären Kontakt, so dass der Versuch der Beeinflussung zu befürchten ist, falls er sich auf freiem Fuß befindet. Im Hinblick auf die Straferwartung im Falle der Verurteilung wegen der u.a. angeklagten neun Verbrechen der Vergewaltigung (in einem Fall in Form des Versuchs)ist zudem zu befürchten, dass sich der Angeschuldigte dem weiteren Strafverfahren entziehen könnte. Mit weniger einschneidenden Maßnahmen als dem Vollzug der Untersuchungshaft kann dieser Gefahr nicht wirksam begegnet werden (§ 116 StPO).

Der Umfang der erforderlichen Ermittlungen, insbesondere die Notwendigkeit, auf Antrag des Verteidigers über die Schuldfähigkeit des Angeschuldigten ein psychiatrisches und psychologisches Gutachten einzuholen, hat ein Urteil noch nicht zugelassen (§ 121 Abs. 1 StPO). Die Verfahrensweise der Kammer bei der Beauftragung des Sachverständigen mit der Begutachtung ist nicht zu beanstanden. Zwar hat dies zu einer nicht unerheblichen Verzögerung des Verfahrens von inzwischen über zwei Monaten geführt; die jedoch keinen verantwortbaren Mangel darstellt. Der Kammervorsitzende hat bereits beim ersten Kontakt mit dem Sachverständigen Prof. Dr. G, Mainz, am 27. Juli 2000 auf die anstehende Haftprüfung und damit auf die Eilbedürftigkeit der Sache hingewiesen und daran am 7. September 2000 mit der Anforderung der Akten erinnert. Dies hatte zur Folge, dass der Gutachter am 13. September 2000 um Verschubung des Angeschuldigten nach Mainz gebeten hat, um dort die Exploration durchführen zu können. Dem wurde unverzüglich entsprochen; der Angeschuldigte befindet sich inzwischen wieder in der Justizvollzugsanstalt Frankenthal (Pfalz). Dieser Ablauf begründet keinen Verstoß gegen die Beschleunigungspflicht in Haftsachen. Zwar hat das Gericht, das einen externen Sachverständigen beauftragt, dafür zu sorgen, dass die Begutachtung in angemessener Zeit und ohne vermeidbaren Aufschub erfolgt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 29. November 1993 - 1 BL 117/93 - und vom 26. Juli 1996 - 1 BL 52/96 -). Dem ist der Vorsitzende jedoch nachgekommen. Es ist insbesondere nicht zu beanstanden, dass der Angeschuldigte erst sechs Wochen nach der Beauftragung des Gutachtens auf Anforderung des Sachverständigen verschubt worden ist. Dem Senat ist bekannt, dass Prof. Dr. G die erforderlichen Explorationen zum Teil am Inhaftierungsort vornimmt, so dass die aufwendige und den Betroffenen belastende Überstellung an einen anderen Haftort vermieden werden kann. Erst wenn aus Gründen, die in der Belastung des Gutachters liegen, nicht auf diese Weise verfahren werden kann, wird die Verschubung - so wie im vorliegenden Fall - angefordert. Eine solche Verfahrensweise, die gewisse Zeit beansprucht, ist auch unter dem Gesichtspunkt des Beschleunigungsgebots nicht zu beanstanden.

Allerdings wird die Kammer nun auf eine baldige Erstellung des schriftlichen Gutachtens hinzuwirken und u.U. auch vorab das Ergebnis zu erfragen haben, um bereits jetzt das Verfahren fördern zu können. Der Senat erwartet, dass bis zur nächsten Haftprüfung zumindest das Hauptverfahren eröffnet und ein naher Termin zur Hauptverhandlung bestimmt worden ist.

Ende der Entscheidung

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