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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 16.02.2005
Aktenzeichen: 1 U 63/04
Rechtsgebiete: DÜG, MB/KT 94


Vorschriften:

DÜG § 1
MB/KT 94 § 1 (1)
MB/KT 94 § 1 (3)
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken IM NAMEN DES VOLKES Urteil

1 U 63/04

Verkündet am: 16. Februar 2005

In dem Rechtsstreit

wegen Krankentagegeldversicherung

hat der 1. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Morgenroth, den Richter am Oberlandesgericht Klüber und den Richter am Landgericht Stiefenhöfer

auf die mündliche Verhandlung vom 2. Februar 2005

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 11. März 2004 teilweise geändert:

Die Klage wird (insgesamt) abgewiesen.

II. Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz fallen dem Kläger zur Last.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger, von Beruf Gastwirt, unterhielt bei dem Beklagten u. a. eine (unter Einbeziehung der MB-KT 94 vereinbarte) Krankentagegeldversicherung. Das vom Beklagten für den Fall der Arbeitsunfähigkeit des Klägers zugesagte Krankentagegeld belief sich auf 200,00 DM täglich. Von 1995 bis 8. Februar 2002 zahlte der Beklagte an den Kläger Krankentagegeld von insgesamt 292.100,00 DM aus; davon 157.800,00 DM für eine vom Kläger angezeigte Arbeitsunfähigkeit ab 3. Dezember 1999, die - jeweils verursacht durch unterschiedliche Erkrankungen - bis 2. Juli 2002 angedauert haben soll.

Am 6. Mai 2000 hatte der Kläger das Bistro "V..." in G... eröffnet. Ob er während der Dauer der behaupteten Arbeitsunfähigkeit darin als Gastwirt tätig war oder ob die Arbeiten von seiner Ehefrau, der Zeugin T... L..., und sonstigem Personal erledigt wurden, ist unter den Parteien im Streit.

Der Beklagte, der an der Arbeitsunfähigkeit des Klägers zu zweifeln begann, beauftragte eine Detektei mit der Überprüfung des Klägers. Deren Mitarbeiter, der Zeuge Z..., suchte das Bistro "V..." in G... am 27. und 28. Februar 2002 sowie am 1. und 4. März 2002 auf und erstellte einen Bericht über seine Beobachtungen. Daraus ging hervor, dass der Kläger in der Zeit, in der der Zeuge in dem Lokal war, Arbeiten eines Gastwirts verrichtete. Der Beklagte nahm das zum Anlass, den Krankentagegeldversicherungsvertrag mit dem Kläger durch Schreiben vom 21. März 2002 fristlos zu kündigen.

Der Kläger will die Kündigung nicht gelten lassen. Außerdem verlangt er von dem Beklagten die Zahlung weiteren Krankentagegeldes für die Zeit ab 9. Februar 2002 (zunächst) bis 10. Juni 2002 (122 Tage á 200,00 DM = 24.400,00 DM/12.475,52 €). Er hat zuletzt beantragt,

1. den Beklagten zur verurteilen, an ihn 12.475,92 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 1 DÜG seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. festzustellen, dass der in der Krankenversicherung Nr. ...befindliche Krankentagegeldversicherungsvertrag nach dem Tarif TS 22/102, 26 nicht durch die fristlose Kündigung des Beklagten gemäß Schreiben vom 21. März 2002 in Wegfall gekommen ist, dass vielmehr das Vertragsverhältnis der Parteien die Krankentagegeldversicherung nach dem Tarif TS 22/102, 26 beinhaltet und der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger auch zukünftig bei vorliegender Arbeitsunfähigkeit das vereinbarte Krankentagegeld zu zahlen.

Der Beklagte hat die bedingungsgemäße Arbeitsunfähigkeit des Klägers bestritten, seine fristlose Kündigung vom 21. März 2002 verteidigt und Klageabweisung beantragt.

Die 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) hat nach Vernehmung von Zeugen durch Urteil vom 11. März 2004 wie folgt erkannt:

Es wird festgestellt, dass der in der Krankenversicherung Nr. ... befindliche Krankentagegeldversicherungsvertrag nach dem Tarif 22/102, 26 zwischen den Parteien ununterbrochen weiterbesteht.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

In den Entscheidungsgründen hat sie ausgeführt, einen Anspruch auf Zahlung von Krankentagegeld für die Zeit vom 9. Februar bis 10. Juni 2002 habe der Kläger nicht, weil er im Bistro gearbeitet habe und deshalb der Versicherungsfall nicht eingetreten sei. Dagegen sei die Feststellungsklage begründet; die fristlose Kündigung des Beklagten sei wegen Fehlens einer vorherigen Abmahnung unwirksam.

Mit seiner Berufung will der Beklagte die Abweisung auch der Feststellungsklage erreichen; der Kläger verfolgt mit seiner Anschlussberufung seinen in erster Instanz abgewiesenen Zahlungsantrag weiter.

Der Senat hat gemäß Beschluss vom 6. Oktober 2004 Beweis erhoben durch die Inaugenscheinnahme des Bistro "V..." in G... sowie durch die erneute Vernehmung der Zeugen W... Z... und T... L.... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 2. Februar 2005 Bezug genommen.

II.

Berufung und Anschlussberufung sind verfahrensrechtlich bedenkenfrei. In der Sache hat nur die Berufung der Beklagten Erfolg. Die Feststellungsklage ist abzuweisen, weil die fristlose Kündigung des Krankentagegeldversicherungsvertrags wirksam ist. Die Anschlussberufung des Klägers ist dagegen unbegründet; das Landgericht hat seine Zahlungsklage zu Recht abgewiesen.

1. Entgegen der Ansicht des Landgerichts hat der Beklagte den Krankentagegeldversicherungsvertrag mit Schreiben vom 21. März 2002 wirksam fristlos gekündigt.

a) Der Versicherer kann einen Krankentagegeldversicherungsvertrag trotz dessen sozialer Zwecksetzung aus wichtigem Grund fristlos kündigen, wenn ihm das Festhalten an dem Vertrag nicht mehr zuzumuten ist. Das ist zu bejahen, wenn der Versicherungsnehmer in besonders schwerwiegender Weise die Belange des Versicherers seinem Eigennutz dadurch hintenanstellt, dass er Versicherungsleistungen erschleicht oder zu erschleichen versucht (vgl. BGH VersR 1985, 54). So liegt der Fall hier.

(1) Nach § 1 (1) der von den Parteien in den Versicherungsvertrag einbezogenen Vertragsbedingungen des Beklagten MB/KT 94 versprach der Beklagte dem Kläger Versicherungsschutz gegen Verdienstausfall als Folge von Krankheiten oder Unfällen durch Zahlung eines Krankentagegeldes in vertraglichem Umfang für die Dauer einer bedingungsgemäßen Arbeitsunfähigkeit. In § 1 (3) MB/KT 94 ist die Arbeitsunfähigkeit wie folgt definiert:

"Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keinen anderweitigen Erwerbstätigkeiten nachgeht".

Danach setzte der Anspruch des Klägers auf Krankentagegeld auch voraus, dass er in der Zeit, in der er von dem Beklagten unter Hinweis auf ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen die Auszahlung von Krankentagegeld begehrte, seinem Beruf als Gastwirt tatsächlich nicht ausübte. Über das Vorliegen dieser Voraussetzung seines Anspruchs hat der Kläger den Beklagten an den vom Zeugen Z... bekundeten Beobachtungstagen getäuscht, um die Auszahlung des Krankentagegeldes zu erreichen. Denn die vom Senat im Bistro des Klägers "V..." in G... durchgeführte Beweisaufnahme hat die Feststellungen des Landgerichts zur Berufungsausübung des Klägers während seiner vermeintlichen Arbeitsunfähigkeit an den Tagen 27.02., 28.02., 01.03 und 04.03.2002 bestätigt.

(a) Der Zeuge Z... hat z.T. anhand seiner an den jeweiligen Beobachtungstagen gefertigten Notizen glaubhaft bekundet, dass er den Kläger in der Gaststätte als ganz normalen Gastwirt erlebt habe, der in der Küche und im Gastraum tätig gewesen sei und sich um die Gäste gekümmert habe. Der Senat verkennt nicht, dass der Zeuge einzelne Wahrnehmungen an den vier Beobachtungstagen wie z.B. dazu, wer ihn am ersten Tag bediente - Kläger oder angestellte Bedienung - oder wann genau er am Mittag des 28.02.2002 (im Anschluss an einen Besuch am Vormittag) erneut in das Lokal kam - gegen 12.00 Uhr oder gegen 13.30 Uhr - widersprüchlich wiedergegeben hat. Dadurch wird der Kern seiner Aussage zur Gastwirtstätigkeit des Klägers in Gegenwart des Zeugen aber nicht infrage gestellt. Der Zeuge hat auf den Vorhalt von Unklarheiten oder Widersprüchen zwischen seinen Angaben vor dem Landgericht laut Sitzungsprotokoll vom 15. Mai 2003 und im Senatstermin vom 2. Februar 2005 ruhig reagiert und nachvollziehbar erklärt, dass in Anbetracht der vielen Details einzelne Randbeobachtungen ungenau sein könnten oder ihm nicht mehr verlässlich in Erinnerung seien. Im Übrigen hat der Zeuge ohne erkennbares Bestreben, den Kläger wider besseres Wissen zu belasten, seine Beobachtungen während seines Aufenthalts im Bistro an den in Rede stehenden vier Tagen in dem ernsthaften Bemühen, dem Senat ein Bild von dem damaligen Geschehen zu vermitteln, detailreich und plausibel bekundet. Das gilt auch - was der Senat während der Inaugenscheinnahme des Bistro festgestellt hat - für die Aussage des Zeugen, er habe von dem damaligen Platz im Lokal gegenüber der Pendeltür zum Küchenraum durch das runde Oberlicht der Pendeltür und dann, wenn die Pendeltür geöffnet wurde, in die Küche sehen und beobachten können, wie der Kläger dort gearbeitet habe. Derartige Feststellungen waren dem Zeugen ohne weiteres möglich, wenn die den Küchenraum vom Durchgang Richtung Gastraum abtrennende Schiebetür aufgeschoben war und die Pendeltür zwischen dem Durchgang und dem Gastraum z.B. durch Personal des Klägers, das Speisen von der Küche in den Gastraum trug, in Schwingung versetzt und dabei geöffnet wurde. Das gab den Blick frei auf Teile der durch den Türausschnitt hindurch einsehbaren Küche mit einem Teil des Herdes und der Arbeitsplatte. Durch das kreisrunde Oberlicht in der (geschlossenen) Pendeltür konnte der Zeuge Z... im Verhältnis dazu zwar nur einen wesentlich kleineren Teil der Küche einsehen. Aber auch dann waren - bei geöffneter Schiebetür zwischen Küche und Durchgang - entsprechend den Bekundungen des Zeugen zumindest Köpfe von Personen wahrnehmbar, die in der Küche herumliefen und dabei ins Blickfeld gerieten.

(b) Die Angaben des Zeugen Z... haben den Senat auch in Anbetracht des sonstigen Ergebnisses der Beweisaufnahme überzeugt. Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Aussage des Zeugen F... keine Zweifel an der Richtigkeit der Bekundungen des Zeugen Z... begründet. Der Senat nimmt darauf Bezug. In der Berufung hat der Kläger auf eine erneute Vernehmung des Zeugen durch den Senat verzichtet.

Der Zeugin L..., die - zusammengefasst - zum Ausdruck hat bringen wollen, dass der Kläger nicht in der vom Zeugen Z... geschilderten Weise als Gastwirt tätig gewesen sei, hat das Landgericht nicht geglaubt. Die Vorbehalte der Erstrichter teilt der Senat nach erneuter Vernehmung der Zeugin. Ihr maßgebliches Motiv für ihre Aussage war erkennbar ihr Bestreben, den Kläger im Streit mit der Beklagten um Zahlungsansprüche und um seinen weiteren Verbleib in der - bisher für den Kläger und damit auch für das gemeinsame Haushaltseinkommen des Klägers und der Zeugin sehr lukrativen - Krankentagegeldversicherung zu unterstützen. Ihre nunmehrige Bekundung, der Kläger habe ab Eröffnung seines Bistros im Mai 2000 bis zum Juli 2002 in der Gaststätte auf Grund seiner Arbeitsunfähigkeit nichts gemacht, ist schon für sich genommen nicht ganz erklärlich. Dass er im Zusammenhang mit den diversen Krankschreibungen gezwungen gewesen wäre, dauerhaft das Bett zu hüten, hat der Kläger nicht behauptet. Überdies schien die Zeugin bemüht zu sein, den durch ihre Aussage vor dem Landgericht hervorgerufenen Eindruck auszuräumen, der Kläger habe zumindest "Hintergrundarbeit" (beim Erstellen des Speiseplans, beim Einkauf u.a.) erledigt und Brot gebacken. Außerdem hat selbst der vom Kläger benannte Zeuge F..., Stammgast des Lokals bekundet, der Kläger sei oft im Lokal gewesen und habe ab und zu Bier gezapft. Von einer Krankheit des Klägers habe er vor Februar 2002 nichts bemerkt.

(c) Danach ist die Feststellung des Landgerichts richtig, dass der Kläger jedenfalls an den vier von dem Zeugen Z... genannten Tagen nicht bedingungsgemäß arbeitsunfähig war, weil er seine Tätigkeit als Gastwirt tatsächlich ausübte. Der Aufenthalt in der Gaststätte in "Arbeitskleidung" (Vorbinder), das Hantieren in der Küche, das Bedienen der Gäste, das Arbeiten hinter der Theke und die Erledigung von Verwaltungsangelegenheiten wie die Gespräche mit einem Mitarbeiter der GEZ (so die Wahrnehmungen des Zeugen Z... an den vier Beobachtungstagen) oder das Aufschreiben des Menüs auf der Schaufensterscheibe (Zeuge F...) waren nicht nur völlig unbedeutende Hilfstätigkeiten (vgl. dazu OLG Hamm VersR 1997, 302; OLG Düsseldorf NJW-RR 2003, 163) sondern in erheblicher Weise auf die Forderung des Gaststättenbetriebs als Einnahmequelle des Klägers gerichtet (vgl. z.B. OLG Düsseldorf VersR 1996, 835; VersR 1998, 1226; Prölss/Martin VVG 27. Aufl. § 1 MB/KT 94 Rdnr. 11). Die vom Zeugen Z... bekundete Bemerkung des Klägers am 01.03.2002 im Rahmen eines Gesprächs mit dem Zeugen über ein Husten des Klägers an diesem Tag, eine Krankschreibung könne er sich nicht leisten, unterstreicht dies noch.

Dass es sich bei den Tätigkeiten des Klägers nur um unbeachtliche Arbeitsversuche zur Erprobung der Arbeitsfähigkeit gehandelt hätte, hat der Kläger nicht dargelegt (vgl. dazu und zur Darlegungslast BGH VersR 1985, 54).

(2) Somit hat sich der Kläger vom Beklagten Krankentagegeld auszahlen lassen, obwohl er jedenfalls an den vom Zeugen Z... bekundeten vier Tagen in der Gaststätte als Gastwirt tätig und deshalb nicht bedingungsgemäß arbeitsunfähig war. Darin liegt ein erheblicher Vertrauensbruch, der den Beklagten zur fristlosen Kündigung der Krankentagegeldversicherung berechtigt. Er hat von 1995 bis Februar 2002 an den Kläger insgesamt 292.100,-- DM Krankentagegeld bezahlt. Wenn er im Jahre 2002 die Erfahrung machen muss, dass der Kläger trotz einer durch medizinische Befunde belegten Arbeitsunfähigkeit seiner Tätigkeit als Gastwirt jedenfalls in dem vom Zeugen Z... angegebenen Umfang nachging, auf diese Weise seinen Gaststättenbetrieb (als Einnahmequelle) förderte und dazu noch vom Beklagten ein Krankentagegeld bezog, dass eigentlich einen durch Arbeitsunfähigkeit verursachten Einkommensausfall ausgleichen soll, ist die Vermutung des Beklagten, der Kläger habe ihn in den zurückliegenden Jahren ebenfalls mehrfach und in erheblichem Umfang getäuscht, ohne weiteres nachvollziehbar. Die dadurch begründeten Zweifel an der Redlichkeit des Klägers, der Umfang der auch mit dem Vertrauen des Beklagten in die Redlichkeit des Klägers in Zusammenhang stehenden bisherigen Versicherungsleistungen von 292.100,-- DM und das plausible Gefühl, im Hinblick auf das Ergebnis einer Stichprobe von der Redlichkeit des Klägers beim künftigen vertraglichen Miteinander in der Krankentagegeldversicherung nicht länger ausgehen zu können, führen zu einer nicht behebbaren Störung der Vertrauensgrundlage. Der Beklagte als Krankentagegeldversicherer kann Täuschungen eines Versicherungsnehmers, der - wie der Kläger - von Beruf selbständiger Gastwirt ist, über seine tatsächliche Arbeitsleistung in der Zeit der medizinisch attestierten Arbeitsunfähigkeit nur schwer aufdecken. Regelmäßige Überprüfungen des Versicherungsnehmers z.B. durch die Einschaltung von Detektiven sind in der Regel für beide Vertragsparteien unzumutbar. Der Versicherer ist deshalb in besonderer Weise auf die Vertragstreue des Versicherten angewiesen. Kann er sich darauf wegen festgestellter erheblicher Unredlichkeiten nicht mehr verlassen, ist dem Vertrag die notwendige Vertrauensgrundlage entzogen (vgl. auch LG Stuttgart VersR 2000, 307).

b) Entgegen der Ansicht des Landgerichts war eine vorherige Abmahnung des Klägers nicht erforderlich. Dem Landgericht ist zwar zuzugeben, dass die fristlose Kündigung einer Krankentagegeldversicherung aus wichtigem Grund (gemäß § 242 BGB) eine Abmahnung des Versicherungsnehmers voraussetzen kann (vgl. z.B. OLG Hamm VersR 1991, 542 a.E.; Bach/Moser, Private Krankenversicherung 3. Aufl. § 14 MB/KK Rdnr. 11; BK-Hohlfeld § 178 i VVG Rdnr. 12). Eine solche Abmahnung ist aber sinnlos und daher nicht erforderlich, wenn das Verhalten eines Vertragspartners die Vertrauensgrundlage in so schwerwiegender Weise erschüttert, dass sie auch durch eine erfolgreiche Abmahnung nicht wieder hergestellt werden könnte (vgl. BGH VersR 1999, 1279; 2001, 370). Das ist bei Verträgen über eine Krankentagegeldversicherung zu bejahen, wenn - wie hier - der Versicherungsnehmer die Leistungen des Klägers dadurch "erschleicht", dass er seiner Tätigkeit weiter nachgeht (vgl. z.B. OLG Saarbrücken VersR 1996, 362; LG Stuttgart aaO).

2. Die Anschlussberufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat seine Klage auf Zahlung von Krankentagegeld für die Zeit von 9. Februar bis 10. Juni 2002 zu Recht abgewiesen, weil der Kläger den Eintritt des Versicherungsfalls "Arbeitsunfähigkeit" nicht nachgewiesen hat. Die bedingungsgemäße Arbeitsunfähigkeit setzt, wie oben unter 1 a (1) ausgeführt, voraus, dass der Kläger in dem genannten Zeitraum seinen Beruf als Gastwirt in keiner Weise ausgeübt hat. Für die Tage 27.02., 28.02., 01.03 und 04.03.2002 trifft das nicht zu. Auch für die übrige von der Zahlungsklage erfasste Zeit bestehen daran erhebliche Zweifel (vgl. oben 1.a (1)).

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

2. Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, weil die Voraussetzungen hierfür (vgl. § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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