Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 30.06.2006
Aktenzeichen: 1 Ws 137/06
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 170 Abs. 1
StPO § 172 Abs. 3 Satz 1
StPO § 174 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

1 Ws 137/06

In dem Ermittlungsverfahren gegen

wegen Untreue u.a.

hier: Antrag der ......................., wohnhaft in .............., ................, und des ............, ebenda, .............., vertreten durch Rechtsanwalt ................, über die Erhebung der öffentlichen Klage gerichtlich zu entscheiden

hat der 1. Strafsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Ohler, den Richter am Oberlandesgericht Maurer und den Richter am Landgericht Jung

am 30. Juni 2006

beschlossen:

Tenor:

1. Der Antrag der ............ wird als unzulässig verworfen.

2. Der Antrag des .............. und des ............ wird als unbegründet kostenfällig verworfen.

Gründe:

Die Staatsanwaltschaft hat das Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten eingestellt und die Generalstaatsanwaltschaft hat die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen. Die Antragsteller begehren gerichtliche Entscheidung über die Erhebung der öffentlichen Klage. Der Senat hat mit Beschluss vom 6. September 2005 den Antrag als unzulässig verworfen. Diesen Beschluss hat der Landesverfassungsgerichtshof des Landes Rheinland-Pfalz mit Beschluss vom 25. Januar 2006 (AZ VGH B 16/05) aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken zurückverwiesen.

Der Antrag der ............ ist unzulässig. Legitimiert ein Klageerzwingungsverfahren zu betreiben ist lediglich, wer als Verletzter die Strafanzeige erstattet und auch die Beschwerde eingelegt hat ( Schmid in KK StPO, 5. Auflage § 172 Rdnr. 17; Meyer-Goßner, StPO 48. Auflage, § 172 Rdnr. 5a). Die Strafanzeige vom 9. April 2004 gegen ......... wurde von Rechtsanwalt .... namens und im Auftrag für ............ und .............. eingelegt. Eine Strafanzeige der ............ findet sich im weiteren Aktenverlauf nicht. Auch die Einstellungsbescheide der Staatsanwaltschaft und der Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft beziehen sich demzufolge nicht auf .............

Die Anträge des .............. und des ............ erweisen sich zwar als zulässig, bleiben jedoch in der Sache ohne Erfolg.

Gemäß § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO muss ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung die Tatsachen, welche die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen und die Beweismittel angeben. Hieraus folgt, dass als notwendiger Inhalt des Antrags eine aus sich heraus verständliche und in sich geschlossene Schilderung des Sachverhaltes, der bei Unterstellung des hinreichenden Tatverdachts die Erhebung der öffentlichen Klage formell und materiell rechtfertigen würde, erforderlich ist (BverfG NJW 2000, 1027; OLG Stuttgart Justiz 2000, 127; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 20. Dezember 1995, 2 Ws 179/95 zitiert nach Juris). Insbesondere bedarf es neben der Schilderung des objektiven Tatgeschehens auch einer Tatsachendarstellung zu den inneren Tatbestandsmerkmalen (OLG Düsseldorf Beschluss vom 24. November 1991, 2 Ws 538-539/93 zitiert nach Juris). Neben der Tatschilderung sind auch der Gang des Verfahrens und der Ermittlungen, deren Ergebnis, die von dem Antragsteller angegriffenen Entscheidungen der Staatsanwaltschaft und Generalstaatsanwaltschaft, sowie die zu ihrer Widerlegung vorgebrachten Argumente und Beweismittel unter Auseinandersetzung mit den Argumenten der Staatsanwaltschaft wiederzugeben. Die Antragsschrift selbst muss es dem Oberlandesgericht ermöglichen, ohne Rückgriff auf die Ermittlungsakten und andere Akten eine "Schlüssigkeitsprüfung" vorzunehmen (BverfG Beschluss vom 27. April 2006, 2 BvR 430/04 zitiert nach Juris; OLG Koblenz NJW 1977, 1461; OLG Celle NStZ 1997, 406).

Ein Antrag der diesen Anforderungen nicht genügt, weil er zum Verständnis des Begehrens den Rückgriff auf die Ermittlungsakten erforderlich macht, ist unzulässig. Daher genügt eine Bezugnahme auf die Ermittlungsakten oder früheren Eingaben für die erforderliche Darstellung des Sachverhaltes nicht (OLG Saarbrücken, wistra 1995, 36; OLG Düsseldorf wistra 1993, 238).

Für die Auseinandersetzung mit den Argumenten der Staatsanwaltschaft und der Generalstaatsanwaltschaft ist es jedoch nicht erforderlich, die entsprechenden Bescheide zum Beispiel im Fließtext vollständig im Antrag wiederzugeben. Vielmehr wird eine mosaikartige Darstellung des Sachverhaltes als ausreichend angesehen, soweit hierdurch die Vollständigkeit und Geschlossenheit der Sachverhaltsdarstellung nicht leidet (BverfG NJW 1983, 382). Dabei wird es, auch um die formellen Anforderungen an die Zulässigkeit des Antrags nicht zu überspannen (Schmid in KK zur StPO, § 172 Rdnr. 37), genügen, wenn eine Auseinandersetzung mit allen wesentlichen, tragenden Argumenten erfolgt. Allerdings darf der Vortrag nicht lückenhaft und in sich nicht geschlossen sein (Brandenburgisches Oberlandesgericht a.a.O).

Stellt man die Bescheide der Staatsanwaltschaft und Generalstaatanwaltschaft den Ausführungen im Klageerzwingungsantrag gegenüber, ergibt sich, dass zumindest zu allen tragenden Argumenten Stellung bezogen und andere Wertungen vorgenommen oder Beweismittel benannt beziehungsweise Beweisanregungen gegeben werden. Die gilt insbesondere für:

- die Zweifel an der Richtigkeit der Angaben der Anzeiger und dem Nachweis einer Tippgemeinschaft für die fragliche Ausspielung

- die späte Geltendmachung der Ansprüche

- das Verhalten anlässlich der Fahrt nach München und bezüglich der Darlehnsauszahlung

- die Frage, ob sich auf dem Originaltippschein drei Namen auf der Rückseite befanden und ob der vorgelegte Schein manipuliert war

- die Änderung der Firmierung der Toto-Lotto-Gesellschaft und den Beweiswert dieser Tatsache

- die Frage der technischen Möglichkeiten zur Manipulation

- die Tatsache, dass die Lotto-Card zu Auszahlung genügt hätte

- die Ergebnisse der bei Toto-Lotto vorgenommenen Tests

- die widersprüchlichen Einlassungen zur Auswahl der gespielten Zahlen

- dass es sich, wie auf der Vorderseite des Scheins ersichtlich, um einen Fehldruck handelt

- der Frage, ob der Beschuldigte sich am maßgeblichen Freitag überhaupt in der Gaststätte aufgehalten hat.

Ob die einzelnen Argumente dabei geeignet sind, die Argumentation der Staatsanwaltschaft zu erschüttern oder zu widerlegen, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern muss vielmehr im Rahmen der Begründetheit überprüft werden.

Es war für die Zulässigkeit des Antrags auch nicht erforderlich, die Feststellungen des Landgerichts Koblenz aus dem Zivilverfahren detailliert wiederzugeben, weil die Generalstaatsanwaltschaft in ihrem Bescheid auf dieses Verfahren Bezug genommen hatte. Insoweit lag der vom OLG Stuttgart (NStZ-RR 2002, 79) entschiedene Sachverhalt völlig anders, da dort der Anzeiger im Klageerzwingungsantrag verschwieg, dass gegen ihn selbst in der gleichen Angelegenheit eine Anklage erhoben worden war.

Der zulässige Antrag ist jedoch unbegründet, da das Ergebnis der Ermittlungen keinen genügenden Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage gibt. Hinreichender Tatverdacht als Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage gemäß §§ 174 Abs. 1, 170 Abs. 1 StPO setzt voraus, dass bei vorläufiger Bewertung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens der Nachweis der Straftat mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (OLG Rostock NStZ-RR 1996, 272). Dies ist auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Antragsteller nicht gegeben.

Es lässt sich schon nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen, dass zwischen den Anzeigern ..... und ......., sowie dem Beanzeigten .... für die 42. Lottoausspielung am 18. Oktober 2003 eine Tippgemeinschaft in Form einer BGB-Gesellschaft bestand. Die vernommenen Zeugen ....., ......., ....., .........., ....., ....... und ....... konnten eine solche gerade nicht bestätigen. Auch sah sich das OLG Koblenz außerstande den entsprechenden Angaben der Anzeigeerstatter zu folgen, sondern gewann vielmehr den Eindruck, als seien deren Angaben nicht " auf feste, von Überzeugung und redlichem inneren Engagement getragene Erinnerungen gegründet". Auch haben die Anzeigeerstatter ihre Angaben, wie und mit welchen Vorgaben der Tippschein ausgefüllt wurde, dem Verfahrensverlauf und den im Verfahren gewonnenen Kenntnissen angepasst. In der Strafanzeige wurde noch vorgetragen, .... seien die Tippzahlen von und ..diktiert worden. ..... habe dabei die Zahlen 4, 15 und 41 aus seinem Geburtsdatum gewählt, die übrigen Zahlen seien frei ausgewählt worden. Schon hierbei ist auffällig, dass ..... am ........... geboren ist, die 41 also nicht aus seinem Geburtsdatum stammen kann. Nachdem durch Ermittlungen bei der Toto-Lotto-Gesellschaft bekannt wurde, dass die Zahlenkombination, die zum Gewinn führte, zuvor schon mehrfach von .... gespielt worden sei, änderten die Anzeiger ihre Angaben dahingehend, dass eben ein bereits ausgefüllter und zuvor mehrfach verwendeter Schein benutzt worden sei.

Auch das spätere Verhalten spricht gegen das Bestehen einer Tippgemeinschaft. So erkundigten sich die Anzeiger nicht, ob mit dem Schein ein Gewinn erzielt worden war, was nahe gelegen hätte, weil ..... angeblich Zahlen aus seinem Geburtsdatum gespielt hatte. Diese Nachfrage geschah auch nicht, als ..on seinem Gewinn erzählte und ..... die Gewinnschecks am 1. November 2003 zeigte. Auch die gemeinsame Reise nach München, sowie die Hingabe eines Darlehns von 10000 DM von .....an ..... sprechen gegen das Bestehen einer Tippgemeinschaft. Andernfalls hätten ..... und ihre Ansprüche geltend gemacht und nicht weiter freundschaftlich mit .... verkehrt. Dieses Verhalten lässt sich auch nicht allein mit Rücksichtnahme auf die Krankheit der Ehefrau ..... erklären. Wenn man aus finanziellen Gründen den direkten Gang zum Anwalt gescheut hätte, wäre es mehr als nahe liegend gewesen ........anzusprechen und den Anteil am Gewinn einzufordern. Dies geschah jedoch gerade nicht. Erst am 10. oder 11. Januar 2004 wandte sich ..... erstmals an ......., ohne dass man Forderungen an .....gestellt hätte. Auch die Einlassung ...... im Zivilprozess, er habe zunächst "recherchieren" müssen und deswegen keine Ansprüche geltend gemacht, ohne dass er auf Nachfrage mitteilen konnte welche Maßnahmen er im Einzelnen ergriffen hatte, vermag nicht zu überzeugen.

Nicht zuletzt finden sich auf der Rückseite der vorliegenden Originalspielquittung auch keine handschriftlichen Einträge irgendwelcher Art, was in Widerspruch zu den Angaben der Anzeigenden steht, dass dort die Vornamen der drei Mitglieder der Tippgemeinschaft vermerkt worden wären.

Es gibt nach Aktenlage auch keinerlei konkrete Hinweise dafür, dass die vorgelegte Originalspielquittung gefälscht oder manipuliert worden ist. Zum einen ist auf die Stellungnahme der Toto-Lotto-Gesellschaft zu verweisen, wonach es sich nicht um eine Fälschung handele. Der Behauptung, es sei der Teil der Quittung, auf dem auf der Rückseite die Namen der Mitspieler standen, abgetrennt worden, steht der fehlende Aufdruck auf der Vorderseite entgegen. Diese Besonderheit lässt vielmehr den Schluss zu, dass es sich um einen fehlerhaften Ausdruck handelt. Soweit behauptet wird, der Beanzeigte selbst hätte durch Manipulationen diesen Quittungsfehldruck hergestellt, handelt es sich um reine Mutmaßungen. Die durchgeführten Tests bei Toto-Lotto Rheinland-Pfalz haben vielmehr ergeben, dass es durchaus möglich ist, in den Druckern der Terminals der Lottogesellschaft Spielquittungen mit einem der vorliegenden Quittung entsprechenden Druckbild und einer ebenfalls verkürzten Quittungslänge herzustellen. Vorraussetzung war dabei lediglich ein Riss oder Abriss des Papiers, der den Kontakt zum Drucker unterband. Zudem ist auch nicht erkennbar, mit welchen technischen Möglichkeiten .... eine behauptete Manipulation hätte vornehmen können; zumindest hätte er einen Dritten als Mitwisser einweihen und sich ihm ausliefern müssen.

Auch die Abrisskante an der Originalquittung zwingt nicht zur Annahme einer Manipulation. Der im Zivilverfahren von der dortigen Klägerin beauftragte Gutachter konnte nicht ausschließen, dass das Schadensbild durch Fehler in der Bahnführung des Druckers entstanden sei. Dass sich nach der Umfirmierung im Jahre 2003 ein anderer Aufdruck auf der Quittungsrückseite befand als auf der von .... vorgelegten Quittung, vermag den Fälschungseinwand ebenfalls nicht zu erhärten. Reste alter Rollen wurden nach Auskunft von Toto-Lotto noch in den Annahmestellen aufgebraucht, so dass auch ein wechselnder Gebrauch von alten und neuen Rollen in Betracht kommt.

Auch die Aussagen der Eheleute ..... ergibt nichts anderes, da beiden eine konkrete Erinnerung an vorliegenden Fall fehlt und sie lediglich allgemein von Wahrscheinlichkeiten sprachen. Zudem besteht die Möglichkeit dass, was nach Aussagen der Eheleute ..... ab und zu geschah, eine andere Person am fraglichen Tag in der Lottoannahmestelle aushalf.

Auch die Interessenlage ..... spricht letztendlich gegen eine Manipulation. Er war nämlich, weil er seine registrierte Kundenkarte bei dem fraglichen Spiel eingesetzt hatte, bereits allein dadurch als Gewinner registriert und hätte den Gewinn ohne Vorlage weiterer Unterlagen auf sein Konto überwiesen bekommen. Ein etwaiges Interesse den Gewinn zu verheimlichen und deshalb eine Auszahlung per Schecks zu erhalten, wofür .... die Spielquittung vorlegen musste, steht in keinem Verhältnis zu dem Risiko, der Lotto-Gesellschaft eine gefälschte Quittung zu übergeben.

Die Verwerfung des Antrags als unzulässig hat zur Folge, dass der Antragstellerin Verfahrenskosten nicht aufzuerlegen sind, §§ 174, 176 Abs. 2. 177 StPO.

Hinsichtlich der Verwerfung als unbegründet folgt die Kostenentscheidung aus §§ 177, 174 StPO.

Ende der Entscheidung

Zurück