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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 18.03.2009
Aktenzeichen: 1 Ws 364/08 (Vollz)
Rechtsgebiete: MVollzG


Vorschriften:

MVollzG § 6 Abs. 1
Zur Zulässigkeit einer Zwangsbehandlung nach § 6 Abs. 1 MVollzG Rheinland-Pfalz.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

1 Ws 364/08 (Vollz)

In dem Strafvollzugsverfahren

wegen Zwangsbehandlung

hier: Rechtsbeschwerde hat der 1. Strafsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch die Richter am Oberlandesgericht Burger und Süs und den Richter am Landgericht Christoffel am 18. März 2009 beschlossen: Tenor:

1. Die Rechtsbeschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss der Kleinen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 16. Oktober 2008 wird auf Kosten des Beschwerdeführers als unbegründet verworfen. 2. Dem Beschwerdeführer wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren die Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt D......, ............ bewilligt. Der Verurteilte hat keine Raten auf die Kosten des Verfahrens zu bezahlen. 3. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 4.000 € festgesetzt. Gründe: I.

Das Landgericht Kaiserslautern hat durch Urteil vom 19. Mai 2006 die Unterbringung des jetzt 37-jährigen Beschwerdeführers in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Nach den Urteilsfeststellungen leidet der Beschwerdeführer unter einer krankhaften seelischen Störung mit anhaltendem Wahnerleben; dies äußert sich in Wahnideen wie Querulantenwahn, Größen- und Abstammungswahn sowie Verfolgungs- und Beeinträchtigungswahn, verbunden mit einem Verlust des Realitätsbezugs. Unter dem Einfluss dieser Erkrankung hatte er am 23. September 2005 den Hausmeister eines städtischen Gebäudes tätlich angegriffen und diesen u.a. durch einen Messerstich erheblich verletzt. Die Maßregel wird seit dem 6. Oktober 2006 im Pfalzklinikum für Psychiatrie und Neurologie in Klingenmünster vollzogen, wo der Verurteilte bereits seit 27. September 2005 einstweilen untergebracht war. Die Einrichtung einer Betreuung für den Verurteilten war durch das zuständige Vormundschaftsgericht durch Beschluss vom 30. November 2006 abgelehnt worden; wegen der Weigerung des Verurteilten mit einem Betreuer zusammenzuarbeiten, müsse eine solche Maßnahme weitgehend wirkungslos bleiben.

Durch ein Schreiben vom 24. April 2007 kündigte die Klinik dem Verurteilten an, ihm auf der Grundlage von § 6 Abs. 1 MVollzG Rheinland-Pfalz auch gegen seinen Willen Medikamente zur Besserung seines psychischen Zustandes - sog. Antipsychotika - verabreichen zu wollen. Dies sei angesichts fehlender Krankheitseinsicht und mangelnder Bereitschaft zur Mitwirkung an angebotenen Therapieprogrammen die einzige Möglichkeit, auf die Erreichung des Vollzugsziels hinzuarbeiten und den vom Verurteilten ausgehenden Gefahren entgegen zu wirken.

Gegen diese vorgesehene Zwangsbehandlung hat sich der Verurteilte mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gewandt. Das o.a. Schreiben der Klinik wird dabei als inhaltlich unvollständig beanstandet; es sei daher aufzuheben. Ein Nachschieben von Gründen sei nicht zulässig.

Die Strafvollstreckungskammer hat die Beteiligten mündlich angehört. Ihr lag auch eine schriftliche Stellungnahme der Klinik vom 29. August 2007 vor. Durch den angefochtenen Beschluss vom 16. Oktober 2008 hat die Kammer den Antrag des Verurteilten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass eine medikamentöse Therapie mittels atypischer Neuroleptika gegen dessen Willen und unter Anwendung unmittelbaren Zwangs für einen Zeitraum von 6 Monaten zulässig ist. Die vorgesehene Zwangsbehandlung dürfe auf der Grundlage von § 6 Abs. 1 MVollzG durchgeführt werden. Diese Bestimmung verstoße nach Maßgabe verfassungskonformer Auslegung auch nicht gegen Art. 2 GG. Die Zwangsbehandlung scheitere dabei entgegen der Auffassung des Verurteilten nicht bereits aus formalen Gründen. Nachdem sie weder einen schriftlichen Bescheid der Klinik noch die Zustimmung der Strafvollstreckungskammer voraussetze, komme es lediglich darauf an, ob die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß dem Ergebnis der gerichtlichen Prüfung zu Beginn der Behandlung tatsächlich gegeben seien. Dies sei hier in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der behandelnden Fachärzte zu bejahen. Danach drohe bei dem Verurteilten eine sicher fortschreitende Chronifizierung seiner psychischen Erkrankung mit Resistenz gegen medikamentöse Beeinflussung, was auf eine dauerhafte Verwahrung im Maßregelvollzug hinauslaufe. Dagegen lasse die vorgesehene Verabreichung sog. atypischer Neuroleptika mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Besserung der Anlasserkrankung erwarten, wenngleich das Ausmaß der Besserung gegenwärtig noch nicht bestimmt werden könne; erhebliche Nebenwirkungen seien angesichts regelmäßig vorzunehmender Kontrollen nicht zu befürchten.

Die Zwangsbehandlung sei auch nicht wegen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unzulässig. Als "ultima ratio" sei sie vielmehr das einzige und letzte Mittel, um die Anlasserkrankung positiv zu beeinflussen und eine Resozialisierung der Verurteilten zu ermöglichen. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit sei die Behandlung aber auf zunächst 6 Monate zu begrenzen. Danach sei eine neue Entschließung unter Berücksichtigung des sich bis dahin zeigenden Verlaufs erforderlich, möglicherweise auch unter Zuziehung eines externen Sachverständigen. Auch eine solche neue Entschließung müsse sodann dokumentiert und dem Verurteilten bekanntgegeben werden.

Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Verurteilten, die mit der Verletzung sachlichen und förmlichen Rechts begründet worden ist. Entgegen der Auffassung der Strafvollstreckungskammer bedürfe eine derartige Anordnung der Klinik der schriftlichen Begründung, die auch sich heraus verständlich sein müsse. Ein Nachschieben von Gründen, wie es die Klinik versucht habe, sei insoweit unzulässig. Die Voraussetzungen für die zwangsweise Anwendung von Psychopharmaka seien nicht erfüllt. Auch wird die Dauer des erstinstanzlichen Verfahrens gerügt; der angefochtene Beschluss sei schon wegen mangelnder Förderung des Verfahrens aufzuheben.

Das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung hat beantragt, die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen. II.

1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Die Formalien der Einlegung und Begründung (§§ 118, 138 Abs. 3 StVollzG) sind eingehalten. Das Rechtsmittel ist auch zulässig im Sinne von § 116 Abs. 1 StVollzG, denn es ist geboten, die Nachprüfung der gerichtlichen Entscheidung der Strafvollstreckungskammer zur Fortbildung des Rechts zu ermöglichen. Obergerichtliche Entscheidungen zur Zulässigkeit einer Zwangsbehandlung nach § 6 Abs. 1 MVollzG Rheinland-Pfalz liegen bisher, soweit ersichtlich, nicht vor. Auch die bisher bekannt gewordenen höchst- und obergerichtlichen Entscheidungen zu ähnlichen Regelungen anderer Bundesländer (BVerfG NStZ-RR 2007, 92; VerfGH Bayern NJW 1992, 1520 zu Art. 13 UBG Bayern; s.a. LG Heidelberg, Beschluss vom 20.4.2004, 7 StVK 79/04 - juris, zu § 8 UBG Baden-Württemberg; LG Stendal, Beschluss vom 10.7.2003, 504 StVK 39/03 - juris, zu § 9 MVollzG Sachsen-Anhalt) ergeben keine hinreichenden Leitsätze zur Beurteilung der sich im vorliegenden Fall stellenden Rechtsfragen.

Die Rechtsbeschwerde ist aber in der Sache unbegründet. Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen, die vom Senat in den wesentlichen Grundzügen geteilt werden, hat die Strafvollstreckungskammer die vom Pfalzklinikum vorgesehene Zwangsbehandlung für zulässig erachtet und den Antrag des Verurteilten daher zurückgewiesen. Die mit der Rechtsbeschwerde behaupteten Rechtsverletzungen (§ 116 Abs. 2 StVollzG) liegen nicht vor. 2. Der vom Verurteilten gestellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§ 109 StVollzG) war allerdings zulässig als sog. vorbeugende Unterlassungsklage. Eine solche kommt in Betracht, wenn sich der Antragsteller gegen ein ihm drohendes Verhalten der Vollzugsbehörde wendet, das keine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten im Sinne von § 109 Abs. 1 StVollzG und somit keinen "Verwaltungsakt", sondern einen bloßen "Realakt" darstellt (Callies/Müller-Dietz, StVollzG 11. Aufl. § 109 Rn. 6). Wie von der Strafvollstreckungskammer zutreffend ausgeführt (Beschluss S. 9 f., Bl. 136 d.A.), liegt ein solcher Fall hier vor. Nach § 6 Abs. 1 MVollzG setzt die Zwangsbehandlung den Erlass eines entsprechenden Bescheides gerade nicht voraus, sondern knüpft ihre tatsächliche Durchführung allein an das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen. Dementsprechend ist das Schreiben vom 24. April 2007 auch nicht dahin auszulegen, dass die Klinik einen Verwaltungsakt im Sinne von § 109 Abs. 1 StVollzG erlassen wollte; hierdurch sollte vielmehr dem Verurteilten ermöglicht werden, vor Beginn einer Zwangsbehandlung in wirksamer Weise Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen (vgl. auch Volckart/Grünebaum, Maßregelvollzug 6. Aufl. D.1.3.3.5).

Dieser Beurteilung des vom Verurteilten gestellten Antrags steht auch der Beschluss des OLG Hamburg vom 23.3.1979 (Vollz (Ws) 7/79; ZfStrVo SH 1979, 99 - Ls.) nicht entgegen. Soweit dort die Zulässigkeit eines vorbeugenden Unterlassungsantrags verneint wird, bezieht sich dies lediglich auf drohende künftige Maßnahmen der Vollzugsbehörde (§ 109 StVollzG; dort betreffend Überwachung des Schriftwechsels, § 29 StVollzG). Einer Vorlage an den Bundesgerichtshof (§ 121 Abs. 2 GVG) bedarf es daher nicht. 3. Die rechtlichen Grundlagen einer Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug des Landes Rheinland-Pfalz werden in der angefochtenen Entscheidung zutreffend dargelegt. Der Senat schließt sich dem im Ergebnis und in den wesentlichen Erwägungen der Begründung an. Im Einzelnen gilt danach Folgendes: 4. Die Zulässigkeit der Zwangsbehandlung ergibt sich nicht bereits aus der gegen den Verurteilten angeordneten Unterbringung nach § 63 StGB und der allgemeinen Vollzugsvorschrift des § 136 StVollzG. Als Rechtsgrundlage kommen vielmehr die in § 138 Abs. 1 S. 1 StVollzG genannten landesgesetzlichen Vorschriften in Betracht (BVerfG DVBl. 2008, 38, juris Rn. 26; KG NStZ-RR 2008, 92, 93; 1997, 351, 352). 5. Für Rheinland-Pfalz werden Behandlungen und Untersuchungen im Maßregelvollzug durch § 6 Abs. 1 S. 2 MVollzG grundsätzlich auch ohne Einwilligung des untergebrachten Patienten gestattet. Voraussetzung ist einerseits, dass diese Maßnahmen zur Erreichung des Vollzugsziels dienen. Andererseits wird für Behandlungen und Untersuchungen, die mit einem wesentlichen gesundheitlichen Risiko oder mit einer Gefahr für das Leben des Patienten verbunden sind, grundsätzlich die Einwilligung des Untergebrachten oder dessen gesetzlichen Vertreters erforderlich (§ 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 MVollzG).

Mit dieser Normierung wollte der Landesgesetzgeber sicherstellen, dass während der Vollziehung einer Maßregel der Besserung und Sicherung, z.B. einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB, der Betroffene nicht nur verwahrt, sondern auch, wenn notwendig gegen seinen Willen, behandelt wird, um einerseits den untergebrachten Patienten wieder zu befähigen, ein in der Gemeinschaft eingegliedertes Leben zu führen, und andererseits die Allgemeinheit vor weiteren rechtswidrigen Taten zu schützen. Die ärztliche Behandlung zur Erreichung dieses Vollzugsziels soll nicht Strafe, sondern die Voraussetzung für die Heilung des untergebrachten Patienten sein (vgl. Landtag Rheinland-Pfalz 10. Wahlperiode Plenarprotokolle S. 4602, 4606). 6. Die somit nach dem Wortlaut des Gesetzes ermöglichte Zwangsbehandlung kann auch nicht allgemein und von vornherein als Verstoß gegen das Übermaßverbot und als unverhältnismäßiger Eingriff in die Freiheitsrechte aus Art. 2 GG oder die Menschenwürde des Untergebrachten verworfen werden (KG NStZ-RR 2008, 92, 93; Volckart/Grünebaum a.a.O., D.1.3.3.2). Vielmehr dient sie dem Ziel der Wiederherstellung der psychischen Gesundheit und damit auch der Beendigung der Unterbringung (VerfGH Bayern NJW 1993, 1520, 1522). Auch das Bundesverfassungsgericht hat die Zulässigkeit von Behandlungsmaßnahmen auf der Grundlage der dem § 6 MVollzG ähnlichen Bestimmung des § 13 UnterbrG Bayern vorausgesetzt (BVerfG NStZ-RR 2007, 92, 93). 7. Der Senat teilt aber auch die Auffassung des Strafvollstreckungskammer (Beschluss S. 12, Bl. 139 d.A.), wonach die Zwangsbehandlung auf dieser Grundlage nicht schrankenlos ermöglicht wird, sondern nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beschränken ist (s.a. VerfGH Bayern NJW 1993, 1520, 1522; LG Stendal a.a.O., juris Rn. 37; Volckart/ Grünebaum a.a.O., Rn. D.1.3.3.2). Jede Behandlungsmaßnahme muss also zur Förderung der verfolgten Zweckes geeignet und erforderlich sein und dabei das angemessene und zumutbare Mittel darstellen (Kammeier/Wagner, Maßregelvollzugsrecht Rn. D 142); letzteres wird durch § 6 Abs. 5 S. 1 MVollzG ausdrücklich bestimmt. 8. Mit der Strafvollstreckungskammer ist der Senat der Auffassung, dass die vorstehend umschriebenen Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit einer Zwangsbehandlung hier erfüllt sind. Die vorgesehene Gabe von Medikamenten - sog. atypischen Neuroleptika - soll die der Unterbringung des Beschwerdeführers zugrunde liegende Anlasserkrankung behandeln und diese möglichst weitgehend lindern und heilen. Sie dient damit, wie es § 6 Abs. 1 S. 2 MVollzG voraussetzt, der Erreichung des in § 136 StVollzG festgelegten Vollzugszieles.

Nach den auch insoweit fehlerfreien, auf die sachverständigen Äußerungen der behandelnden Fachärzte gestützten Feststellungen im angefochtenen Beschluss ist die vorgesehene Behandlung im Sinne dieser Zielsetzung auch geeignet und erforderlich. Danach konnte bei dem Verurteilten trotz seit Beginn der Unterbringung geführter aufklärender Gespräche keine Krankheitseinsicht geweckt werden. Für die Mitwirkung an ihm angebotenen Therapien und insbesondere für die Einnahme von Medikamenten konnte er nicht gewonnen werden. Ohne Behandlung ist die sicher fortschreitende chronische Verfestigung der psychischen Erkrankung zu erwarten. In Verbindung mit in zunehmendem Maße auftretenden Hospitalisierungseffekten und einer zunehmenden Resistenz gegen medikamentöse Beeinflussung wird dadurch die Resozialisierung des Verurteilten im Laufe der Zeit immer schwieriger und eine dauerhafte Verwahrung im Maßregelvollzug immer wahrscheinlicher. Zudem führt die unbehandelte Erkrankung zu Konflikten mit Mitpatienten, wohingegen eine Behandlung auch ein verbessertes Zusammenleben in der Gemeinschaft erwarten lässt.

Maßnahmen zur Verbesserung dieses Zustandes, die den Verurteilten weniger beinträchtigen würden als die vorgesehene Verabreichung von Medikamenten, sind nicht ersichtlich. Vielmehr stellt sich die angestrebte Zwangsbehandlung als die einzige Möglichkeit einer günstigen Beeinflussung der Anlasserkrankung dar. Ihr kann auch nicht entgegen gehalten werden, sie diene lediglich der Aufrechterhalten und Anstaltsordnung und dazu, den Kranken für die Einrichtung erträglich zu machen (vgl. Kammeier/Wagner a.a.O., Rn. D 142; Rinke NStZ 1988, 10, 14). Auch soweit die Sicherheit und Ordnung der Anstalt berührt ist, dienen Behandlungsmaßnahmen dazu, die anderen Untergebrachten - und auch den Betroffenen selbst - als Kranke menschenwürdig behandeln und betreuen zu können (vgl. VerfGH Bayern NJW 1993, 1520, 1522).

Unter Abwägung der dem Beschwerdeführer drohenden Nachteile und der mit der angestrebten Zwangsbehandlung verfolgten Zwecke kann diese auch nicht als unangemessen und unzumutbar angesehen werden. Vielmehr sind erhebliche und anhaltende Nebenwirkungen der vorgesehenen Medikamente nach den auch insoweit fehlerfreien Feststellungen der Strafvollstreckungskammer auch mit Rücksicht auf die konkrete körperliche Verfassung des Verurteilten nicht zu erwarten. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der von der Klinik vorgesehenen fortlaufenden Kontrollen. Auch haben sich auf der Grundlage der von der Strafvollstreckungskammer getroffenen Feststellungen keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Behandlung zu einer Veränderung der Persönlichkeit im Kernbereich führen könnte (vgl. auch KG NStZ-RR 2008, 92, 93), wie sie nach den ausdrücklichen Bestimmungen verschiedener Landesgesetze (etwa Art. 13 Abs. 3 UnterbrG Bayern) einer Zwangsbehandlung entgegen steht. Derartiges wird auch von der Rechtsbeschwerde nicht geltend gemacht. 9. Der Senat pflichtet auch der Auffassung des Strafvollstreckungskammer bei, wonach der Zulässigkeit der angestrebten Behandlung nicht etwa eine inhaltliche Unzulänglichkeit des sie ankündigenden Schreibens der Klinik vom 24. April 2007 entgegen steht (Beschluss S. 9 f., Bl. 136 d.A.). Wie oben ausgeführt, handelt es sich um einen bloßen Realakt, der den Erlass eines entsprechenden Bescheides nicht voraussetzt. Zudem sind nach den auch insoweit fehlerfreien Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung von Beginn der Unterbringung des Verurteilten an und insbesondere in Hinsicht auf die nunmehr angestrebte Behandlung mit ihm zahlreiche aufklärende Gespräche geführt worden. Zu einer solchen Aufklärung war und ist die Klinik schon nach § 5 Abs. 2 MVollzG verpflichtet. Anhaltspunkte, wonach sie dieser Verpflichtung nicht auch weiterhin nachkommen wird, sind auch der Grundlage der von der Strafvollstreckungskammer getroffenen Feststellungen nicht ersichtlich. Ebenso ist die konkrete Auswahl des zu verabreichenden Medikaments und dessen Dosierung eine zuerst medizinische Frage und daher von den behandelnden Ärzten in eigener Verantwortung zu entscheiden (vgl. KG NStZ-RR 2008, 92, 94; LG Heidelberg Beschluss vom 20. April 2004 - 7 StVK 79/04 -, juris Rn. 15). Aus den dargestellten Gründen stellt sich auch die von der Rechtsbeschwerde angeführte Problematik eines "Nachschiebens von Gründen" hier nicht. 10. Auch die von der Rechtsbeschwerde erhobene Verfahrensrüge einer überlangen Verfahrensdauer kann nicht zum Erfolg führen. Der Ablauf des erstinstanzlichen Verfahrens kann schon im wohlverstandenen Interesse des Verurteilten nicht dazu führen, dass die nach den gesamten Umständen erforderliche und gebotene Behandlung nunmehr zu unterblieben hätte. Ein Ausgleich etwaiger nachteiliger Folgen der Verfahrensdauer wäre damit nicht verbunden. 11. Die von der Strafvollstreckungskammer verfügte vorläufige Beschränkung der Zwangsbehandlung auf einen Zeitraum von 6 Monaten ist nicht Gegenstand der Entscheidung des Senats (§ 119 Abs. 2 StVollzG). 12. Gemäß § 121 Abs. 4 StVollzG, § 473 Abs. 1 S. 1 StPO hat der Beschwerdeführer auch die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf §§ 60, 52 GKG. Der von der Strafvollstreckungskammer angenommene Wert ist von keiner Seite in Zweifel gezogen worden und erscheint angemessen. 13. Ungeachtet der Erfolglosigkeit seines Rechtsmittels ist dem Verurteilten die beantragte Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren zu gewähren (§ 120 Abs. 2 StVollzG; §§ 114 ff. ZPO). Bereits die Zulassungsentscheidung des Senats (§ 116 Abs. 1 StVollzG) ergibt, dass das Verfahren die Klärung grundlegender Rechtsfragen betrifft, die nicht dem PKH-Prüfungsverfahren überlassen bleiben kann (vgl. nur Zöller/Philippi, ZPO 27. Aufl. § 114 Rn. 21 m.w.N.). Die Bewilligung wirkt auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurück (Zöller/Philippi a.a.O., § 119 Rn. 39).

Ende der Entscheidung

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