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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 27.01.2004
Aktenzeichen: 1 Ws 559/03
Rechtsgebiete: BRAGO


Vorschriften:

BRAGO § 83 Abs. 3
BRAGO § 84 Abs. 2
BRAGO § 85 Abs. 4
BRAGO § 86
BRAGO § 86 Abs. 3
BRAGO § 86 Abs. 4
BRAGO § 97
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

1 Ws 559/03

In dem Strafverfahren gegen

K. A. M., geb. am .................. in G. zur Zeit in Strafhaft in der ...........................,

wegen räuberischer Erpressung,

hier: Kostenfestsetzung,

hat der 1. Strafsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Ohler und die Richter am Oberlandesgericht Maurer und Ruppert

am 27. Januar 2004

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors beim Landgericht Zweibrücken wird der Beschluss der 1. Strafkammer des Landgerichts Zweibrücken vom 20. November 2003 aufgehoben. Die dem Pflichtverteidiger aus der Staatskasse zu erstattende Pflichtverteidigervergütung wird entsprechend dem Beschluss des Rechtspflegers vom 4. August 2003 auf 355,31 EUR festgesetzt.

2. Der Streitwert beträgt 156,60 EUR.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.

Gründe:

In dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers des Landgerichts Zweibrücken vom 4. August 2003 war statt der für die Verteidigung im Revisionsverfahren gemäß §§ 97, 86 Abs. 3 BRAGO geltend gemachten Gebühr in Höhe von 360,00 EUR lediglich eine solche von 225,00 EUR (5 x 45,-- EUR) zuerkannt worden. Hiergegen hat sich der Verteidiger mit seiner Kostenerinnerung gewandt und dies damit begründet, dass in entsprechender Anwendung der §§ 84 Abs. 2, 85 Abs. 4 BRAGO die Zuerkennung der vollen Gebühr für den Fall angemessen sei, dass das Revisionsverfahren - wie hier - unter seiner Mitwirkung durch Revisionsrücknahme erledigt worden sei.

Dieser Rechtsauffassung hat sich die Strafkammer des Landgerichts angeschlossen. Es hat den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 4. August 2003 aufgehoben und die Gebühren entsprechend dem Kostenfestsetzungsantrag des Pflichtverteidigers zuerkannt. Hiergegen wendet sich der Bezirksrevisor unter Hinweis darauf, dass der für das Revisionsverfahren einschlägige § 86 BRAGO eine entsprechende Anwendung der vorbenannten Bestimmungen (§§ 84 Abs. 2, 85 Abs. 4 BRAG) nicht vorsehe, weshalb eine Kostenerstattung in der beantragten Höhe nicht habe erfolgen dürfen.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Zu Recht hat der Kostenbeamte des Landgerichts die durch den Pflichtverteidiger für das Revisionsverfahren geltend gemachte Gebühr von 360,00 EUR auf 225,00 EUR gekürzt und unter Berücksichtigung der übrigen Kostenfaktoren und der gesetzlichen Mehrwertsteuer die zu erstattenden Kosten mit 355,31 EUR bestimmt.

Die Gebühr für die Vertretung im Revisionsverfahren beträgt nach §§ 97, 86 Abs. 3 BRAGO für eine Tätigkeit des Pflichtverteidigers außerhalb der Hauptverhandlung 5 x 45,00 EUR. Eine Gebührenerhöhung für den Fall, dass das Strafverfahren unter Mitwirkung des Verteidigers außerhalb der Hauptverhandlung erledigt wird, wie dies in § 84 Abs. 2 BRAGO für das Strafverfahren 1. Instanz und für das Berufungsverfahren in § 85 Abs. 4 BRAGO unter Verweisung auf § 84 Abs. 2 BRAGO geregelt ist, ist im Revisionsverfahren nicht vorgesehen. Entgegen der in der Erinnerungsentscheidung des Landgerichts niedergelegten Rechtsauffassung ist für eine analoge Anwendung der vorbenannten Bestimmungen auf das Revisionsverfahren kein Raum. Analogie setzt eine Regelungslücke voraus und stellt eine Verallgemeinerung durch Gleichbewertung eines gesetzlich geregelten spezifischen Falltypus mit einem gesetzlich nicht geregelten Typus dar (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 45. Aufl., Einleitung Rdz. 198). Dies vermag der Senat hier nicht festzustellen.

Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber es in § 86 Abs. 4 BRAGO infolge eines Reaktionsversehens unterlassen hat, für das Revisionsverfahren eine dem Berufungsverfahren entsprechende Verweisung auf § 84 Abs. 2 BRAGO vorzunehmen. Der Gesetzgeber wollte in § 84 Abs. 2 BRAGO die Mitwirkung des Verteidigers, durch die eine Hauptverhandlung entbehrlich wird, gebührenmäßig besser stellen, um so in erster Instanz einen Anreiz für eine Erledigung außerhalb der Hauptverhandlung zu schaffen. Er hat dies konsequenterweise sodann in § 85 Abs. 4 BRAGO durch Verweisung auf § 84 Abs. 2 BRAGO für das Berufungsverfahren entsprechend geregelt. In der sich unmittelbar für das Revisionsverfahren anschließenden Vorschrift hat der Gesetzgeber hingegen in § 86 Abs. 4 BRAGO von einer derartigen Verweisung abgesehen. Angesichts dieses engen räumlichen und sachlichen Regelungszusammenhangs erscheint es ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber die Bezugnahme auf § 84 Abs. 2 BRAGO für das Revisionsverfahren versehentlich unterlassen hat. Dies folgt auch aus der Tatsache, dass in § 86 Abs. 4 lediglich die Verweisung auf § 84 Abs. 2 BRAGO unterlassen, die für das Berufungsverfahren in § 85 Abs. 4 darüber hinaus vorhandene Verweisung auf § 83 Abs. 3 BRAGO in die Verweisungsnorm des § 86 Abs. 4 BRAGO aber aufgenommen wurde. Gegen eine Verweisung auf § 84 Abs. 2 BRAGO für das Revisionsverfahren sprechen zudem sachliche Gründe. Der Gesetzgeber ging offenbar davon aus, dass im Revisionsverfahren ein Gebührenanreiz für die Beendigung des Verfahrens außerhalb der Hauptverhandlung nicht erforderlich sei, da dort - im Gegensatz zum Berufungsverfahren - eine Hauptverhandlung nicht zwingend vorgeschrieben ist und in der Praxis die Ausnahme darstellt. Die Rücknahme der Revision erspart daher in aller Regel nicht die Hauptverhandlung. Dies muss jedenfalls für die Fälle gelten, in denen - wie hier - die Rücknahme des Rechtsmittels erfolgt ist, ohne dass zuvor (ausnahmsweise) eine (Revisions-)Hauptverhandlung anberaumt war. Der Senat braucht deshalb die Frage nicht abschließend zu entscheiden, ob eine entsprechende Anwendung des § 84 Abs. 2 BRAGO im Revisionsverfahren zumindest in jenen Fällen geboten erscheint, in denen die Rücknahme des Rechtsmittels unter Mitwirkung des Verteidigers nach vorausgegangener Anberaumung einer Revisionshauptverhandlung erfolgt ist. Auch dies würde indes die Annahme einer Regelungslücke voraussetzen, was aus den dargelegten Gründen nicht naheliegend ist, zumal der Gesetzgeber eine entsprechende Anwendung des § 84 Abs. 2 BRAGO im Revisionsverfahren schon deshalb für entbehrlich halten durfte, weil die Durchführung einer Revisionshauptverhandlung nicht mit einer Hauptverhandlung im Berufungsverfahren als weiterer "Tatsacheninstanz" gleichzusetzen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 StPO.

Ende der Entscheidung

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