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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 07.04.2000
Aktenzeichen: 2 AR 15/00
Rechtsgebiete: RPflG, GVG


Vorschriften:

RPflG § 4 Abs. 1
RPflG § 11 Abs. 1 n.F.
GVG § 158 Abs. 2 Satz 1
GVG § 159
1. Hat der Rechtspfleger ein an ihn gerichtetes Rechtshilfeersuchen abgelehnt, so ist der ersuchende Rechtspfleger aufgrund der am 1. Oktober 1998 in Kraft getretenen Änderung des § 11 RPflG befugt, die Entscheidung des höheren Gerichts herbeizuführen.

2. Das Rechtshilfeersuchen eines Gerichts gleicher Ordnung darf nur dann abgelehnt werden, wenn das Ersuchen als solches seinem Inhalt nach "schlechthin" verboten ist.


2 AR 15/00 1 T 70/00 LG Frankenthal (Pfalz) 8b AR 104/00 AG Ludwigshafen am Rhein 7a VI 41/00 AG Speyer

PFÄLZISCHES OBERLANDESGERICHT ZWEIBRÜCKEN

Beschluss

In dem Verfahren

betreffend den Nachlass der am 19. Mai 1997 verstorbenen U K

hier: Rechtshilfeersuchen des Amtsgerichts - Nachlassgericht - Speyer,

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dury, den Richter am Oberlandesgericht Reichling und die Richterin am Oberlandesgericht Simon-Bach auf die als Rechtshilfebeschwerde auszulegende Vorlage des Rechtspflegers bei dem Amtsgericht Speyer vom 28. Februar 2000

am 7. April 2000

beschlossen:

Tenor:

Das Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein wird angewiesen, dem Rechtshilfeersuchen des Amtsgerichts Speyer vom 20. Januar 2000 zu entsprechen.

Gründe:

Im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit finden gemäß § 2 Satz 2 FGG für die Gewährung von Rechtshilfe die §§ 158 bis 169 GVG bzw. jetzt §S 157 bis 164 und §§ 166 bis 168 GVG Anwendung. Nach § 159 Abs. 1 GVG ist im Falle der Ablehnung eines Rechtshilfeersuchens die Anrufung desjenigen Oberlandesgerichts eröffnet, zu dessen Bezirk das ersuchte Gericht - hier das Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein - gehört.

Hat der Rechtspfleger ein an ihn gerichtetes Rechtshilfeersuchen abgelehnt, das in seinen Aufgabenbereich fällt, so ist der ersuchende Rechtspfleger gemäß § 4 Abs. 1 RPflG auch befugt, die Entscheidung des höheren Gerichts herbeizuführen. Aufgrund der am 1. Oktober 1998 in Kraft getreten Änderung des § 11 RPflG durch das dritte Gesetz zur Änderung des Rechtspflegergesetzes vom 6. August 1998 (BGBl. I 2030 3. ÄndG) hat sich die Streitfrage erledigt, ob damit auch die Befugnis verbunden ist, das Oberlandesgericht direkt gemäß § 159 Abs. 1 Satz 1 GVG anzurufen oder ob zunächst das Erinnerungsverfahren gemäß § 11 RPflG a.F. durchzuführen ist. Gemäß § 11 Abs. 1 RPflG n.F. ist gegen Entscheidungen des Rechtspflegers das Rechtsmittel gegeben, das nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften, d.h. den Vorschriften außerhalb des Rechtspflegergesetzes zulässig ist. Zu den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften im Sinne dieser Norm gehört auch § 159 GVG.

Danach ist der Rechtspfleger in seinem Aufgabenbereich befugt, das Oberlandesgericht anzurufen (vgl. Keidel/Kuntze/ Winkler/Kahl, FGG 14. Aufl. § 2 Rdnr. 32).

Das ersuchte Gericht ist hier nicht berechtigt, die Rechtshilfehandlung abzulehnen. Denn das Rechtshilfeersuchen eines Gerichts gleicher Ordnung darf nur dann abgelehnt werden, wenn die vorzunehmende Handlung nach dem Recht des ersuchten Gerichts "verboten" ist, § 158 Abs. 2 Satz 1 GVG. Die Vorschrift ist dahin auszulegen, dass es allein auf die abstrakte Zulässigkeit der Verfahrenshandlung ankommt, d.h. die Ablehnung kommt nur dann in Betracht, wenn das Ersuchen als solches seinem Inhalt nach "schlechthin" verboten ist (vgl. BGH LM Nr. 2 zu § 158 GVG und NJW 1990, 2936 f; Senat, Beschluss vom 10. September 1999 - 2 AR 41/99 -; BayObLG FamRZ 1993, 450; OLG Düsseldorf MDR 1996, 843, 844; Zöller/Gummer, ZPO 21. Aufl. § 158 Rdnr. 3 f; Keidel/Kahl aaO § 2 Rdnrn. 20 und 21). Bestehen danach Zweifel, ob die ersuchte Handlung rechtlich zulässig ist oder nicht, so muss sie entsprechend der Rechtsansicht des ersuchenden Richters vorgenommen werden. Eine Ausnahme hiervon besteht nur dann, wenn das Ersuchen sich offensichtlich als rechtsmissbräuchlich erweist (vgl. Kissel, GVG 2. Aufl. § 158 Rdnr. 18 ff.).

Hier geht es darum, den Vormund des minderjährigen Kindes der Erblasserin zu den Verwandtschafts- und Erbfolgeverhältnissen sowie zur Entgegennahme eines Erbscheinsantrages mit eidesstattlicher Versicherung und darüber hinaus zum Wert und Bestand des Nachlasses zur Wertermittlung sachdienlich einzuvernehmen. Hierbei handelt es sich keinesfalls um verbotene Handlungen, sondern um ein zulässiges Ersuchen (Keidel/Kahl aaO § 2 Rdnr. 23). Es ist nicht Sache des ersuchten Richters, die Erforderlichkeit des Rechtshilfeersuchens zu beurteilen. Da ein Fall des offensichtlichen Rechtsmissbrauchs (vgl. etwa OLG Schleswig MDR 1995, 607) ersichtlich nicht vorliegt, ist das Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein anzuweisen, dem Rechtshilfeersuchen des Amtsgerichts Speyer zu entsprechen.

Ende der Entscheidung

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