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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 23.11.2001
Aktenzeichen: 2 WF 94/01
Rechtsgebiete: BGB, VAHRG


Vorschriften:

BGB § 1587 o
VAHRG § 10 a
Ist der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich durch rechtskräftiges Gestaltungsurteil vollzogen, können die Ehegatten hierüber keine Vereinbarung mehr treffen.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 2 WF 94/01

In der Familiensache

wegen Versorgungsausgleichs hier: Prozesskostenhilfe für die erste Instanz

hat der 2. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Giersch, den Richter am Oberlandesgericht Burger und die Richterin am Oberlandesgericht Geib-Doll auf die Beschwerde des Antragstellers vom 29. Oktober 2001 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Rockenhausen vom 18. Oktober 2001

ohne mündliche Verhandlung am 23. November 2001

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Parteien sind geschiedene Eheleute; durch Entscheidung des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg (Az.: 135 F 5813/78) wurden in Durchführung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 105,75 DM monatlich, bezogen auf den 31. Mai 1978, vom Rentenkonto des Antragstellers auf das der Antragsgegnerin übertragen.

Der Antragsteller begehrt unter Bezugnahme auf eine privatschriftliche Abtretungserklärung der Antragsgegnerin vom 15. März 2001 die Feststellung, dass die Antragsgegnerin zur Rückübertragung dieser Anwartschaften einschließlich der Wertsteigerungen an ihn verpflichtet sei. Zur Begründung führt er aus, die Antragsgegnerin habe das Geld nicht nötig, weil ihre Altersversorgung aufgrund ihrer Wiederverheiratung gesichert sei, während er angesichts einer monatlichen Rente von nur 514,44 DM (die er seit Renteneintritt zum 1. Juli 2001 bezieht) auf die zusätzliche Rente aus den übertragenen Anwartschaften dringend angewiesen sei.

II.

Die gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe statthafte Beschwerde (§ 127 Abs. 2 S. 2 ZPO) ist verfahrensrechtlich bedenkenfrei, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.

Mit Recht hat das Erstgericht dem Kläger die nachgesuchte Prozesskostenhilfe verweigert, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Erfolgsaussicht bietet.

Das Feststellungsbegehren des Klägers ist unbegründet. Eine Verpflichtung der Beklagten auf Rückübertragung der ihr in Durchführung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleiches vom Rentenkonto des Antragstellers übertragenen gesetzlichen Rentenanwartschaften besteht nicht. Sie folgt insbesondere nicht aus der seitens der Beklagten mit Schreiben vom 15. März 1999 abgegebenen Verpflichtungserklärung. Diese ist unwirksam.

Vereinbarungen zum Versorgungsausgleich, insbesondere dessen Ausschluss, können Ehegatten nur vor der Ehescheidung (unter den Voraussetzungen des § 1408 Abs. 2 BGB) oder im Scheidungsverbundverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss der Folgesache Versorgungsausgleich (vgl. BGH FamRZ 1982, 688 treffen, wobei es in letztgenanntem Fall einer gerichtlichen Genehmigung der Vereinbarung bedarf (§ 1587 o Abs. 2 S. 3 BGB).

Ist der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich durch Gestaltungsurteil, d. h. durch Übertragung (wie hier) oder Begründung von Rentenanwartschaften oder im Wege der Realteilung durchgeführt und diese Entscheidung in Rechtskraft erwachsen, besteht keine Dispositionsbefugnis der Ehegatten über den Versorgungsausgleich mehr, d. h. sie können hierüber keine Vereinbarungen mehr treffen (vgl. Johannsen/Henrich-Hahne, Eherecht, 3. Aufl., § 1587 o, Rdnr. 8). Dies erhellt auch daraus, dass mit derartigen Vereinbarungen das Genehmigungserfordernis des § 1587 o, Abs. 2, S. 3 BGB umgangen würde.

Rechtskräftige Entscheidungen über den Versorgungsausgleich sind nur unter den Voraussetzungen des § 10 a VAHRG - Änderung des bisher festgestellten ehezeitlichen Wertunterschiedes (Abs. 1 und 2) - abänderbar. Solche Änderungen behauptet der Kläger nicht.

Eine Abänderung allein wegen nachträglich, d. h. nach Rechtskraft der Ausgleichsentscheidung, eingetretener Härtegründe im Sinne des § 1587 c BGB - nichts anderes behauptet der Kläger - ist im Rahmen des § 10 a VAHRG nicht möglich. Änderungen der wirtschaftlichen Lage nach der Ehezeit können nur im Rahmen des § 10 a Abs. 3 VAHRG berücksichtigt werden, also eine an sich wegen eingetretener Wertveränderungen (Abs. 1 und Abs. 2) gebotene Abänderung aus Billigkeitsgründen ausschließen (BGH NJW 1989, 1999 [2000]; Johannsen/Henrich aaO, § 10 a VAHRG, Rdnr. 43 und 45).

Auch für eine Abänderung in analoger Anwendung des § 323 ZPO ist kein Raum; die Entscheidung über den öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleich ist nicht mit einer Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen vergleichbar, da ihr Gegenstand ein einmaliger Ausgleich bereits bestehender Versorgungsanrechte ist und nicht die Regelung der künftig zu erwartenden Versorgungsleistungen (BGH FamRZ 82, 687 [688]).

Auch die Entscheidung des Bundesgerichtshofes Az. XII ZB 47/96 = FamRZ 1999, 714), auf die sich der Kläger zur Begründung seines Begehrens beruft, besagt nichts anderes. Darin ist lediglich zu den Voraussetzungen, unter denen der Ausschluss des Versorgungsausgleiches in Anwendung der Härteregelung des § 1587 c Nr. 1 BGB in Betracht kommt - Nichtangewiesensein des Ausgleichsberechtigten auf die zu übertragenden (!) Anwartschaften einerseits und Angewiesensein des Ausgleichspflichtigen auf dieselben andererseits -, ausgeführt; im dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall war allerdings über die Frage des Ausschlusses des Versorgungsausgleiches nicht nach Rechtskraft einer (früheren) Ausgleichsentscheidung, sondern im Rahmen des Erstverfahrens über die Scheidungsfolgesache Versorgungsausgleich zu entscheiden.

Unbenommen bleibt den geschiedenen Ehegatten allerdings eine Vereinbarung, wonach derjenige von ihnen, der Rentenanwartschaften im Wege des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleiches erhalten hat, die darauf beruhenden Rentenzahlungen an den anderen auskehrt. Hierzu bedarf es keiner gerichtlichen Regelung, es genügt eine (formfreie) schuldrechtliche Vereinbarung der geschiedenen Ehegatten. Eine solche Vereinbarung setzt allerdings den Bezug von Renten auf Seiten dessen, der Anwartschaften im Wege des Versorgungsausgleiches erhalten hat, voraus, was bei der erst 59 Jahre alten Antragsgegnerin noch nicht der Fall sein dürfte.

Der Antragsteller hat die in Nr. 1952 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz ausgewiesene Festgebühr für das erfolgslose Beschwerdeverfahren zu tragen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Ende der Entscheidung

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