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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 02.10.2006
Aktenzeichen: 3 W 178/06
Rechtsgebiete: InsO, KostO, RL 69/335/EWG


Vorschriften:

InsO § 155 Abs. 3
KostO § 14 Abs. 5
KostO § 30 Abs. 2
KostO § 121
RL 69/335/EWG Art. 4
RL 69/335/EWG Art. 10
RL 69/335/EWG Art. 11
Für die Bestellung des Abschlussprüfers im Insolvenzverfahren durch das Registergericht bestimmt sich der Geschäftswert nach § 30 Abs. 2 KostO; die EG-Richtlinie betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital ist dabei nicht anwendbar.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 3 W 178/06

In dem Verfahren

betreffend den Kostenansatz für die Bestellung von Abschlussprüfern im Insolvenzverfahren durch das Registergericht, hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dury, den Richter am Oberlandesgericht Petry und die Richterin am Oberlandesgericht Stutz auf die weitere Beschwerde der Kostenschuldnerin vom 13. September 2006 gegen den Beschluss des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Kaiserslautern vom 30. August 2006 ohne mündliche Verhandlung

am 2. Oktober 2006 beschlossen: Tenor:

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen. Gründe: Die infolge ihrer Zulassung durch das Landgericht statthafte (§ 14 Abs. 5 Satz 1 KostO) und auch im Übrigen verfahrensrechtlich nicht zu beanstandende weitere Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Die angefochtene Entscheidung des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Kaiserslautern hält der auf eine Rechtskontrolle beschränkten (§ 14 Abs. 5 Satz 2 KostO, § 546 ZPO) Nachprüfung im dritten Rechtszug stand. Gegenstand des Verfahrens ist der in der Kostenrechnung des Amtsgerichts Kaiserslautern vom 18. August 2005 (Bl. 1322 ff d. A.) erfolgte Ansatz von jeweils 1 614,-- € Kosten für die Abschlussprüferbestellungen im Insolvenzverfahren der Kostenschuldnerin gemäß den Beschlüssen des Amtsgerichts - Registergericht - Kaiserslautern vom 4. Januar 2001, vom 23. Oktober 2001 und vom 27. Mai 2002.

Die Bestätigung der vom Amtsgericht in dieser Höhe angesetzten Kosten durch das Gericht der Erstbeschwerde beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts. 1. Für die Bestellung eines Abschlussprüfers im Insolvenzverfahren durch das Registergericht (§ 155 Abs. 3 InsO) wird gemäß § 121 KostO das Doppelte der vollen Gebühr erhoben. Die Höhe der Gebühr ist abhängig vom Geschäftswert, der sich nach § 30 Abs. 2 KostO bestimmt. Danach ist der Wert, wenn es an genügenden tatsächlichen Anhaltspunkten für eine Schätzung mangelt, regelmäßig auf 3 000,-- € anzunehmen. Er kann nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500 000,-- € angenommen werden (§ 30 Abs. 2 Satz 2 KostO).

2. Bei der Abweichung vom Regelwert entscheidet das den Geschäftswert festsetzende Gericht - bzw. das an seine Stelle tretende Gericht der Erstbeschwerde - nach Ermessen.

Von dem Senat als Rechtsbeschwerdegericht kann diese Ermessensausübung nur auf ihre Gesetzmäßigkeit nachgeprüft werden, nicht hingegen auf ihre Angemessenheit und Zweckmäßigkeit (OLG Karlsruhe Rpfleger 2001, 270; BayObLG ZIP 1996, 1704 m. w. N.). Der in diesem - eingeschränkten - Umfang eröffneten Kontrolle hält die angefochtene Entscheidung des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen stand. Denn er hat sich - ebenso wie das Registergericht - bei seiner Ermessensausübung an den in der Rechtsprechung und Literatur als grundsätzlich sachgerecht anerkannten Bewertungskriterien orientiert, nämlich an Größe, Bedeutung und wirtschaftlicher Lage des Unternehmens sowie an der Bedeutung und Wichtigkeit des Geschäfts für dieses und für die interessierte Allgemeinheit (vgl. OLG Karlsruhe und BayObLG jeweils aaO).

Eine Ermessensreduzierung dahin, dass bei einer - wie hier - insolventen Aktiengesellschaft aus Rechtsgründen als Geschäftswert für die Abschlussprüferbestellung höchstens der Mindestnennbetrag des Grundkapitals (50 000,-- €, § 7 AktG) angenommen werden dürfe, besteht entgegen der Meinung der Kostenschuldnerin nicht. Auch § 99 Abs. 6 Satz 6 AktG, wonach in aktienrechtlichen Statusverfahren der Regelgeschäftswert 50 000,-- € beträgt, stellt nur einen - für sich allein nicht ausschlaggebenden - Anhaltspunkt für die hier interessierende Wertbemessung dar. Da die Tatsacheninstanzen von ihrem Ermessen sonach keinen rechtsfehlerhaften Gebrauch gemacht haben, ist die Frage, ob die Bemessung der Geschäftswerte für die Abschlussprüferbestellungen mit jeweils 500 000,-- € tatsächlich angemessen ist, der Nachprüfung durch den Senat als Rechtsbeschwerdegericht entzogen (BayObLG aaO).

3. Auch die EG-Richtlinie betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (RL 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969, ABl. Nr. L 249, S. 25 in der durch die RL 85/303/EWG des Rates vom 10. Juni 1985, ABl. Nr. L 156, S. 23 geänderten Fassung) hat im vorliegenden Fall für den Kostenansatz keine Bedeutung. Die sogenannte Gesellschaftssteuerrichtlinie will den freien Kapitalverkehr fördern. Ziel dieser Richtlinie ist die Harmonisierung der indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital. Sie enthält eine Aufzählung der Vorgänge, die der Gesellschaftssteuer unterliegen (Art. 4); in Artt. 10 und 11 verbietet sie indirekte Steuern und bestimmt, dass - abgesehen von der durch die Richtlinie harmonisierten Gesellschaftssteuer - die Mitgliedstaaten keinerlei andere Steuern oder Abgaben auf "die der Ausübung einer Tätigkeit vorangehende Eintragung oder sonstige Formalität" erheben dürfen (Hervorhebung durch den Senat). Der vorliegend zu beurteilende Fall einer nicht mehr Kapital werbend tätigen, sondern durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelösten (§ 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG) Aktiengesellschaft fällt damit von vornherein nicht in den Anwendungsbereich der Gesellschaftssteuerrichtlinie. Entgegen der Meinung der weiteren Beschwerde besteht deshalb auch keine Vergleichbarkeit mit der von dem Oberlandesgericht Karlsruhe (RPfleger 2001, 270) beurteilten Fallgestaltung; denn dort ging es um die Gebühr für die gerichtliche Bestellung eines Gründungsprüfers. 4. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 14 Abs. 9 KostO). Damit erübrigt sich auch die Festsetzung eines Geschäftswertes für das Verfahren der weiteren Beschwerde.

Ende der Entscheidung

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