Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 26.10.2000
Aktenzeichen: 3 W 206/00
Rechtsgebiete: InsO, ZPO


Vorschriften:

InsO § 7 Abs. 1 Satz 2
InsO § 14 Abs. 1
ZPO § 294
1. Der von einem Sozialversicherungsträger gestellte Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann zur Glaubhaftmachung ausreichend sein, wenn die Forderungen soweit spezifiziert sind, dass die Insolvenzgerichte ohne Weiteres erkennen können, für welche Zeit und in welcher Höhe rückständige Sozialversicherungsbeiträge geschuldet werden und Säumniszuschläge, Zinsen, Kosten und Gebühren kenntlich gemacht sind.

2. Dies gilt auch, wenn der Schuldner im Laufe des Verfahrens einen Teilbetrag gezahlt hat, die Forderung des Sozialversicherungsträgers dennoch angestiegen ist.


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 3 W 206/00 2 T 445/00 Landgericht Koblenz 11 IN 66/00 AG Betzdorf

In dem Verfahren

betreffend die Insolvenzeröffnung über das Vermögen des W S als Inhaber der Firma U

wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens,

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dury, den Richter am Oberlandesgericht Reichling und die Richterin am Oberlandesgericht Simon-Bach auf die sofortige weitere Beschwerde der Gläubigerin vom 4./13. September 2000 gegen den ihr am 1. September 2000 zugestellten Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 23. August 2000 ohne mündliche Verhandlung am 26. Oktober 2000

beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige weitere Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 23. August 2000 wird zugelassen.

2. Auf die sofortige weitere Beschwerde wird der angefochtene, Beschluss des Landgerichts geändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beschluss des Amtsgerichts Betzdorf vom 10. Juli 2000 wird aufgehoben. Der Insolvenzantrag der Gläubigerin wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten der sofortigen Erstbeschwerde und der sofortigen weiteren Beschwerde - unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats an das Amtsgericht Betzdorf zurückverwiesen.

3. Der Wert des Beschwerdegegenstandes der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 10 961,45 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Gläubigerin, eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, die für den Einzug von Sozialversicherungsbeiträgen zuständig ist, hat :mit Schreiben vom 15. Juni 2000 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners beantragt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Schuldner beschäftige zwei Arbeitnehmer, die er aufgrund der Bestimmungen der Sozialversicherungsgesetze als versicherungspflichtige Mitglieder bei ihr angemeldet habe. Nach Ablauf eines jeden Kalendermonats seien jeweils bis zum 15. des Folgemonats die Beiträge zur Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie zur gesetzlichen Pflegeversicherung und zur Bundesanstalt für Arbeit an sie als Einzugsstelle abzuführen. Der Schuldner sei - zum damaligen Zeitpunkt - mit der Zahlung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen einschließlich Säumniszuschlägen und Kosten in Höhe von 8 913,77 DM im Rückstand. Zum Nachweis hat die Gläubigerin einen Ausdruck vorgelegt, in dem sie die geschuldeten Gesamtsozialversicherungsbeiträge sowie die Gebühren und Säumniszuschläge aufgeschlüsselt hat.

Das Amtsgericht hat den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Beschluss vom 10. Juli 2000 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Eröffnungsgrund sei nicht ausreichend dargelegt und glaubhaft gemacht. Die Tatsache, dass der Schuldner Beträge vorenthalte, reiche zur Glaubhaftmachung des Eröffnungsgrundes nicht aus. Der Nachweis der Vermögenslosigkeit erfordere die Fruchtlosigkeitsbescheinigung eines Gerichtsvollziehers oder Vollstreckungsbeamten, die nicht älter als sechs Monate sein dürfe, bzw. die Vorlage eines Protokolles über die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung des Schuldners. Darüber hinaus habe sieh die Gläubigerin aller weiteren Mittel zur Glaubhaftmachung bedienen können. Erleichterungen für die Glaubhaftmachung der Zahlungsunfähigkeit bestünden auch für Sozialversicherungsträger nicht.

Gegen diesen Beschluss hat die Gläubigerin sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt, den Beschluss des Amtsgerichts aufzuheben. Sie hat ausgeführt, sie habe die Zahlungsunfähigkeit hinreichend glaubhaft gemacht. Aus der ihrem Antrag beigefügten Aufstellung sei ersichtlich, dass der Schuldner seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen sei. Die Ablehnung des Antrags beruhe auf zu hohen Anforderungen, die das Amtsgericht an die Voraussetzungen der Glaubhaftmachung gestellt habe. Bereits die Tatsache, dass das Nichtabführen von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung regelmäßig ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren nach sich ziehen könne (§ 266 a StGB), stelle ein Indiz für die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners dar. Aus diesem Grund würden in der Regel Sozialversicherungsbeiträge selbst dann noch bedient, wenn andere Forderungen längst nicht mehr beglichen würden. Darüber hinaus würde die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners auch durch die beiden beim Amtsgericht Betzdorf anhängigen Zwangsversteigerungsverfahren belegt.

Auf Nachfrage des Landgerichts hat die Gläubigerin im Beschwerdeverfahren mitgeteilt, dass auch die Beiträge für Juni und Juli 2000 in Höhe von insgesamt 4 860,18 DM nicht entrichtet worden seien. Zwar habe der Schuldner in der Zwischenzeit einen Betrag von 3 000,-- DM gezahlt. Dieser sei jedoch auf die ältesten geschuldeten Beiträge verrechnet worden, so dass sich ihre Forderung auf 10 961,45 DM erhöht habe.

Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Gläubigerin habe den Eröffnungsgrund nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht. Es könne dahinstehen, ob das Amtsgericht die Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Eröffnungsgrundes von dem Amtsgericht überspannt habe. Denn der Eröffnungsgrund sei jedenfalls deshalb nicht hinreichend glaubhaft gemacht, weil der Schuldner im Laufe des Beschwerdeverfahrens einen Betrag in Höhe von 3 000,-- DM an die Gläubigerin gezahlt habe.

Gegen den ihr am 1. September 2000 zugestellten Beschluss des Landgerichts hat die Gläubigerin mit ihrem an das Oberlandesgericht Koblenz gerichteten Schriftsatz vom 4. September 2000 sofortige weitere Beschwerde eingelegt und deren Zulassung beantragt. Diese Antragsschrift ist am 13. September 2000 bei dem zuständigen Pfälzischen Oberlandesgericht Zweibrücken eingegangen. Zur Begründung ihrer weiteren Beschwerde führt die Gläubigerin aus, die Entscheidung des Landgerichts beruhe auf einer Verletzung des Gesetzes. Ihre Nachprüfung sei zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten. Allein die zwischenzeitlich erfolgte Zahlung in Höhe von 3 000,-- DM führe nicht dazu, dass der Eröffnungsgrund nicht hinreichend glaubhaft gemacht sei.

Diese Tatsache könne nicht für sich allein betrachtet werden. Es sei vielmehr zu berücksichtigen, dass sich durch die inzwischen eingetretene weitere Fälligkeit der Beiträge für Juni. und Juli 2000 der Gesamtrückstand von 8 913,77 DM trotz der erfolgten Zahlung auf 10 961,45 DM erhöht habe. Bei den vom Insolvenzgericht geforderten Urkunden handele es sich nur um Beispielsfälle der Glaubhaftmachung. Es seien auch sonstige Erkenntnisse heranzuziehen. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass sich der Schuldner wegen der vorenthaltenen Arbeitnehmeranteile gemäß § 266 a StGB strafbar mache. Dieser müsse damit ein großes Interesse an der Begleichung der Sozialversicherungsbeiträge haben. Im Hinblick darauf habe das OLG Celle (Beschluss vom 9. Februar 2000 - 2 W 101/99- = OLGR 2000, 126 ff) festgestellt, dass die Kreditierung des Schuldners über die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen im Normalfall den letzten Akt auf dem Weg in die Insolvenz darstelle.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 4. September 2000 Bezug genommen.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist zuzulassen. Sie führt insoweit zum Erfolg, als der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung unter Beachtung der im Folgenden dargelegten Rechtsauffassung des Senats, an das Amtsgericht zurückzuverweisen ist.

1.) Das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken ist gemäß §§ 7 Abs. 3 InsO i.V.m. mit § 1 a Abs. 2 der rheinland-pfälzischen Landesverordnung über die gerichtliche Zuständigkeit in Zivilsachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der Fassung vom 28. April 1998 (GVBl. S. 134) für die Entscheidung über die weitere Beschwerde in Insolvenzsachen zuständig.

2.) Die sofortige weitere Beschwerde ist statthaft. Sie ist auf den gemäß §§ 7 Abs. 1 Satz 2 InsO, 577 Abs. 1 und 2, 569 ZPO form- und fristgerecht eingereichten Antrag hin zuzulassen, weil sie darauf gestützt wird, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruht und weil die Nachprüfung der Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist (§ 7 Abs. 1 Satz 1 InsO).

Eine weitere Beschwerde nach § 7 Abs. 1 Satz 1 InsO setzt stets voraus, dass bereits gegen die Entscheidung des Erstgerichts die sofortige Beschwerde gemäß § 6 Abs. 1 InsO statthaft war (BGH ZInsO 2000, 280; Senat, Beschluss vom 1,9. Oktober 2000 - 3 W 198/00 -, zur Veröffentlichung bestimmt; BayObLG MDR 1999, 1344 und MDR 2000, 51; OLG Köln MDR 1999, 629; OLG Naumburg, Beschluss vom 10. März 2000 - 5 W 18/00 - = ZInsO 2000, 216 und NZI 2000, 263, 264, jew. m.w.N.). Das ist hier der Fall. Denn nach § 34 Abs. 1 InsO steht der Gläubigerin gegen die Zurückweisung ihres Insolvenzantrages das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zu. Die weitere Beschwerde ist auch nicht etwa gemäß § 568 Abs. 2 Satz 2 ZPO unzulässig, weil die landgerichtliche Beschwerdeentscheidung mit der Entscheidung des Amtsgerichts im Ergebnis übereinstimmt. Die Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 1 InsO enthält keine solche Einschränkung der Statthaftigkeit. Sie geht als speziellere Bestimmung der allgemeinen Vorschrift des § 568 Abs. 2 Satz 2 ZPO vor (vgl. BGH ZInsO aaO, 281; Senat OLGR 2000, 369, 370; OLG Köln OLGR 2000, 141, 142; BayObLG Beschluss vom 3. November 1999 - 4 Z BR 3/99 - und BayObLGZ 1999, 310, 312, 313; OLG Celle NZI 2000, 226; 227). Demnach hängt die Zulässigkeit der weiteren Beschwerde nicht davon ab, ob die Vorinstanzen divergierende Entscheidungen getroffen haben, sondern allein davon, ob die Nachprüfung der - ggfs. auch übereinstimmenden - Entscheidungen der Vorinstanzen zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist (vgl. OLG Köln ZIP 1999, 1929, 1930).

Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die Gläubigerin stützt ihre sofortige weitere Beschwerde auf eine Gesetzesverletzung. Sie macht geltend, das Beschwerdegericht habe die Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Insolvenzgrundes im Sinne des § 14 Abs. 1 InsO und damit zugleich die Anforderungen an eine Glaubhaftmachung nach § 294 ZPO überspannt. Der Umstand, dass hierbei die Tatsachenwürdigung des Landgerichts nachzuprüfen ist, während die sofortige weitere Beschwerde eine Rechtsbeschwerde ist, steht dem nicht entgegen. Es ist anerkannt, dass auch im Rechtsbeschwerdeverfahren die Tatsachenwürdigung der Vorinstanz dahingehend überprüft werden kann, ob der Tatrichter insoweit alle wesentlichen Umstände berücksichtigt, nicht gegen gesetzliche Beweisregeln, Denkgesetze und feststehende Erfahrungssätze verstoßen sowie die Anforderungen an die Glaubhaftmachung zu hoch oder zu niedrig angesetzt hat (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 28. August 2000 - 7 W 1396/00 -; OLG Köln Beschluss vom 29. Dezember 1999 - 2 W 188/99 - = ZinsO 2000, 43, 44; Keidel/Kuntze/Winkler/Kahl, FGG 14. Aufl. § 27 Rdnr. 23, jew. m.w.N.).

Die Nachprüfung der Entscheidung ist auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten. Denn die Frage nach den Anforderungen an die Glaubhaftmachung einer Forderung und des Insolvenzgrundes hat grundsätzliche Bedeutung. Die Frage, ob die gemäß § 14 Abs. 1 InsO für die Zulässigkeit des Insolvenzantrages erforderliche Glaubhaftmachung der Forderungen im Falle rückständiger Sozialversicherungsbeiträge durch Vorlage eines Kontoauszuges der Krankenkasse als Einzugsstelle geschehen kann, betrifft eine Vielzahl von Insolvenzanträgen der Sozialversicherungsträger, so dass dem Aspekt der Vermeidung einer unterschiedlichen Spruchpraxis besondere Bedeutung zukommt. Das gilt insbesondere auch für den - soweit ersichtlich bislang obergerichtlich nicht entschiedenen - Fall, dass der Schuldner im Laufe des Verfahrens Teilleistungen erbringt, während die noch offenstehende Forderung weiter ansteigt.

3.) In der Sache führt die sofortige weitere Beschwerde zu einem vorläufigen Erfolg. Die in beiden Vorinstanzen vertretene Auffassung zur Glaubhaftmachung hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Amtsgericht hat die Anforderungen an die Glaubhaftmachung der in § 14 Abs. 1 InsO normierten Voraussetzungen überspannt. Die über die Verweisung des § 4 InsO heranzuziehende Vorschrift des § 294 ZPO lässt für die Glaubhaftmachung eine unter der Schwelle des vollen Beweises liegende überwiegende Wahrscheinlichkeit ausreichen. Als Mittel der Glaubhaftmachung sind dabei grundsätzlich die allgemeinen, allerdings im Hinblick auf den Eilcharakter des Insolvenzverfahrens notwendigerweise präsenten Beweismittel der ZPO sowie die eidesstattliche Versicherung zugelassen. Bei einem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, der durch eine Behörde gestellt wird, ist jedoch wegen deren Pflicht zur Objektivität und Unparteilichkeit anerkannt, dass an die Glaubhaftmachung ihres Vortrages geringere Anforderungen zu stellen sind. In diesen Fällen kann bereits der gestellte Antrag zur Glaubhaftmachung ausreichend sein. Diese geringeren Anforderungen gelten auch für die rechtliche Behandlung von Insolvenzanträgen eines Gläubigers, der als Körperschaft des öffentlichen Rechts Gesamtsozialversicherungsbeiträge nach dem SGB IV einzieht (vgl. nur OLG Dresden aaO; OLG Köln aaO; OLG Naumburg aaO; OLG Celle OLGR aaO, 129; Uhlenbruck Rpfleger 1981, 377, 378 zum Konkursantrag der Sozialversicherungsträger). Die Sozialversicherungsträger müssen ihre Forderungen soweit spezifizieren, dass die Insolvenzgerichte ohne Weiteres erkennen können, für welche Zeit und in welcher Höhe rückständige Sozialversicherungsbeiträge geschuldet werden. Ebenso sind Säumniszuschläge, Zinsen, Kosten und Gebühren kenntlich zu machen (vgl. OLG Naumburg aaO; Uhlenbruck aaO). Zwar ist grundsätzlich auch der Vortrag bei einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft und einer Behörde durch die Vorlage etwa von Leistungsbescheiden, Beitragsnachweisen und Vollstreckungsanordnungen glaubhaft zu machen. Bezüglich der Krankenkassen, zu deren amtlicher Tätigkeit nach § 28 h Abs. 1 SGB IV der Einzug der Beiträge zur Gesamtsozialversicherung gehört, sind jedoch Besonderheiten zu berücksichtigen. Die Beitragsforderungen entstehen gemäß § 22 Abs. 1 SGB IV sobald die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, ohne dass es einer vorausgehenden Festsetzung durch einen Leistungsbescheid bedarf. Grundlage des Einzuges der Beiträge sind hier die Beitragsnachweise der Arbeitgeber (vgl. § 28 f Abs. 3 SGB IV), die gemäß § 28 f Abs. 3 Satz 5 SGB IV für die Zwecke der Beitreibung als Leistungsbescheide gelten. Stellt eine Krankenkasse daher ausgehend von den Beiträgen unter Berücksichtigung von Nebenforderungen die offene Forderung - wie hier - geordnet zusammen, ist mangels entgegenstehender Anhaltspunkte grundsätzlich davon auszugehen, dass die Zusammenstellung nicht fiktiv ist, sondern von den Beitragsnachweisen ausgeht und die Zahlungseingänge zutreffend wiedergibt. Unter Berücksichtigung der besonderen Bindung der Gläubigerin als öffentlich-rechtliche Körperschaft an gesetzliche Vorgaben ist, sofern nicht besondere Umstände vorliegen, die Vorlage eines solchen Kontoauszuges als Mittel der Glaubhaftmachung ausreichend (vgl. OLG Naumburg aaO; OLG Köln aaO; OLG Dresden aaO).

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Gläubigerin ihre Forderung hinreichend glaubhaft gemacht. In dem vorgelegten Kontoauszug ist die Zusammensetzung der Forderung unter Darlegung der Säumniszuschläge und der Vollstreckungsgebühren nachvollziehbar dargestellt. Er ist auch unter den hier gegebenen Besonderheiten als Mittel der Glaubhaftmachung geeignet. Denn in Fällen wie dem vorliegenden ist auch die Erfahrungstatsache zu berücksichtigen, dass die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen in der ganz überwiegenden Anzahl der Fälle erst dann erfolgt, wenn der Schuldner überhaupt nicht mehr in der Lage ist, noch irgendwelche Verbindlichkeiten zu bedienen (OLG Dresden aaO; OLG Celle aaO). Die Rechtsfolge der strafrechtlichen Sanktion des § 266 a StGB lässt das Vorliegen einer bloßen Zahlungsunwilligkeit in aller Regel, insbesondere aber bei einer monatelangen Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen, als fernliegend erscheinen. Hier hat der Schuldner ausweislich der Mitteilung der Gläubigerin im Erstbeschwerdeverfahren die Arbeitgeberanteile über einen Zeitraum von zum damaligen Zeitpunkt sieben Monaten nicht abgeführt. Der vorgelegte Kontoauszug dokumentiert eine kontinuierliche Entwicklung des Zahlungsverhaltens des Schuldners, die keineswegs den Schluss auf eine bloße Zahlungsunwilligkeit zu rechtfertigen vermag.

Das gilt insbesondere auch unter Berücksichtigung der erfolgten Zahlung eines Teilbetrages. Gerade die vom Landgericht zur Verneinung der Glaubhaftmachung des Eröffnungsgrundes herangezogene einmalige Zahlung eines Teilbetrages in Höhe von 3 000,-- DM spricht für eine Zahlungswilligkeit des Schuldners. Dieser steht jedoch offensichtlich dessen fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit entgegen. Deshalb ist auch insoweit von einer hinreichenden Glaubhaftmachung der Zahlungsunfähigkeit auszugehen, zumal auch unter Berücksichtigung dieses Teilbetrages die Forderung der Gläubigerin weiter angewachsen ist.

Beide Vorinstanzen haben die dargelegten Grundsätze nicht beachtet. Der angefochtene Beschluss des Landgerichts und der Beschluss des Amtsgerichts beruhen auf diesem Rechtsfehler. Eine Entscheidung des Senats in der Sache kommt hier nicht in Betracht, da vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu prüfen sein wird, ob die Forderung der Gläubigerin noch besteht. Das Amtsgericht, dem auch die Entscheidung über die Kosten beider Beschwerdeverfahren zu übertragen ist, wird daher den Eröffnungsantrag der Gläubigerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu prüfen haben.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf §§ 37 Abs. 2, 38 GKG.

Ende der Entscheidung

Zurück