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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 21.04.2004
Aktenzeichen: 3 W 223/03
Rechtsgebiete: ErbbauV


Vorschriften:

ErbbauV § 7 Abs. 1
ErbbauV § 7 Abs. 3
Das vertraglich vereinbarte Erfordernis der Einholung der vorherigen Zustimmung des Grundstückseigentümers zur Veräußerung des Erbbaurechtes zum Zweck der Einflussnahme auf den Vertrag schränkt die vom Gesetzgeber beabsichtigte Freizügigkeit und wirtschaftliche Freiheit des Erbbauberechtigten ein und hindert nicht die Ersetzung der Zustimmung gemäß § 7 Abs. 3 S. 1 ErbbauV.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 3 W 223/03

In dem Verfahren

betreffend die Ersetzung der Zustimmung der Grundstückseigentümerin zur Veräußerung des im Erbbaugrundbuch von ....... Blatt ...... eingetragenen Erbbaurechtes an dem Grundbesitz, Flur ..... Nr. ...... (............., .............),

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dury, den Richter am Oberlandesgericht Petry und die Richterin am Landgericht Stutz auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 8./13. Oktober 2003 gegen den ihren Verfahrensbevollmächtigten am 1. Oktober 2003 zugegangenen Beschluss des Landgerichts Koblenz vom 18. September 2003

ohne mündliche Verhandlung

am 21. April 2004

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegnerin hat die der Antragstellerin im Rechtsbeschwerdeverfahren erwachsenen notwendigen Kosten zu erstatten.

III. Der Wert des Gegenstandes der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 30.677,51 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin ist Eigentümerin des im Rubrum näher bezeichneten Grundbesitzes. Mit notariellem Vertrag vom 17. Juli 1995 bestellte sie der Antragstellerin an diesem Grundstück ein Erbbaurecht, dessen Veräußerung gemäß § 7 des notariellen Vertrages der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Grundstückseigentümerin bedarf. Für diese ist in dem Bestellungsvertrag ein dingliches Vorkaufsrecht für den Fall des Verkaufs eingeräumt. Auf dem Grundstück hatte die Antragstellerin mit Genehmigung der Antragsgegnerin vor Bestellung des Erbbaurechts mit eigenen Mitteln eine Reithalle errichtet.

Am 24. Oktober 2000 veräußerte die Antragstellerin das Erbbaurecht ohne vorherige Zustimmung der Antragsgegnerin an die Beteiligten zu 3) für 300 000,--DM. Die Antragsgegnerin verweigert nunmehr ihre Zustimmung mit der Begründung, die Veräußerung hätte der vorherigen Zustimmung bedurft. Zudem versuche man, ihr Vorkaufsrecht zu umgehen, indem der Wert des Erbbaurechts viel zu hoch angesetzt werde.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 4, Dezember 2002 die Zustimmung der Antragsgegnerin zur Veräußerung des Erbbaurechts an die Beteiligten zu 3) ersetzt. Die sofortige Beschwerde hiergegen hat das Landgericht mit Beschluss vom 18. September 2003 nach Durchführung einer Beweisaufnahme zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 7 Abs. 3 ErbbauV, §§ 53 Abs. 1, 60 Abs. 1 Nr. 6, 27, 29 Abs. 2 FGG), doch führt es in der Sache nicht zum Erfolg.

Das Landgericht hat im Wesentlichen ausgeführt, der Antrag auf Ersetzung der Zustimmung zur Veräußerung des Erbbaurechts sei begründet. Das Amtsgericht habe die Zustimmung der Antragsgegnerin zu Recht gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 ErbbauV ersetzt, da die Verweigerung der Zustimmung ohne ausreichenden Grund erfolgt sei. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin und die Beteiligten zu 3) in kollusivem Zusammenwirken versucht hätten, das Vorkaufsrecht der Antragsgegnerin zu unterlaufen. Die Antragstellerin habe unwidersprochen dargelegt, dass die Herstellungskosten für die Reithalle höher gewesen seien als der in dem notariellen Vertrag vom 24. Oktober 2001 aufgenommene Kaufpreis für das Erbbaurecht. Die Herstellungskosten entsprächen auch dem Sachwert in dem von der Antragsgegnerin vorgelegten Verkehrswertgutachten betreffend das Erbbaurecht. Auch wenn aufgrund der Lage des Objekts und dem daraus resultierenden geringen Interessentenkreis bei der Ermittlung des Verkehrswertes im Rahmen der Marktanpassung ein erheblicher Abzug gemacht werden müsse, sei doch nicht auszuschließen, dass - wie hier - ein Interessent gefunden werden könnte, der beispielsweise aus Liebhaberei bereit sei, einen über den Verkehrswert hinausgehenden Preis zu bezahlen. Nach Anhörung der Beteiligten zu 3) stehe zur Überzeugung der Kammer fest, dass diese nicht bewusst einen überhöhten Kaufpreis entrichtet hätten, um das Vorkaufsrecht der Antragsgegnerin leer laufen zu lassen. Zwar sei durch den über dem Verkehrswert liegenden Kaufpreis das Vorkaufsrecht der Antragsgegnerin faktisch entwertet worden. Eine Schädigungsabsicht der Antragstellerin komme hierin jedoch nicht zum Ausdruck; vielmehr habe diese ihre wirtschaftlichen Interessen gewahrt.

Durch die Veräußerung werde auch der Zweck des Erbbaurechts nicht gefährdet. Letztlich rechtfertige auch der Umstand, dass § 7 des Erbbaurechtsvertrags bei jeder Veräußerung des Erbbaurechts die vorherige Zustimmung der Grundstückseigentümerin vorsehe, nicht die Verweigerung der Zustimmung. Denn diese Regelung könne nicht dazu führen, dass die Antragsgegnerin durch Verweigerung ihrer Zustimmung in der Lage sein soll, eine Veräußerung des Erbbaurechts dauerhaft zu verhindern.

Die Ausführungen des Landgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 27 FGG, § 546 ZPO).

Zu Recht hat es - wie vor ihm das Amtsgericht - angenommen, dass die Antragsgegnerin nicht berechtigt war, ihre Zustimmung zur Veräußerung des Erbbaurechts zu verweigern.

Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 ErbbauV hat der Erbbauberechtigte einen Anspruch auf Zustimmung zur Veräußerung des Rechts, wenn dadurch der Zweck des Erbbaurechts nicht gefährdet wird und die Person des Erwerbers Gewähr für eine ordnungsgemäße Erfüllung der sich aus dem Erbbaurechtsinhalt ergebenden Verpflichtungen bietet. Dass diese Voraussetzungen nicht gegeben sein sollen, wird mit der Rechtsbeschwerde nicht (mehr) geltend gemacht. Die Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 1 ErbbauV ist zwingendes Recht, das durch Vereinbarung zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Erbbauberechtigten nicht ausgeschlossen werden kann (BGH WM 1969, 1023, 1024; Ingenstau, Komm. zum Erbbaurecht, 7. Aufl., § 7 Rdnr. 2 m. w. N.). Der gesetzliche Anspruch auf Zustimmung zur Veräußerung dient der Umsetzung des ebenfalls unabdingbaren (von Oefele/Winkler, Handbuch des Erbbaurechts, Kap. 2, Rdnrn. 130, 131) Grundsatzes der Veräußerlichkeit des Erbbaurechts, der praktisch leer liefe, wenn die Erteilung der Zustimmung im Belieben des Grundstückseigentümers stünde oder auch nur von überspitzten Anforderungen abhängig gemacht werden dürfte (von Oefele/Winkler, aaO, Kap. 4 Rdnrh. 184, 191). § 7 Abs. 1 Satz 1 ErbbauV will eine unzulässige Einengung des Rechts des Erbauberechtigten verhindern und ihm die Möglichkeit erhalten, sein Recht wirtschaftlich sinnvoll zu nutzen (Ingenstau aaO, Rdnr. 1). Daher hat die Vorschrift im Hinblick auf das Prinzip der "Privatnützigkeit" des Eigentums (vgl. BVerfGE 24, 367, 398; 52, 1, 30) auch einen verfassungsrechtlichen Hintergrund.

Dementsprechend steht § 7 des Erbbaurechtsvertrages vom 17. Juli 1995 - wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat - der Ersetzung der Zustimmung nicht entgegen. Denn das Erfordernis der Einholung der vorherigen Zustimmung der Grundstückseigentümerin zur Veräußerung des Erbbaurechtes zum Zweck der Einflussnahme auf den Vertrag, hätte eine Einschränkung der vom Gesetzgeber beabsichtigten Freizügigkeit und wirtschaftlichen Freiheit des Erbbauberechtigten zur Folge.

Die Antragsgegnerin kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, das Verlangen der Antragstellerin auf Zustimmung und der Antrag auf deren Ersetzung verstoße gegen Treu und Glauben. Der grundsätzlich mögliche Einwand unzulässiger Rechtsausübung (vgl. BGHZ 100, 107, 116) ist unbegründet. Die diesbezüglichen Erwägungen des Landgerichts halten der Überprüfung im Rahmen der Rechtskontrolle stand. Die Frage, ob die Beteiligten zu 2) und 3) in kollusivem Zusammenwirken versucht haben, das der Beteiligten zu 1) eingeräumte Vorkaufsrecht zu umgehen, liegt im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet. Die Tatsachenfeststellungen und Beweiswürdigungen der Vorinstanzen können im Verfahren der weiteren Beschwerde nur eingeschränkt daraufhin überprüft werden, ob der Tatsachenrichter den maßgeblichen Sachverhalt ausreichend erforscht (§ 12 FGG), bei der Erörterung des Beweisstoffes alle wesentlichen Umstände berücksichtigt (§ 25 FGG) und dabei nicht gegen gesetzliche Beweisregeln, Denkgesetze und feststehende Erfahrungssätze oder gegen Verfahrensrecht verstoßen und die Beweisanforderungen nicht überspannt oder vernachlässigt hat. Dabei müssen die tatsächlichen Folgerungen nicht die einzig möglichen bzw. schlechthin zwingend sein (vgl. etwa BayObLGZ 1983, 309, 312 schlechthin zwingend sein (vgl. etwa BayObLGZ 1983, 309, 312 ff und FamRZ 1988, 422, 423; Keidel/Kuntze/Winkler/Kahl, FGG, 14. Aufl., § 27 Rdnr. 42). Gemessen daran sind die Beweiserhebung und die Beweiswürdigung durch das Landgericht aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, auf deren Grundlage es die Überzeugung gewonnen hat, die Beteiligten zu 2) und 3) hätten nicht versucht, das Vorkaufsrecht der Antragsgegnerin in kollusivem Zusammenwirken zu unterlaufen. Mit der sofortigen weiteren Beschwerde will die Antragsgegnerin ihre eigene Tatsachen- und Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen der Kammer setzen, was aber im Rechtsbeschwerdeverfahren keinen Erfolg haben kann (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 559 ZPO).

III.

Die Entscheidung über die Erstattung der außergerichtlichen Kosten beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.

Den Wert des Gegenstandes der sofortigen weiteren Beschwerde hat der Senat in Übereinstimmung mit den unangefochten gebliebenen Festsetzungen der Vorinstanzen mit 30.677,51 Euro bemessen (§§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO; vgl. auch Palandt/Bassenge, BGB, 62. Aufl., ErbbRVO, § 7 Randnr. 7).

Ende der Entscheidung

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