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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 08.03.2006
Aktenzeichen: 3 W 246/05
Rechtsgebiete: GBO, WEG


Vorschriften:

GBO § 18
WEG § 7
WEG § 8
Zur Umschreibung des Wohnungseigentums im Grundbuch auf den Erwerber, wenn die tatsächliche Bauausführung vom Aufteilungsplan abweicht.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 3 W 246/05

In dem Verfahren

betreffend den im Grundbuch von H...... Bl. .... eingetragenen Miteigentumsanteil von 484,99/10 000 an dem Grundstück Flur .., Flurstück-Nr. ...., Gebäude- und Freifläche B..........16, 16 A, zu 17,51 ar, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung Haus II im Erdgeschoss, im Aufteilungsplan bezeichnet mit Nr. 2.01,

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dury, den Richter am Oberlandesgericht Petry und die Richterin am Oberlandesgericht Stutz auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 28. November/2. Dezember 2005 gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 17. November 2005

ohne mündliche Verhandlung

am 8. März 2006

beschlossen:

Tenor:

Unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und der Zwischenverfügungen des Grundbuchamts vom 20. April, 28. Juni und 20. September 2005 wird die Sache zur anderweitigen Entscheidung über den Eintragungsantrag an das Amtsgericht - Grundbuchamt - Koblenz zurückgegeben.

Gründe:

I.

1. Das Rechtsmittel ist statthaft (§ 78 Satz 1 GBO), nicht an eine Frist gebunden und auch im Übrigen verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden (§ 80 Abs. 1 Sätze 1 und 3, Abs. 3, § 71 Abs. 1 GBO).

Die Berechtigung der Beteiligten zu 1) zur Einlegung der weiteren Beschwerde folgt aus ihrem Recht zur Stellung des Antrags auf Eigentumsumschreibung (§ 13 Abs. 1 Satz 2 GBO); ihre Beschwerdebefugnis besteht auch dann, wenn sie - wie das Landgericht laut dem Eingang seines Beschlusses angenommen hat - selbst nicht Führerin der Erstbeschwerde war (Demharter, GBO, 25. Aufl., § 78 Rdnr. 2; Budde in Bauer/von Oefele, GBO, § 78 Rdnr. 12 m.w.N.).

2. Die weitere Beschwerde ist auch begründet. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 78 Satz 1 GBO, § 546 ZPO) nicht stand. Die Zivilkammer hätte die angefochtenen Zwischenverfügungen des Grundbuchamts aufheben müssen, wenn ihre Rechtsauffassung und die des Grundbuchamts zutreffen sollte; dann hätte der Antrag auf Umschreibung des Wohnungseigentums sofort, d.h. ohne Zwischenverfügung, zuürckgewiesen werden müssen.

Durch den Erlass einer Zwischenverfügung (§ 18 GBO) sollen dem Antragsteller der Rang und die sonstigen Rechtswirkungen, die sich nach dem Eingang des Antrags richten, erhalten bleiben. Dies ist nur gerechtfertigt, wenn der beanstandete Mangel des Eintragungsantrages mit rückwirkender Kraft geheilt werden kann; andernfalls könnte der Antragsteller einen ihm nicht gebührenden Rechtsvorteil erlangen. Der Erlass einer Zwischenverfügung ist daher unzulässig, wenn der Mangel nicht mit rückwirkender Kraft geheilt werden kann. Mit einer Zwischenverfügung kann deshalb nicht aufgegeben werden, das dingliche Recht, dessen Eintragung beantragt ist, inhaltlich abzuändern oder durch ein anderes Recht zu ersetzen; ebenso wenig kann mit einer Zwischenverfügung darauf hingewirkt werden, dass das einzutragende dingliche Recht erst inhaltlich hinreichend bestimmt wird (BayObLGZ 1997, 282, 283 = FG Prax 1998, 6; BayObLG FG Prax 2003, 57, 58; Demharter aaO, § 18 Rdnrn. 5, 6, 8, 32, jew. m.w.N.).

Gegen diese Grundsätze verstoßen die mit der Erstbeschwerde angegriffenen Zwischenverfügungen des Grundbuchamts, weil mit ihnen eine rechtsgeschäftliche Anpassung des dinglichen Inhalts der Teilungserklärung an die davon abweichende tatsächliche Bauausführung unter Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer und dinglich Berechtigten verlangt wird (vgl. Zwischenverfügung vom 28. Juni 2005, S. 2 = Bl. 88 d.A. und Zwischenverfügung vom 20. September 2005, dort S. 3 = Bl. 99 d.A.).

Die sonach unzulässigen Zwischenverfügungen sind deshalb ebenso wie die sie bestätigende Entscheidung des Landgerichts aufzuheben.

3. Für das weitere Verfahren gibt der Senat zu erwägen:

a) Eine Überprüfungspflicht bezüglich der Einhaltung des sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes in der Aufteilungsurkunde besteht für das Grundbuchamt anlässlich der Anlegung der Wohnungsgrundbücher (Staudinger/Rapp, BGB 13. Bearbeitung 2005, § 7 WEG Rdnr. 32 m.w.N.). Wohnungseigentum kann nur dann im Grundbuch eingetragen werden, wenn neben dem Eintragungsantrag nach § 13 Abs. 1 GBO und der in der einseitigen Teilungserklärung nach § 8 Abs. 1 WEG enthaltenen Eintragungsbewilligung des eingetragenen Eigentümers (§ 39 Abs. 1 GBO) dem Grundbuchamt die in § 8 Abs. 2 Satz 1, § 7 Abs. 4 Satz 1 WEG genannten Anlagen vorliegen, nämlich ein Aufteilungsplan und eine Abgeschlossenheitsbescheinigung. Dabei sichert der Aufteilungsplan, der durch die Bezugnahme in der Teilungserklärung nach § 8 WEG auch zum Inhalt des Grundbuchs wird (§ 7 Abs. 3, Abs. 4 WEG), die sachenrechtliche Bestimmtheit (BayObLG FG Prax 2003, 57, 58 m.w.N.); das gilt auch für die Abgrenzung des Sondereigentums vom gemeinschaftlichen Eigentum und der Sondereigentumsbereiche der Wohnungseigentümer untereinander (BayObLG DNotZ 1999, 212, 214 = NZM 1998, 973).

b) Wie sich bereits aus den Formulierungen sowohl in § 3 wie in § 8 WEG ergibt, wird die genaue Umgrenzung der Wohnungseigentumseinheiten durch die Teilungserklärung in Verbindung mit dem Aufteilungsplan und der Abgeschlossenheitsbescheinigung festgelegt, auch soweit das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung in einem auf dem Grundstück noch zu errichtenden Gebäude eingeräumt wird. Ausgangspunkt der Aufteilung sind also nicht die tatsächlich bestehenden Raumverhältnisse, sondern der Grundbuchinhalt (KG ZfIR 2001, 745, 747).

c) Ausgehend von dem vorstehend Ausgeführten ist im Streitfall zu beachten, dass das hier interessierende Wohnungseigentumsrecht in Verbindung mit dem ihm zugewiesenen Miteigentumsanteil aufgrund der Teilungserklärung vom 8. Juni 1998/19. Januar 1999 (UR-Nr. ..... und UR-Nr. .... des Notars A....., in Kopie Bl. 97 ff der Grundakten des Amtsgerichts Koblenz über den im Grundbuch von H........ Band .... Bl. ...... eingetragenen Grundbesitz), das auf die Beteiligten zu 2) als Erwerber umgeschrieben werden soll, bereits mit der Anlegung der Teileigentumsgrundbücher am 7. April 1999 rechtlich zur Entstehung gelangt ist (§ 8 Abs. 2 Satz 2 WEG). Dabei sind durch die doppelte Bezugnahme gemäß § 7 Abs. 4 Nr. 1 WEG auch die von der Baubehörde unter dem 3. Februar 1999 mit Unterschrift und Stempel versehenen Aufteilungspläne vom 18. Juni 1998 (Bl. 222 ff der vorerwähnten Grundakten) zum Inhalt des Grundbuchs geworden.

Die erfolgte Eintragung in das Grundbuch bewirkt, dass das so beschriebene Sondereigentum an der Wohnung Nr. 2.01 gemäß dem Aufteilungsplan rechtswirksam entstanden ist.

Dem steht grundsätzlich nicht entgegen, dass die tatsächliche Bauausführung in nicht unwesentlichem Umfang vom rechtsverbindlich gewordenen Aufteilungsplan abweicht. Zwar entsteht Sondereigentum nur in den rechtlichen Grenzen von Teilungserklärung und Aufteilungsplan, also nicht entsprechend der tatsächlichen Bauausführung. Das ändert aber nichts an der Wirksamkeit des entstandenen Wohnungseigentums. Auch der Eigentumserwerb durch Umschreibung richtet sich ausschließlich nach dem eingetragenen Grundbuchinhalt (vgl. zum Ganzen: KG ZfIR 2001, 745, 747; BayObLG DNotZ 1999, 213, 214, jew. m.w.N.; Staudinger/Rapp aaO, § 3 WEG Rdnrn. 78, 78 a; Weitnauer, WEG 8. Aufl., § 3 Rdnrn. 41 ff; Niedenführ/Schulze, WEG 6. Aufl., § 7 Rdnrn. 20, 23; Merle, WE 1992, 11; Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums 4. Aufl., Rdnrn. 29, 30).

Anders ist es nur dann, wenn bei der Bauausführung vom Aufteilungsplan in der Abgrenzung von Sondereigentum zu gemeinschaftlichem Eigentum oder von Sondereigentum mehrerer Eigentümer untereinander in einer Weise abgewichen wird, die es unmöglich macht, die errichteten Räume einer in dem Aufteilungsplan ausgewiesenen Raumeinheit zuzuordnen; dann entsteht insoweit wegen fehlender Bestimmbarkeit der Abgrenzung kein Sondereigentum, sondern nach § 1 Abs. 5 WEG nur gemeinschaftliches Eigentum (BGH NJW 2004, 1798, 1800; BayObLG DNotZ 1999, 212, 214 jew. m.w.N.).

Wenn im vorliegenden Fall die tatsächliche Bauausführung der Planzeichnung Bl. 85 d.A. entspricht, dürften bei einem Vergleich mit der planerischen Darstellung im Aufteilungsplan vom 18. Juni 1998 (Bl. 222 a der vorerwähnten Grundakten) die einzelnen rechtlich dem Sondereigentum an der Wohnung 2.02 zugeordneten Flächen hinreichend sicher zu identifizieren seien; rechtsgeschäftlich durch Auflassung übertragbares Sondereigentum wäre dann - unabhängig vom tatsächlichen Wohnungszuschnitt - jedenfalls in den zeichnerischen Grenzen des Aufteilungsplans entstanden.

Eine grundbuchliche Verwirrung wäre aufgrund dessen nicht zu befürchten, weil eine vom Aufteilungsplan abweichende Bauausführung das Grundbuch nicht unrichtig macht (BGH NJW 2001, 1212, 1213 m.w.N.; Staudinger/Rapp aaO, § 3 WEG Rdnrn. 76, 77; vgl. in diesem Zusammenhang auch OLG Köln, NJW-RR 1994, 717).

Ob und gegebenenfalls welche Ansprüche innerhalb der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bestehen, um die Rechtslage mit den tatsächlichen Gegebenheiten aufgrund der vom Aufteilungsplan abweichenden Bauausführung in Übereinstimmung zu bringen (vgl. insoweit Niedenführ/Schulze aaO, § 3 Rdnrn. 20, 23), ist nicht Gegenstand des vorliegenden Umschreibungsverfahrens.

4. Die Entscheidung ergeht nach § 131 Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 KostO gebühren- und auslagenfrei. Damit erübrigt sich auch die Festsetzung eines Geschäftswerts für das Verfahren der weiteren Beschwerde.

Ende der Entscheidung

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