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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 30.09.2009
Aktenzeichen: 4 U 149/09
Rechtsgebiete: ZPO, AktG


Vorschriften:

ZPO § 66
ZPO § 69
ZPO § 100
ZPO § 100 Abs. 1
ZPO § 101 Abs. 1
ZPO § 101 Abs. 2
ZPO § 321
ZPO § 321 Abs. 1
ZPO § 321 Abs. 2
AktG § 248 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken IM NAMEN DES VOLKES Urteil

Aktenzeichen: 4 U 149/09

Verkündet am: 30.09.2009

In dem Rechtsstreit

hier: Ergänzung des Schlussurteils durch Kostenentscheidung, hat der 4. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Petry, den Richter am Oberlandesgericht Friemel und die Richterin am Oberlandesgericht Simon-Bach auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 12. Februar 2009 gegen den nach Aktenlage nicht förmlich zugestellten Beschluss der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 15. Januar 2009 mit Zustimmung der Parteien aufgrund der Sach- und Rechtslage vom 28. September 2009 ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 S. 1 ZPO)

für Recht erkannt: Tenor:

I. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. III. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf bis zu 900,00 € festgesetzt. Gründe: I. Die Parteien stritten in der Hauptsache über die Wirksamkeit von Beschlüssen, die im Rahmen der Hauptversammlung der börsennotierten beklagten Aktiengesellschaft vom 12. Juni 2008 gefasst worden waren. Bei der Beschwerdegegnerin handelt es sich um die Streithelferin der Beklagten. Die 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) hat die Klagen abgewiesen; von den Kosten des Rechtsstreits hatten die Kläger 6/7 und die Beklagte 1/7 zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten der Streithelfer der Kläger hatte die Beklagte 1/7, im Übrigen hatten diese ihre Kosten selbst zu tragen. Eine Entscheidung über die Kosten der Streithelferin der Beklagten war zunächst nicht ergangen. Diese hat mit Schriftsatz vom 17. November 2008 (Bl. 225 d.A.) beantragt, den Klägern die Kosten der Nebenintervention aufzuerlegen. Die Kammer hat die Parteien mit Verfügung vom 1. Dezember 2008 darauf hingewiesen, dass sie das Begehren der Streithelferin vom 17. November 2008 als Antrag auf Urteilsergänzung gemäß § 321 ZPO wertet und Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt. Aufgrund dieser mündlichen Verhandlung hat das Landgericht mit Beschluss vom gleichen Tage den Tenor des Schlussurteils vom 3. November 2008 dahin ergänzt, dass die Kläger 6/7 der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin der Beklagten zu tragen haben und diese im Übrigen ihre Kosten selbst trägt. Gegen diesen nach Aktenlage nicht förmlich zugestellten Beschluss hat die Klägerin zu 3) mit Schriftsatz vom 12. Februar 2009 sofortige Beschwerde eingelegt. Sie trägt vor,

die Voraussetzungen des § 321 Abs. 1 ZPO lägen nicht vor. Es fehle bereits an einem entsprechenden Antrag im Sinne des § 321 Abs. 2 ZPO. Die Streithelferin sei zu dem Termin vom 15. Januar 2009 überhaupt nicht erschienen. Sie habe auch keinen Antrag gestellt. Vor diesem Hintergrund hätte ein Versäumnisurteil zu ihrem Nachteil erlassen werden müssen. In keinem Fall sei einem nicht existierenden Ergänzungsantrag stattzugeben gewesen.

Auch in der Sache sei die Entscheidung fehlerhaft, da die Nebenintervention der Streithelferin offensichtlich rechtsmissbräuchlich gewesen sei. Sie habe diese ausschließlich deshalb unternommen, um einen Kostenerstattungsanspruch zu erlangen. Die Streithelferin erwidert hierauf,

nicht sie, sondern die Klägerin habe rechtsmissbräuchlich gehandelt. Da es sich hier um eine streitgenössische Nebenintervention gehandelt habe, sei § 101 Abs. 1 ZPO unanwendbar. Vielmehr finde § 101 Abs. 2 ZPO Anwendung, der eine Kostenentscheidung nach § 100 Abs. 1 ZPO vorschreibe. Dies gelte sowohl für die Nebenintervention auf Beklagtenseite als auch auf Klägerseite. Sei wie hier die Klage abgewiesen worden, so hätten die Kläger zweifellos sowohl die Kosten der Beklagten als auch die Kosten der Nebenintervention zu tragen. II. 1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung zulässig. Denn nach allgemeiner Auffassung dürfen die Prozessparteien dadurch, dass das Gericht seine Entscheidung in der falschen Form erlässt, keinen Rechtsnachteil erleiden. Ihnen steht deshalb sowohl das Rechtsmittel zu, das nach der Art der tatsächlich ergangenen Entscheidung statthaft ist, als auch das Rechtsmittel, das bei einer in der richtigen Form erlassenen Entscheidung zulässig wäre (Grundsatz der Meistbegünstigung, ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BGH MDR 2009, 1000 f m.zahlr.w.N.). Hätte das Landgericht hier formell richtig durch Urteil entschieden (vgl. BGH WM 82, 491 und RGZ 23, 422; Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 321, Rdnr. 10), so wäre gegen dieses Urteil die Berufung statthaft gewesen; der Wert des Beschwerdegegenstandes für die Kläger übersteigt 600,00 € (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Aus diesem Grund war das Verfahren in ein Berufungsverfahren überzuleiten und über die sofortige Beschwerde durch Urteil zu befinden. Denn der Grundsatz der Meistbegünstigung führt nicht dazu, dass das Rechtsmittelgericht auf dem vom unteren Gericht eingeschlagenen falschen Weg verbleiben muss. Vielmehr hat es das Verfahren so weiter zu betreiben, wie dies im Falle einer formell richtigen Entscheidung durch die Vorinstanz und dem danach gegebenen Rechtsmittel geschehen wäre (BGH, aaO, m.zahlr.w.N.). Denn das Meistbegünstigungsprinzip will nur verhindern, dass eine Partei infolge der formfehlerhaften Entscheidung in ihren Rechtsmittelbefugnissen eingeschränkt wird. Dagegen fordert es nicht die Perpetuierung des Formfehlers (BGH aaO; OLG Köln OLGR 2000, 281, 282; MüKo/Rimmelspacher, ZPO, 3. Aufl., Rdnr. 87 vor §§ 511 ff). 2. In der Sache führt das Rechtsmittel jedoch nicht zum Erfolg. Das Landgericht hat die Kostenentscheidung seines Urteils vom 3. November 2008 zu Recht ergänzt. Zunächst fehlt es entgegen der Auffassung der Klägerin zu 3) nicht an einem Antrag im Sinne des § 321 Abs. 2 ZPO. Denn die Streithelferin hat mit Schriftsatz vom 17. November 2008, der am gleichen Tag bei Gericht eingegangen ist, und damit innerhalb der Zweiwochenfrist beantragt, den Klägern die Kosten der Nebenintervention aufzuerlegen. Da das Urteil in Ziffer 3 lediglich eine Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Streithelfer der Kläger enthielt, hat das Landgericht diesen Antrag zu Recht als Antrag auf Ergänzung ausgelegt. Denn es wurde offensichtlich übersehen, dass auch über die Kosten der Streithelferin der Beklagten zu entscheiden war.

Die vom Landgericht getroffene Kostenentscheidung über die Kosten der Streithelferin ist nicht zu beanstanden. Der als Aktionär dem - von Aktionären gegen die beklagte Gesellschaft geführten - Anfechtungsstreit auf Seiten der Beklagten beigetretene Nebenintervenient ist im Hinblick auf die sich aus § 248 Abs. 1 Satz 1 AktG ergebende Rechtskrafterstreckung und Gestaltungswirkung eines stattgebenden Anfechtungsurteiles nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH Der Betrieb 2009, 1810, 1811 m.w.N.) als streitgenössischer Nebenintervenient im Sinne der §§ 66, 69 ZPO anzusehen. Deshalb sind für die Kostenentscheidung ausschließlich die §§ 101 Abs. 2, 100 ZPO anzuwenden, die den streitgenössischen Nebenintervenienten kostenrechtlich uneingeschränkt einem Streitgenossen der Hauptpartei gleichstellen. Ob ein streitgenössischer Nebenintervenient Ersatz seiner außergerichtlichen Kosten beanspruchen kann, ist danach eigenständig und unabhängig von der gegenüber der unterstützen Hauptpartei zu treffenden Kostenentscheidung nach seinem persönlichen Obsiegen und Unterliegen im Verhältnis zum Gegner zu beurteilen. Auf dieser Grundlage ist es nicht zu beanstanden, dass das Landgericht den Klägern auch die anteiligen Kosten der Streithelferin der Beklagten in Höhe von 6/7 auferlegt hat und sie im Übrigen ihre eigenen Kosten selbst zu tragen hat. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Den Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens hat der Senat unter Zugrundelegung der Kostenrechnung der Streithelferin der Beklagten und Berücksichtigung der ausgeurteilten Quote bestimmt, § 3 ZPO.

Ende der Entscheidung

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