Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 16.05.2002
Aktenzeichen: 4 U 170/01
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 1
UWG § 13 Abs. 2 Nr. 2
Ein unzulässiges "Anzapfen" i.S.v. § 1 UWG liegt nicht schon darin, dass ein Unternehmen aus Anlass der Neueröffnung verschiedener Filialen versucht, Preisnachlässe für reguläre Warenlieferungen an im Einzelnen bezeichnete "mitfeiernde" Märkte durchzusetzen.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken IM NAMEN DES VOLKES Urteil

Aktenzeichen: 4 U 170/01

Verkündet am: 16. Mai 2002

In dem Rechtsstreit

wegen Unterlassung

hat der 4. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Staab sowie die Richter am Oberlandesgericht Prof. Dr. Dr. Ensthaler und Friemel

auf die mündliche Verhandlung vom 18. April 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 28. August 2001 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verband zur Förderung gewerblicher Interessen. Die Beklagte betreibt in der Bundesrepublik Deutschland mehrere Bau- und Gartenmärkte.

Im Jahre 2001 eröffnete die Beklagte neue Bau- und Gartenmärkte in E..., E... und B.... Mit im Wesentlichen gleichlautenden Schreiben an ihre Lieferanten kündigte die Beklagte an, "für die Erstaufträge und sämtliche ab diesem Zeitpunkt durchgeführten Nachdispositionen bis 30 Kalendertage nach der Eröffnung die ... vereinbarten Eröffnungskonditionen in Anspruch" zu nehmen. Sie informierte ferner die Lieferanten, dass bei der Eröffnung verschiedene (im Einzelne benannte) umliegende Märkte "mitfeiern" würden, fügte hinzu, sie erwarte, "dass für alle Bestellungen der (mitfeiernden) Märkte ... (für einen bestimmten Zeitraum) der vereinbarte Eröffnungsrabatt gültig" sein solle und bat die Lieferanten, das bei der Fakturierung zu berücksichtigen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, das Verlangen der Beklagten nach Eröffnungsrabatten auch für "mitfeiernde" Märkte stelle ein unlauteres, gegen § 1 UWG verstoßendes "Anzapfen" dar, weil die Beklagte nachträglich einseitig zuvor ausgehandelte Preise habe verändern wollen. Er verlangt Unterlassung und Ersatz seiner Abmahnkosten.

Nach erfolgloser Abmahnung der Beklagten hat er beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes in an Lieferanten gerichtete Schreiben unter Bezugnahme auf die Eröffnung eines neuen Marktes anzukündigen, dass man erwarte, dass der für den neuen Markt vereinbarte Eröffnungsrabatt auch für Bestellungen anderer "mitfeiernder" Märkte Gültigkeit habe und dass der Lieferant dies bei der Fakturierung berücksichtigen möge und/oder ankündigungsgemäß zu verfahren;

2. für jeden Fall zukünftiger schuldhafter Zuwiderhandlung gegen die unter Ziff.1 aufgeführte Verpflichtung der Beklagten ein Zwangsgeld bis zu 500 000,00 DM anzudrohen, ersatzweise Zwangshaft bis zu 6 Monaten oder Zwangshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an dem Vorstandsvorsitzenden der Beklagten;

3. die Beklagte weiterhin zu verurteilen, an ihn einen Betrag von 342,60 DM incl. 7 % MwSt. in Höhe von 22,40 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatzüberleitungsgesetzes vom 09.06.1998 zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Klagebefugnis des Klägers angezweifelt und die Auffassung vertreten, sie habe lediglich eine vom Warenbezug abhängige Preisreduzierung verlangt, die an den Verbraucher weitergegeben worden sei.

Die Kammer für Handelssachen des Landgerichts Landau in der Pfalz hat die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt:

Der klagebefugte Kläger habe nicht nachgewiesen, dass die Beklagte in bestehende Verträge eingegriffen habe. Ein unzulässiges "Anzapfen" der Lieferanten liege nicht vor, weil die "mitfeiernden" Filialen nicht willkürlich ausgewählt worden seien, sondern der Rabattwunsch lediglich für regional zusammenhängende Märkte verlangt worden sei. Auf das angefochtene Urteil wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Zur Begründung vertieft er

seine erstinstanzlichen Ausführungen und wiederholt die dort gestellten Anträge.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts, wobei sie im Wesentlichen ihr erstinstanzlichen Ausführungen wiederholt.

Auf die gewechselten Schriftsätze und vorgelegten Urkunden wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung führt nicht zum Erfolg. Zu Recht hat die Kammer für Handelssachen, auf deren Ausführungen der Senat ergänzend Bezug nimmt (§ 543 Abs. 1 ZPO), ein unzulässiges "Anzapfen" der Beklagten verneint.

I.

Der Kläger ist klagebefugt, § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG (vgl. BGHZ 11, 274; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., § 13 UWG Rdnr. 30; Einl. UWG Rdnr. 36), was die Beklagte im Berufungsverfahren auch nicht mehr in Frage stellt.

II.

Die Schreiben der Klägerin enthalten kein unzulässiges "Anzapfen" ihrer Lieferanten (§ 1 UWG).

Solches kann zwar angenommen werden, wenn Händler zur Förderung ihres Absatzwettbewerbes von ihren Lieferanten eine Sonderleistung verlangen, ohne dafür eine Gegenleistung zu erbringen. Andererseits ist aber das freie Aushandeln eines Preises für bestimmte Warenlieferungen grundsätzlich zulässig. Auch die Ablehnung oder der Abbruch von Geschäftsverbindungen bei Nichtannahme der gestellten Bedingungen bzw. die Drohung mit solchem Tun gehört im Geschäftsleben zu den üblichen und zulässigen Verhaltensweisen. Wettbewerbswidrig kann ein solches Verlangen nur unter besonderen Umständen sein, wobei die Unzulässigkeit nicht schon in der Ausübung eines gewissen Drucks liegt, sondern in zusätzlichen Umständen, die wettbewerbsrechtlicher Natur sind (BGH GRUR 1982, 737; 1977, 619; OLG Hamm BB 1980, 1341; Baumbach/Hefermehl, aaO, § 1 UWG Rdnr. 902). Eine Wettbewerbswidrigkeit wird insbesondere angenommen, wenn ein Händler Zuwendungen fordert, die nicht im Zusammenhang mit der Warenlieferung stehen, er in unzulässiger Weise Druck auf den Marktpartner ausübt oder in anderer schwerwiegender Weise die Grundfunktion des Handels missachtet (BGH GRUR 1977, aaO; OLG Hamm, aaO; Baumbach/Hefermehl, aaO, Rdnr. 903-908).

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Beklagte hat nicht Vergünstigungen gefordert, die von ihrem Warenbezug unabhängig sein sollten, also Zuwendungen verlangt, die gleichsam selbständig neben den Warenlieferungen gewährt werden sollten (vgl. hierzu auch OLG Hamm, aaO; Baumbach/Hefermehl, aaO, Rdnr. 905), sondern versucht, aus einem bestimmten Anlass Preisnachlässe für reguläre Warenlieferungen an im Einzelnen bezeichnete, ("mitfeiernde") Märkte, durchzusetzen. Auch hat sie keinen unzulässigen Druck ausgeübt.

Es handelte sich um Nachlässe für konkrete Lieferungen. Zwar sind diese in den Rundschreiben nicht im Einzelnen bezeichnet. Damit handelte es sich aber noch nicht um davon unabhängige Zuwendungen. Die Beklagte hat den Nachlass nur für Bestellungen der"mitfeiernden" Märkte für eine bestimmten Zeit verlangt. Die Zuwendung sollte somit erst und nur nach Maßgabe und im Zusammenhang mit den Lieferungen an diese Märkte in dem geforderten Zeitraum wirksam werden. Das stellte einen genügenden Zusammenhang mit dem Warenbezug der Beklagten bei den angeschriebenen Lieferanten her (vgl. auch BGH, aaO). Es kommt auch nicht darauf an, ob die mit ihren Lieferanten geschlossenen Rahmenverträge solche Nachlässe vorsahen. Denn bei dem Ansinnen der Beklagten handelte es sich nicht um ein nachträgliches Herunterhandeln vereinbarter Preise im Sinne eines (wettbewerbswidrigen) systematischen Nichterfüllens bestehender Verträge (vgl. OLG Hamm Urteil vom 24. Januar 2002 - 4 U 156/01 -), sondern um Vergünstigungen für einzelne Märkte, die aus einem bestimmten Anlass in einem genau umrissenen Zeitraum verlangt wurden. Die Beklagte hat ferner keinen unzulässigen Druck ausgeübt. Die Formulierung, die Beklagte erwarte den Preisnachlass, sowie der Schlusshinweis auf "weiterhin gute und erfolgreiche Geschäfte" erweckten noch nicht den Eindruck, dass sie bei Ablehnung ihrer Bitte die Möglichkeit eines Abbruchs der Geschäftsbeziehungen erwog oder ihre Lieferanten andere Nachteile erleiden würden (vgl. hierzu auch BGH GRUR 1982, aaO; 1977, aaO).

Schließlich kann bei diesem Sachverhalt eine wettbewerbsverzerrende Wirkung der dem Einzelhandel in der Wirtschaftsordnung zugewiesenen Funktion (vgl. hierzu BGH GRUR 1982, aaO; 1977, aaO) nicht angenommen werden. Die zeitlich enge Begrenzung und der besondere Anlass legen nicht die Besorgnis nahe, dass die Beklagte ihr Sortiment nicht an der von ihr angenommenen Nachfrage der Verbraucher ausrichten, sondern nur die Waren jener Hersteller auswählen wolle, die bereit gewesen waren, ihr die gewünschte Vergünstigung zu gewähren, wohingegen sie bessere Angebote anderer Lieferanten, die dazu nicht bereit waren, unberücksichtigt lasse (vgl. BGH GRUR 1983, 374; 1977, aaO; Baumbach/Hefermehl, aaO, Rdnr. 903).

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO n.F.).

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 15 513, 93 € (30 342,60 DM) festgesetzt.

Ende der Entscheidung

Zurück