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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 21.06.2001
Aktenzeichen: 4 U 94/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 888 Abs. 1
BGB § 883 Abs. 2
BGB § 648
BGB § 440 Abs. 1
BGB § 434
BGB § 346
BGB § 326
BGB § 327
BGB § 242
Voraussetzungen der Rechtsmängelhaftung wegen eingetragener Bauhandwerkersicherungshypothek

1. Nach § 435 Abs. 1 BGB hat der Käufer einen Anspruch darauf, dass der Verkäufer nicht bestehende, aber im Grundbuch eingetragene Rechte auf seine Kosten zur Löschung bringt, wenn sie im Falle ihres Bestehens das Eigentum des Käufers beeinträchtigen würden. Der Verkäufer kann deshalb den Käufer nicht auf einen eigenen Löschungsanspruch gegenüber dem Buchberechtigten - hier Anspruch aus §§ 888 Abs. 1, 883 Abs. 2 BGB wegen einer der Auflassungsvormerkung des Käufers im Range nachfolgenden Bauhandwerkersicherungshypothek - verweisen (im Anschluss an BGH NJW-RR 1986, 310).

2. Aus einer Verletzung dieser Pflicht kann der Käufer jedoch kein Recht zum Rücktritt herleiten, wenn er sich selbst schon vor Eintritt des Rechtsmangels mit seiner Pflicht zur Kaufpreiszahlung in Verzug befunden hat.


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken IM NAMEN DES VOLKES Urteil

Aktenzeichen: 4 U 94/00

Verkündet am: 21. Juni 2001

In dem Rechtsstreit

wegen Kaufpreisforderung

hat der 4. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Staab sowie die Richter am Oberlandesgericht Reichling und Jenet

auf die mündliche Verhandlung vom 10. Mai 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 17. November 1999 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 392 500,-- DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Beschwer der Beklagten wird auf 317 915,-- DM festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger ist Konkursverwalter zweier Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Diese schlössen aufgrund notariellen Angebots der Beklagten vom 25. Februar 1998 und eigener notarieller Annahmeerklärung vom 12. März 1998 in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts einen notariellen Kaufvertrag mit der Beklagten über eine noch zu errichtende Wohnung in Dresden. Gemäß § 3 des notariellen Kaufangebots betrug der Kaufpreis 317 915,-- DM und war binnen fünf Werktagen nach Absendung der Mitteilung des Notars über das Vorliegen einer von den Verkäufern nachzuweisenden Kaufpreisbürgschaft, frühestens am 31. März 1998, zur Zahlung fällig. In § 4 Abs. 1 des Kaufangebotes ist festgelegt, dass das Wohneigentum lastenfrei zu liefern sei, mit Ausnahme etwaiger zur Finanzierung des Kaufpreises vor Eigentumsumschreibung einzutragender Grundpfandrechte.

Mit Schreiben vom 23. März 1998 teilte der beurkundende Notar der Beklagten mit, dass die Fälligkeitsvoraussetzungen für die Kaufpreiszahlung mittlerweile nachgewiesen seien. Mit Schreiben vom 9. April 1998 und 23. April 1998 mahnten die Verkäufer den Kaufpreis bei der Beklagten an. Eine Zahlung erfolgte nicht.

Am 18. Mai 1998 wurde im betreffenden Grundbuch eine Auflassungsvormerkung zugunsten der Beklagten eingetragen. Am 19. Mai 1998 erfolgte rangnachfolgend die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung eines Anspruchs auf Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek zugunsten der bauausführenden Firma wegen einer Forderung in Höhe von 769 246,71 DM. Am 10. September 1998 stellte der Kläger wegen letztgenannter Vormerkung Löschungsantrag bei dem Grundbuchamt.

Trotz mehrfacher weiterer Mahnungen vom 7. August 1998, 1. September 1998, 23. September 1998, 7. Oktober 1998 und 12. Dezember 1998 zahlte die Beklagte den Kaufpreis nicht. Mit Schreiben vom 12. Oktober 1998 forderte sie unter Hinweis auf die zu diesem Zeitpunkt noch eingetragene Vormerkung auf Eintragung der Bauhandwerkersicherungshypothek deren Löschung und kündigte für den Fall, dass dies nicht bis zum 31. Oktober 1998 erfolgt sei, Rücktritt vom Kaufvertrag an. Nachdem diese Frist fruchtlos verstrichen war, erklärte sie mit Schreiben vom 5. November 1998 den Rücktritt vom Kaufvertrag.

Am 26. November 1998 wurde die eingetragene Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek auf den Antrag des Klägers vom 4. September 1998 hin durch das Grundbuchamt gelöscht.

Der Kläger hat vorgetragen,

trotz der eingetragenen Vormerkung betreffend die Bauhandwerkersicherungshypothek sei der Kaufpreis wie vertraglich vereinbart zum 31. März 1998 fällig geworden. Ein berechtigter Grund zum Rücktritt vom Vertrag habe für die Beklagte nicht bestanden, weil - was unstreitig ist - die Vormerkung betreffend der Bauhandwerkersicherungshypothek im Rang nach der Auflassungsvormerkung eingetragen gewesen sei. Die Beklagte sei dadurch nicht beeinträchtigt worden.

Ursprünglich hat der Kläger Zahlung des Kaufpreises von 317 915,-- DM zuzüglich 12 % Zinsen hieraus seit 1. April 1998 verlangt. Das Landgericht hat mit Versäumnisurteil vom 18. August 1999 die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Hiergegen hat die Beklagte fristgerecht Einspruch eingelegt.

Der Kläger hat daraufhin beantragt,

das Versäumnisurteil des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 18. August 1999 aufrechtzuerhalten.

Die Beklagte "hat beantragt,

das vorgenannte Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Hierzu hat sie vorgetragen,

sie sei durch ihre Erklärung vom 5. November 1998 wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten. Der Rücktrittsgrund sei darin zu sehen, dass ihr entgegen der vertraglichen Zusicherung wegen der eingetragenen Vormerkung betreffend die Bauhandwerkersicherungshypothek das Grundstück weder durch die Verkäufer, noch später durch den Kläger lastenfrei zur Verfügung gestellt worden sei. Der Mangel sei nicht innerhalb der gesetzten Frist beseitigt worden.

Die 5. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) hat mit Urteil vom 17. November 1999 das die Klage zusprechende Versäumnisurteil vom 18. August 1999 vollumfänglich aufrechterhalten. In den Entscheidungsgründen ist im wesentlichen ausgeführt, die Belastung des Grundstücks mit einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek habe der Beklagten weder ein Zurückbehaltungsrecht, noch ein Rücktrittsrecht verschafft. Die Beklagte sei selbst in der Lage gewesen, die Zustimmung zur Löschung der nach Eintragung der Auflassungsvormerkung eingetretenen Belastung herbeizuführen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Sie ist weiterhin der Ansicht, der Rücktritt vom Kaufvertrag sei wirksam erklärt worden. Es sei nicht ihre Sache, sondern die des Klägers gewesen, die Lastenfreiheit des Grundstücks herzustellen und so seiner Verpflichtung zur lastenfreien Eigentumsverschaffung nachzukommen.

Auf der Grundlage ihrer Berufungsbegründung vom 9. März 2000 (Bl. 145 ff. d.A.) sowie eines weiteren Schriftsatzes vom 13. April 2000 (Bl. 160 d.A.) beantragt die Beklagte,

das angefochtene Urteil zu ändern, das Versäumnisurteil des Landgerichts vom 18. August 1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung vom 27. März 2000 (Bl. 152 ff. d.A.),

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des angefochtenen Urteils sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden; in der Sache fuhrt sie nicht zum Erfolg. Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht entschieden, dass die Beklagte dem Kläger den geltend gemachten Kaufpreis schuldet, weil sie nicht wirksam vom Vertrag zurückgetreten ist.

1. Der Anspruch des Klägers folgt aus § 433 Abs. 2 BGB. Die Wirksamkeit des notariellen Kaufvertrages, welche durch bindendes Angebot vom 25. Februar 1998 und Annahmeerklärung vom 12. März 1998 zustande gekommen ist sowie die Aktivlegitimation des Klägers, der am 31. Juli 1998 den Vertrag genehmigt hat, ist zwischen den Parteien nicht im Streit.

2. Der Kaufpreiszahlungsanspruch ist durch die Rücktrittserklärung der Beklagten in ihrem Schreiben vom 5. November 1998 nicht erloschen. Denn die Beklagte war zu diesem Zeitpunkt zu einem Rücktritt vom Vertrag nicht berechtigt. Dies gilt trotz der Tatsache, dass das Wohnungseigentum vom 19. Mai 1998 bis zu deren Löschung am 26. November 1998 mit einer im Grundbuch eingetragenen Vormerkung zur Sicherung eines Anspruchs auf Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek der bauausführenden Firma belastet war. Da die Klägerin sich selbst vertragswidrig verhalten hat, kann sie ein solches Recht nicht aus den Grundsätzen der Rechtsmängelhaftung für sich herleiten (§§ 440 Abs. 1, 434, 326, 327, 346 BGB).

a. Zutreffend ist zwar, dass die Verkäufer die Voraussetzungen des § 434 BGB im Zeitpunkt der Kündigungserklärung objektiv nicht erfüllt hatten, da sie der Beklagten das Grundstück seit dem 19. Mai 1998 nicht lastenfrei, sondern belastet mit der im Grundbuch eingetragenen Vormerkung betreffend eine Bauhandwerkersicherungshypothek zugunsten der bauausführenden Firma in Höhe von 769 246,71 DM angeboten haben. § 434 BGB verpflichtet den Verkäufer einer Sache, diese frei von Lasten Dritter zu verschaffen. § 4 Abs. 1 des notariellen Kaufvertrages wiederholt im wesentlichen diese gesetzliche Vorschrift. Es handelt sich dabei um eine Hauptpflicht des Verkäufers aus § 433 Abs. 1 BGB (vgl. Palandt/Putzo, BGB, 59. Aufl., § 434 Rdnr. 8). Unerheblich ist, dass diese Belastung des Grundstücks mit einem Recht Dritter nicht bereits bei Kaufvertragsabschluss vorlag. Maßgebender Zeitpunkt für die Lastenfreiheit im Sinne des § 434 BGB ist auch bei Grundstücken der Zeitpunkt des Eigentumsübergangs (vgl. Palandt/Putzo aaO, § 434 Rdnr. 3).

Der Rechtsmangel nach § 434 BGB begründet grundsätzlich vom Zeitpunkt seines Entstehens an über § 440 Abs. 1 BGB zugunsten des Käufers die Rechte aus §§ 320 bis 327 BGB.

b. Entgegen der Auffassung des Landgerichts steht dem im vorliegenden Fall auch nicht entgegen, dass die Vormerkung hinsichtlich der Bauhandwerkersicherungshypothek im Grundbuch im Rang nach der Auflassungvormerkung zugunsten der Beklagten eingetragen war. Das Landgericht begründet seinen Standpunkt damit, die zeitlich spätere Eintragung der Sicherungshypothek sei gegenüber der Beklagten relativ unwirksam und könne deshalb ihren Anspruch auf lastenfreie Eigentumsverschaffung nicht berühren (§ 883 Abs. 2 i.V.m. § 888 Abs. 1 BGB). Dies hält einer rechtlichen Überprüfung nicht Stand.

Zutreffend ist zwar, dass die Bestellung der Vormerkung auf Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek der Beklagten gegenüber als Inhaberin der vorrangigen Auflassungsvormerkung relativ unwirksam war (§ 883 Abs. 2 Satz 1 BGB). Das ändert aber nichts daran, dass es sowohl nach den oben dargelegten Grundsätzen der Rechtsmängelhaftung, als auch aufgrund des notariellen Vertrages, § 4, Sache der Verkäufer war, diesen Mangel zu beseitigen: Nach § 435 Abs. 1 BGB hat der Käufer einen Anspruch darauf, dass der Verkäufer auch nichtbestehende, aber im Grundbuch eingetragene Rechte auf seine Kosten zur Löschung bringt, wenn sie im Falle ihres Bestehens das Eigentum des Käufers beeinträchtigen würden. Der Kläger kann deshalb die Beklagte nicht auf einen eigenen Löschungsanspruch gegenüber dem Buchberechtigten (§ 888 Abs. 1 BGB) verweisen. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der ganz herrschenden Meinung in der Literatur (vgl. BGH NJW-RR 1986, 310 m. zahlr. w. N.). Der Senat schließt sich dem an. Der unselbständige Hilfsanspruch des § 888 BGB ändert nichts an dem gesicherten Anspruch auf lastenfreie Eigentumsübertragung, zu dessen Erfüllung nach wie vor allein der Schuldner des Kaufvertrages verpflichtet bleibt (vgl. BGH aaO; BGH NJW 1968, 788).

c. Jedoch war aber - was der Kläger zu Recht einwendet - die Beklagte zur Geltendmachung des ihr an sich zustehenden Rechts aus § 326 Abs. 1 BGB im vorliegenden Fall deshalb nicht berechtigt, weil sie selbst vertragsuntreu gewesen ist: Bereits vor Eintragung der beanstandeten belastenden Vormerkung betreffend die Bauhandwerkersicherungshypothek hat sie sich mit der Kaufpreiszahlung selbst in Verzug befunden.

Die eigene Vertragstreue des Gläubigers ist nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ungeschriebene Voraussetzung eines Anspruchs nach § 326 BGB (vgl. Palandt/Heinrichs, aaO, § 326 Rdnr. 10). Die Beklagte hat sich aber dadurch vertragsuntreu verhalten, dass sie entgegen der Verpflichtung aus § 3 Abs. 2 des bindenden Kaufangebots vom 25. Februar 1998 und des fälligkeitsbegründenden Schreibens des Notars vom 23. März 1998 den Kaufpreis zum 31. März 1998 nicht gezahlt hat; bis zur Eintragung der von ihr beanstandeten Vormerkung am 19. Mai 1998 hat sie zudem zwei Mahnungen der Verkäufer, nämlich diejenigen vom 9. April und 23. April 1998 unbeachtet gelassen. Sie befand sich deshalb zum Zeitpunkt des Eintritts des Rechtsmangels aus §§ 434, 435 BGB in Verzug mit der Kaufpreiszahlung. Erwächst in diesem Fall aus demselben Rechtsverhältnis nachträglich ein Zurückbehaltungsrecht, so reichen weder dessen Bestehen, noch die Geltendmachung aus, um den bereits eingetretenen Verzug zu beenden. Der Schuldner muss vielmehr, um den Verzug für die Zukunft zu beseitigen, Handlungen vornehmen, die eine Heilung des Verzuges herbeizuführen geeignet sind, z.B. seine eigene Leistung Zug um Zug gegen Bewirkung der Gegenleistung anbieten (vgl. BGH NJW 1971, 421). Ein derartiges Angebot ist weder in dem Schreiben der Klägerin vom 12. Oktober 1998, noch in dem Kündigungsschreiben vom 5. November 1998 enthalten.

Die Beklagte hätte deshalb zunächst die Folgen ihrer eigenen Vertragsverletzung beseitigen müssen, bevor sie sich auf § 326 BGB berufen konnte (vgl. BGH NJW-RR 1995, 546, 547).

3. Nach alledem hat das Landgericht jedenfalls im Ergebnis zutreffend entschieden, weshalb die Berufung zurückzuweisen war.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckung aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Festsetzung des Wertes der Beschwer der Beklagten war nach § 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO geboten.

Ende der Entscheidung

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