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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 22.01.2008
Aktenzeichen: 5 WF 2/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 620 Nr. 1
ZPO § 620c Satz 1
ZPO § 620c Satz 2
Hat das Erstgericht im Verfahren der einstweiligen Anordnung nach einer mündlichen Verhandlung weitere Ermittlungen veranlasst, so ist die danach im schriftlichen Verfahren erlassene Entscheidung nicht mehr aufgrund mündlicher Verhandlung i.S.d. § 620c Satz 1 ZPO ergangen.

Die Entscheidung in einem solchen "gemischt mündlichschriftlichen Verfahren" ist nach § 620c Satz 2 ZPO unanfechtbar, die hiergegen eingelegte Beschwerde nicht statthaft.


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen 5 WF 2/08

In dem Verfahren

betreffend die Regelung des Umgangsrechts zwischen den geschiedenen Eltern für das Kind R... B..., geboren am ... ... 2000,

hier: einstweilige Anordnung (Teilentzug der elterlichen Sorge und Anordnung einer Umgangspflegschaft),

hat der 5. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat durch

den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Hoffmann, den Richter am Oberlandesgericht Geisert und den Richter am Amtsgericht Dr. Hartmann auf

die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin vom 19. Dezember 2007, eingegangen am 20. Dezember 2007, gegen den ihr am 7. Dezember 2007 zugestellten Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Kaiserslautern vom 28. November 2007

ohne mündliche Verhandlung am 22. Januar 2008

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.

III. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 500,00 € festgesetzt.

Gründe:

1. Aus der geschiedenen Ehe der weiter Beteiligten zu 1) und 2) ist das betroffene Kind hervorgegangen.

Mit einstweiliger Anordnung vom 20. Dezember 2005 hat das Familiengericht das Umgangsrecht des Antragstellers mit dem Kind R... geregelt. Ein dem entsprechender Umgang kam nicht zu Stande.

Nach persönlicher Anhörung der Beteiligten am 27. September 2006 hat das Familiengericht mit Beschluss vom 4. Oktober 2006 im Wege der einstweiligen Anordnung zur Durchführung eines vorläufigen Umgangsrechts des Antragstellers mit R... eine Umgangspflegschaft angeordnet, die den Umgang betreffenden Teilbereich der elterlichen Sorge den sorgeberechtigten Eltern entzogen, diese auf einen Umgangspfleger übertragen, einen Umgangspfleger bestellt und weiter bestimmt, dass das Umgangsrecht des Antragstellers einmal wöchentlich für 4 Stunden ausgeübt werden solle, wobei die Entscheidung weiterer Einzelheiten dem Umgangspfleger übertragen wurden.

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat der Senat mit Beschluss vom 30. November 2006 die Umgangspflegschaft und die Bestellung des Umgangspflegers aufgehoben, weil dem Beschluss die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 1666 BGB für das Einschreiten des Familiengerichts nicht zu entnehmen waren.

Die anschließenden Versuche des Familiengerichts, einen betreuten Umgang für den Antragsteller mit dem Kind R... in Gang zu setzen, waren ohne Erfolg.

Mit Beschluss vom 28. November 2007 hat das Familiengericht erneut Umgangspflegschaft angeordnet und den Umgangspfleger bestimmt.

2. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragsgegnerin ist gemäß § 620 c Satz 2 ZPO nicht statthaft.

Die Bestellung eines Umgangspflegers greift in das Recht der elterlichen Sorge ein. Eine einstweilige Anordnung ist in diesem Fall nach § 620c Satz 1 ZPO anfechtbar, wenn sie auf Grund mündlicher Verhandlung ergangen ist.

Hieran fehlt es im vorliegenden Falle.

In Rechtsprechung und Literatur ist nach wie vor umstritten, ob in einem Verfahren, in dem zunächst eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, danach aber nicht sogleich entschieden sondern weiter schriftlich vorgetragen und Sachverhalt ermittelt wird (so genanntes gemischt mündlich-schriftliches Verfahren), eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung i. S. von § 620 c Satz 1 ZPO vorliegt (bejahend: Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 620c Rdnr. 8 mit weiteren Nachweisen; bejahend unter besonderen Voraussetzungen: Münchner Kommentar/Finger, ZPO, 3. Aufl., § 620c Rdnr. 8; verneinend: 2. Zivilsenat des Pfälzischen OLG Zweibrücken in FamRZ 1984, 916; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 28. Aufl., § 620c Rdnr. 2; Musielak/Borth, ZPO, 5. Aufl., § 620c Rdnr. 6).

Der Senat folgt der letztgenannten Auffassung.

Nach der gesetzlichen Regelung soll im einstweiligen Rechtsschutzverfahren das Beschwerdegericht nur dann angerufen werden können, wenn das Familiengericht mit den Parteien mündlich verhandelt hat. Ist lediglich über einen Teil des für die Entscheidung herangezogenen Sachverhalts mündlich verhandelt worden, sind diese Voraussetzungen nicht gegeben. Nach § 620b ZPO ist in einem solchen Fall vielmehr (erneut) Antrag auf mündliche Verhandlung zu stellen. Diese ist auch dann zulässig, wenn das Gericht wie im vorliegenden Fall von Amts wegen entschieden hat (vgl. nur OLG Köln NJW-RR 2006, 1437).

Die Auffassung, für die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde sei es ausreichend, wenn vor dem Familiengericht - zu irgendeinem Zeitpunkt - mündlich verhandelt worden sei, lässt sich weder mit Wortlaut noch Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung vereinbaren. Eine mündliche Verhandlung soll zur Klärung der Streitfragen möglichst in erster Instanz beitragen. Sie ist deshalb auch dann erforderlich, wenn nach einer mündlichen Verhandlung weiter schriftsätzlich vorgetragen wird.

Es erscheint problematisch, für bestimmte Konstellationen - etwa wenn der Vortrag nach mündlicher Verhandlung unstreitig bleibt - Ausnahmen zuzulassen. Für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels sollten klare Regelungen gelten (ebenso Johannsen/Henrich/Sedemund-Treiber, Eherecht, 4. Aufl., § 620c ZPO Rdnr. 3). Dies kann hier aber dahingestellt bleiben. Denn eine solche Ausnahme kommt jedenfalls im vorliegenden Verfahren nicht in Betracht. Die auf Grund der mündlichen Verhandlung ergangene Entscheidung ist vom Senat aufgehoben worden. Das Familiengericht hat anschließend das Umgangsverfahren fortgesetzt und nach rund einem Jahr erneut eine Umgangspflegschaft angeordnet.

3. Der Senat hat die Kosten der unzulässigen Beschwerde der Antragsgegnerin nach §§ 621g, 620g, 96 ZPO auferlegt.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes folgt aus § 24 RVG.

Ende der Entscheidung

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