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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 27.08.2002
Aktenzeichen: 5 WF 60/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 929 Abs. 2
Wird ein Arrestbefehl auf Widerspruch hin durch Urteil - auch ohne wesentliche Änderungen - bestätigt, beginnt mit Verkündung des Urteils immer eine neue Frist zur Vollziehung des Arrestes zu laufen.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 5 WF 60/02

In dem Vollstreckungsverfahren

wegen dinglichen Arrestes,

hier: Vollziehung des Arresturteils durch Zwangssicherungshypothek und Arrestpfändung

hat der 5. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Hoffmann, den Richter am Oberlandesgericht Geisert und die Richterin am Amtsgericht Hense auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin vom 2. Juli 2002, eingegangen beim Pfälzischen Oberlandesgericht am selben Tag, gegen den ihr am 2. Juli 2002 zugestellten Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Frankenthal (Pfalz) vom 28. Juni 2002

ohne mündliche Verhandlung am 27. August 2002

beschlossen:

Tenor:

I. Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Frankenthal (Pfalz) vom 28. Juni 2002 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverwiesen.

II. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens der sofortigen Beschwerde wird dem Amtsgericht übertragen.

III. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 20.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Mit Beschluss vom 29. April 2002 hat das Amtsgericht - Familiengericht -Frankenthal (Pfalz) zur Sicherung einer zukünftigen Zugewinnausgleichsforderung der Gläubigerin in Höhe von 354 036,-- EUR und des zu erwartenden Kostenerstattungsanspruchs für das Arrest- und Vollziehungsverfahren in Höhe von 3 204,-- EUR den dinglichen Arrest in das gesamte Vermögen des Schuldners angeordnet sowie in Vollziehung des Arrestes diverse Pfändungen ausgesprochen und die Eintragungen mehrerer Zwangssicherungshypotheken angeordnet. Mit weiterem Beschluss vom 21. Mai 2002 hat das Familiengericht das Verfahren zur Sicherung der zukünftigen Zugewinnausgleichsforderung aus dem Scheidungsverbundverfahren abgetrennt und entschieden, dieses als selbständiges Arrestverfahren zu führen. Des Weiteren hat es der Beschwerde der Gläubigerin gegen die Zurückweisung des weitergehenden Antrags auf Vollziehung des Arrestes gemäf3 vorherigem Beschluss vom 29. April 2002 abgeholfen, eine weitere Pfändung ausgebracht sowie den Vollzug von Pfändungen nicht auf Höchstbeträge beschränkt.

Der Schuldner hat mit Schriftsatz vom 22. Mai 2002, eingegangen bei Gericht am selben Tag, gegen den Beschluss des Familiengerichts vom 29. April 2002 Widerspruch eingelegt. Nach mündlicher Verhandlung hat das Familiengericht mit rechtskräftigem Urteil vom 20. Juni 2002 den Arrestbeschluss bestätigt.

Mit Schriftsatz vom 25. Juni 2002 hat die Gläubigerin nunmehr in Vollziehung des Arresturteils vom 20. Juni 2002 die Eintragung einer weiteren Zwangssicherungshypothek sowie den Erlass einer weiteren Arrestpfändung beantragt. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass mit dem genannten Urteil das Familiengericht seinen Arrestbeschluss vom 29. April 2002 über 354 036,-- EUR bestätigt habe. In Vollziehung des Arrestes seien Eintragungen von Zwangshypotheken mit einem Gesamthöchstbetrag von bisher 287 811,40 EUR angeordnet. Mithin seien noch weitere 66 224,60 EUR für die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek frei. Ferner sei eine weitere Pfändung auszubringen. Mit Verkündung des bestätigenden Arresturteils beginne eine neue Vollziehungsfrist zu laufen.

Mit Beschluss vom 28. Juni 2002 hat das Erstgericht den Antrag auf weitere Vollziehung des Arresturteils vom 20. Juni 2002 abgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, dass nach bisher herrschender Meinung das den Arrestbefehl bestätigende Urteil keine neue Frist für die Vollziehung des Arrestes in Gang setze, es sei denn, das bestätigende Urteil enthalte wesentliche Änderungen. Dies jedoch sei vorliegend nicht der Fall.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Gläubigerin, der das Familiengericht nicht abgeholfen hat. Die Parteien sind unterschiedlicher Auffassung darüber, ob das einen Arrestbeschluss bestätigende Urteil eine neue Vollziehungsfrist nach § 929 Abs. 2 ZPO in Lauf setzt. Zur Begründung berufen sich beide auf eine angeblich herrschende Meinung.

II.

Die sofortige Beschwerde ist nach § 793 ZPO statthaft und verfahrensrechtlich bedenkenfrei, insbesondere fristgerecht eingelegt (§ 569 ZPO). In der Sache führt sie zu einem vorläufigen Erfolg.

Die Beurteilung der Frist zur Vollziehung eines Arrestbefehls nach § 929 Abs. 2 ZPO bei Bestätigung des Arrestes im Widerspruchs- bzw. Berufungsverfahren bedarf der differenzierenden Betrachtung. Zu unterscheiden ist zwischen der Erforderlichkeit und der Möglichkeit einer neuen Vollziehung. Nach weitgehend einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur bedarf ein bestätigendes Urteil erster Instanz keiner erneuten Vollziehung, wenn denn die einstweilige Verfügung bzw. der Arrest im Widerspruchsverfahren inhaltlich nicht geändert oder wesentlich neu gefasst wird. Werden Beschlussverfügung bzw. Arrest auf Widerspruch hin aufgehoben, in der Berufungsinstanz aber "bestätigt" und damit neu erlassen, ist eine eigene erneute Vollziehung erforderlich (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 929 Rdnr. 15 m. w. N.; Musielak/Huber, ZPO, 3. Aufl., § 929 Rdnr. 5 m. w. N.; Thomas-Putzo/Reichold, ZPO, 24. Aufl., § 929 Rdnr. 3 m. w. N.; OLG Hamm, NJW-RR 1999, 631). Hiervon ausgehend hat es der erneuten Vollziehung des den Arrestbeschluss in unveränderter Weise bestätigenden Urteils vom 20. Juni 2002 nicht bedurft.

Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob mit der Verkündung des den Arrest bestätigenden Urteils zugunsten des Gläubigers eine neue Vollziehungsfrist nach § 929 Abs. 2 ZPO zu laufen beginnt. Dies ist nach wiederum weitgehend einhelliger Auffassung jedenfalls dann der Fall, wenn die Widerspruchsentscheidung wesentliche Änderungen enthält (vgl. Zöller/Vollkommer, aaO, § 929 Rdnr. 7 m. w. N.; Musielak/Huber, aaO, § 929 Rdnr. 5; MüKo/Heinze, ZPO, 2. Aufl., § 929 Rdnr. 5 m. w. N.). Ob dies indes auch bei unveränderter Bestätigung des Arrestes gilt, ist in Rechtsprechung und Literatur nach wie vor umstritten, eine herrschende Meinung derzeit nicht erkennbar (der Hinweis darauf vermag ohnehin keine Argumentation zu ersetzen).

Der Senat schließt sich der insbesondere zuletzt vermehrt vertretenen Auffassung an, wonach dann, wenn der Arrest auf Widerspruch hin durch Urteil - auch ohne wesentliche Änderungen - bestätigt wird, mit Verkündung des Urteils zugunsten des Gläubigers - immer - eine neue Vollziehungsfrist zu laufen beginnt (in diesem Sinne: Zöller/Vollkommer, aaO, § 929 Rdnr. 7 m. w. N. auch auf die Gegenmeinung; MüKo/Heinze, aaO, § 929 Rdnr. 5 m. w. N. auch auf die Gegenmeinung; Treffer, MDR 1998, 951, 952 m. w. N.).

Die Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO ist wesentliches Merkmal des Eilcharakters des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens und wirkt als eine immanente zeitliche Begrenzung des dem Gläubiger gewährten Rechtsschutzes. Sie soll im Interesse des Schuldnerschutzes verhindern, dass der Arrest unter wesentlich veränderten Umständen vollzogen wird als unter denen, die seiner Anordnung zugrunde gelegen haben und umgekehrt sicherstellen, dass der Arrest-(Verfügungs-)Grund im Zeitpunkt der Vollziehung noch fortwirkt (vgl. Zöller/Vollkommer, aaO, § 929 Rdnr. 3 m. w. N.). Dieses typisierte Schuldnerinteresse steht dem Lauf einer neuen Vollziehungsfrist nach dem den Arrest auf Widerspruch hin bestätigenden Urteil indes nicht entgegen. Der Schuldner hat durch seinen Widerspruch Veranlassung für das bestätigende Urteil gegeben. Da in dem Widerspruchsverfahren die zwischenzeitliche Entwicklung berücksichtigt werden kann, wird durch das bestätigende Urteil dokumentiert, dass es nach wie vor dringlich ist, den Gläubigeranspruch zu sichern, und sich die Umstände, die dem Erlass des Arrestbefehls zugrunde lagen, nicht geändert haben. Wenn der Schuldner den Arrestbefehl mit einem Rechtsbehelf angreift oder die Aufhebung wegen veränderter Umstände beantragt, muss er in Kauf nehmen, dass der Gläubiger bei Erfolglosigkeit des Rechtsbehelfs erneut vollstreckt (vgl. dazu grundlegend: Treffer, aaO).

Der angefochtene Beschluss, durch den die weitere Vollziehung des Arresturteils mangels In-Gang-Setzung einer neuen Vollziehungsfrist abgewiesen worden ist, kann nach alledem keinen Bestand haben. Der Senat erachtet es als angezeigt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückzuverweisen (§ 572 Abs. 3 ZPO). Das Familiengericht wird Gelegenheit zu nehmen haben, seine Zuständigkeit für den Antrag auf Eintragung einer Zwangssicherungshypothek zu überprüfen (vgl. die Kommentierungen zu §§ 867 und 932 ZPO).

Wegen des nur vorläufigen Ergebnisses der Beschwerde ist die Kostenentscheidung dem Amtsgericht zu übertragen. Den Wert des Beschwerdegegenstandes hat der Senat nach § 3 ZPO mit einem Bruchteil der zu sichernden Forderung festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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