Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 15.09.2005
Aktenzeichen: 6 UF 97/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1587 a Abs. 2 Nr. 4
BGB § 1587 Abs. 3 Nr. 2

Entscheidung wurde am 01.11.2005 korrigiert: die Rechtsgebiete und Vorschriften wurden geändert und ein amtlicher Leitsatz hinzugefügt
Zusatzversorgungsanrechte bei der Pensionskasse Deutscher Eisenbahnen und Straßenbahnen sind sowohl im Anwartschafts- als auch im Leistungsstadium als voll dynamisch zu bewerten.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 6 UF 97/05

In der Familiensache

wegen Ehescheidung und Folgesachen,

hier: Regelung des Versorgungsausgleichs,

hat der 6. Zivilsenat - Familiensenat - des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Morgenroth, die Richterin am Oberlandesgericht Euskirchen und den Richter am Oberlandesgericht Hengesbach auf die am 15. Juni 2005 bei Gericht eingegangene befristete Beschwerde der Beteiligten zu 1. vom 14. Juni 2005 gegen Ziffer 2. des ihr am 30. Mai 2005 zugestellten Verbundurteils des Amtsgerichts - Familiengericht - Grünstadt vom 27. April 2005 nach Anhörung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung am 15. September 2005

beschlossen:

Tenor:

I. Das angefochtene Urteil wird in seiner Ziffer 2. teilweise geändert und insgesamt neu gefasst:

a) Von dem Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Bundesknappschaft in B... (Vers.-Nr.: ...) werden Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 136,79 €, bezogen auf den 31. August 2004, auf das Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Landesversicherungsanstalt R... in S... (Vers.-Nr.: ...) übertragen.

b) Zu Lasten der bei der Pensionskasse D... E... u... S... in K... bestehenden Anwartschaften des Antragsgegners auf eine Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes (Vers.-Nr.: ...) werden auf dem Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Landesversicherungsanstalt R... in S... (Vers.-Nr.: ...) Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 105,52 €, bezogen auf den 31. August 2004, begründet.

c) Der Monatsbetrag der zu übertragenden und zu begründenden Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

II. Gerichtkosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben.

Im Übrigen tragen die Parteien und die beteiligten Versorgungsträger ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 1.000,-- € festgesetzt.

Gründe:

Die befristete Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist statthaft und auch sonst in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (§§ 621 e Abs. 1 und 3, 621 Abs. 1 Nr. 6, 517, 520 Abs. 1, 2 und 3, Satz 1, Abs. 4 ZPO, 19, 20 FGG).

In der Sache führt das Rechtsmittel zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung.

Auf Grund des zulässigen Rechtsmittels der Beteiligten zu 1. ist die Entscheidung des Familiengerichts zum Versorgungsausgleich von Amts wegen in vollem Umfange zur Entscheidung im Beschwerderechtszug angefallen. Dabei besteht keine Bindung an die im Beschwerderechtszug gestellten Anträge noch gilt der Grundsatz des Verbotes der "reformatio in peius" (vgl. Borth, Versorgungsausgleich, 3. Aufl., Rn. 975, 977).

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin, welche geltend macht, dass die bei ihr erworbenen Versorgungsanwartschaften des Antragstellers nicht wie vom Familiengericht angenommen im Leistungsteil voll dynamisch, sondern statisch seien, ergibt sich auf Grund der vom Senat vorgenommenen Prüfung der tatsächlichen Steigerungsraten der Zusatzversorgung des Antragsgegners, dass diese in vollem Umfange, also sowohl im Anwartschafts- als auch im Leistungsstadium als voll dynamisch zu bewerten ist.

Die Beschwerdeführerin hat dem Senat auf Anfrage mit Schreiben vom 24. August 2005 mitgeteilt, in welchem Umfang sie in den letzten Jahren die Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung erhöht hat. Diese Erhöhung lässt sich im Vergleich mit der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung wie folgt darstellen:

 ErhöhungszeitpunktAnwartschaftsteilLeistungsteilgesetzl. RentenversicherungBeamtenversorgung
1990003,101,60
1991004,705,80
1992002,885,30
19939,509,504,362,90
1994003,391,90
1995000,503,10
19965,006,500,950
1997001,651,30
1998000,441,50
19991,501,501,342,80
2000000,600
2001001,911,70
20023,753,752,162,10
20030001,041,74
20040001,25

Aus dieser Darstellung ergibt sich für den Anwartschaftsteil der Versorgung für die Zeit von 1990 bis 2004 eine durchschnittliche lineare Erhöhung von 1,32% gegenüber 1,93% bei der gesetzlichen Rentenversicherung und 2,20% bei der Beamtenversorgung. Der geometrische Durchschnitt beläuft sich auf 1,28% gegenüber 1,92% und 2,19%.

Zieht man den Zeitraum von 1995 bis 2004 heran, so ergibt sich für die Anwartschaftsphase eine durchschnittliche lineare Erhöhung von 1,53% gegenüber 1,06% bei der gesetzlichen Rentenversicherung und 1,55% bei der Beamtenversorgung und ein geometrischer Durchschnitt in Höhe von 1,50% gegenüber 1,06% (gesetzliche Rentenversicherung) und 1,54% (Beamtenversorgung).

Da die Erhöhung in der Leistungsphase mit einer Ausnahme (1996 6,5% statt nur 5% im Anwartschaftsteil) derjenigen der Anwartschaftsphase entspricht, ergibt sich für diese sogar ein noch günstigeres Bild.

Aus dieser Darstellung lässt sich entnehmen, dass der Anstieg der Zusatzversorgungsanwartschaft des Antragsgegners in den vergangenen neun Jahren über dem der gesetzlichen Rentenversicherung und nahe bei demjenigen der Beamtenversorgung liegt. Der Anstieg beruht auf der in § 57 der Satzung der Beschwerdeführerin vorgeschriebenen sog. versicherungstechnischen Prüfung, wonach die Beschwerdeführerin alle drei Jahre eine versicherungstechnische Bilanz aufzustellen hat. Gibt diese einen Fehlbetrag oder einen Überschuss, so hat die Hauptversammlung "die erforderlichen Maßnahmen zum Ausgleich der Kassenbilanz zu beschließen". Überschüsse sind für eine Anhebung der laufenden Renten und/oder Anwartschaften zu verwenden. Angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen Lage und der besonderen allgemein bekannten wirtschaftlichen Situation der staatlichen Rentenkassen, bei denen jedenfalls kurzfristig nicht mit einer Erhöhung der Anstiegsraten zu rechnen ist (vgl. OLG Nürnberg, FamRZ 2005, 112 ff), kann die Prognose gestellt werden, dass es der Beschwerdeführerin auch zukünftig gelingen wird, einen Überschuss zu erwirtschaften, welcher einen Anstieg der Versorgungsanwartschaft mindestens in dem Maße wie bei der gesetzlichen Renten- und/oder Beamtenversorgung zulässt. Damit ist die Versorgungsanwartschaft des Antragsgegners bei der Beschwerdeführerin als volldynamisch zu bewerten und fällt mit ihrem Nennbetrag in den vorzunehmenden Ausgleich.

Dieser errechnet sich wie folgt:

ehezeitliche Anwartschaften der Antragstellerin bei der Beteiligten zu 2. monatlich 116,06 €;

ehezeitliche Anwartschaften des Antragsgegners bei der Bundesknappschaft monatlich 389,64 € sowie bei der Pensionskasse D... E... u... S... jährlich 2.532,36 €, das sind monatlich 211,03 €.

Der Ausgleich der Anwartschaften bei der Landesversicherungsanstalt R... in S... bzw. der Bundesknappschaft erfolgt durch Splitting gemäß § 1587 b Abs. 1 BGB in Höhe des hälftigen Differenzbetrages, das sind 136,79 €, das heißt es sind Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in dieser Höhe vom Rentenkonto des Antragsgegners auf dasjenige der Antragstellerin zu übertragen.

Der Ausgleich der Zusatzversorgungsanwartschaft des Antragsgegners erfolgt durch analoges Quasisplitting gemäß § 1 Abs. 3 VAHRG in Höhe der Hälfte des Betrages, das sind 105,52 €, die zu Lasten der Beschwerdeführerin auf dem Rentenkonto der Antragstellerin zu begründen sind.

Die Anordnung der Umrechnung der zu übertragenden und zu begründenden Rentenanwartschaften in Entgeltpunkte folgt aus § 1587 b Abs. 6 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 21 Abs. 1 Satz 1 GKG, 93 a Abs. 1 ZPO, 13 a Abs. 1 FGG.

Den Wert des Beschwerdegegenstandes setzt der Senat gemäß § 49 Nr. 2 GKG fest, da sich das Rechtsmittel ausschließlich auf die Regelung des Ausgleichs der Anwartschaften bei der Beschwerdeführerin bezieht.

Ende der Entscheidung

Zurück