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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 02.08.2004
Aktenzeichen: 7 U 251/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 92
ZPO § 97
ZPO § 522
ZPO § 522 Abs. 2
ZPO § 524 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 7 U 251/03

In dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatz des Mieters von Gewerberäumlichkeiten hier: Kostenentscheidung nach Berufungsrücknahme

hat der 7. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Neumüller, den Richter am Oberlandesgericht Burger und die Richterin am Landgericht Bastian-Holler

ohne mündliche Verhandlung am 02. August 2004

beschlossen:

Tenor:

I. Der Kläger, der seine Berufung gegen das Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 13. November 2003 zurückgenommen hat, wird des eingelegten Rechtsmittels für verlustig erklärt.

II. Die Anschlussberufung der Beklagten ist wirkungslos ( § 524 Abs. 4 ZPO ).

III. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 65 % und die Beklagte 35 % zu tragen.

IV. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 13.757,98 Euro ( Berufung: 8.928,98 Euro; Anschlussberufung: 4.829.- Euro ) festgesetzt.

V. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

Wird ein Berufungskläger durch einen Beschluss des Berufungsgerichts nach § 522 Abs. 2 ZPO darauf hingewiesen, dass die einstimmige Zurückweisung der Berufung beabsichtigt ist, und nimmt er daraufhin innerhalb der Stellungnahmefrist seine Berufung zurück, fallen die Kosten des Berufungsverfahrens beiden Parteien im Verhältnis der Werte von Berufung und Anschlussberufung in entsprechender Anwendung der §§ 97 i.V.m. 92 ZPO zur Last.

Die Anwendung des kostenrechtlichen Grundprinzips, dass der Unterliegende die Kosten seines erfolglos gebliebenen Angriffsmittels zu tragen hat, ergibt sich vorliegend aus dem Wesen der Anschlussberufung, mit der zusätzlich zur Zurückweisung des gegnerischen Rechtsmittels eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung erstrebt wird ( vgl. BGHZ 80, 146-153), und der gesetzgeberischen Neugestaltung einer Zurückweisung der Berufung durch Beschluss gemäß § 522 ZPO mit vorheriger Hinweispflicht.

Nach der ständigen Senatsrechtsprechung ( vgl. auch OLG Düsseldorf MDR 2003, 288; OLG Brandenburg MDR 2003, 1261-1262; OLG Dresden BauR 2003, 1431-1432; OLG Celle - 2. Zivilsenat - NJW 2003, 2755-2756; a.A.: OLG Celle - 16. Zivilsenat - MDR 2004, 592; OLG Hamburg MDR 2003, 1251) fallen die Kosten der Berufungsinstanz beiden Parteien im Verhältnis der Werte von Berufung und Anschlussberufung zu Last, wenn die Berufung durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen wird. Durch die einstimmige Zurückweisung der Hauptberufung entzieht nämlich das Gericht, und nicht der Berufungskläger, der Anschließung ihre Wirkung ( § 524 Abs. 4 ZPO ). Im vergleichbaren Fall einer Anschlussrevision erfolgt bei Nichtannahme der Revision nach der Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11.03.1981 ( BGHZ 80, S. 146 -153 ) ebenfalls eine Kostenquotelung im Verhältnis der Werte von Haupt- und Anschlussrechtsmittel.

Nimmt ein Berufungskläger nun auf einen entsprechenden Hinweis des Senats nach § 522 Abs. 2 ZPO die eingelegte Berufung zurück, ist es gleichfalls nicht sachgerecht, dem Berufungskläger die Kosten der Anschlussberufung aufzuerlegen, da ansonsten die Gefahr besteht, dass derjenige Berufungskläger kostenmäßig schlechter steht, der aus dem gerichtlichen Hinweis die prozessuale Konsequenz der Rücknahme zieht, statt einen gerichtlichen Zurückweisungsbeschluss gegen sich ergehen zu lassen.

Dies gilt umso mehr, als nach dem Kostenmodernisierungsgesetz sich die Verfahrensgebühr in der Berufungsinstanz nach der Berufungsbegründung nur auf 2,0 reduziert ( früher: Reduzierung auf eine 0,5-Verfahrensgebühr ; vgl. GKG- Kost Verz-E Nr. 1220, 1222 n.F. und Nr. 1220, 1221 a.F.). Eine Differenzierung danach, dass bei einer Zurückweisung der Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO eine gerichtliche Entscheidung über das Hauptrechtsmittel ergeht, was eine Quotelung rechtfertigt, dagegen bei einer Zurücknahme der Berufung aufgrund eines Hinweisbeschlusses nach § 522 Abs. 2 ZPO ein freier Dispositionsakt der Partei über das Hauptrechtsmittel vorliegt, der zu vollen Kostenlast führt, überzeugt nicht ( vgl. Jacoby Das Anschlussrechtsmittel und seine Kosten nach dem Zivilprozessreformgesetz, ZZP 2002, S. 185-213<210>). Zwar entscheidet der Berufungskläger nach Wegfall des Zustimmungserfordernisses für die Rücknahme der Berufung nach Beginn der mündlichen Verhandlung immer über das Schicksal der Anschlussberufung und entzieht bei einer Rücknahme der Entscheidung über die Anschließung den Boden ( vgl. OLG Oldenburg MDR 2002, 1208-1209; OLG Celle NJW 2003, S. 2755-2756 ; Zöller- Gummer/Heßler, ZPO, 24. Auflage 2004, § 524 Rn 43 ; Musielak-Ball, 23. Auflage, § 516 Rn 16 ; Baumbach-Albers, 62. Auflage, § 516 Rn 20 ; Münchener Kommentar zur ZPO-Rimmelspacher, 2. Auflage, § 524 Rn 64 ). Nach der Gesetzesbegründung zu § 522 Abs. 2 ZPO soll der Berufungsführer durch den gerichtlichen Hinweis aber gerade die Möglichkeit erhalten, die Kosten durch eine Berufungsrücknahme möglichst gering zu halten ( Bundestags-Drucksache 14/4722, S. 98 ). Die Rücknahme stellt in einem derartigen Fall keine in sein freies Belieben gestellte Prozesshandlung des Berufungsklägers dar, sondern erfolgt aufgrund eines gerichtlichen Hinweises gemäß § 522 Abs. 2 ZPO über die Absicht einer einstimmigen Zurückweisung der Berufung ( vgl. dazu auch: Pape Kostenrisiko des Anschlussberufungsklägers bei einstimmiger Zurückweisung der Berufung, NJW 2003, S. 1150-1153<1152>). Soweit der Bundesgerichtshof am 17.12.1951 ( BGHZ 4, 229-244 ) entscheiden hat, dass bei einer Zurücknahme einer Revision vor Beginn der mündlichen Verhandlung dem Revisionskläger auch die Kosten einer unselbständigen Anschlussrevision aufzuerlegen sind, steht dies vorliegend einer Kostenquotelung nicht entgegen, da bei einem Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO im Berufungsverfahren zuvor eine gerichtliche Prüfung der Begründetheit des Rechtsmittels mit entsprechendem Hinweis an die Parteien erfolgt ist, die dann eine Berufungsrücknahme auslöst. Wie in den Fällen des Unwirksamwerdens einer unselbständigen Anschlussrevision weiß der Anschlussberufungskläger aufgrund der Regelung des § 524 Abs. 4 ZPO schon bei Einlegung der Anschlussberufung, dass er mit seinem Rechtsschutzbegehren nur zum Zuge kommt, wenn die Berufung nicht durch Beschluss zurückgewiesen wird.

Soweit ersichtlich ist die Frage, wie die Kosten in den Fällen einer nach § 524 Abs. 4 ZPO n.F. wirkungslos gewordenen Anschlussberufung zu verteilen sind, bisher höchstrichterlich noch nicht entschieden. Gleiches gilt für die Kostenentscheidung bei der Rücknahme der Hauptberufung nach entsprechendem Hinweis des Berufungsgerichts nach § 522 Abs. 2 ZPO. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat der Senat die Rechtsbeschwerde zugelassen ( § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 ZPO ).

Ende der Entscheidung

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