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Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 27.06.2006
Aktenzeichen: 8 U 106/05
Rechtsgebiete: ZPO, HGB, AktG


Vorschriften:

ZPO § 511 Abs. 1
ZPO § 511 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 517
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
HGB § 161 Abs. 2
HGB § 162 Abs. 1
HGB § 149 Satz 2
HGB § 171
HGB § 171 Abs. 1
HGB § 172
AktG § 246 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken IM NAMEN DES VOLKES Urteil

Aktenzeichen: 8 U 106/05

Verkündet am: 27. Juni 2005 In dem Rechtsstreit wegen Forderung aus Gesellschaftsvertrag, hat der 8. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Neumüller, den Richter am Oberlandesgericht Schunck und die Richterin am Oberlandesgericht Jahn-Kakuk auf die mündliche Verhandlung vom 23. Mai 2006 für Recht erkannt: Tenor:

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 26. Juli 2005 geändert: Die Klage wird abgewiesen. II. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. IV. Die Revision wird zugelassen. V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 48 317,08 € festgesetzt. Gründe: I. Die Klägerin ist ein geschlossener Immobilienfonds, dessen Immobilienvermögen aus dem neu errichteten Objekt B... sowie drei älteren Bauwerken auf den Grundstücken B... (Altbauten) und ... (Sozialer Wohnungsbau) besteht. Zur Finanzierung aufgenommene Darlehen sind mit 6 % (5 970 000,00 €) bzw. 6,7 % (936 000,00 €) zu verzinsen. Tilgung und Zinsen belaufen sich auf 567 242,55 € p.a. Dem stehen Mieteinnahmen (Netto-)Kaltmiete in Höhe von ca. 260 000,00 € p.a. sowie öffentliche Förderungsmittel (IBB) von ca. 290 000,00 € p.a. (jährlich sinkend) gegenüber. Von den Mieten sind neben dem Kapitaldienst die laufenden Instandhaltungen, die nicht umlagefähigen öffentlichen Lasten sowie sonstige Verwaltungskosten der Immobilien sowie der Gesellschaft selbst zu finanzieren, insgesamt in Höhe von ca. 30 % der Mieteinnahmen. Der Beklagte ist Kommanditist der Klägerin. Er hatte insgesamt ein Kapital in Höhe von 1 400 000,00 DM = 715 808,63 € gezeichnet. Nach § 4 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages, wegen dessen Einzelheiten Bezug genommen wird auf die Anlage K 2, war die Beteiligung je zur Hälfte aufgeteilt in eine Pflichteinlage und eine Hafteinlage. Die Pflichteinlage ist geleistet. Auf der Gesellschafterversammlung vom 10. Juli 2004 beschlossen die Gesellschafter mit einer Mehrheit von 82,11 % der anwesenden Stimmen (Bl. 47 und 49 d. A.) den Ausschluss der R... GmbH in Liquidation als persönlich haftende Gesellschafterin. Des Weiteren beschlossen sie mit 7 705 von 9 960 anwesenden Stimmen (einschließlich der Stimmen der persönlich haftenden Gesellschafterin), dass neue Komplementärin die S... GmbH werden sollte (Bl. 49 Rs. d. A.). Außerdem wurde ein Beschluss vom 5. Juli 2002, die Beklagte zu liquidieren, aufgehoben (Bl. 48 Rs. d. A.). Auf der Gesellschafterversammlung vom 10. September 2004 beschlossen die Gesellschafter mit einer Mehrheit von 63,99 % der anwesenden Stimmen, einen Teil der Hafteinlage in Höhe von 13,5 % bis zum 20. September 2004 einzufordern, um die laufenden Verbindlichkeiten der Gesellschaft erfüllen zu können (vgl. Seite 6 ff. des Protokolls über die Gesellschafterversammlung vom 20. September 2004, Anlage K 3). Der Beklagte hat diesem Beschluss nicht zugestimmt (vgl. Bl. 37 d. A). Auf dieser Gesellschafterversammlung wurden des Weiteren die Beschlüsse vom 10. Juli 2004 über die Abberufung der persönlich haftenden Gesellschafterin sowie die Aufnahme einer neuen persönlich haftenden Gesellschafterin wiederholt. Das Landgericht Berlin hat mit Anerkenntnis- und Schlussurteil vom 23. Dezember 2004 (Az.: 20 O 376/04, Bl. 54 ff d. A.) auf Klage der früheren Komplementärin die Wirksamkeit des Beschlusses vom 10. Juli 2004 über die Bestellung der derzeitigen Komplementärin festgestellt. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei aufgrund des Beschlusses vom 10. September 2004 zur Zahlung des dort bezeichneten Anteils der Hafteinlage an sie verpflichtet. Die Zahlung dieses Teils der vereinbarten Hafteinlage sei erforderlich, um Gläubiger zu befriedigen, die aus den von der Gesellschaft zu erzielenden regulären Einnahmen nicht mehr bedient werden könnten. Die Zahlung sei insbesondere aus dem Gesichtspunkt der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht geboten. Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 48 317,08 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 21. September 2004 zu zahlen. Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Beklagte hat vorgetragen: Die mit Gesellschafterbeschluss vom 5. Juli 2002 liquidierte Klägerin sei nicht aktiv legitimiert, weil die Aufhebung des Liquidationsbeschlusses nicht einstimmig beschlossen worden sei. Zudem hafte er nur den Gläubigern der Klägerin bis zur Höhe seiner Einlage. Diese selbst habe keinen Anspruch auf einen Nachschuss. Die Gesellschafterbeschlüsse vom 10. September 2004 seien im Übrigen mangels einer ordnungsgemäßen Einladung unwirksam. Die einladende Gesellschaft S... GmbH sei damals (25. August 2004) noch nicht Komplementärin gewesen. Die Abberufung der früheren Komplementärin und der Neueintritt der S... GmbH seien als TOP 6 gerade Gegenstand der Gesellschafterversammlung vom 10. September 2004 gewesen. Die Kammer für Handelssachen des Landgerichts Landau in der Pfalz hat der Klage mit Urteil vom 26. Juli 2005 stattgegeben (Bl. 84 ff d. A.). Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen (Bl. 88 - 91 d. A.). Gegen dieses ihm am 29. Juli 2005 zugestellte Urteil (Bl. 93 d.A.) hat der Beklagte mit einem am 24. August 2005 beim Pfälzischen Oberlandesgericht Zweibrücken eingegangenen Schriftsatz (Bl. 94/95 d. A.) Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel innerhalb bewilligter Fristverlängerung begründet (Bl. 105 ff d. A.). Er macht geltend: Die auf der Gesellschafterversammlung vom 10. September 2004 gefassten Beschlüsse seien wegen formeller Fehler unwirksam. Zunächst sei festzuhalten, dass der Gesellschaft zuvor ein weiterer, bei der Einladung nicht tätig gewordener Komplementär beigetreten sei. Was den Eintritt der neuen Komplementärin betreffe, sei zu berücksichtigen, dass mit der Beschlussfassung vom 10. September 2004 die vorhergehenden Beschlüsse bezüglich Abberufung und Ausschluss der früheren Komplementärin und Aufnahme der neuen Komplementärin überholt gewesen seien. Im Zeitpunkt der Einladung zur Gesellschafterversammlung vom 10. September 2004 sei die S... GmbH noch nicht Komplementärin und daher auch nicht befugt gewesen, zur Gesellschafterversammlung einzuladen. Deshalb sei der streitgegenständliche Beschluss unter TOP 5 b) nichtig. Das Recht zur Geltendmachung der Nichtigkeit des Gesellschafterbeschlusses sei nicht verwirkt. Die entsprechenden Vorschriften aus dem AktG seien auf Personengesellschaften nicht anwendbar. Im Übrigen habe er gegen den kurze Zeit nach der Gesellschafterversammlung erlassenen Mahnbescheid umgehend Widerspruch eingelegt. Das Landgericht habe bei seiner Entscheidung nicht hinreichend berücksichtigt, dass er nicht im Zuge einer Außenhaftung von einem Gesellschaftsgläubiger in Anspruch genommen werde, sondern von der Gesellschaft selbst. Er sei indessen nicht verpflichtet, über die im Gesellschaftsvertrag übernommene Pflichteinlage hinaus weitere Leistungen an die Gesellschaft zu erbringen. Solche Zahlungsverpflichtungen bedürften der Zustimmung der Gesellschafter. Eine Verpflichtung zur Zustimmung zu dem hierzu getroffenen Gesellschafterbeschluss resultiere unter den hier gegebenen Umständen auch nicht aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht. Der Beklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 26. Juli 2005, HK.O 32/05, zu ändern und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie macht geltend: Das Landgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass die in der Gesellschafterversammlung vom 10. September 2004 gefassten Beschlüsse wirksam seien. Die frühere Komplementärin sei bereits in der Versammlung vom 10. Juli 2004 ordnungsgemäß abberufen worden. Dieser Beschluss sei mit der für eine Änderung des Gesellschaftsvertrages notwendigen Mehrheit von 3/4 der anwesenden Stimmen gefasst worden. In derselben Versammlung sei die S... GmbH wirksam in die Gesellschaft aufgenommen worden, so dass sie zur Gesellschafterversammlung vom 10. September 2004 habe einladen können. Der Komplementär K... sei mangels Befugnis zur Vertretung der Gesellschaft nicht zur Einberufung einer Gesellschafterversammlung berechtigt gewesen. Zutreffend habe das Landgericht ein Anfechtungsrecht des Beklagten verneint. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass dieser dem Beschluss vom 10. September 2004 ausdrücklich zugestimmt und im Vorfeld gegenüber der Geschäftsführerin der jetzigen Komplementärin Zahlung zugesagt habe. Dem Landgericht sei weiter darin zu folgen, dass der Beklagte schließlich unter dem Gesichtspunkt der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht verpflichtet sei, die hier in Rede stehende Zahlung zu leisten. Aufgrund der Regelung in § 4 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages habe von vornherein festgestanden, dass das wirtschaftliche Risiko des Beklagten 1,4 Mio. DM betrage. Der gefasste Beschluss diene in erster Linie der Verhinderung wesentlicher Nachteile einzelner Gesellschafter und in zweiter Linie auch der Vermeidung von Verlusten der Gesellschaft. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen. II. Die Berufung ist gemäß §§ 511 Abs. 1 und 2 Nr. 1, 517, 519, 520 ZPO zulässig und führt auch in der Sache zu dem erstrebten Erfolg der Klageabweisung. Der Beklagte ist nicht verpflichtet, gemäß dem unter TOP 5 b der Gesellschafterversammlung vom 10. September 2004 gefassten Beschluss, 13,5 % der Haftsumme an die Klägerin zu zahlen, weil der Beschluss fehlerhaft ist, und die gesellschafterliche Treuepflicht eine Zustimmung des Beklagten zu der beschlossenen Zahlungsverpflichtung nicht gebietet. Im Einzelnen ist hierzu auszuführen: Ob die Gesellschaft trotz der am 5. Juli 2002 beschlossenen Liquidation wirksam fortgesetzt worden ist, kann für die Entscheidung dahinstehen.

Die Klägerin wäre auch in diesem Fall im vorliegenden Rechtsstreit wirksam vertreten, da gemäß § 20 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages im Falle der Liquidation die persönlich haftende Gesellschafterin Liquidatorin ist. Gemäß §§ 161 Abs. 2, 149 Satz 2 HGB vertreten die Liquidatoren innerhalb ihres Geschäftskreises die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich. Im Übrigen ergibt sich aus den nachfolgenden Erwägungen, dass der Beklagte im Falle der wirksamen Fortsetzung auch dieser werbenden Gesellschaft gegenüber nicht zur Zahlung eines Anteils der Haftsumme verpflichtet ist. Der Gesellschafterbeschluss vom 10. September 2004 ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht wegen eines Einberufungsmangels nichtig, da die den Anforderungen des § 9 Abs. 2 Satz 1 des Gesellschaftsvertrages entsprechende Einladung durch die hierzu berechtigte Komplementärin erfolgte. Gemäß der genannten Vorschrift lädt die persönlich haftende Gesellschafterin jeden Kommanditisten unter Bekanntgabe der Tagesordnung schriftlich ein. Zu der Gesellschafterversammlung vom 10. September 2004 hat gemäß Schreiben vom 25. August 2004 die hierzu als Komplementärin befugte S... GmbH eingeladen (Bl. 26 d. A.). Diese war bereits durch Gesellschafterbeschluss vom 10. Juli 2004 (Bl. 47, 49 ff. d. A.) wirksam zur neuen Komplementärin berufen worden. Die frühere Komplementärin war mit der erforderlichen Mehrheit - einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen, § 15 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages - abberufen worden. Die Gesellschafterbeschlüsse vom 10. Juli 2004 sind nicht durch diejenigen vom 10. September 2004 ersetzt worden. Hierzu hat die Klägerin bereits in erster Instanz unwidersprochen vorgetragen, dass die Wiederholung der Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung vom 10. September 2004 lediglich vorsorglich mit Rücksicht auf das damals anhängige Anfechtungsverfahren erfolgt sei. Die Wiederholung sollte demgemäß die früheren Beschlüsse nicht inhaltlich ersetzen, sondern nur einer Korrektur möglicher formeller Mängel dienen. Ein weiterer Komplementär war - dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin zufolge - nicht zur Vertretung der Gesellschaft befugt. Der unter TOP 5 b am 10. September 2004 gefasste Gesellschafterbeschluss ist jedoch inhaltlich fehlerhaft, weil die Verpflichtung zur Zahlung eines bestimmten Anteils der Haftsumme an die Gesellschaft jedenfalls nicht mit der erzielten Mehrheit von 63,99 % der abgegebenen Stimmen wirksam begründet werden konnte. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die beschlossene Zahlungsverpflichtung der Kommanditisten gegenüber der Gesellschaft eine Änderung des Gesellschaftsvertrages beinhaltet. Dieser unterscheidet gemäß § 4 Abs. 5 und 6 - den gesetzlichen Regelungen der §§ 171 Abs. 1, 172 HGB entsprechend - zwischen Pflicht- und Hafteinlage. Pflichteinlage sowie ein Agio in Höhe von 5 % der Pflichteinlage waren gemäß § 4 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrages zu den in der Beitrittserklärung genannten Terminen zu leisten. Die Pflichteinlage betrifft die Zahlungsverpflichtung im Verhältnis der Gesellschafter untereinander. Insoweit besteht eine Forderung der Gesellschaft gegen den einzelnen Gesellschafter. Die gemäß § 162 Abs. 1 HGB ins Handelsregister einzutragende Haftsumme betrifft demgegenüber das zu den Gesellschaftsgläubigern bestehende Außenverhältnis. Durch die am 10. September 2004 beschlossene Zahlungsverpflichtung ist das den gesetzlichen Bestimmungen der §§ 171, 172 HGB entsprechende Regelungsgefüge des Gesellschaftsvertrages verändert worden, weil das durch die Haftsumme übernommene Haftungsrisiko gegenüber den Gesellschaftsgläubigern umgewandelt worden ist in eine fällige Schuld gegenüber der Gesellschaft. Da die für eine Änderung des Gesellschaftsvertrages erforderliche 3/4-Mehrheit gemäß § 10 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages unstreitig nicht erreicht wurde, ist der Beschluss unwirksam. Bei dieser Lage der Dinge kann offen bleiben, ob über die 3/4-Mehrheit hinaus nicht sogar einstimmige Zustimmung zu der Änderung erforderlich gewesen wäre, § 4 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages. Die Unwirksamkeit des Beschlusses kann der Beklagte im vorliegenden Verfahren auch wirksam geltend machen. Im Personengesellschaftsrecht gibt es für die Geltendmachung von Beschlussmängeln keine gesetzlichen oder am Leitbild des § 246 Abs. 1 AktG orientierten Klagefristen. Die Geltendmachung eines Mangels kann allerdings nach allgemeinen Grundsätzen verwirkt sein (BGH NJW 1999, 3115). Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 242 Rdnr. 87). Hier fehlt es bereits an dem für die Verwirkung erforderlichen "Zeitmoment", welches erfordert, dass seit der Möglichkeit, das Recht geltend zu machen längere Zeit verstrichen sein muss. Die erforderliche Zeitspanne richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles (Heinrichs, aaO., Rdnr. 93). Die Klägerin hat die am 10. September 2004 beschlossene Zahlungspflicht gegenüber dem Beklagten mit Mahnbescheid vom 3. November 2004 geltend gemacht. Der Beklagte hat am 11. November 2004 Widerspruch eingelegt und damit rechtzeitig deutlich gemacht, dass er den der Forderung zugrunde liegenden Beschluss nicht gelten lassen will. Soweit die Klägerin erstmals in zweiter Instanz behauptet, dass der Beklagte dem in Rede stehenden Beschluss ausdrücklich zugestimmt habe und im Vorfeld gegenüber der Geschäftsführerin der jetzigen Komplementärin die Zahlung zugesagt habe, ist sie mit diesem Vorbringen gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, dass und aus welchen Gründen die Klägerin gehindert gewesen sein sollte, dieses Vorbringen bereits in erster Instanz zu unterbreiten. Im Übrigen ergibt sich aus den zu den Akten gereichten Unterlagen (vgl. Bl. 37 d. A.), dass u.a. der Beklagte gegen die Begründung einer Zahlungsverpflichtung gestimmt hatte. Der Beklagte ist auch nicht gehalten, aus Gründen der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht der beschlossenen Zahlungsverpflichtung zuzustimmen. Der Inhalt der Treuepflicht kann in der Bindung oder Beschränkung von Rechten sowie in der Begründung von Pflichten bestehen. Das Ausmaß der Treuepflicht hängt von der Gestaltung des Einzelfalles ab. Aus der Treupflicht kann sich insbesondere eine Pflicht zur angemessenen Reaktion auf Unternehmensrisiken ergeben. Diese Pflicht kann auf Mitwirkung bei der Auflösung, aber auch auf die Durchführung geeigneter Sanierungsmaßnahmen zielen bzw. solche Maßnahmen, die mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis, insbesondere zur Erhaltung des Geschaffenen, dringend geboten und den Gesellschaftern unter Berücksichtigung ihrer eigenen schutzwürdigen Belange zumutbar sind (BGH NJW 1985, 974 ff., 975; Karsten Schmidt, aaO., § 105 Rdnr. 192). Die Anwendung dieser Grundsätze trägt auf der Grundlage der hier gegebenen Umstände nicht die Feststellung einer Treuepflichtverletzung des Beklagten. Im Zeitpunkt der Beschlussfassung befand sich die Gesellschaft schon längere Zeit in einer Krise. Als Reaktion hierauf hatte es - dem insoweit unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Beklagten zufolge - bereits Verhandlungen mit der Berlin Hyp zum Zwecke einer Gesamtregelung gegeben, die auch bereits zu konkreten Zwischenergebnissen geführt hatten, welche ihrerseits Grundlage des im Jahr 2002 gefassten Liquidationsbeschlusses waren. Demgegenüber zeigte die jetzige Komplementärin nach ihrem Eintritt die Fortführung der Gesellschaft als - so jedenfalls die Darstellung der Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit - einzig vertretbare wirtschaftliche Alternative auf, ohne indessen hierzu ein entsprechendes Sanierungskonzept vorzulegen, das dies belegt hätte und damit Grundlage einer sachgerechten Ausübung des Stimmrechts der Gesellschafter hätte sein können. Die Klägerin hat vielmehr selbst in der Berufungserwiderung ausgeführt, dass durch die in Rede stehende Zahlung zunächst Zeit gewonnen werden sollte, entsprechende Sanierungskonzepte zu entwickeln und mit den beteiligten Banken insoweit Einvernehmen herzustellen (Bl. 141 d. A.). Mit der Zahlung sollte - wie die Klägerin erneut im Schriftsatz vom 2. Juni (Bl. 187 ff, 189 d. A.) bekräftigt hat - Zeit gewonnen werden für Verhandlungen, deren Erfolgsaussichten sich im Zeitpunkt der Beschlussfassung indessen nicht einigermaßen zuverlässig beurteilen ließen. Damals lag vielmehr erst ein grob skizziertes Sanierungskonzept vor, so dass völlig offen war, ob die von den Kommanditisten eingeforderte Mitwirkung durch Zahlung eines Anteils der Haftsumme der Durchführung geeigneter und auch realisierbarer Sanierungsmaßnahmen hätte dienen können. Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass selbst auf der Grundlage des Vorbringens der Klägerin nicht festgestellt werden kann, dass sich bei Durchführung der zunächst beschlossenen Liquidation in jedem Falle das volle Haftungsrisiko des Beklagten verwirklicht hätte. Die Klägerin hat hierzu vielmehr in erster Instanz selbst vorgetragen, dass die früher getroffene Vereinbarung wahrscheinlich verhindert hätte, dass die gesamte Hafteinlage hätte gezahlt werden müssen. Ihrer (nachträglichen) Einschätzung zufolge hätte der zu zahlende Betrag ca. 80 % - 90 % der Haftsumme betragen (Bl. 46 d. A.). Die Abwägung zwischen der "Liquidationslösung" und der jetzt von der Klägerin gewünschten Fortführung mit bestimmten Zahlungsverpflichtungen musste also nicht von vornherein zugunsten der Fortführung ausgehen. Im Hinblick darauf sowie das Fehlen einer auch nur annähernd gesicherten Beurteilungsgrundlage hinsichtlich des Haftungsrisikos bei Durchführung des späteren Sanierungskonzepts kann es jedenfalls nicht als vorwerfbare Pflichtverletzung angesehen werden, wenn der Beklagte, dem ebenfalls eine wirtschaftliche Entscheidungsfreiheit zuzugestehen ist, diese offene Situation im Ergebnis abweichend bewertet hat. Die Weigerung, einer Umwandlung eines bis dahin lediglich bestehenden wirtschaftlichen Risikos (Haftsumme) in eine fällige Schuld (Einlageverpflichtung) zuzustimmen, erfolgte sonach in der Wahrnehmung legitimer Interessen. Das Bestehen eines Sanierungsbedarfs allein vermag eine entsprechende Verpflichtung des Beklagten nicht auszulösen. Demgemäß ist auf die Berufung des Beklagten das erstinstanzliche Urteil antragsgemäß zu ändern. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO. Der Senat hat die Revision gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO zugelassen, weil bislang, soweit ersichtlich, ungeklärt ist, ob die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht die Umwandlung der Haftsumme in eine Einlagepflicht auslösen kann. Im Übrigen sind weitere Fälle betroffen, für die eine Revisionsentscheidung Leitcharakter hat. Zugleich dient die Konkretisierung der Treuepflicht der Fortentwicklung des materiellen Rechts.

Ende der Entscheidung

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