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Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 26.03.2009
Aktenzeichen: OVG 1 B 9.07
Rechtsgebiete: FeV, StVG


Vorschriften:

FeV § 11 Abs. 1 Satz 1
FeV § 11 Abs. 9
FeV § 48 Abs. 1
FeV § 48 Abs. 4
FeV § 48 Abs. 4 Nr. 3
StVG § 2 Abs. 3 Satz 1
StVG § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b
StVG § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. g
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

OVG 1 B 9.07

Verkündet am 26. März 2009

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 1. Senat auf die mündliche Verhandlung vom 26. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Wolnicki, die Richter am Oberverwaltungsgericht Bath und Dahm, die ehrenamtliche Richterin Graeger und den ehrenamtlichen Richter Höppner für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 15. Dezember 2006 wird geändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten vom 27. Januar 2005 und des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 10. Mai 2005 verpflichtet, der Klägerin bei Vorlage eines aktuellen Nachweises nach Anlage 5 zur Fahrerlaubnisverordnung eine Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung für die Dauer von fünf Jahren unter den Auflagen zu erteilen,

1. Beidseitiges Tragen geeigneter, dem Erlaubnisinhaber angepasster Hörhilfen;

2. Jährlich, jeweils zum Termin der Erteilung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung, Nachweis des Hörvermögens mit Hörhilfen durch fachärztliche Bescheinigung eines Arztes für Hals- Nasen- Ohrenheilkunde.

Die Kosten des Verfahrens beider Rechtsstufen trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung. Die im Jahre 1952 geborene Klägerin ist Inhaberin einer Fahrerlaubnis der Klassen A1, A, BE, C1E, CE, M und L. Sie leidet an einer beidseitigen Schallempfindungsschwerhörigkeit. Ihr war erstmals im Jahre 1978 eine befristete Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung erteilt worden, die zuletzt bis zum 8. April 2004 verlängert worden war. Unter dem 22. März 2004 beantragte die Klägerin die weitere Erteilung. Auf Anordnung der Fahrerlaubnisbehörde erstattete die Ärztin für HNO-Heilkunde Dr. R_____ ein fachärztliches Gutachten vom 23. November 2004, wonach die Ermittlung des prozentualen Hörverlustes aus den Werten der sprachaudiometrischen Untersuchung für das rechte Ohr einen Hörverlust von nunmehr 70 % und für das linke Ohr von nunmehr 75 % ergeben habe. In Anwendung der Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung sei die Klägerin beidseits hochgradig schwerhörig. Sie erfülle daher die Eignungsanforderungen der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung nicht.

Das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten lehnte den Antrag mit Bescheid vom 27. Januar 2005 unter Hinweis auf Anlage 4, Nr. 2.1 der Fahrerlaubnisverordnung ab. Nach den Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung sei für Träger von Hörgeräten das ohne Hörhilfen ermittelte Audiometrieergebnis maßgebend, da eine Hörverbesserung durch Hörhilfen mit Blick auf die Anforderungen, die an Führer von Fahrzeugen zur Fahrgastbeförderung gestellt werden müssten, keine ausreichende Kompensation hochgradiger Schwerhörigkeit bewirken könne. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos.

Mit der Klage trug die Klägerin vor, moderne Hörsysteme seien in der Lage, eine Hörminderung bis zu einem gewissen Grad zu kompensieren. So habe sie sich nach weiterer Verschlechterung ihres Hörvermögens und Ablehnung ihres Antrags ein volldigitales Hörsystem anpassen lassen, welches über eine Geräusch-, Sprach- und Situationserkennung verfüge, das derzeit Beste auf dem Markt sei und mit welchem sie eine bessere Hörleistung erziele als zu den Zeiten, als sie bei mittelgradiger Schwerhörigkeit ohne Hörhilfe noch Fahrgäste habe befördern dürfen. Sie berief sich insoweit auf zwei ergänzende ärztliche Atteste der Frau Dr. R. vom 15. Februar 2006 und 28. März 2006, nach denen der Hörgewinn durch das von der Klägerin genutzte Hörgerät bei 75 db ca. 40 % betrage, was eine ausreichende Hörfähigkeit für den normalen Umgangssprachbereich bedeute. Aufgrund der technischen Neuerungen auf dem Gebiet der Hörgeräteakustik sei nunmehr sicherlich davon auszugehen, dass Hörhilfen bei der oben genannten Patientin einen zuverlässigen Ausgleich des eingetretenen Hörverlusts gewährleisten könnten. Die Klägerin machte weiter geltend, dass das ausreichende Hörvermögen bei der Erlaubnis zur Fahrgastbeförderung nicht etwa dem Zweck der Verkehrssicherheit, sondern allein der Sicherstellung einer guten Verständigung mit den Fahrgästen diene. Im Zeitraum von 1977 bis 2004 sei es bei ihr weder zu Beschwerden von Fahrgästen noch zu Unfällen oder Verkehrsordnungswidrigkeiten gekommen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 15. Dezember 2006 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Klägerin habe wegen Ihrer hochgradigen Schwerhörigkeit keinen Anspruch auf die Erteilung einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung. Die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung sei zu erteilen, wenn der Bewerber u.a. seine geistige und körperliche Eignung nachweise. Die körperliche Eignung bemesse sich nach den Bestimmungen der Anlage 4 zu § 11 Abs. 1 Satz 1 Fahrerlaubnisverordnung. Diese bestimme u.a., dass bei einer hochgradigen Schwerhörigkeit (Hörverlust von 60 % und mehr) beidseitig die Eignung zur Fahrgastbeförderung fehle. Das sei bei der Klägerin der Fall. Indem der Verordnungsgeber in Anlage 4 diesen medizinischen Begriff der Schwerhörigkeit unter der Rubrik "Krankheiten, Mängel" aufgreife, ziele er auf den Zustand des Gehörorgans ab, wie er unabhängig von etwaigen Korrekturmöglichkeiten festzustellen oder auszuschließen sei. Dass bei der Ermittlung der Eignung keine Korrekturmöglichkeit vorgesehen sei, werde durch einen systematischen Vergleich mit anderen Bestimmungen belegt, in welchen die Anforderungen an das Sehvermögen detailliert geregelt seien. Der Begriff des Sehvermögens stelle nicht auf den medizinischen Defekt selbst, sondern auf die Auswirkungen dieses Leidens und die in einem Sehtest zu ermittelnde Tagessehschärfe ab. Dass diese auch mit einer Sehhilfe ermittelt werden dürfe, habe der Verordnungsgeber ausdrücklich bestimmt und dazu im Einzelnen festgelegt, unter welchen Voraussetzungen eine Korrektur mit Gläsern nicht mehr zulässig sei. Wenn bei der Ermittlung der Schwerhörigkeit keine Korrekturmöglichkeiten zugelassen seien, belege dies, dass es auf den Zustand des Gehörorgans als solches ankomme. Ein anderes Verständnis führte auch dazu, dass die Eignungsbeurteilung mit der Art, der Leistungsstärke und dem Anpassungsstadium des jeweils benutzten Hörgerätes einer variablen und schwer kalkulierbaren Größe unterworfen wäre. Die damit einhergehende Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit sei verhältnismäßig. Zweck der besonderen Anforderungen an das Hörvermögen dieser Sondergruppe von Fahrzeugführern innerhalb der Gruppe 2 (Klassen D, D1, DE, D1E und Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung) sei es, eine ausreichende Verständigung mit den Fahrgästen sicher zu stellen. Sie dienten damit neben der Sicherstellung einer reibungslosen Berufsausübung zugleich dem Interesse der Allgemeinheit an einer zuverlässigen Arbeit solcher Fahrzeugführer und ergänzten die darüber hinaus bestehenden weiteren Anforderungen an deren Belastbarkeit, Orientierungsleistung, Konzentrationsleistung, Aufmerksamkeitsleistung und Reaktionsfähigkeit nach Anlage 5. Die Bestimmung sei hierfür geeignet und erforderlich sowie auch bei Berücksichtigung des generellen Ausschlusses von Korrekturmöglichkeiten nicht unverhältnismäßig. Eine korrigierende Auslegung durch Anknüpfung an das mit Hörhilfe ermittelte Audiometrieergebnis wäre lediglich dann geboten, wenn die technische Entwicklung bei der Behandlung von Hörstörungen seit dem Jahre 2000 einen Stand erreicht hätte, dass zwischenzeitlich - vergleichbar der Korrektur durch Sehhilfen - generell und unabhängig von der konkreten Art der Erkrankung und deren Therapie von einer zuverlässigen und störungsfreien Korrektur ausgegangen werden müsste. Diese Korrektur müsste, soweit es die hier in Rede stehende Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung (ohne Fahrerlaubnisklasse D) betreffe, zudem sämtliche Rahmenbedingungen der in Betracht kommenden Personenbeförderungen umfassen, also nicht lediglich eine Tätigkeit als Mietwagenfahrerin für die S_____ oder den B_____, wie sie die Klägerin bis zum Jahre 2004 tatsächlich ausgeübt habe und bei welcher geringere akustische Störmöglichkeiten bei der Verständigung mit Fahrgästen bestehen mögen, sondern auch solche von der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung umfasste Personenbeförderungen wie den Krankentransport oder den Linienverkehr mit Fahrzeugen, die bis zu 8 Sitzplätze hätten, und bei denen andere Bedingungen hinsichtlich des akustischen Umfeldes bestehen könnten. Allein in diesem Falle würde die pauschalierende Einschätzung des Verordnungsgebers einer nicht ausreichend sichergestellten Kommunikation mit Fahrgästen eindeutig der sachlichen Grundlage entbehren und einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit bedeuten. Entsprechendes könne aber nicht festgestellt werden. Nach der eingeholten Auskunft des Bundesamtes für Straßenwesen vom 30. August 2006 hätten sich die Möglichkeiten zur Diagnostik und Behandlung von schwerhörigen und ertaubten Patienten aufgrund des rasanten technischen Fortschrittes seit dem Jahre 2000 zwar ständig verbessert. Die Rehabilitation sei jedoch noch immer nicht befriedigend und es bestehe auf diesem Gebiet weiterer Forschungsbedarf. In welchen Fällen und mit welchen Maßgaben und Auflagen gleichwohl eine bedingte Eignung angenommen werden könne, bleibe bei dieser Sachlage der Gestaltung und Regelung durch den Verordnungsgeber vorbehalten.

Mit der wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Der Eignungsmangel eines den nach der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung noch hinnehmbaren Grad überschreitenden Hörverlusts werde in ihrem Fall durch die von ihr beidseitig verwendeten Hörgeräte zuverlässig kompensiert. Im Lichte der Berufsausübungsfreiheit müsse dies im Einzelfall geprüft werden; den aus der Verwendung eines Hilfsmittels sich ergebenden Einschränkungen könne durch entsprechende Auflagen zur Fahrerlaubnis Rechnung getragen werden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 15. Dezember 2006 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten vom 27. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 10. Mai 2005 zu verpflichten, ihr unter geeigneten Auflagen eine Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung für die Dauer von fünf Jahren zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil; es entspreche der weiterhin sachgerechten Rechtslage.

Der Senat hat mit Beschluss vom 31. Mai 2008 durch Einholung eines schriftlichen medizinischen Sachverständigengutachtens dazu Beweis erhoben, ob die Annahme der Fahrerlaubnisverordnung (Nr. 2.1 der Anlage 4 zu den §§ 11,13 und 14), dass bei hochgradiger Schwerhörigkeit (Hörverlust von mehr als 60 %) beidseitig die Eignung für die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 Abs. 1 Fahrerlaubnisverordnung unabhängig vom Einsatz von technischen Hörhilfen nicht gegeben ist, aus medizinisch-audiologischer Sicht unter Berücksichtigung des Standes der Technik zutrifft und, wenn dies nicht (mehr) der Fall sein sollte, ob die Klägerin bei Verwendung der ihr angepassten Hörgeräte aus medizinischer Sicht in der Lage ist, den körperlich-geistigen Anforderungen an eine Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung zu genügen. Der medizinische Sachverständige Prof. Dr. Scherer hat das schriftliche Gutachten unter dem 28. Oktober 2008 vorgelegt; wegen des Inhalts im Einzelnen wird darauf Bezug genommen. Zusammengefasst gelangt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass sich seit dem Jahr 2000 die Hörgerätetechnik ganz erheblich verbessert habe, so dass die Regelung in der bisherigen Form nicht mehr aufrecht erhalten werden könne; im Einzelfall könnten moderne Hörgeräte eine zuverlässige Kompensation ermöglichen. Bei beidohrigem Tragen der Hörgeräte sei eine Verbesserung des Gehörs um mindestens 20 v.H. im Einsilberverstehen garantiert. Bei jährlicher Kontrolle des Hörvermögens mit den angepassten Hörgeräten und Erfüllung der übrigen Voraussetzungen sollte die Erlangung einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung möglich sein. Die Klägerin sei bei Verwendung der ihr angepassten Hörgeräte aus medizinischer Sicht in der Lage, den körperlichen und geistigen Anforderungen an eine Fahrerlaubnis zu Fahrgastbeförderung zu genügen. Der Sachverständige hat das Gutachten in der mündlichen Verhandlung erläutert und hierzu eine weitere Unterlage vorgelegt, hinsichtlich derer auf die Sitzungsniederschrift verwiesen wird. Der Sachverständige hat anhand des Tonschwellenaudiogramms ergänzend aufgezeigt, dass die Erkrankung der Klägerin günstig für den Einsatz von Hörgeräten gelagert sei, weil sie auf einem Ausfall der um die Rezeptorzellen im Innenohr jeweils angeordneten Verstärkerzellen beruhe, die Rezeptorzellen hingegen gegenwärtig intakt seien und ihre Funktion sogar besser als dem Alter der Klägerin entsprechend gegeben sei. Deshalb bedürfe es bei der Klägerin lediglich einer Verstärkung der Schallwellen um - nach der aktuellen Einstellung des der Klägerin angepassten Hörsystems - 30 dB, damit das Sprachverständnis bei einsilbigen ähnlich klingenden Worten, wie etwa Haus und Maus, bei normaler Umgangssprachlautstärke (65 dB) etwa 45 v.H. erreiche und damit fast dem eines normal hörfähigen Menschen entspreche. Bezogen auf das Tonschwellenaudiogramm, das für die Funktionsfähigkeit von Hörgeräten nicht aussagekräftig und deshalb als Untersuchungsmethode zur Prüfung der Hörgeräteanpassung nicht üblich sei, bedeute dies bei dem weitgehend regelmäßigen Verlauf der Hörkurve bei der Klägerin etwa einen Hörverlust von 45 v.H., womit sie deutlich innerhalb des Bereichs bis zu 60 v.H. Hörverlust liege, innerhalb dessen aus verkehrsmedizinischer Sicht keine Bedenken gegen die körperlich-geistige Eignung für die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung bestünden.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird neben der Streitakte auf die Fahrerlaubnisakte der Klägerin, die vorgelegen hat und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat ihre Verpflichtungsklage zu Unrecht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten; sie hat Anspruch auf Erteilung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung mit den aus der Urteilsformel ersichtlichen Auflagen (§ 125 Abs. 1 i.V.m. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die Erteilung der begehrten Fahrerlaubnis ist § 2 Abs. 3 Satz 1 StVG - Straßenverkehrsgesetz - i.V.m. § 48 Abs. 4 FeV - Fahrerlaubnisverordnung - vom 18. August 1998 (BGBl. I S. 2214). Gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 StVG kann nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b und g StVG für die Personenbeförderung in anderen Fahrzeugen als Kraftomnibussen zusätzlich zur Fahrerlaubnis nach Absatz 1 eine besondere Erlaubnis verlangt werden. Auf dieser Grundlage bestimmt § 48 Abs. 1 FeV, dass einer solchen zusätzlichen Erlaubnis bedarf, wer ein Taxi, einen Mietwagen, einen Krankenkraftwagen oder einen Personenkraftwagen im Linienverkehr oder bei gewerbsmäßigen Ausflugsfahrten oder Ferienziel-Reisen führen will. Die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung ist neben anderen, hier nicht im Streit befindlichen Anforderungen gem. § 48 Abs. 4 Nr. 3 FeV zu erteilen, wenn der Bewerber seine geistige und körperliche Eignung gem. § 11 Abs. 9 FeV nach Maßgabe der Anlage 5 nachweist. Die Anforderungen an die körperliche und geistige Eignung sind in der Anlage 4 zu § 11 Abs. 1 Satz 1 FeV ausgestaltet. In dem hier interessierenden Punkt des Hörvermögens bestimmt Nr. 2.1., dass bei einer hochgradigen Schwerhörigkeit (Hörverlust von 60 % und mehr) beidseitig sowie Gehörlosigkeit beidseitig keine Eignung für die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gegeben ist.

Die Klägerin wird dieser Anforderung gerecht, soweit sie sich der ihr angepassten Hörgeräte der Fa. S_____ vom Typ bedient, weil die bei ihr vorliegende hochgradige Schwerhörigkeit durch die Hörhilfen zuverlässig soweit kompensiert wird, dass die Anwendung der Bestimmung nach ihrem Wortsinn ihren Zweck verfehlen würde.

Das Verwaltungsgericht hat insoweit zutreffend ausgeführt, dass Zweck der besonderen Anforderungen an das Hörvermögen dieser Sondergruppe von Fahrzeugführern innerhalb der Gruppe 2 (Klassen D, D1, DE, D1E und Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung) ist, eine ausreichende Verständigung mit den Fahrgästen sicher zu stellen. Es bedarf auch keiner näheren Ausführungen, dass dieser Zweck bei hochgradiger Schwerhörigkeit nicht erreicht werden kann und in Ziffer 2.1 der Anlage 4 deshalb im Ansatz zutreffend geregelt ist, dass eine gehörlose oder hochgradig schwerhörige Person grundsätzlich ungeeignet zur Fahrgastbeförderung ist.

Das besagt indessen noch nichts darüber, ob der betreffende Eignungsmangel - abgesehen von Fallgestaltungen, in denen die Ursachen des Mangels dies von vornherein ausschließen - kompensationsfähig ist. Die Notwendigkeit dieser Frage nachzugehen, ergibt sich schon aus den Vorbemerkungen der Anlage 4, in denen es unter Ziffer 3 heißt, dass die nachstehend - also zu den einzeln aufgeführten Krankheiten oder Mängeln - vorgenommenen Bewertungen (nur) für den Regelfall gelten und darauf hingewiesen wird, dass Kompensationen durch besondere menschliche Veranlagung, durch Gewöhnung, durch besondere Einstellung oder durch besondere Verhaltenssteuerungen und -umstellungen möglich sind und Zweifel im Einzelfall gutachtlich zu klären sind. Auch die Nr. 2 weist darauf hin, dass Grundlage der Beurteilung, ob im Einzelfall Eignung oder bedingte Eignung vorliegt, in der Regel ein ärztliches Gutachten ist. Die Anlage 4 zur FeV gibt damit zwar für den Regelfall Bewertungen normativ vor (vgl. etwa OVG Hamburg, Beschluss vom 20. November 2007 - 3 So 147/06 - NJW 2008, 1465; Beschluss des Senats vom 15. Februar 2008 - OVG 1 S 186.07 - juris Rn. 5); sie will aber - auch im Hinblick auf die in der Anlage ausdrücklich behandelten Eignungsmängel - nicht ausschließen, im Hinblick auf Besonderheiten des Einzelfalls der Frage nachzugehen, ob die Eignung abweichend vom Regelfall gegeben ist. Die Verneinung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen in der Anlage 4 ist demnach keine abschließende Festlegung, sondern eine nur den Regelfall betreffende Wertung, deren Richtigkeit bei atypischen Sachverhalten im Einzelfall nachzuweisen ist. Eine andere Sichtweise ist mit Blick auf die mit der Verneinung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen einhergehende Beschränkung der persönlichen Handlungsfreiheit des Einzelnen (Art. 2 Abs. 1 GG), bei Berufskraftfahrern auch des Berufszugangs (Art. 12 Abs. 1 GG), und das insoweit zu beachtende Übermaßverbot (Art. 20 Abs. 3 GG) verfassungsrechtlich nicht vertretbar; die normative Vorgabe eines Eignungsmangels, die sich nicht auch im jeweiligen Einzelfall gemessen am (Gefahrenabwehr-)Zweck der jeweiligen Anforderung als geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne erweist, könnte insoweit keinen Bestand haben und wäre gegebenenfalls verfassungskonform dahin zu interpretieren, dass sie die Prüfung im Einzelfall nicht ausschließt. Hiervon ausgehend stellt sich grundsätzlich die Frage, ob ein entsprechender Mangel oder eine Behinderung durch den Körper unterstützende Hilfsmittel oder besondere Ausstattung des Kraftfahrzeuges hinreichend zuverlässig kompensiert werden kann (so grds. auch Dauer, in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl., § 11 FeV, Rn. 7).

Den sich aus diesen Grundsätzen ergebenden Anforderungen wird das Urteil des Verwaltungsgerichts nicht gerecht. Es stellt vordergründig auf - in der Tat - in der Nr. 2.1 der Anlage 4 zur FeV verwendete Begrifflichkeiten und für die Zulässigkeit einer Kompensation auf einen systematischen Vergleich mit den das Sehvermögen betreffenden Vorschriften ab. Das ist schon deshalb unpassend, weil die Frage, welche Kompensationsmöglichkeiten bestehen und ob diese ausreichen, nur aus einer verkehrsmedizinischen Sicht auf den spezifischen Körperschaden, den es auszugleichen gilt, zutreffend beantwortet werden kann. Der erkennende Einzelrichter hat die insoweit gebotene Sachaufklärung unterlassen, obwohl sich ihm nach dem Vorbringen der Klägerin, wonach sie mit Hörgeräten besser höre als zu Zeiten, als ihr die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung bei mittelgradiger Schwerhörigkeit noch erteilt wurde, und aufgrund der Auskunft der Bundesanstalt für Straßenwesen, wonach die Hörgeräteakustik seit dem Jahre 2000 erhebliche Fortschritte gemacht habe, geradezu aufdrängen musste, dass die Regelung der Fahrerlaubnisverordnung zum Hörvermögen und ihre Konkretisierung in den Begutachtungs-Leitlinien für die Kraftfahrereignung möglicherweise nicht mehr dem Stand der medizinisch-audiologischen Wissenschaft entsprechen und deshalb mit sachkundiger Hilfe der Frage nachzugehen war, ob moderne Hörgeräte hinreichend zuverlässige Kompensationsmöglichkeiten bei hochgradiger Schwerhörigkeit bieten und ob dies auch im Fall der Klägerin so ist. Diese Fragen können nach den einschlägigen Vorschriften, die der Klägerin ein subjektives öffentliches Recht auf die Erteilung der Fahrerlaubnis vermitteln, wenn sie körperlich und geistig geeignet ist, nur dann einer generellen Regelung durch den Normgeber zugänglich sein, wenn der aktuelle Stand der Wissenschaft eine eindeutige Beurteilung hinsichtlich der Kompensation des Mangels und ihrer Zuverlässigkeit nicht zulässt. Auf eine solche Position hätte sich das Verwaltungsgericht jedoch erst zurückziehen dürfen, wenn es den aktuellen Stand der Wissenschaft erkundet hätte, wofür die hier eingeholte behördliche Auskunft nach ihrem Inhalt jedoch nicht ausreichend war; denn sie bot Anhaltspunkte dafür, dass der Stand der Wissenschaft sich geändert haben könnte und schloss daran anknüpfende verkehrsmedizinische Folgerungen nicht aus.

Der vom Verwaltungsgericht im Hinblick auf die Kompensation von Schwerhörigkeit angeführte Umstand, dass die Eignungsbeurteilung selbst mit der Art, der Leistungsstärke und dem Anpassungsstadium des jeweils benutzten Hörgerätes einer variablen und schwer kalkulierbaren Größe unterworfen wäre, steht einem Anspruch der Klägerin nicht entgegen. Dieses Argument wird vom Verwaltungsgericht in dem Zusammenhang eingeführt, dass es für die Eignungsbeurteilung auf eine audiometrische Untersuchung ohne Hilfsmittel ankommen soll. Daran ist nur richtig, dass sich die Eignungsbeurteilung in ihrem Ausgangspunkt zunächst am natürlichen Hörvermögen des Fahrerlaubnisbewerbers orientieren muss, ehe die Frage einer hinreichenden Kompensation durch die dem Bewerber angepasste Hörgeräte zu prüfen ist. Inwiefern diese mit Mitteln der ärztlichen Kunst und der Hörgeräteakustik klärungsfähige Frage einer Prüfung entzogen sein soll, erschließt sich nicht. Die Argumentation lässt eine überzeugende Begründung dafür, warum eine Kompensation durch Hörgeräte unzulässig sein soll, vermissen. Die Eignung infolge Kompensation eines bestehenden Eignungsmangels ist stets im Einzelfall festzustellen. Es handelt sich insofern auch nicht um eine Variable. Zwar mag die infolge der Hilfsmittel zu erreichende Hörverbesserung individuell verschieden sein. Für eine Kompensation kann es jedoch - insoweit nicht anders als bei einer Sehhilfe - nur darauf ankommen, ob im Ergebnis die Eignung gewährleistet ist. Das bedeutet mit Blick auf das für die begehrte Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung erforderliche Hörvermögen, dass es mit Hilfe von Hörgeräten zuverlässig bis in einen Bereich hinein verbessert werden muss, der nach Ziffer 2.1 der Anlage 4 einem noch hinzunehmenden Hörverlust entspricht, der also geringer als 60 Prozent sein muss.

Die Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung entsprechen in der Nr. 3.2.1. nicht mehr dem Stand der medizinischen Wissenschaft, soweit sie allgemein auf die Anforderungen an Kraftfahrer der Gruppe 2 und auf das ohne Hörhilfen ermittelte (Ton-)Audiometrieergebnis abstellen und zur Begründung darauf verweisen, dass der Hinweis auf diese Methode unbedingt notwendig sei, da im Schwerbehindertenrecht überwiegend vom Sprachverständnis bzw. von der Sprachaudiometrie ausgegangen werde, die für die Anforderungen an das Hörvermögen im Straßenverkehr nicht ausschlaggebend sein könne.

Schon im Ausgangspunkt wird nicht deutlich, von welchen Anforderungen die Verfasser der Leitlinien ausgehen und ob ihre Aussage danach hinreichend differenziert ist. Mit dem Hinweis auf die Gruppe der Berufskraftfahrer und die Anforderungen an das Hörvermögen im Straßenverkehr werden die Anforderungen nämlich unter Gesichtspunkten typisiert, die das sichere Führen des Fahrzeuges im Verkehr selbst betreffen. Dieser Aspekt ist allerdings bei der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung mit Fahrzeugen in Fahrzeugklassen, für die selbst bei Gehörlosigkeit nach der normativen Wertung des Verordnungsgebers im Regelfall die Eignung für die allgemeine Fahrerlaubnis zuerkannt wird, dadurch abgedeckt, dass dem Bewerber eine entsprechende Fahrerlaubnis für die Fahrerlaubnisklasse, der das Beförderungsfahrzeug angehört, erteilt worden sein muss (vgl. § 48 Abs. 4 Nr. 1 FeV). Die Anforderungen im Zusammenhang mit der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung beschränken sich danach gerade auf die akustische Wahrnehmung innerhalb des Fahrzeuges, insbesondere die Verständigung mit den Fahrgästen und die Vermeidung von Verständigungsproblemen bei Nebengeräuschen (vgl. auch die Kommentierung zu den Begutachtungs-Leitlinien von Schorn, in Schubert u.a., 2. Aufl., S. 98). Begreift man die Anforderungen an den Bewerber für eine Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung in diesem Sinne, kann der Ausschluss der Kompensationsmöglichkeit nur dann gerechtfertigt sein, wenn die Aussage, hochgradige Schwerhörigkeit könne diesen Anforderungen gegenüber nicht ausreichend kompensiert werden, umfassend zutrifft.

Das ist jedoch nicht der Fall. Das vom Senat zu diesen Fragen eingeholte medizinische Gutachten geht nachvollziehbar davon aus, dass der Stand der Hörgerätetechnik bei einer binauralen Versorgung mit digitalen Geräten mit pegelabhängiger nichtlinearer Verstärkung, Rückkopplungsunterdrückung und Störgeräuschunterdrückung, die der aktuellen EMV-Norm IEC 29/645/CD:2008 entsprechen, eine Hörverbesserung zuverlässig erreicht. Führe die erreichte Hörverbesserung im Einzelfall zu einer ausreichenden Kompensation, könne aus heutiger Sicht an der pauschalen Aussage der Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung, dass eine Kompensation durch Hörgeräte nach den Anforderungen, die an Kraftfahrer der Gruppe 2 zu stellen seien, nicht mehr festgehalten werden. Der medizinische Sachverständige hat bei der Erläuterung des Gutachtens in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeführt, dass durchaus nicht jede hochgradige Schwerhörigkeit durch Hörhilfen kompensiert werden könne. Insbesondere lasse sich bei Patienten, bei denen der Hörverlust etwa auf traumatische Ursachen mit Beschädigung der Reizleitung zurückzuführen sei, durch Hörhilfen keine ausreichende Verbesserung des Sprachverständnisses herbeiführen. Sei die Reizleitung hingegen intakt, seien durch Verstärkung des Schalls wesentliche Verbesserungen erreichbar. Moderne volldigitale Hörgerätesysteme, wie sie seit etwa 2004 auf dem Markt seien, stellten einen "Quantensprung" in der Hörgeräteakustik dar; sie seien unanfällig für Störungen durch den ubiquitär vorhandenen Mobilfunk und technisch so ausgereift, dass mit einem überraschenden Ausfall nicht gerechnet werden müsse. Solche modernen Hörgeräte verfügten bei binauraler Versorgung über eine interne Funkkommunikation beider Seiten, sie könnten störende Hintergrundgeräusche unterdrücken, andererseits aber auch Umweltgeräuschen folgen und damit einen plastischen Höreindruck vermitteln. Bei einem seine Frequenz verändernden Geräusch, wie es von den in Fahrzeugen zum Einsatz mit Sonderrechten eingesetzten Sirenen ausgehe, sei eine Unterdrückung hingegen nicht möglich, so dass es mit solchen Hörgeräten wahrgenommen werde. Sei das Leiden als solches durch Hörgeräte kompensierbar, seien sprachaudiometrisch gute Ergebnisse im Einsilberverstehen zu erreichen, die in der Regel abhängig von Motivation und Intellekt - wie neuere Untersuchungen belegten - ein noch besseres allgemeines Sprachverständnis mit sich brächten. Welche Verbesserungen zu erreichen seien, sei jedoch individuell verschieden und von der Einstellung der Hörhilfen abhängig, deren Verstärkungspotential insbesondere im Fall der Klägerin noch keineswegs ausgeschöpft sei; bei der Klägerin sei derzeit eine Verstärkung von 30 dB eingestellt, um angemessene Hörergebnisse zu zeitigen, wobei das Gerät der Klägerin eine Verstärkung um bis zu 55 dB zulasse. Auch seien die Krankheitsverläufe nicht zuverlässig genug prognostizierbar, so dass auf eine laufende Überprüfung des Hörvermögens und der Anpassung der Hörgeräte in angemessenen zeitlichen Abständen nicht verzichtet werden könne. Insgesamt sei das Abstellen auf das Hörvermögen im Tonaudiogramm in der Anlage zur Fahrerlaubnisverordnung und den Begutachtungs-Leitlinien in Bezug auf die Anforderungen der Fahrgastbeförderung nicht mehr angemessen, da der erreichte Stand der Hörgeräteakustik im Einzelfall eine zuverlässige und ausreichende Kompensation ermögliche.

Bezogen auf den Einzelfall hat der medizinische Sachverständige festgestellt, dass bei der Klägerin eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit nach dem Sprachaudiogramm und eine hochgradige Schwerhörigkeit nach dem Tonaudiogramm (Hörverlust beidseits 75 Prozent) bestehe. Ursache des Hörverlusts sei der nahezu vollständige Ausfall der um die Rezeptorzellen angeordneten Verstärkerzellen im Innenohr durch fortschreitende Zerstörung der sie überdeckenden Membran. Die Rezeptorzellen selbst und die Reizleitung seien bei weitgehend regelmäßigem Verlauf der Tongehörkurve hingegen vollkommen intakt, so dass lediglich eine Verstärkung des Schalls um 30 bis 35 dB ausreiche, um eine gute Hörverbesserung über den gesamten Frequenzbereich herbeizuführen. Die von der Klägerin getragenen digitalen Hörgeräte entsprächen aktuellem Standard und ermöglichten bei binauraler Versorgung ein Sprachverständnis von 45 Prozent bei 65 dB, bei einseitiger Versorgung rechts 45 Prozent, links 40 Prozent. Dies entspreche, lege man die Ergebnisse des ohne Hörhilfen ermittelten Tonschwellenaudiogramms bei einer Verstärkung um 30 dB auf beiden Frequenzen zugrunde, einem Hörverlust von deutlich unter 60 Prozent; die Klägerin liege etwa bei 45 Prozent. Bei Verwendung der ihr angepassten Hörgeräte sei die sonst in gutem geistigen und körperlichen Zustand befindliche Klägerin daher aus medizinischer Sicht in der Lage, den körperlichen und geistigen Anforderungen an eine Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung zu genügen. Dies entspricht im Übrigen dem Eindruck, den die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf den Senat gemacht hat. Sie hat der mündlichen Verhandlung, die in normaler Lautstärke vonstatten ging, mühelos und ohne jede Wahrnehmungsschwierigkeit folgen können; ihre Schwerhörigkeit hat man ihr nicht angemerkt.

Hiernach ist eine ausreichende Kompensation des vorliegenden natürlichen Hörverlusts durch eine beidseitige Versorgung mit Hörgeräten gegeben, weil sie der Klägerin insbesondere ein deutlich besseres Sprachverständnis ermöglicht, als bei einem Hörverlust von bis zu 60 Prozent noch zu erwarten ist. Unter Verwendung der ihr angepassten Hörhilfen verfügt die Klägerin über ein ausreichendes Hörvermögen für die Erteilung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung. Ihr kann daher diese Fahrerlaubnis wie beantragt unter den Auflagen, dass sie das ihr angepasste Hörsystem verwendet und jährlich den Nachweis führt, dass ihr Hörvermögen mit entsprechend angepassten Hörhilfen noch ausreichend ist, erteilt werden, wenn sie ihre körperliche und geistige Eignung im Übrigen durch eine aktuelle Bescheinigung nach Anlage 5 nachweist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen worden.

Ende der Entscheidung

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