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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 26.06.2008
Aktenzeichen: OVG 1 S 36.08
Rechtsgebiete: SchfG, SchfV, VwGO, VwVfG Bbg, VwZG


Vorschriften:

SchfG § 4 Abs. 2
SchfG § 10 Abs. 2
SchfG § 11 Abs. 2 Nr. 1
SchfG § 11 Abs. 4
SchfV § 4 Abs. 2 Nr. 3 b
VwGO § 80 Abs. 5
VwGO § 146
VwVfG Bbg § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2
VwZG § 1 Abs. 1
VwZG § 8
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG BESCHLUSS

OVG 1 S 36.08

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 1. Senat durch die Richter am Oberverwaltungsgericht Bath und Dahm sowie den Richter am Verwaltungsgericht Eidtner am 26. Juni 2008 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 29. Januar 2008 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 7500,- Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde ist unbegründet.

I.

Das Verwaltungsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 22. November 2007 zurückgewiesen. Mit dem Bescheid hatte der Antragsgegner die Bestellung des Antragstellers zum Bezirksschornsteinfegermeister insbesondere wegen Verletzung von Zahlungsverpflichtungen widerrufen und darauf hingewiesen, dass eine Anfechtungsklage gegen diese Maßnahme gemäß § 11 Abs. 4 des Gesetzes über das Schornsteinfegerwesen - SchfG - keine aufschiebende Wirkung habe.

Zur Begründung seiner gegen den Beschluss gerichteten Beschwerde trägt der Antragsteller vor:

Das Verwaltungsgericht stelle zu Unrecht auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung ab. Der Widerruf der Bestellung als Bezirksschornsteinfegermeister sei jedoch ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, so dass auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen sei. Für die hier einschlägige Rechtsnorm des § 11 Abs. 2 SchfG könne die neuere Rechtsprechung zu § 35 GewO, wonach es gleichwohl auf die letzte Behördenentscheidung ankomme, nicht übernommen werden. § 11 SchfG enthalte nämlich keine Regelung, die wie § 35 Abs. 6 GewO ein nachfolgendes Wiedergestattungsverfahren und darin die Berücksichtigung der nach der Behördenentscheidung eintretenden, für den Betroffenen günstigen Umstände vorsehe. Auf Regelungen in der Schornsteinfegerverordnung komme es nicht an, da sie im Rang unter dem Gesetz stehe und daher mit § 35 Abs. 6 GewO nicht vergleichbar sei. Die für den Antragsteller günstigen Umstände müssten nach § 11 SchfG deshalb bis zur gerichtlichen Entscheidung berücksichtigt werden. Hierzu gehöre, dass er - der Antragsteller - mit sämtlichen Gläubigern Ratenzahlungsvereinbarungen abgeschlossen habe. Diese habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht nicht berücksichtigt.

Die Zustellung des Widerrufsbescheides an den Antragsteller statt an seinen Bevollmächtigten habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht als verspätet gerügt betrachtet. Der Zustellungsfehler sei nur drei Tage nach Einreichung von Klage und Eilantrag und somit unverzüglich gerügt worden.

Das Verwaltungsgericht habe übersehen, dass für die Würdigung der Widerrufsentscheidung auch § 10 Abs. 2 SchfG hätte herangezogen werden können. Im Falle krankheitsbedingter Verletzung von Zahlungsverpflichtungen hätte die Bestellung nicht widerrufen werden dürfen.

Nicht zu teilen sei die Auffassung des Verwaltungsgerichts, der Vorstand der Schornsteinfegerinnung sei nach § 11 Abs. 2 SchfG ordnungsgemäß angehört worden. Der Vorstand des Landesinnungsverbandes habe acht Mitglieder, der Antragsgegner habe aber die Absicht, die Bestellung zu widerrufen, nur dem Obermeister der Innung Potsdam per Email mitgeteilt, der lediglich stellvertretender Landesinnungsmeister sei. Nicht jedes Vorstandsmitglied könne den Vorstand als Gremium nach außen vertreten. Auch wenn der Vorstand der örtlich zuständigen Schornsteinfegerinnung zuständig sei, sei jedenfalls der Vorstand als Institution nicht ordnungsgemäß angehört worden. Außerdem fehle eine Unterrichtung des Vorstandes über die Einlassung des Antragsstellers.

Die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts seien unzureichend. Statt die Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Bestellung zu prüfen, habe das Verwaltungsgericht nur die - vom Antragsteller eingeräumte - Verletzung von Zahlungspflichten festgestellt. Hierbei habe es Angaben des Finanzamts Brandenburg ungeprüft übernommen. Dessen Angabe, in den vorangegangenen 24 Monaten seien nur 2.400 Euro auf Altschulden geleistet worden, berücksichtige nicht, dass sich die Schuldenstruktur grundlegend geändert habe, nämlich eingehende Zahlungen zunächst auf die ältesten Hauptschulden und erst dann auf Zins- und Säumniszuschläge zu verrechnen gewesen seien. Sofern das Verwaltungsgericht bemängelt habe, die Ratenzahlungsvereinbarungen seien nicht nachgewiesen, lege es den falschen Zeitpunkt zu Grunde, denn im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes seien Nachweise vorgelegt worden. Außerdem habe der Antragsteller einen Steuerberater eingeschaltet, um ein weiteres Auflaufen von Steuerverbindlichkeiten zu vermeiden. Alle diese Bemühungen zur Darlegung der Zuverlässigkeit habe das Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt.

Die Abwägung von Vollzugs- und Verschonungsinteressen müsse zu einem anderen Ergebnis kommen. Für den Erfolg der Anfechtungsklage sprächen die mangelhafte Anhörung des Vorstandes der Schornsteinfegerinnung, die eingereichten Zahlungsvereinbarungen mit sämtlichen noch nicht vollständig befriedigten Gläubigern und die Einschaltung des Steuerberaters. Bei der Zuverlässigkeit gehe es nur um die Gewähr, künftig den Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. § 11 Abs. 2 Nr. 1 SchfG bezwecke, ein künftiges Auflaufen von weiteren Verbindlichkeiten zu verhindern. Vornehmlich darauf richte sich auch das öffentliche Interesse. Eine entsprechende Gewähr habe der Antragsteller schon im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes glaubhaft gemacht. Sofern man überhaupt meine, er sei in der Vergangenheit unzuverlässig gewesen, treffe dies jedenfalls in maßgeblichem Zeitpunkt nicht mehr zu. Im öffentlichen Interesse liege auch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung, da er nur dann die wirtschaftliche Existenzgrundlage dafür habe, die Verbindlichkeiten entsprechend den Ratenzahlungsvereinbarungen zurückzuführen.

Das Verwaltungsgericht verkenne, dass es dem Antragsgegner zumutbar und wegen des bevorstehenden Eingriffs in Art. 12 GG geboten gewesen sei, vor einer Entscheidung zu Lasten des Antragstellers den Eingang der Ratenzahlungsvereinbarungen abzuwarten. Das bereits im Januar 2006 begonnene Widerrufsverfahren wäre durch eine weitere Frist von einem Monat nur unwesentlich verlängert worden. Am 12. März 2008 habe er seine Verbindlichkeiten gegenüber der BKK und der Stadtkasse Brandenburg (Gewerbesteuer) vollständig zurückgeführt.

Übersehen habe das Verwaltungsgericht, dass der Antragsgegner anstelle eines Widerrufs der Bestellung eine Teiluntersagung betreffend die Beschäftigung eines Auszubildenden hätte verfügen können. Auch hätte in Betracht gezogen werden müssen, vorläufigen Rechtsschutz unter der Auflage monatlicher ratenweiser Tilgung von Verbindlichkeiten zu gewähren. Die Auflage einer Monatsrate von 1.000 Euro werde angeregt, damit die verbleibenden Gläubiger zeitnah mit einer Befriedigung rechnen könnten. Nach Beendigung seiner Mitgliedschaft und Beitragspflicht bei der Versorgungsanstalt der deutschen Bezirksschornsteinfegermeister habe er im März 2008 auch seinen dortigen Beitragsrückstand beglichen. Als Gläubiger seien nur noch das Finanzamt Brandenburg, der Dachdecker P_____und die Rentenversicherung verblieben.

Schließlich sei der Widerruf der Bestellung unverhältnismäßig, weil der Antragsteller als Folge des Widerrufs die Ratenzahlungsvereinbarungen nicht mehr erfüllen könne und dadurch die noch nicht befriedigten Gläubiger, darunter das Finanzamt als größter Einzelgläubiger, mit ihren Forderungen ausfielen. Mit dem Finanzamt wäre auch die Allgemeinheit übermäßig belastet. Werde dagegen die aufschiebende Wirkung angeordnet, so würde der Schaden stark vermindert, wenn nicht in Bezug auf einige Gläubiger sogar ganz vermieden.

II.

Das nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfende Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine Änderung des angefochtenen Beschlusses:

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht auf die Sach- und Rechtslage zur Zeit des Erlasses des Widerrufsbescheides abgestellt. Dies entspricht der Regel, dass bei einer Anfechtungsklage der Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblich ist, sofern nicht das einschlägige materielle Recht eine andere Regelung trifft; eine solche abweichende Regelung trifft das Schornsteinfegergesetz für Rücknahme und Widerruf der Bestellung als Bezirkschornsteinfegermeister nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. April 1997 - 1 C 7.93 -, DVBl 1998, 139 [140]; Musielak/Schira/Manke, Schornsteinfegergesetz, 6. Auflage 2003, § 11 SchfG Rn. 9). Die Dauerwirkung, die mit dem Widerruf der Bestellung verbunden ist, steht der Maßgeblichkeit der Sachlage im Augenblick des Widerrufs nicht entgegen (so schon BVerwG, Beschluss vom 1. April 1963 - I B 90.62 -, GewArch 1964, 13 [14]). Gesetz- und Verordnungsgeber haben übrigens dafür Sorge getragen, dass ein Schornsteinfeger, dessen Bestellung als Bezirksschornsteinfegermeister widerrufen worden ist, nach einer Wartezeit von drei Jahren auf Antrag wieder in die Bewerberliste einzutragen ist (§ 4 Abs. 2 Nr. 4 SchfG, § 4 Abs. 2 Nr. 3 b der Verordnung über das Schornsteinfegerwesen - VOSch -).

Ohne Erfolg rügt der Antragsteller, dass der Widerrufsbescheid an ihn persönlich statt an seinen Bevollmächtigten zugestellt worden ist. Da der Bescheid nicht nur ihm zugestellt, sondern darauffolgend auch seinem Bevollmächtigten tatsächlich zugegangen ist, ist der etwaige Zustellungsfehler jedenfalls nach § 8 VwZG i.V.m. § 1 Abs. 1 des Verwaltungszustellungsgesetzes für das Land Brandenburg geheilt (vgl. hierzu Sadler, VwVG. VwZG, 6. Aufl. 2006, § 8 VwZG, Rn. 14 m.w.N.). Rechtsfolgen zugunsten seines Gesuchs um vorläufigen Rechtsschutz ergeben sich daraus für den Antragsteller nicht.

Die von ihm geltend gemachte Vorschrift des § 10 Abs. 2 SchfG betrifft nicht den Widerruf der Bestellung und stellt daher schon deshalb die verwaltungsgerichtliche Entscheidung nicht in Frage. Die Vorschrift verpflichtet den Bezirksschornsteinfegermeister zur Vorlage eines amtsärztlichen Gutachtens über seinen Gesundheitszustand, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass die Voraussetzungen für die Versetzung in den Ruhestand gegeben sind. Gründe für eine solche Annahme hat der Antragsteller mit der Beschwerde nicht dargetan, und er erstrebt auch nicht die Zurruhesetzung anstelle eines Widerrufs der Bestellung, sondern will seine bisherige Berufstätigkeit mit der Behauptung fortsetzen, er sei dafür in der erforderlichen Weise persönlich und fachlich zuverlässig. Mit einer Anwendung des § 10 Abs. 2 SchfG kann er dieses Ziel nicht erreichen.

Soweit der Antragsteller eine fehlende Anhörung des Vorstands der Schornsteinfegerinnung bemängelt, trägt er ebenfalls nichts zum Obsiegen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bei. Vor dem Widerruf anzuhören gemäß § 11 Abs. 2 SchfG ist nicht der Landesinnungsvorstand, sondern der Vorstand der örtlich zuständigen Schornsteinfegerinnung (ebenso BVerwG, Beschluss vom 17. August 1976 - I B 139.76 -, GewArch 1977, 22; Musielak/Schira/Manke, a.a.O, § 11 SchfG, Rn. 4). Zur Frage der Anhörung hat der Antragsgegner in der Beschwerdeerwiderung ausgeführt, gehört worden sei der Vorstand der Schornsteinfegerinnung Potsdam, dessen Obermeister G_____ die Anhörungen zugegangen seien und der die Innung satzungsgemäß vertrete. Dies stimmt mit dem Akteninhalt überein (Bl. 191, 200 VV). Demnach ist davon auszugehen, dass das Anhörungsgebot erfüllt worden ist. Übrigens wäre im Falle der Nichterfüllung nur eine verwaltungsverfahrensrechtliche Pflicht und nicht eine materielle Widerrufsvoraussetzung betroffen (ebenso BVerwG, Beschluss vom 8. März 1991 - 1 B 99.90 -, Buchholz 451.29 Nr. 34 S. 26 [28]). Zudem könnte die Anhörung gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG Brandenburg noch im Klageverfahren nachgeholt werden. Selbst wenn es einer solchen Nachholung bedürfte, schlösse dies nicht aus, dass die nach § 80 Abs. 5 VwGO zu treffende Abwägung bei noch offenen Erfolgsaussichten der Klage ein überwiegendes öffentliches Interesse am Sofortvollzug des Widerrufs der Bestellung ergibt (vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 13. September 1971, GewArch 1972, 183 [184]).

Die Einwendungen gegen die Feststellungen des Verwaltungsgerichts greifen nicht durch. Der Antragsteller verkennt bereits, dass die Verletzung von Zahlungspflichten zu den Umständen gehört, unter denen die Zuverlässigkeit für die Ausübung des Berufs eines Bezirksschornsteinfegermeisters je nach Umfang und Gegenstand zu verneinen ist (so schon BVerwG, Beschluss vom 1. April 1963 - I B 90.62 -, GewArch 1964, 13 [14,15]), was gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 1 SchfG den Widerruf der Bestellung rechtfertigt und deshalb von Behörde und Gericht zu prüfen war. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht hierzu ausgeführt (S. 4 des Beschlusses), an die Zuverlässigkeit seien mit Blick auf die übertragenen öffentlichen Aufgaben hohe Anforderungen zu stellen. Die Gewähr für eine künftig ordnungsgemäße Erfüllung der beruflichen Pflichten fehle auch dann, wenn der Bezirksschornsteinfegermeister steuerrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Zahlungsverpflichtungen immer wieder in nicht unerheblichem Maße verletzt habe und auf Grund seines Verhaltens in der Vergangenheit damit zu rechnen sei, dass er auch künftig seine Berufspflichten nicht ordnungsgemäß erfülle.

Der Antragsteller verkennt weiter, dass er mit der unsubstanziierten Behauptung, das Verwaltungsgericht habe ungeprüft Angaben des Finanzamts Brandenburg übernommen, der eingehenden Auflistung des Verwaltungsgerichts nicht erfolgreich entgegentreten kann. So hat er nicht in Frage gestellt geschweige denn widerlegt, dass er seit 2004 Lohn-, Einkommen- und Umsatzsteuer unzureichend erfüllt und Steuerrückstände in Höhe von 56.000 Euro hat aufkommen lassen. Ebensowenig widerlegt hat er die entstandenen Rückstände bei der Gewerbesteuer, der Kranken- und der Rentenversicherung sowie der Innungskasse. Betrugen hiernach die aufgelaufenen Zahlungsrückstände bei Erlass des Widerrufsbescheides insgesamt 74.698,09 Euro, so hat das Verwaltungsgericht daraus zu Recht gefolgert, dass das Zahlungsverhalten des Antragstellers dessen Unzuverlässigkeit indiziert.

Mit den weiteren Argumenten macht der Antragsteller geltend, er könne und wolle ein künftiges Auflaufen von Verbindlichkeiten verhindern und habe dies mit Ratenzahlungsvereinbarungen und Teiltilgungen glaubhaft gemacht. Dem kann nicht gefolgt werden. Anders als im Falle des von ihm zitierten Beschlusses des VG München vom 21. Januar 2008 - M 16 S 07.5509 - (Bl. 9-14 GA II) ist nicht zu erwarten, dass er seine Schulden an Steuern und Beiträgen zu öffentlichen Kassen in naher Zukunft wesentlich absenken kann und dass dies mit einer Auflage sichergestellt werden könnte. Der Antragsgegner hatte das im Februar 2006 eingeleitete Widerrufsverfahren bereits im März 2006 vorläufig eingestellt, weil der Antragsteller mit Teiltilgungen und einer Ratenzahlungszusage gegenüber dem Finanzamt Brandenburg die Erwartung des Schuldenabbaus geweckt hatte. Diese Erwartung hat sich nach den in dieser Hinsicht nicht von ihm bestrittenen Ausführungen des Verwaltungsgerichts indessen nicht erfüllt. Danach stiegen seine Steuerrückstände von 46.641,42 Euro im Januar 2006 auf 51.736,19 Euro im September 2006 an und sind nach der vorläufigen Einstellung des Widerrufsverfahrens neue Beitragsrückstände bei der G_____ Ersatzkasse, bei zwei Betriebskrankenkassen, bei der Innungskasse und bei einer Versorgungskammer entstanden (S. 6 f des angegriffenen Beschlusses). Dieser Geschehensablauf zeigt, dass der Antragsteller bereits die Chance hatte, ein Sanierungskonzept zu entwerfen und ansatzweise zu realisieren. Dass ihm dies in einem Zeitraum von sechs Monaten nicht gelungen ist - trotz des Drucks eines möglichen Widerrufs der Bestellung -, rechtfertigt die Prognose, dass er auch während der Dauer des Klage- und eines etwaigen Rechtsmittelverfahrens dazu nicht in der Lage sein wird. Angesichts dessen muss auf andere Gesichtspunkte - Änderung der Schuldenstruktur, Auswertung neuer Ratenzahlungen und Ratenzahlungsvereinbarungen, Einschaltung eines Steuerberaters, Untersagung der Beschäftigung eines Auszubildenden oder Tilgungsauflagen - nicht mehr eingegangen werden.

Zur Vermeidung weiterer Ausfälle für die genannten öffentlichrechtlichen Forderungen ist deshalb im öffentlichen Interesse die uneingeschränkte Vollziehung des Widerrufsbescheides von größerem Gewicht als das Interesses des Antragstellers, mit seiner Berufs- und Zahlungspraxis wie zuvor auch während der Dauer von Rechtsbehelfsverfahren fortfahren zu können.

Mit diesem Beschluss erledigt sich der Aussetzungsantrag des Antragstellers vom 6. Juni 2008.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG (zum Streitwert vgl. Nr. 1.5 und 54.3.1 des Streitwertkatalogs 2004, abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005, § 164 Anhang Rn. 14).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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