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Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 25.04.2006
Aktenzeichen: OVG 10 A 1.05
Rechtsgebiete: BauGB


Vorschriften:

BauGB § 1 Abs. 3
BauGB § 1 Abs. 7
1. Grundstücke mit einer geringen Tiefe und einer straßennahen Lage der Bebauung werden durch die Inanspruchnahme eines entsprechenden straßenseitigen Grundstücksstreifens für eine Straßenverbreiterung stärker - mit Blick auf die Bebaubarkeit - belastet als Grundstücke mit einer deutlich größeren Grundstückstiefe und straßenferneren Bebauung. Der Plangeber ist auch nicht gehalten, jedes einzelne Grundstück auf jeder Straßenseite "parzellenscharf" in den Blick zu nehmen und die Straße je nach dem, d.h. entsprechend dem jeweiligen Zuschnitt des Grundstücks mal auf der einen, mal auf der anderen Seite zu verschwenken.

2. Die Empfehlungen EAE 85/95 halten anhand der Klassifizierung der Straßen u.a. auch mit Blick auf die Länge der Erschließungsanlage eine allgemeine Orientierung zur Bewertung des zu erwartenden Verkehrsaufkommens bereit. Besondere Umstände, die dem Plangeber hätten Anlass sein müssen, darüber hinaus zur Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts zusätzlich eine Verkehrszählung durchzuführen, sind im vorliegenden Fall nicht zu erkennen.


OVG 10 A 1.05

Verkündet am 25. April 2006 In dem Normenkontrollverfahren

hat der 10. Senat auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 25. April 2006 durch ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Antragsgegner zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragstellerin wendet sich gegen den Bebauungsplan XV-46 des Bezirks Treptow-Köpenick, mit dem ein ungefähr 12 ha großes Gebiet zwischen dem Bohnsdorfer Weg und der Müngersdorfer Straße überplant wird.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des in der Gemarkung G_____ Das 6_____ große Grundstück ist auf der Grundlage einer Zustimmung aus dem Jahr 1988 mit einem Einfamilienhaus bebaut.

Der Bebauungsplan XV-46 weist öffentliche Parkanlagen, ein nördlich der S-Bahn und südlich der Ewaldstraße belegenes Mischgebiet und mehrere allgemeine Wohngebiete in offener Bauweise mit einer zweigeschossigen Bebauung und einer GRZ von überwiegend 0,2, für das Grundstück der Antragstellerin und das Nachbargrundstück M_____ mit einer GRZ von 0,3 aus. Darüber hinaus werden Baugrenzen - im Bereich des Grundstücks der Antragstellerin mit einer Tiefe von 5 m - und die vorhandenen Straßen (Bohnsdorfer Weg, Klettenberger Straße, Müngersdorfer Straße und Ewaldstraße) sowie die neue Planstraße 46/1 als öffentliche Verkehrsflächen festgesetzt.

Ausweislich der im Mai 1995 ausgelegten Begründung zielt der Bebauungsplan darauf, eine "maßstabsgerechte Neubebauung der größeren Freiflächen sowie eine sukzessive bauliche Ergänzung und Verdichtung der heute kleinteilig parzellierten Grundstücke" mit Blick auf den verstärkten Siedlungsdruck, der sich u.a. in der hohen Zahl eingereichter Bauanträge widerspiegele, zu ermöglichen. Mit Blick darauf, dass die vorhandenen Straßen zum Teil unbefestigt sind und lediglich einen Straßenquerschnitt von 4 bis 5 m aufweisen, wird als weiteres Ziel eine "adäquate Erschließung für eine städtebaulich geordnete Entwicklung als notwendig erachtet und in diesem Zusammenhang festgestellt". Um einer zukünftigen Mängelsituation vorzubeugen, sei im Zusammenhang mit den erweiterten Nutzungsmöglichkeiten schon jetzt eine angemessene Erschließung zu sichern, auch wenn diese erst zu einem späteren Zeitpunkt in Anspruch genommen werde. Die Klettenberger Straße (früher: Straße 110) und die Müngersdorfer Straße (früher: Straße 111) sollten auf 9,50 m verbreitert werden, um die Anlegung einer Fahrbahn mit einer Breite von 5,5 m und beidseitigen Gehwegen von je zwei Metern zu ermöglichen.

Auf der Grundlage der Ergebnisse der öffentlichen Auslegung vom 8. bis 22. Mai 1995 beschloss das Bezirksamt in Überprüfung des Erschließungskonzepts, die ursprünglich vorgesehene beidseitige Straßenverbreiterung der Müngersdorfer Straße auf 9,50 m aufzugeben und stattdessen die Straße - unter einseitiger Inanspruchnahme nur der östlich gelegenen Grundstücke - mit einer Breite von 9 m anzulegen. Eine Straßenbreite zwischen 8 m und 9 m ergebe sich annähernd schon heute durch die Lage der Zäune und Einfriedungen. Lediglich im Bereich der Grundstücke M_____ betrage die Straßenbreite 5 m. Zur Begründung der einseitigen Inanspruchnahme der östlich gelegenen Grundstücke wird ausgeführt, dass bei den "kleineren Grundstücksparzellen auf der Westseite ... eine weitere Reduzierung der Grundstückstiefe die Bebaubarkeit der meisten Grundstücke erheblich erschweren würde" und durch "Inanspruchnahme von Flurstücken auf der östlichen Seite ... die Belastung auf die hier weitestgehend großflächigen Grundstücke verlegt" werde. Mit Blick u.a. auf das Grundstück der Antragstellerin wird weiter festgestellt, dass bei "der nun vorgesehen einseitigen Verbreiterung in östliche Richtung ... die Bebaubarkeit von zwei Grundstücken mit geringeren Grundstücksgrößen erschwert (werde). Zur Gewährleistung einer angemessenen Bebaubarkeit dieser Grundstücke ... (werde) eine höhere Grundflächenzahl im Bebauungsplanentwurf ausgewiesen (VV Bl. 390: Bezirksamtsvorlage für die Sitzung am 8. April 1997, S. 9)

Nach der erneuten Auslegung des Bebauungsplans in der Zeit vom 28. April bis 14. Mai 1997 beschloss das Bezirksamt am 30. September 1997 unter Auswertung der Einwände, die Breite der Müngersdorfer Straße im Bereich der Grundstücke M_____ auf 7,25 m und im Übrigen von 9 m auf 8,25 m zu reduzieren. Zur Begründung wird ausgeführt: Eine gerechte Abwägung der Belange der direkt Betroffenen und der Belange des Verkehrs führe dazu, dass die geplante Straßenverbreiterung sich auf das unbedingt erforderliche Maß beschränken müsse. Die Querschnittsreduzierung im Bereich der Grundstücke M_____ auf 7,25 m sei auf Grund der vorhandenen engen Situation in diesem Abschnitt vertretbar. Eine Sperrung der Müngersdorfer Straße für den Durchgangsverkehr widerspreche hingegen der städtebaulichen Zielsetzung der weitestgehenden Feinvernetzung des Wohngebiets und der Parkanlage mit öffentlichen Straßen und einer Erschließung der anliegenden Grundstücke über kurze Wege (VV Bl. 468f: Bezirksamtsvorlage für die Sitzung am 30. September 1997, S. 10f).

Unter Auswertung des Ergebnisses der zweiten erneuten öffentlichen Auslegung in der Zeit vom 6. bis 21. Januar 1998 stellte das Bezirksamt hinsichtlich der Einwendungen zur Straßenbreite der Müngersdorfer Straße fest, dass am vorliegenden Erschließungskonzept festgehalten werde, da der reduzierte Querschnitt von 8,25 m bzw. 7,25 m das unbedingt erforderliche Maß darstelle und mit der Erhöhung der GRZ auf 0,3 den Belangen der Betroffenen in gebotenem Maße Rechnung getragen werde (VV Bl. 490f, 493f: Bezirksamtsvorlage für die Sitzung am 10. November 1998, S. 5f, 8f).

Nach Beanstandungen seitens der zuständigen Senatsverwaltung beschloss das Bezirksamt am 25. Oktober 2000 Änderungen, die jedoch weder die Müngersdorfer Straße noch Festsetzungen hinsichtlich des Grundstücks der Antragstellerin betrafen.

Wie sich aus der erneut in der Zeit vom 20. November bis 19. Dezember 2000 ausgelegten Begründung zum Bebauungsplan ergibt, wird an der Ausweisung der Müngersdorfer Straße mit einer Breite von 8,25 m und einer Querschnittsreduzierung auf 7,25 m im Bereich der Grundstücke M_____ unter Hinweis auf die unbedingt erforderliche Erschließungsbreite festgehalten und als textliche Festsetzung beschlossen: "Die Einteilung der Straßenverkehrsfläche ist nicht Gegenstand der Festsetzung". Die einseitige Verbreiterung durch Inanspruchnahme der weitestgehend großflächigen Grundstücke auf der östlichen Seite der Straße ergebe sich aus einer Abwägung zugunsten der kleineren Grundstücksparzellen auf der westlichen Seite der Müngersdorfer Straße, bei denen eine weitere Reduzierung der Grundstückstiefe die Bebaubarkeit der meisten Grundstücke erheblich erschweren würde (VV Bl. 685, S. 49: Begründung zum Bebauungsplan).

Mit Blick auf das Ergebnis der dritten erneuten Auslegung beschloss das Bezirksamt am 17. Dezember 2002 den Bebauungsplan ohne inhaltliche Änderungen und wies in Auseinandersetzung mit Einwendungen zur Straßenbreite der Müngersdorfer Straße unter Hinweis auf die "Empfehlungen für die Anlage von Erschließungsstraßen des Forschungsinstituts für Straßen- und Verkehrswesen" (EAE 85/95) darauf hin, dass die Querschnittsreduzierung vor den Grundstücken M_____auf 7,25 m mit der Reduzierung des möglichen östlichen Gehwegs auf einen Sicherheitsstreifen von 0,75 m verbunden sei, was auf Grund der geringen Länge des Straßenabschnitts von ca. 38 m und der besonderen Situation gerechtfertigt erscheine. Die Gestaltung der Müngersdorfer Straße als Anliegerstraße ohne klare Trennung zwischen Gehweg und Fahrbahn als Mischverkehrsfläche scheide auf Grund der Gesamtlänge der Straßenabschnitte aus. Die Verbreiterung der Müngersdorfer Straße auf im Übrigen 8,25 m beschränke sich auf das unbedingt erforderliche Maß (VV Bl. 687ff: Bezirksamtsvorlage für die Sitzung am 17. Dezember 2002, S. 5f).

Nachdem das Bezirksamt am 18. März 2003 mit Blick auf eine zwischenzeitliche Änderung der Grundlagen für die Ermittlung der haushaltsmäßigen Auswirkungen eine hierauf bezogene Änderung des Bebauungsplanentwurfs beschlossen hatte, beschloss die Bezirksverordnetenversammlung am 22. Mai 2003 den Entwurf des Bebauungsplans XV-46 und den Entwurf der Rechtsverordnung zur Festsetzung des Bebauungsplans. Die zuständige Senatsverwaltung erklärte mit Schreiben vom 15. September 2003 - unter Hinweis auf bestimmte Ergänzungen bzw. Korrekturen -, dass keine Beanstandungen erhoben würden, woraufhin das Bezirksamt am 14. Oktober 2003 beschloss, den Bebauungsplan XV-46 als Rechtsverordnung festzusetzen, die Verordnung über die Festsetzung des Bebauungplans zu veröffentlichen und die Bezirksverordentenversammlung über die Festsetzung des Bebauungsplans in Kenntnis zu setzen. Der Bebauungsplan XV-46 wurde am 7. November 2003 im Gesetz- und Verordnungsblatt veröffentlicht (GVBl S. 518).

Mit ihrem am 5. Oktober 2004 eingegangenen Antrag macht die Antragstellerin im Wesentlichen geltend: Die Verbreiterung der Müngersdorfer Straße vor ihrem Grundstück auf 7,25 m führe zu einer Verkleinerung ihres Grundstücks und habe angesichts eines erhöhten Verkehrsaufkommens Lärm- und Verkehrsbeeinträchtigungen zur Folge. Durch die Inanspruchnahme ihres Grundstücks würden die Parkmöglichkeiten auf dem Grundstück eingeschränkt und die Zufahrt zur Garage erschwert. Der Antragsgegner sei dem Gebot, die Privatnützigkeit des Eigentums so weit wie möglich zu erhalten, nicht gerecht geworden. Es liege ein Verstoß gegen das Abwägungsgebot vor. Auch sei die Gewichtung fehlerhaft.

Der Bebauungsplan sei aus überholten und falschen Unterlagen entwickelt worden. Ursprünglich sei davon ausgegangen worden, dass sich zwischen der Müngersdorfer Straße und der Klettenberger Straße eine mehrere Hektar große Freifläche befinde. Zum Zeitpunkt der Festsetzung des Bebauungsplans sei auf diesem Gelände bereits eine Parkanlage mit Spielplatz verwirklicht worden. Bei der Abwägung sei nicht berücksichtigt worden, dass durch die Verbreiterung der Straße Teile der Parkfläche versiegelt würden und der Freizeitwert bzw. der ökologische Wert der rechts und links der Müngersdorfer Straße belegenen Parkanlage durch eine Zerschneidung erheblich verringert werde. Die Fahrbahn im Bereich der Parkanlage sei verschwenkt angelegt worden; eine solche Verschwenkung der Straße hätte sich dem Antragsgegner auch im weiteren Verlauf der Müngersdorfer Straße aufdrängen müssen, um auf diesem Wege die unverhältnismäßige Belastung durch Inanspruchnahme ihres Grundstücks zu vermeiden. Im Rahmen des Konfliktbewältigungsgebots hätte die verkehrliche Situation auch dadurch gelöst werden können, dass die Müngersdorfer Straße nur teilweise verbreitert und an den Stellen, wo ein Eingriff in private Grundstücke erforderlich wäre, die bisherige Breite beibehalten worden wäre. Angesichts der Straßenführung und der Maßnahmen der Verkehrsberuhigung im Bereich der Parkanlage lasse das Festhalten an der durchgehenden Straßenverbreiterung willkürliche Züge erkennen.

Soweit die Verbreiterung damit begründet worden sei, dass es sich bei der Müngersdorfer Straße um eine Durchgangsstraße zu einem neuen Wohngebiet handle, sei nicht beachtet worden, dass dieses Wohngebiet niemals erbaut worden sei und sich im Übrigen die Verkehrsströme längst verlagert hätten. Der Bedarf für eine Verbreiterung sei nicht nachvollziehbar, da keine Verkehrszählung durchgeführt worden sei. Gegen eine Verbreiterung spreche auch, dass die Klettenberger Straße, die Deutzer Straße und die neu festgesetzten Planstraße 46/1 eine deutlich geringere Breite aufweisen würden. Die Situation an diesen Straßen entspreche indes der Situation an der Müngersdorfer Straße. Unzutreffend gehe der Bebauungsplan davon aus, dass die derzeitige Breite der Müngersdorfer Straße 8 m betrage. Die Begründung des Antragsgegners, die geplante Verbreiterung beschränkte sich auf das "unbedingt erforderliche Maß", werde an keiner Stelle des Bebauungsplans erläutert.

Vor allem aber verstoße die einseitige Inanspruchnahme nur der östlich gelegenen Grundstücke gegen das Gebot der gleichmäßigen Lastenverteilung. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Antragsgegner die Belastung nicht gleichmäßig auf alle Grundstückseigentümer an der Müngersdorfer Straße verteilt habe. Die Feststellungen des Antragsgegners zu der vorhandenen Bebauung auf den westlich gelegenen Grundstücken entspreche nicht der tatsächlichen Situation. Lediglich die Gebäude auf den Grundstücken M_____ dienten der Wohnnutzung, alle übrigen mit geraden Zahlen benannten Gebäude auf der Westseite der Müngersdorfer Straße zwischen den Nummern 2_____ seien hingegen nicht bewohnt. Die Begründung der erschwerten Bebaubarkeit der westlich gelegenen Grundstücke sei nicht nachvollziehbar und könne nicht die einseitige Inanspruchnahme nur der Anlieger auf der Ostseite der Müngersdorfer Straße rechtfertigen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Verordnung über die Festsetzung des Bebauungsplans XV-46 des Bezirksamts Treptow-Köpenick vom 27. Oktober 2003 für unwirksam zu erklären.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Der Antragsgegner habe sich innerhalb der wiederholten Planungsschritte ernsthaft mit den vorgetragenen Belangen auseinander gesetzt. Das belegten die jeweiligen Änderungen im Laufe des Verfahrens. Hinsichtlich der Angaben zur tatsächlichen Breite der Müngersdorfer Straße habe der Antragsgegner stets deutlich gemacht, dass die Straßenbreite nicht überall gleich, sondern abhängig sei von der Lage der vorhandenen Zäune, Hecken und anderen Grundstückseinfriedungen.

Die Reduzierung der ursprünglichen Breite der Müngersdorfer Straße auf nunmehr nur noch 8,5 m und die "gerade noch zu vertretende Ausnahmeregelung" von 7,25 m vor den Grundstücken M_____ stelle die "minimalst zu vertretende Variante" dar. Bei der Festsetzung der Straßenbegrenzungslinien sei auf der Grundlage der EAE 85/89 zu berücksichtigen gewesen, dass eine Begegnung von PKW und LKW zumindest bei verminderter Geschwindigkeit möglich sein müsse. Das erfordere eine Fahrbahnbreite von 4,75 m. Mit Blick darauf, dass die Siedlungsstruktur das Parken auf den Grundstücken ermögliche, sei auf die Anlage von Parkstreifen verzichtet worden. Die Breite der beiden Gehwege sei mit 1,25 m auf das unerlässliche Mindestmaß - entsprechend der AV Geh- und Radwege - reduziert worden. Mit der Querschnittsreduzierung vor den Grundstücken M_____ sei berücksichtigt worden, dass bei diesen Grundstücken - anders als bei den Grundstücken ab M_____ - der Abstand zwischen den Zäunen lediglich ca. 5 m betrage. In diesem Abschnitt werde auf einen Gehweg verzichtet, was zur Folge habe, dass die Verkehrsteilnehmer auf die gegenüberliegende Seite ausweichen müssten. Da die Straße gradlinig verlaufe und damit das Verkehrsgeschehen gut einsehbar sei, seien insoweit die Belange des Verkehrs zurückgestellt worden. Die Sondersituation sei gerade noch vertretbar. Weitergehende Einschränkungen seien mit Blick auf einen reibungslosen Verkehrsablauf jedoch nicht hinnehmbar. Gegen eine Verbreiterung der Klettenberger Straße anstelle der Müngersdorfer Straße spreche, dass die Klettenberger Straße im Bestand nur ca. 6 m breit sei und ein Ausbau einen Großteil der Anlieger betroffen hätte.

Wie sich aus der Begründung des Bebauungsplans ergebe, handele es sich bei der Müngersdorfer Straße um eine Anliegerstraße und nicht um eine Durchgangsstraße. Nach dem Verkehrskonzept entsprechend der Leitplanung Alt-Glienicke seien die Porzer Straße und der Rebenweg als Durchgangsstraßen konzipiert. Hinzu komme der Straßenzug Ewaldstraße, Bohnsdorfer Weg und Wegedornstraße, über den der Verkehr aus den Wohngebieten zum Straßenhauptnetz abgeleitet werde.

Die Zufahrt zu der auf dem Grundstück der Antragstellerin belegenen Tiefgarage werde durch die festgesetzten Straßenbegrenzungslinien nicht beeinträchtigt. Lediglich die lang gezogene Ein- und Ausfahrt auf dem Grundstück werde verkürzt. Die Abtretung eines Grundstücksstreifens von 2 m sei erforderlich, um einen Sicherheitsabstand zwischen Fahrbahn und Grundstück zu gewährleisten. Fragen hinsichtlich der Verlegung bzw. Einbindung der Kläranlage und des Hauptanschlusses seien nicht Gegenstand des Bebauungsplans und im Rahmen des Straßenausbaus technisch zu lösen. Im Übrigen sei der Schmutzwasserkanal gelegt worden, so dass für die Antragstellerin Anschlusszwang bestehe, mithin die Sammelgrube nicht mehr benutzt werden könne.

Der Ausbau der Müngersdorfer Straße werde auch - wie sich aus der Einstellung in die Investitionsplanung ergebe - verwirklicht. Die im Bebauungsplan festgesetzte Parkanlage (Colonia-Park) sei bereits verwirklicht worden. Das sei jedoch eine Interimslösung, die nach dem Ausbau der Müngersdorfer Straße entsprechend geändert werde. Soweit die Antragstellerin auf den derzeitigen Ausbauzustand der Parkanlage verweise, werde nicht beachtet, dass es nicht auf den tatsächlichen Zustand ankomme, der lediglich der Übergangssituation geschuldet sei, sondern auf die Festsetzungen im angefochtenen Bebauungsplan, die der Antragsgegner selbstverständlich festsetzungsgemäß verwirklichen werde. Die Eingriffe in Natur und Landschaft seien auf der Grundlage eines im Planverfahren zum Bebauungsplan XV-45 erstellten landschaftsplanerischen Fachgutachtens abgewogen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Streitakte und den Verwaltungsvorgang des Antragsgegners (7 Bände) Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

I. Der am 5. Oktober 2004 eingegangene und damit fristgerecht innerhalb von zwei Jahren nach der am 7. November 2003 erfolgten Bekanntmachung (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) gestellte Normenkontrollantrag ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist die Antragstellerin antragsbefugt i.S.d. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Die Antragstellerin, die Eigentümerin einer Grundstücksfläche ist, die innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des angegriffenen Bebauungsplans liegt, wendet sich in erster Linie gegen die ihr Grundstück betreffenden Festsetzungen des Bebauungsplans.

Die Antragsbefugnis ist bereits deswegen gegeben, weil durch die Festsetzung der Straßenbegrenzungslinie und die Ausweisung der Müngersdorfer Straße als öffentliche Verkehrsfläche ein Teil des Grundstücks an der westlichen Grenze überplant wird. Darüber hinaus ergibt sich die Antragsbefugnis auch unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Verletzung des bei der Aufstellung von Bebauungsplänen durch § 1 Abs. 6 BauGB (gemäß § 233 Abs. 1 Satz 1 BauGB i.d.F. des EAG Bau vom 24.6.2004, BGBl. I S. 1359, in Kraft getreten am 20.7.2004, Art. 7 EAG Bau - im Folgenden: BauGB n.F. - anwendbar i.d.F. der Bek. vom 27. August 1997, BGBI. S. 2141, zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. Juli 2001, BGBl. I S. 1950 - im Folgenden: BauGB a.F. -, entspricht § 1 Abs. 7 BauGB n.F.) gewährleisteten Rechts auf fehlerfreie Abwägung der Belange der Antragstellerin. Das Abwägungsgebot entfaltet drittschützende Wirkung hinsichtlich solcher privaten Belange, die für die planerische Abwägung erheblich sind (BVerwG, Beschluss vom 6. Dezember 2000 - 4 BN 59.00 -, NVwZ 2001, 431).

II. Der Normenkontrollantrag ist nicht begründet.

1. Formelle oder verfahrensrechtliche Bedenken gegen den Bebauungsplan XV-46 macht die Antragstellerin nicht geltend. Derartige Fehler sind auch nicht ersichtlich.

2. Der Bebauungsplan XV-46 wird vom Planerfordernis gemäß § 1 Abs. 3 BauGB getragen. Nach § 1 Abs. 3 BauGB sind Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Maßstab der Erforderlichkeit ist die planerische Konzeption der Gemeinde (BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 - 4 BN 15.99 -, NVwZ 1999, 1338). Bei dem Merkmal der Erforderlichkeit handelt es sich um eine nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der Planungshoheit, die nicht greift, wenn der Plan nach der planerischen Konzeption der Gemeinde vernünftigerweise geboten ist.

Der Bebauungsplan dient der städtebaulichen Ordnung der bebauten und unbebauten Flächen im Plangebiet. Es entspricht dem Gebot der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung, eine ohne Bebauungsplan entstandene Bebauung hinsichtlich der Gebietstypen der Baunutzungsverordnung festzuschreiben, um einen Wildwuchs zu verhindern. Ebenso wenig ist die Überplanung vorhandener und teilweise noch nicht endgültig hergestellter Erschließungsanlagen zu beanstanden. Dies dient der rechtlichen Ordnung und Absicherung der Erschließungsanlagen auch im Hinblick auf die Erhebung von Anliegerbeiträgen (OVG Münster, Urteil vom 22. März 1993 - 11 a NE 64/89 -, NVwZ-RR 1994, 311).

Der von der Antragstellerin vorgetragene Umstand, dass entgegen den Planungen kein neues Wohngebiet gebaut worden sei, erlaubt nicht den Schluss, dem angegriffenen Bebauungsplan fehle die erforderliche Planrechtfertigung. Eine Bauleitplanung ist zwar nur erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB, wenn das zugrunde liegende Konzept auf Verwirklichung in angemessener Zeit angelegt ist (BVerwG vom 22. Januar 1993 - 8 C 46.91 -, BVerwGE 92, 8, 15). Für einen so genannten planfeststellungsersetzenden Bebauungsplan, der (nur) die Straßentrasse festsetzt, ist diese Anforderung in der Rechtsprechung dahin konkretisiert worden, dass der Bebauungsplan grundsätzlich nicht erforderlich ist, wenn eine Verwirklichung des Vorhabens innerhalb eines dem Straßenrecht (z.B. § 17 Abs. 7 FStrG) entlehnten Zeitraums von etwa zehn Jahren nach Inkrafttreten des Plans ausgeschlossen erscheint (BVerwG, Urteil vom 18. März 2004 - 4 CN 4.03 -, BVerwGE 120, 239, 241). Etwas anderes gilt dann, wenn der Bebauungsplan neben der festgesetzten Straßentrasse - wie im vorliegenden Fall - auch Baugebiete ausweist und ein funktionaler Zusammenhang zwischen Baugebiet und Straße besteht, weil die planende Gemeinde in diesem Fall einer bloßen Angebotsplanung keinen unmittelbaren Einfluss auf die Verwirklichung der Planung hat (BVerwG, Urteil vom 18. März 2004 - 4 CN 4.03 -, BVerwGE 120, 239). Entscheidend ist, ob die jeweilige Festsetzung geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen wirksamen Beitrag zu leisten. Davon, dass die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so massiv und so offenkundig abweichen, dass der Bebauungsplan insoweit eine städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich zu erfüllen vermag, kann im vorliegenden Fall - auch angesichts des zeitlichen Vorlaufs - keine Rede sein.

3. Der Antragsgegner hat weder die Bedeutung der betroffenen und umfassend ermittelten Belange verkannt noch den Ausgleich zwischen den durch die Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen, die zur Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht.

Die Festsetzung der Müngersdorfer Straße als öffentliche Verkehrsfläche gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB mit einer Breite von 8,25 m bzw. vor dem Grundstück der Antragstellerin mit einer Breite von 7,25 m ist das Ergebnis einer nicht zu beanstandenden Abwägung der öffentlichen und privaten Belange miteinander und untereinander. Gemäß § 1 Abs. 6 (jetzt: § 1 Abs. 7) BauGB waren als abzuwägende Belange i.S.d. § 1 Abs. 5 (jetzt: § 1 Abs. 6) BauGB die eigentumsrechtliche Position der Antragstellerin und der öffentlichen Belang des Verkehrs zu berücksichtigen und in ihrer Bedeutung zu gewichten.

a) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist ihre Position als Eigentümerin bei der Abwägung hinreichend berücksichtigt worden. Das Eigentum der Antragstellerin war wegen der möglichen Enteignung hinsichtlich der für den Ausbau der Müngersdorfer Straße benötigten Fläche bei der Abwägung mit besonderem Gewicht zu berücksichtigen. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Voraussetzungen für eine Enteignung im Einzelnen zu prüfen sind. Die Enteignungsvoraussetzungen sind grundsätzlich nicht bei der Aufstellung des Bebauungsplans zu bedenken, sondern Gegenstand des späteren Enteignungsverfahrens (OVG für das Land Brandenburg, Urteil vom 28. Januar 2003 - 3 D 47/00.NE -; OVG Berlin, Urteil vom 22. Mai 2003 - OVG 6 A 12.03 -, OVGE 24, 228; OVG Bremen, Urteil vom 25. September 2001 - 1 D 136.01 -, NordÖR 2002, 199; OVG Münster, Urteil vom 22. März 1993 - 11 a NE 64/89 -, NVwZ-RR 1994, 311; VGH Mannheim, Beschluss vom 13. November 1975 - II 650.75 -, BauR 1976, 180).

b) Eine Abwägung der für die Entscheidung erheblichen Belange hat stattgefunden. Der Antragsgegner hat stets im Blick gehabt, dass durch die Festsetzungen Eigentumspositionen der betroffenen Grundstückseigentümer berührt werden. Er hat Einwendungen zur Ausbaubreite der Müngersdorfer Straße zur Kenntnis genommen und in Bezug zu den Belangen anderer Eigentümer (westlich der Müngersdorfer Straße), den Belangen der Anlieger an einer geordneten Erschließung und den Belangen der Allgemeinheit hinsichtlich einer sicheren Verkehrsführung abgewogen. Er hat die widerstreitenden Interessen gesehen, sich mehrfach mit der Frage des Ausbaus der Müngersdorfer Straße beschäftigt und die Einwendungen zum Anlass für eine geänderte Planung hinsichtlich der Ausbaubreite genommen.

c) Der Antragsgegner hat die mit den öffentlichen Belangen und den privaten Belangen anderer Eigentümer widerstreitenden privaten Belange der Antragstellerin fehlerfrei gewichtet.

Entgegen der - unter Bezugnahme auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim vom 15. Mai 1986 (- 8 S 3161.85 -, in juris veröffentlicht mit Leitsätzen) vertretenen - Auffassung der Antragstellerin hat der Antragsgegner mit der Entscheidung für eine einseitige Inanspruchnahme (nur) der östlich gelegenen Grundstücke bei der Gewichtung der jeweiligen (privaten) Eigentümerpositionen nicht gegen das Gebot der Lastengleichheit verstoßen. Insbesondere hat der Antragsgegner den entscheidungserheblichen Sachverhalt zutreffend ermittelt: Aus dem vorgelegten Kartenmaterial ergibt sich - ebenso wie aus den in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommenen und erläuterten Pläne -, dass die westlich der Müngersdorfer Straße gelegenen Grundstücke durchgängig eine deutlich geringere Tiefe aufweisen, als die meisten auf der Ostseite gelegenen Grundstücke. Darüber hinaus sind zumindest zwei Grundstücke (N_____) im vorderen Bereich des Grundstücks - deutlich nah an der Straße - mit einem Wohnhaus bebaut. Ausweislich der zeichnerischen Darstellung des Bestands in den vorgelegten Plänen dürften auch die meisten anderen Grundstücke mit Wohngebäuden bebaut sein. Es kann jedoch dahin gestellt bleiben, wie viele der weiteren Grundstücke mit Gebäuden bebaut sind, die der Wohnnutzung dienen, denn die Antragstellerin hat selbst eingeräumt, dass es sich jedenfalls bei den Gebäuden auf den Grundstücken M_____ um Wohngebäude handelt. Bei diesem Befund drängt es sich gerade zu auf, dass die jeweiligen Eigentümerpositionen auf Grund des Zuschnitts und der Bebauung der Grundstücke mit einer unterschiedlichen Betroffenheit in die Abwägung einzustellen und zu gewichten waren. Denn es liegt auf der Hand, dass ein Grundstück mit einer geringen Tiefe und einer - zumindest bei zwei Grundstücken - straßennahen Lage der Bebauung durch die Inanspruchnahme eines entsprechenden straßenseitigen Grundstücksstreifens deutlich stärker - mit Blick auf die vom Antragsgegner ausdrücklich angeführte Bebaubarkeit - belastet wird als Grundstücke mit einer deutlich größeren Grundstückstiefe. Insofern erschließt sich - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - das vom Antragsgegner zugrunde gelegte Differenzierungskriterium zur Einschätzung der jeweiligen Belastung im Falle einer beidseitigen bzw. einseitigen Verbreiterung der Straße ohne weiteres. Der Antragsgegner war auch nicht gehalten, jedes einzelne Grundstück gleichsam "parzellenscharf" in den Blick zu nehmen und - wie die Antragstellerin meint - die Straße je nach dem, d.h. entsprechend dem jeweiligen Zuschnitt des Grundstücks mal auf der östlichen, mal auf der westlichen Seite zu verschwenken. Zum einen trifft der aufgezeigte Befund für die meisten Grundstücke zu, so dass der auf eine weitere Differenzierung verzichtende "Zugriff" nur auf die Grundstücke östlich der Müngersdorfer Straße sachlich nachvollziehbar ist. Das gilt jedenfalls dann, wenn zugleich besondere Grundstückssituationen, die aus dem allgemein festgestellten Rahmen herausfallen, gesehen werden und darauf je nach Situation gegebenenfalls mit geeigneten Maßnahmen zum Ausgleich der besonderen Belastung - wie im Fall der Antragstellerin und des Nachbargrundstücks - reagiert wird. Zum anderen wird bei dem Argument der Verschwenkung verkannt, dass bei der Festsetzung einer Straße als öffentliche Verkehrsfläche dem Gesichtspunkt der sicheren Verkehrsführung als öffentlicher Belang besondere Bedeutung zukommt. Die an den Empfehlungen EAE 85/95 ausgerichteten Erwägungen des Antragsgegners zur Einsehbarkeit gerade auch angesichts der Länge der Straße entsprechen dem Grundstandard des modernen Straßenbaus (dazu sogleich) und spiegeln nicht - wie die Antragstellerin meint - lediglich ein unreflektiertes Festhalten am "Dogma der geraden Straße". Zutreffend ist der Antragsgegner im Übrigen davon ausgegangen, dass die Frage des konkreten Ausbaus der Straße der nachfolgenden Ausbauplanung überlassen bleibt.

Die Festsetzung einer öffentlichen Verkehrsfläche gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB setzt eine Rechtfertigung durch Gründe des Allgemeinwohls voraus, die jedoch nicht im Sinne einer absoluten Unumgänglichkeit der Festsetzung zur Erfüllung von Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge zu verstehen ist, sondern meint, dass die Festsetzung "objektiv vernünftigerweise geboten" ist (BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1987 - 4 NB 4.87 -, NVwZ 1988, 727). Dabei kann zur Konkretisierung des Begriffs der Erforderlichkeit sowohl auf den erschließungsrechtlichen Begriff der Erforderlichkeit i.S.d. § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB, als auch auf die straßenrechtliche Pflicht, öffentliche Straßen so zu bauen, dass sie dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügen (§ 7 Abs. 2 Satz 2 StrG Bln), zurückgegriffen werden. Die Empfehlungen EAE 85/95 sind als sachverständige Konkretisierung moderner Grundsätze des Straßenbaus durchaus geeignet, der Gemeinde allgemeine Anhaltspunkte für ihre Entscheidung zu liefern (OVG Münster, Urteil vom 22. März 1993 - 11 a NE 64.89 -, NVwZ-RR 1994, 311). Den Empfehlungen kommt keine bindende Bedeutung zu (BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1989 - 8 C 6.88 -, BVerwGE 82, 102); die Hinweise auf den Raumbedarf bilden einen Orientierungsrahmen. Die Gemeinde hat sich bei einer Entscheidung über die Ausbaubreite sich unter anderem an der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, darf sich aber auch an durch vorhandene Bebauung bedingte "Sondersituationen" ausrichten.

Da die Müngersdorfer Straße bisher lediglich einen befestigten Querschnitt von 4-5 m (VV Bl. 252, 380 S. 12, 422 S. 11, 484 S. 11, 758 S. 10) und eine Länge von ca. 600 m aufweist, war jedenfalls eine Verbreitung mit Blick auf die vorhandene wie auch die geplante Wohnbebauung notwendig. Soweit die Antragstellerin vorträgt, die Straßenbreite sei - ausweislich der Begründung zum Bebauungsplan - mit 8 m unzutreffend ermittelt worden, wird verkannt, dass der Antragsgegner unterschieden hat zwischen dem befestigten Querschnitt und der durch die Lage der Einfriedungen bestimmten tatsächlichen Gesamtstraßenbreite und dabei immer betont hat, dass die Straße nicht überall gleich breit und insbesondere vor dem Grundstück der Antragstellerin besonders schmal sei.

Dass der Antragsgegner zugunsten des Grundstücks der Antragstellerin (und des Nachbargrundstücks M_____) den für eine Anliegerstraße der Klasse AS 2 nach den Empfehlungen EAE 85/95 vorausgesetzten minimalen Straßenquerschnitt um einen Meter unterschritten hat und in diesem Bereich auf Grund der besonderen Situation nur einen einseitigen Gehweg anlegen will, erscheint - ungeachtet der erschließungsrechtlichen Fragen - als eine (gerade noch) zulässige Gewichtung zu Lasten des Interesses der Allgemeinheit an einem geordneten und sicheren Verkehrsablauf.

Soweit die Antragstellerin meint, die Erforderlichkeit der Ausbaubreite setze eine Verkehrszählung voraus, wird verkannt, dass die EAE 85/95 anhand der Klassifizierung der Straßen u.a. auch mit Blick auf die Länge der Erschließungsanlage eine allgemeine Orientierung zur Bewertung des zu erwartenden Verkehrsaufkommens bereit hält. Besondere Umstände, die dem Plangeber hätten Anlass sein müssen, darüber hinaus zur Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts zusätzlich eine Verkehrszählung durchzuführen, sind nicht zu erkennen.

Soweit die Antragstellerin auf die Vergleichbarkeit der Müngersdorfer Straße insbesondere mit der Klettenberger Straße verweist, wird verkannt, dass die Auswahl konzeptioneller Mittel zur Bewältigung des vorhandenen und des zu erwartenden Verkehrsaufkommens gesetzlich ausschließlich dem Träger der örtlichen Planungshoheit zugewiesen ist (BVerwG, Beschluss vom 16. Januar 1996 - 4 NB 1.96 -, ZfBR 1996, 223; OVG Münster, Beschluss vom 30. Dezember 1997 - 10 aD 41/95.NE -, BRS 59 Nr. 2). Der Plangeber hat sich bei der Frage der Ausbaubreite an der Breite im Bestand orientiert, die in der Klettenberger Straße jedenfalls auf der gesamten Länge mit 6 m deutlich geringer als in der Müngersdorfer Straße ist. Abgesehen davon wäre die Erforderlichkeit des Ausbaus der Müngersdorfer Straße selbst dann nicht abwägungsfehlerhaft, wenn sich der Plangeber für einen Ausbau der Klettenberger Straße mit einer Ausbaubreite von mehr als 6 m entschieden hätte.

Soweit die Antragstellerin darauf verweist, dass die im Bebauungsplan ausgewiesene Parkanlage bereits verwirklicht sei und der geplante Ausbau der Müngersdorfer Straße nunmehr zur Versiegelung von Teilen der Parkfläche führe, wird nicht beachtet, dass der aktuell erreichte Ausbauzustand der Parkanlage keinen Anhaltspunkt dafür liefern kann, ob ein Abwägungsfehler vorliegt. Abgesehen davon liegt der westlich der Müngersdorfer Straße belegene Teil des Coloniaparks nicht im Geltungsbereich des hier angefochtenen Bebauungsplans. Abwägungsrelevant, vom Plangeber erkannt und zu Gunsten des Straßenausbaus gewichtet waren das Interesse der Allgemeinheit unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes und der Landschaftspflege und das Interesse der Allgemeinheit an einer gefahrlosen Verkehrsführung. Eine Fehlgewichtung ist dabei nicht zu erkennen.

4. Schließlich ist auch das Abwägungsergebnis nicht zu beanstanden. Die Entscheidung über das Vorziehen und Zurücksetzen bestimmter Belange, die den Kern der Planungsentscheidung bildet, ist nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar. Das Abwägungsergebnis ist erst dann rechtlich nicht mehr haltbar, wenn einzelne Belange in unverhältnismäßiger Weise zurückgesetzt werden.

Der Plangeber hat die privaten Belange der Antragstellerin nicht unverhältnismäßig zurückgesetzt. Die Einschätzung, dass durch die Inspruchnahme einer Teilfläche des Grundstücks zwar die Belange der Antragstellerin berührt werden, die Nutzungsmöglichkeiten des Grundstücks aber nicht wesentlich verschlechtert würden, ist nicht zu beanstanden. Mit dem Bebauungsplan soll die Binnenbebauung des Gebiets gefördert werden. Der Bebauungsplan zielt auf eine wohnliche Verdichtung in dem Gebiet, das bislang durch eine vergleichsweise großzügige Siedlungsstruktur geprägt ist. Dieses Planungskonzept schließt die Schaffung ausreichender, der Wohnqualität entsprechender Straßen- und Wegeverbindungen ein, was sich nach den örtlichen Verhältnissen nicht ohne Inanspruchnahme von Privateigentum verwirklichen lässt. Wie andere Eigentümer ist auch die Antragstellerin von der Inanspruchnahme betroffen, wobei die bisherige Nutzungsart unberührt bleibt und die Antragstellerin mit Blick auf Besonderheiten ihres Grundstücks gegenüber anderen betroffenen Grundstückseigentümerin bei der Inanspruchnahme deutlich privilegiert wird. Auch das Ausmaß der Inanspruchnahme erscheint nicht unverhältnismäßig: Das Grundstück der Antragstellerin wird - wie sich aus der Aufstellung des Antragsgegners für den Grunderwerb ergibt - lediglich um 45 m2 verkleinert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine Zulassungsgründe gemäß § 132 Abs. 2 VwGO vorliegen.

Ende der Entscheidung

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