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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 03.09.2008
Aktenzeichen: OVG 10 N 29.07
Rechtsgebiete: VwVfGBbg, BbgNatSchG, UmweltrahmenG, NatSchVO/DDR, NatSchG/DDR, EV, GG


Vorschriften:

VwVfGBbg § 38
VwVfGBbg § 48
BbgNatSchG § 19
BbgNatSchG § 22
BbgNatSchG § 28
BbgNatSchG § 72
BbgNatSchG § 78
UmweltrahmenG Art. 6 § 8
NatSchVO/DDR vom 18.5.1989 § 37
NatSchVO/DDR vom 14.5.1970 § 26
NatSchG/DDR § 2
EV Art. 9 Abs. 1
GG Art. 14 Abs. 1
GG Art. 20 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG BESCHLUSS

OVG 10 N 29.07

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 10. Senat durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Krüger, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Gaube und den Richter am Oberverwaltungsgericht Seiler am 3. September 2008 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 12. Mai 1999 zuzulassen, wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens auf Zulassung der Berufung.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 51.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Der nach §§ 124 Abs. 1, 124 a Abs. 4 VwGO zulässige Antrag, über den erst nach Beendigung der gemäß § 240 ZPO i.V.m. § 173 Satz 1 VwGO eingetretenen Unterbrechung entschieden werden konnte, ist nicht begründet.

Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Rücknahmebescheid mit der Begründung für rechtmäßig erachtet, dass die dem Rechtsvorgänger des Klägers erteilte Baugenehmigung rechtswidrig, die Frist des § 48 Abs. 4 VwVfGBbg eingehalten und Ermessensfehler nicht ersichtlich seien. Die Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung ergebe sich daraus, dass die nach § 72 Abs. 1 BbgNatSchG vom 25. Juni 1992 (GVBl. I S. 208) - BbgNatSchG a.F. - erforderliche Befreiung nicht vorgelegen haben. Die hiergegen vorgebrachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. Hierbei hat der Senat im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG berücksichtigt, dass die Zulassungsgründe gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 4 VwGO in der hier maßgeblichen Fassung des 6. VwGOÄndG vom 1. November 1996 (BGBl. S 1626), zuletzt geändert durch Gesetz vom 31. August 1998 (BGBl. S. 2600) innerhalb eines Monats nach Zustellung des angefochtenen Urteils darzulegen waren.

1. Die von dem Kläger aufgeworfene Frage, ob die "Erklärung von Landschaftsteilen des Bezirkes C_____ zu Landschaftsschutzgebieten" durch Beschluss des Rates des Bezirkes C_____ Nr. 03-2/68 vom 1. Mai 1968 gegen die von ihm geltend gemachten rechtsstaatlichen Grundsätze verstößt, weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

Entgegen der Ansicht des Klägers liegt es auf der Hand, dass es sich bei dem Beschluss um die Ausweisung eines Landschaftsschutzgebietes nach § 2 des Gesetzes zur Erhaltung und Pflege der heimatlichen Natur (Naturschutzgesetz) vom 4. August 1954 (GBl. der DDR S. 695) - NatSchG/DDR handelt - und nicht etwa um eine einstweilige Sicherung i.S.d. § 7 NatSchG/DDR. Dies ergibt sich eindeutig aus der Überschrift des Beschlusses, dem unter der Nummer 1 niedergelegten Tenor ("... werden mit Wirkung vom 1.5.68 folgende ... Landschaften zu Landschaftsschutzgebieten erklärt:") sowie den unter Nr. 3 aufgeführten Anweisungen zu den auch dort als solche bezeichneten "Landschaftsschutzgebieten". Der von dem Kläger angeführte vorletzte Absatz auf Seite 5 des Beschlusses gibt für eine "Sicherstellung einer geplanten Unterschutzstellung" bzw. eine "vorläufige Unterschutzstellung" nichts her. Die dort genannten Landschaftspflegepläne sollten - wie es ausdrücklich heißt - "die Voraussetzungen für die Erhaltung und Nutzung der Landschaftsschutzgebiete ... schaffen", setzten also die vorherige Schutzgebietsausweisung voraus.

a) Es lässt sich schon im Berufungszulassungsverfahren mit hinreichender Sicherheit beantworten, dass die von dem Kläger geäußerten Bedenken gegen die Bestimmtheit der örtlichen Abgrenzung des Landschaftsschutzgebietes nicht durchgreifen.

Die (sinngemäß) formulierte Frage, ob sich "Fläche, Größe, Ausmaß und vor allem die Betroffenheit der erfaßten Grundstücke" aus dem Text der Schutzgebietsfestsetzung selbst ergeben müssten, weil die Karte "Nr. 39", auf die verwiesen werde, ausreichende Planschärfe besitzen müsse und dem Verwaltungsgericht nicht vorgelegen habe, stellt sich schon nicht. Denn auf eine Karte mit der Nummer 39 kommt es nicht an. Dem Beschluss vom 1. Mai 1969 lässt sich keine Verweisung auf eine Karte mit dieser Nummer entnehmen. Zu den in dem Tenor des Beschlusses in Bezug genommenen "Kreiskarten M 1 : 50.000" werden keine Nummern angegeben; soweit zu den einzelnen Landschaftsschutzgebieten Karten angeführt werden, tragen diese die Nummern 1 bis 14. Hierbei werden dem verfahrensgegenständlichen Landschaftsschutzgebiet "Staubeckenlandschaft B_____-S_____" die Karte 3 für den im Kreis Cottbus-Land gelegenen Teil und die Karte 11 für den im Kreis Spremberg gelegenen Teil zugeordnet. Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht seine Feststellungen auch nicht auf eine Karte mit der Nummer 39, sondern auf eine Karte des Büros für Territorialplanung bei der Bezirksplanungskommission C_____ und die topographische Karte Nr. 1110-22 S_____-W_____ nach dem Stand von 1987 gestützt. Mit diesen beiden Karten setzt sich der Kläger im Hinblick auf deren Planschärfe nicht auseinander. Soweit der Kläger in anderem Zusammenhang und unter dem Berufungszulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO meint, dass sie "keinen ausreichenden Beweis hinsichtlich der Landschaftsschutzgebietsausweisung" böten, stellt er die Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass sich den Karten die Abgrenzung des Landschaftsschutzgebietes entnehmen lasse, nicht schlüssig in Frage. Das Verwaltungsgericht hat hierzu festgestellt, dass in der Karte des Büros für Territorialplanung - das bei der Plankommission desselben Bezirks angesiedelt ist, der die Schutzgebietsfestsetzung beschlossen hatte - die Umrisse des Landschaftsschutzgebietes B_____-S_____ unter Angabe seiner Bezeichnung sowie der Ziffer 12.2 des Amtlichen Verzeichnisses eingetragen seien und die Verzeichnisziffer mit derjenigen übereinstimme, welche in dem Beschluss vom 1. Mai 1968 (für den im Kreis Spremberg belegenen Teil des Landschaftsschutzgebietes) angegeben werde. Mangels Darlegung "substantiierter Zweifel" seitens des Klägers genügten deshalb zur Überzeugung der Kammer die beiden genannten Karten, "um die Lage des im Jahr 1968 festgelegten Landschaftsschutzgebietes eindeutig zu bestimmen." Der festgestellten Übereinstimmung der Verzeichnisnummer 12.2 setzt der Kläger die bloße Vermutung entgegen, dass "der Hinweis auf das amtliche Verzeichnis 12.2 ... wohl nur redaktionell" sei. Weshalb die Zuordnung zu der beschlossenen Schutzgebietsausweisung mittels der Verzeichnisnummer des Kreises nicht ausreichen soll, sondern die Karten, wie der Kläger vorträgt, darüber hinaus einen "amtlichen Stempel" oder einen "amtlichen Vermerk" enthalten müssten, wird nicht dargelegt. Schließlich ist auch die insoweit (sinngemäß) erhobene Aufklärungsrüge des Klägers (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) unbegründet. Das Verwaltungsgericht war nicht "aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes" gehalten, "weitere Sachaufklärung durchzuführen". Der anwaltlich vertretene Kläger hatte keinen Beweisantrag gestellt. Angesichts der von dem Verwaltungsgericht festgestellten Aussagekraft der beiden Karten drängte sich eine weitere Aufklärung auch nicht auf, da der Kläger, wie aufgezeigt, diesbezüglich nicht einmal im Berufungszulassungsverfahren "substantiierte Zweifel" geäußert hat.

Dem Zulassungsvorbringen lässt sich nicht mit der gebotenen Deutlichkeit entnehmen, dass der Kläger über das Vorstehende hinaus geltend machen will, die Landschaftsschutzgebietsfestsetzung genüge deshalb nicht dem Bestimmtheitserfordernis, weil in dem Beschluss vom 1. Mai 1968 die von der Festsetzung erfassten Flurstücke nicht bezeichnet wären. Im Übrigen ist eine flurstücksmäßige Bezeichnung zur Abgrenzung eines Schutzgebietes auch nicht erforderlich (Gassner/Benndomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, Bundesnaturschutzgesetz, 2. Auflage 2003, § 22 RN 22; Koch/Tolkmitt, Brandenburgisches Naturschutzgesetz, [1. Aufl.] 2007, § 28 Nr. 6 - beide m.w.N.).

b) Besondere rechtliche Schwierigkeiten zeigt der Kläger auch nicht mit seinem Monitum auf, dass "die Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit im Rahmen der Rechtsverordnung zum Ausdruck gebracht werden" müsse und es "hieran ... am Beschluß vom 01.05.1968 vollständig" fehle. Zu der nach § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO gebotenen Darlegung des geltend gemachten Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO hätte es dem Kläger oblegen, in nachvollziehbarer Weise darzustellen, dass das Verwaltungsgericht in tatsächlicher Hinsicht auf diesen Aspekt nicht eingegangen ist oder die sich hieran anschließende Rechtsfrage nicht oder unzutreffend beantwortet hat, obwohl dies notwendig gewesen wäre, sowie den Schwierigkeitsgrad dieses Aspektes plausibel zu machen (vgl. zu diesen Anforderungen: BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458). Der bloße Hinweis des Klägers auf "§ 22 Abs. I BbgNatSchG" genügt diesen Anforderungen nicht.

Denn der Kläger hat schon nicht dargetan, dass das Verwaltungsgericht auf die Frage der "Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit" des Landschaftsschutzgebietes nicht eingegangen sei oder diese unzutreffend beantwortet habe. Zwar lässt sich eine Prüfung dieses Aspekts dem angefochtenen Urteil nicht ausdrücklich entnehmen. Jedoch hat das Verwaltungsgericht die Ansicht vertreten, dass keine durchgreifenden Bedenken an der Wirksamkeit der Schutzgebietsfestsetzung bestünden. In dem zur Begründung in Bezug genommenen Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg vom 21. Juni 1996 - 3 D 15/94.NE - wird ausgeführt, dass die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1, 2. Alt. NatSchG/DDR als erfüllt anzusehen seien. Diese dem Beschluss vom 1. Mai 1968 zugrunde liegende Regelung normierte aber, dass ein Gebiet (u.a.) dann "schutzwürdig und schutzbedürftig" ist, wenn es besondere Eigenarten oder Schönheiten aufweist und deshalb geeignet ist, der werktätigen Bevölkerung als Erholungsgebiet und Wanderziel zu dienen. Weshalb diese Voraussetzungen nicht den in § 22 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe b und c des BbgNatSchG [sowohl in der a.F. als auch in der gegenwärtigen Fassung (BbgNatSchG i.d.F. der Bekanntmachung vom 26. Mai 2004, GVBl. I S. 350, zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. Juni 2006, GVBl. I S. 74 )- BbgNatSchG n.F. -] genannten Merkmalen "Eigenart oder Schönheit des Landschaftsbildes" bzw. der "Landschaft" und "besondere Bedeutung für die (naturnahe) Erholung" entsprechen sollen, führt der Kläger nicht aus.

Soweit der Kläger geltend machen will, dass der Beschluss vom 1. Mai 1968 in formeller Hinsicht rechtswidrig sei, weil sein Text keine Begründung der "Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit" enthalte, ist nicht § 22 Abs. 1 BbgNatSchG, sondern § 19 Abs. 2 Satz 1 BbgNatSchG a.F./n.F. einschlägig. Insoweit fehlt es an jeglicher Darlegung, dass diese Vorschrift auf die nach dem NatSchG/DDR ergangene Schutzgebietserklärung anwendbar sein könnte. Ebensowenig trägt der Kläger auch nur ansatzweise dazu vor, dass die von ihm geforderte Begründung der (aufgrund der in dem angefochtenen Urteil und dem insoweit in Bezug genommenen Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg im Einzelnen angeführten Vorschriften) als Landesrecht übergeleiteten Erklärung nach dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzip geboten sein könnte.

c) Auch mit seiner Ansicht, dass "im Sinne von § 28 Abs. II und III BbgNatSchG ... aus rechtsstaatlichen Gründen den betroffenen Grundstückseigentümern die Möglichkeit eingeräumt werden" müsse, "sich zur Ausweisung zu äußern", zeigt der Kläger keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten auf. Zwar trifft es zu, dass für eine Beteiligung (zumindest) der von der Schutzgebietsausweisung betroffenen Grundstückseigentümer im Rahmen des den Beschluss vom 1. Mai 1968 vorbereitenden Verfahrens nichts ersichtlich ist. Auch liegt es auf der Hand, dass die Festsetzung eines Landschaftsschutzgebietes in das Eigentum derjenigen Grundstückseigentümer eingreift, deren Grundstücke in dem Gebiet liegen. Jedoch bedeutet dies nicht, dass eine Beteiligung der betroffenen Grundstückseigentümer von Verfassungs wegen - sei es wegen der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG, sei es aufgrund des Rechtstaatsprinzips des Art. 20 Abs. 3 GG - erforderlich ist, wenn jedenfalls nachträglich effektiver Rechtsschutz zu erlangen ist, wie dies hier zumindest seit Geltung der bundesdeutschen Rechtsordnung im Beitrittsgebiet der Fall ist (vgl. hierzu: OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 20.April 1994 - 4 K 25.93 -, juris). Zudem wird zu der Anhörung im Planfeststellungsverfahren nach § 73 VwVfG und zur Beteiligung der Öffentlichkeit im Verfahren der Bauleitplanung gemäß § 3 BauGB mit gewichtiger Begründung die Ansicht vertreten, dass sich dem Grundgesetz eine zwingende Betroffenenbeteiligung nicht entnehmen lasse (s. nur die Standardkommentare: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl. 2008, § 73 RN 6; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 10. Aufl. 2007, § 3 RN 4 - beide m.w.N.). Wenn die Frage einer verfassungsrechtlich gebotenen Betroffenenbeteiligung schon hinsichtlich zweifelsfrei der planerischen Gestaltungsfreiheit und damit nur einer beschränkten (nachträglichen) Rechtskontrolle unterliegenden Abwägungsentscheidungen umstritten ist, muss dies erst Recht für die naturschutzrechtlichen Schutzgebietsausweisungen gelten. Denn deren Rechtsnatur ist - trotz der Klarstellung in § 28 Abs. 4 BbgNatSchG n.F., dass die vorgebrachten Einwendungen gegen die Belange des Naturschutzes abzuwägen sind (vgl. Koch/Tolkmitt a.a.O., § 28 Nr. 5) - noch nicht geklärt (Koch/Tolkmitt a.a.O., § 19 Nr. 6 m.w.N.). Wegen dieser auf der Hand liegenden Gegenargumente konnte sich der Kläger zur Darlegung besonderer rechtlicher Schwierigkeiten der Frage, ob die betroffenen Grundstückseigentümer in dem Verfahren zur Festsetzung des Landschaftsschutzgebietes von Verfassungs wegen zu beteiligen waren, nicht mit dem schlichten Hinweis begnügen, dass die Ausweisung in ihr Eigentum eingreife.

Dies gilt umso mehr, als bei vorkonstitutionellen Vorschriften geringere Anforderungen ausreichen können (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern a.a.O. und BVerwG, Beschluss vom 24. Mai 1995 - 4 NB 37.94 -, juris, zur Frage der Bekanntmachung einer in der ehemaligen DDR erlassenen Schutzgebietsausweisung). Bei der Festsetzung von Landschaftsschutzgebieten durch den Beschluss des Rates des Bezirks C_____ vom 1. Mai 1968 handelt es sich auch um vorkonstitutionelles Recht. Dass die vor der Wiedervereinigung wirksam gewordene Regelung nach Art. 9 Abs. 1 EV fortgalt und gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 BbgNatSchG a.F./n.F. i.V.m. Art. 6 § 8 des Umweltrahmengesetzes vom 29. Juni 1990 (GBl. der DDR I S. 649) i.V.m. § 37 Abs. 4 der Naturschutzverordnung vom 18. Mai 1989 (GBl. der DDR I S. 159) i.V.m. 26 Abs. 3 Satz 1 der Naturschutzverordnung vom 14. Mai 1970 (GBl. der DDR II S. 331) "bis zu einer anderweitigen Regelung in Kraft" bleibt, steht ihrer Qualifizierung als vorkonstitutionelles Recht nicht entgegen. Art. 9 Abs. 1 EV "hat nur den Sinn, Zweifel darüber auszuschließen, ob altes Recht etwa deshalb keinen Bestand mehr haben soll, weil es unter einer anderen, nicht mehr geltenden Verfassungsordnung entstanden ist" (so zu Art. 9 Abs. 2 EV: BVerfG, Beschluss vom 30. Oktober 1993 - 1 BvL 42.92 -, juris). Auch § 78 Abs. 1 Satz 1 BbgNatschG a.F./n.F. lässt sich nicht entnehmen, dass der Landesgesetzgeber die aufrechterhaltenen Schutzgebietsfestsetzungen konkret in seinen Willen aufgenommen und damit bestätigt hätte. Denn wie sich deutlich erkennbar aus der Formulierung "bis zu einer anderweitigen Regelung" ergibt, sollte nur für einen Übergangszeitraum eine Gefährdung des Naturschutzes ausgeschlossen werden, die sich dann ergeben hätte, wenn sämtliche Festsetzungen von Schutzgebieten im Bereich der ehemaligen DDR mit sofortiger Wirkung entfallen wären. Die Ausweisungen sollten lediglich bis zu einer auf der Grundlage des BbgNatSchG erlassenen Rechtsverordnung hingenommen werden; eine Befassung mit ihrem konkreten Regelungsgehalt war damit offensichtlich nicht verbunden (s. hierzu: BVerfG, Beschluss vom 16. November 1971 - 1 BvL 29/70 und 11/71 - BVerfGE 32, S. 256, 258 ff; Beschluss vom 30. Oktober 1993 a.a.O.). Gleiches gilt hinsichtlich der in § 4 Nr. 9 des Vorschaltgesetzes zum Landesplanungsgesetz und Landesentwicklungsprogramm für das Land Brandenburg vom 6. Dezember 1991 (GVBl. S. 616) "bis zur Erstellung eines Landesentwicklungsplanes zur Sicherung der Belange von Natur und Landschaft" angeordneten Fortdauer der dort bezeichneten Schutzgebiete, zu denen auch das streitgegenständliche Landschaftsschutzgebiet gehört. Selbst wenn man dies anders sähe - etwa weil sich der Gesetzgeber durch die Aufnahme der Schutzgebiete in den durch § 4 Nr. 9 des Vorschaltgesetzes in Bezug genommenen Plan zumindest mit Art und Ausmaß der Gebiete befasst haben könnte -, würde das Landschaftsschutzgebiet B_____nicht als nachkonstitutionelle Rechtsverordnung fortgelten. Denn durch § 4 des Vorschaltgesetzes wurden die in Nummer 9 der Regelung aufgeführten Schutzgebiete als Ziele der Raumordnung vorgegeben. Ziele der Raumordnung sind jedoch gemäß § 4 Abs. 1 ROG lediglich von den öffentlichen Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu beachten. Ihnen kommt damit nicht die Rechtsnatur einer gegenüber jedermann geltenden Rechtsverordnung zu.

2. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass das Vorhabengrundstück in dem Landschaftsschutzgebiet B_____ liegt, hat der Kläger nicht dargetan. Das Verwaltungsgericht hat diese Ansicht auf die bereits genannte Karte des Büros für Territorialplanung bei der Bezirksplanungskommission C_____ und die topographische Karte Nr. 1110-22 S_____-W_____ nach dem Stand von 1987 gestützt. Die hiergegen erhobenen Rügen des Klägers greifen, wie unter vorstehend 1.a) ausgeführt, nicht durch.

3. Ebenso wenig hat der Kläger die in dem angefochtenen Urteil vertretene Auffassung schlüssig in Frage gestellt, dass die nach §§ 76 Abs. 2, 72 Abs. 1, 22 Abs. 1 und 3 BbgNatSchG a.F. erforderliche Befreiung bei der Erteilung der Baugenehmigung nicht vorgelegen habe. Es liegt auf der Hand, dass mit der Stellungnahme des Umweltamtes Spremberg vom 20. November 1992 weder eine Befreiung noch ihre Zusicherung i.S.d. § 38 VwVfGBbg ausgesprochen wurde. In dieser mit "Hinweise zur Bauvoranfrage" überschriebenen und als "Auflage", die "zu erfüllen" ist, in den Vorbescheid vom 1. Dezember 1992 aufgenommene Stellungnahme wurde zum Landschaftsschutz ausgeführt: "Da o.g. Bauvorhaben im LSG liegt, müssen wir festlegen, dass einer zukünftigen Erweiterung von Seiten des Natur- und Landschaftschutzes nicht mehr zugestimmt wird." Soweit in diesen "Hinweisen" - etwa durch ihre Einbeziehung in den Vorbescheid - überhaupt eine Regelung mit Außenwirkung gesehen werden könnte, wird mit ihnen gerade keine Befreiung ausgesprochen, sondern nur für die Zukunft "festgelegt", dass von der Bauvoranfrage nicht erfassten "Erweiterungen" des Bauvorhabens "nicht mehr zugestimmt" werde. Gleichzeitig wird damit nicht der spätere Erlass einer Befreiung i.S.d. § 38 VwVfGBbg in Aussicht gestellt, sondern - im Gegenteil - deren Verweigerung. Im Übrigen war, entgegen der Ansicht des Klägers, für die Erteilung einer Befreiung auch nicht das Landratsamt zuständig, sondern gemäß "§§ 76 Abs. 2, 78 Abs. 1 i.V.m. 72 Abs. 2 Satz 1, 22 Abs. 2 HS 1 BbgNatSchG a.F. der "zuständige Fachminister".

4. Auch im Hinblick auf die Frage, ob der angefochtene Rücknahmebescheid die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfGBbg einhält, liegt der geltend gemachte Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat als den Fristlauf in Gang setzendes Ereignis die Kenntnis des beklagten Landkreises von dem an das Ministerium für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr gerichteten Schreiben des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung vom 1. Juni 1994 angesehen. Denn erst aufgrund dieses Schreibens habe dem Beklagten bewusst werden können, dass es einer in einem eigenständigen Verfahren zu erteilenden Befreiung bedurft habe und diese nicht ausgesprochen werde. Das Vorbringen des Klägers, dass dem Beklagten die Lage des Vorhabengrundstücks in einem Landschaftsschutzgebiet bewusst war und er sich hiermit unter dem Gesichtspunkt des "öffentlichen Belanges von Natur und Landschaft ... auseinandergesetzt" habe, geht damit an der Begründung des Verwaltungsgerichts vorbei. Es geht nicht um die Kenntnis des Beklagten von der Lage des Grundstücks in einem Landschaftsschutzgebiet und der entsprechenden materiell-rechtlichen Würdigung, sondern um das verfahrensrechtliche Erfordernis einer von der zuständigen Naturschutzbehörde zu erteilenden Befreiung. Das weitere (auch) in diesem Zusammenhang vorgebrachte Argument, dass in den Hinweisen des Umweltamtes S_____ eine Befreiung oder zumindest deren Zusicherung liege, geht, wie bereits ausgeführt, fehlt.

Das von dem Kläger auf die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfGBbg bezogene - richtigerweise der Ermessensentscheidung nach § 48 Abs. 1 VwVfG zuzuordnende - Vorbringen, dass "die streitgegenständliche Rücknahmeentscheidung wohl nicht auf das Nichtvorliegen einer Befreiung nach dem Landschaftsschutzgesetz gestützt" worden sei, "sondern auf entgegenstehende Belange im Sinne von § 35 Abs. III BauGB hinsichtlich eines im Außenbereich gemäß § 35 Abs. I BauGB liegenden Bauvorhabens", ist unzutreffend. Denn jedenfalls nach dem 2. Absatz der Seite 3 des (maßgeblichen) Widerspruchsbescheides wird die Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung ausdrücklich damit begründet, dass "eine Befreiung nach § 72 BbgNatSchG zum Zeitpunkt der Erteilung ... nicht vorlag."

5. Schließlich greifen auch die unter dem Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO geltend gemachten Rügen des Klägers gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Rücknahmeentscheidung ermessensfehlerfrei sei, nicht durch.

Entgegen der Behauptung des Klägers hat sowohl die Ausgangsbehörde (Seite 2, 7. Absatz des Bescheides) als auch die Widerspruchsbehörde (Seite 3, 5. Absatz des Bescheides) "die Möglichkeit einer naturschutzrechtlichen Befreiung ... geprüft" und diese wegen der Versagung in dem Schreiben des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung vom 1. Juni 1994 verneint.

Ob das Fällen von vier Bäumen, wie der Kläger meint, "einen minimalen Eingriff" in den auf dem Vorhabengrundstück vorhandenen Baumbestand darstellt, kann dahinstehen. Denn das Verwaltungsgericht hat ausweislich Seite 15 des Urteilsabdrucks den Eingriff in Natur und Landschaft vor allem in der Errichtung mehrerer Neubauten gesehen.

Das Vorbringen des Klägers zur angeblich fehlenden bzw. unzureichenden Berücksichtigung von Vertrauensschutzgesichtspunkten setzt sich gleichfalls nicht mit den sorgfältigen und zutreffenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts (Seite 19 des Urteilsabdrucks) auseinander.

6. Soweit sich der Kläger in seinem Schriftsatz vom 3. April 2008 auf eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes beruft, wahrt dieses Vorbringen nicht die Frist zur Begründung des Zulassungsantrages.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die zweitinstanzliche Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 71 Abs. 1 Satz 1 und 2, 72 Nr. 1 GKG i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG i.d.F. der Bekanntmachung vom 15. Dezember 1975 (BGBl. I S. 3047), zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. Juni 1994 (BGBl. I S. 1325) - GKG a.F.; der Senat folgt der Begründung des Verwaltungsgericht.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG a.F.).

Ende der Entscheidung

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