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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 02.06.2006
Aktenzeichen: OVG 11 A 11.05
Rechtsgebiete: BNatSchG, BbgNatSchG, VwGO, BbgVwGG, BbgKorV, VwVfG


Vorschriften:

BNatSchG § 29 a.F.
BNatSchG § 39 b
BNatSchG § 42
BNatSchG § 42 Abs. 1 Nr. 1
BNatSchG § 42 Abs. 1 Nr. 3
BNatSchG § 43 Abs. 8
BNatSchG § 43 Abs. 8 Satz 1
BNatSchG § 43 Abs. 8 Satz 4
BNatSchG § 60 Abs. 2
BNatSchG § 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
BNatSchG § 60 Abs. 2 Satz 2
BNatSchG § 60 Abs. 2 Satz 3
BNatSchG § 61
BNatSchG § 61 Abs. 1
BNatSchG § 61 Abs. 1 Satz 1
BNatSchG § 61 Abs. 1 Satz 2
BNatSchG § 61 Abs. 2
BNatSchG § 61 Abs. 2 Nr. 1
BNatSchG § 61 Abs. 3
BNatSchG § 61 Abs. 4
BNatSchG § 61 Abs. 5
BbgNatSchG § 63 Abs. 2 Nr. 3 a.F.
BbgNatSchG § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
BbgNatSchG § 63 Abs. 3 Nr. 5
BbgNatSchG § 63 Abs. 3 Nr. 6
BbgNatSchG § 63 Abs. 3 Nr. 9
BbgNatSchG § 65
BbgNatSchG § 65 Abs. 1
BbgNatSchG § 65 Abs. 2
BbgNatSchG § 72 Abs. 1
BbgNatSchG § 72 Abs. 2
BbgNatSchG § 79 Abs. 7
BbgNatSchG § 79 Abs. 8
VwGO § 42 Abs. 2
VwGO § 47
VwGO § 47 Abs. 1 Nr. 2
VwGO § 47 Abs. 2 Satz 1
VwGO § 58 Abs. 2
BbgVwGG § 4 Abs. 1
BbgKorV § 2 Abs. 1
BbgKorV § 4 Abs. 1
VwVfG § 35
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 11 A 11.05

In dem Normenkontrollverfahren

hat der 11. Senat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 2. Juni 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Laudemann, den Richter am Oberverwaltungsgericht Fieting, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Apel, die ehrenamtliche Richterin Plonske-Zindel und die ehrenamtliche Richterin Schönhusen für Recht erkannt:

Tenor:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Antragsteller begehrt mit seinem am 12. September 2005 bei dem Oberverwaltungsgericht eingegangenen Antrag, die Verordnung zur Abwendung erheblicher fischereiwirtschaftlicher Schäden durch Kormorane sowie zum Schutz der heimischen Tierwelt (Brandenburgische Kormoranverordnung - BbgKorV -) vom 1. Dezember 2004 (GVBl. II - Nr. 36 vom 20. Dezember 2004, Seite 897 f.) insgesamt, hilfsweise nur hinsichtlich bestimmter Vorschriften, für unwirksam zu erklären. Die u.a. auf § 43 Abs. 8 Satz 4 Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG - gestützte Brandenburgische Kormoranverordnung lässt es abweichend von § 42 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG unter Einschränkungen zu, Kormorane abzuschießen, sie mit Hilfe von Lasergeräten zu vergrämen und die Neugründung von Brutkolonien oder Schlafplätzen des Kormorans zu verhindern.

Der Antragsteller trägt zur Zulässigkeit des Normenkontrollantrags u.a. vor: Das Oberverwaltungsgericht sei nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 Abs. 1 des Brandenburgischen Verwaltungsgerichtsgesetzes - BbgVwGG - für die Entscheidung über Anträge betreffend die Gültigkeit von Rechtsvorschriften im Range unter dem Landesgesetz und somit auch für die Überprüfung der Brandenburgischen Kormoranverordnung sachlich zuständig. Die zweijährige Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO sei eingehalten. Auch sei der Antragsteller nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Zwar ergebe sich die Antragsbefugnis nicht aus § 61 Abs. 1 BNatSchG. Jedoch bestimme § 61 Abs. 5 BNatSchG, dass die Länder Rechtsbehelfe auch in anderen Fällen zulassen können, in denen, wie hier, nach § 60 Abs. 2 BNatSchG die Beteiligung der Verbände vorgesehen sei. Hiervon habe der Gesetzgeber des Landes Brandenburg Gebrauch gemacht und den Verbänden durch § 65 Abs. 1 BbgNatSchG, der auf § 63 Abs. 3 Nr. 5 BbgNatSchG und damit auf § 43 Abs. 8 einschließlich dessen Satz 4 BNatSchG verweise, gerade für den Fall der Erteilung von Ausnahmen nach § 43 Abs. 8 BNatSchG den Zugang zur Normenkontrolle eröffnet. Aus § 65 Abs. 2 BbgNatSchG ergebe sich nichts anderes. Während in Abs. 1 der Vorschrift allgemein von Entscheidungen gesprochen werde, finde hier eine Eingrenzung auf Verwaltungsakte statt. Der Gesetzgeber habe bewusst differenziert. Während eine Verbandsklage nach § 65 Abs. 1 BbgNatSchG für alle dort genannten Entscheidungen (Einzelfallgenehmigungen als Verwaltungsakte oder abstrakt-generelle Regelungen wie bei der angegriffenen Verordnung) zulässig sei, solle die Umgehungsklage nach Abs. 2 nur für Verwaltungsakte zugelassen werden. Der Gesetzgeber sei sich in Anbetracht des eindeutigen Wortlauts in § 43 Abs. 8 BNatSchG bewusst gewesen, dass Ausnahmen nach dieser Vorschrift sowohl als Einzelfallentscheidungen als auch abstrakt-generell erteilt werden können und habe die Verbandsbeteiligung auf jeden Fall vorschreiben wollen. Das ergebe sich aus der Formulierung in § 63 Abs. 3 Nr. 5 BbgNatSchG, die im Zusammenhang mit § 72 Abs. 1 und 2 BbgNatSchG von Ausnahmegenehmigungen spreche, hinsichtlich § 43 Abs. 8 BNatSchG aber allgemein von Ausnahmen. Auch die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen einer altruistischen Verbandsklage nach § 65 Abs. 1 BbgNatSchG i.V.m. § 61 Abs. 2 BNatSchG seien erfüllt. Der Antragsteller mache gem. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO geltend, durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich verletzt zu sein, weil die mit der angegriffenen Verordnung zugelassenen Ausnahmen von den Verboten des § 42 BNatSchG den in seiner Satzung festgelegten Zielen widersprächen. Der Antrag sei jedoch auch unabhängig von der Verbandsklagebefugnis zulässig. Der Antragsteller sei einer der großen Grundbesitzer in Brandenburg, der bestrebt sei, seine Vogel- und Naturschutzziele als Eigentümer auf seinen Flächen zu verwirklichen. Derartige Bestrebungen seien vom Grundrecht auf Eigentum gedeckt. Es bestehe jedenfalls die Möglichkeit, dass durch die Brandenburgische Kormoranverordnung in die Eigentumsrechte eingegriffen werde, denn es werde Dritten grundsätzlich gestattet, auf Flächen des Antragstellers Kormorane zu bekämpfen, was das Betreten des Eigentums umschließe. Schließlich sei der Antrag auch begründet, denn die angegriffene Verordnung verstoße formell und materiell gegen höherrangiges Recht.

Der Antragsteller beantragt,

die Verordnung zur Abwendung erheblicher fischereiwirtschaftlicher Schäden durch Kormorane sowie zum Schutz der heimischen Tierwelt vom 1. Dezember 2004 (Brandenburgische Kormoranverordnung - BbgKorV -, GVBl. Brandenburg 2004, Teil II, Seite 897 f.) für unwirksam zu erklären,

hilfsweise,

§ 1 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 1; § 2 Abs. 1; § 4 Abs. 1 und § 7 der genannten Verordnung für unwirksam zu erklären.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Der Antragsgegner hält den Antrag sei unzulässig, weil der Antragsteller nicht antragsbefugt sei. Die Antragsbefugnis folge weder aus § 61 Abs. 1 BNatSchG noch aus § 65 BbgNatSchG. Letzteres ergebe sich aus § 65 Abs. 2 BbgNatSchG, der ausdrücklich die in Abs. 1 genannten Verwaltungsakte in Bezug nehme. Dadurch werde klargestellt, dass § 65 Abs. 1 BbgNatSchG mit dem Begriff Entscheidungen ausschließlich Verwaltungsakte meine. Auch spreche die Gesetzesbegründung dafür, dass § 65 Abs. 1 BbgNatSchG nur Verwaltungsakte, nicht jedoch Rechtsverordnungen erfasse. Denn der Gesetzgeber habe mit der Vorschrift lediglich die auch zuvor geltenden Fallgruppen für die Möglichkeit von Verbandsklagen fortführen, nicht jedoch erweitern wollen. Hätte der Landesgesetzgeber den Verbänden eine Antragsbefugnis gegen Rechtsverordnungen einräumen wollen, so sei zu erwarten gewesen, dass er dies im Gesetz hervorgehoben und in der Gesetzesbegründung hierauf gesondert hingewiesen hätte. Schließlich könne der Antragsteller sich nicht auf eine drohende Verletzung seines Eigentumsrechts berufen, denn die Verordnung erlaube nicht eine Bekämpfung von Kormoranen auf fremdem Grund.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Streitakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Antrag ist unzulässig.

1. Zwar ist der Antrag statthaft. Gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO entscheidet das Oberverwaltungsgericht auf Antrag über die Gültigkeit von unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt. Eine solche Bestimmung trifft § 4 Satz 1 BbgVwGG. Danach ist das Oberverwaltungsgericht im Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO auch zur Entscheidung über die Gültigkeit einer anderen im Range unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, mithin auch einer Rechtsverordnung, zuständig.

2. Der Antragsteller ist jedoch nicht antragsbefugt. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO setzt voraus, dass der Antragsteller geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in seinen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Dabei können an die Geltendmachung einer Rechtsverletzung nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO n.F. keine höheren Anforderungen gestellt werden als sie auch für die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO gelten (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 1998 - 4 CN 2/98 -, BVerwGE 107, 215). Auch unter Anlegung dieses Maßstabs kann sich der Antragsteller nicht mit Erfolg auf die Möglichkeit einer bereits eingetretenen oder zumindest drohenden Verletzung eigener Rechte berufen.

a) Aus seiner Verbandsstellung kann der Antragsteller subjektive Rechte i.S.v. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO lediglich in Form von Mitwirkungsrechten im Verordnungsverfahren geltend machen. Ihm ist am 25. Februar 1991 durch den Minister für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung des Landes Brandenburg die Anerkennung nach § 29 BNatSchG a.F. ausgesprochen worden. Gemäß § 79 Abs. 8 i.V.m. § 63 Abs. 3 Nr. 5 BbgNatSchG war ihm deshalb vor der Erteilung von Ausnahmen nach § 43 Abs. 8 BNatSchG Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Einsicht in die einschlägigen Sachverständigengutachten zu geben. Der Antragsteller macht jedoch selbst nicht geltend, in seinen ihm im Verordnungsverfahren zustehenden Mitwirkungsrechten verletzt worden zu sein. Er trägt ausdrücklich vor, die Möglichkeit erhalten zu haben, zum Verordnungsentwurf Stellung zu nehmen. Diese Möglichkeit habe er mit Schreiben vom 16. September 2004 genutzt, in dem er sich "umfassend und sehr kritisch" mit dem Verordnungsentwurf auseinander gesetzt habe.

b) Auch kann sich der Antragsteller nicht mit Erfolg auf eine drohende Verletzung seines Eigentumsrechts berufen. Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass Kormorane als wilde Tiere herrenlos sind (§ 960 Abs. 1 Satz 1 BGB). Das Grundeigentum des Antragstellers kann durch die angegriffene Verordnung oder deren Anwendung unter keinem Gesichtspunkt eine Verletzung erfahren. Die Brandenburgische Kormoranverordnung enthält lediglich naturschutzrechtliche Regelungen und verhält sich nicht zu etwaigen Rechten Dritter. Sie lässt zwar Ausnahmen von den Verboten des § 42 BNatSchG zu, regelt aber keine Befugnis, hierzu fremde Grundstücke ohne Zustimmung des jeweiligen Eigentümers in Anspruch zu nehmen. Zudem beschränkt § 2 Abs. 1 BbgKorV die Tötung und Vergrämung von Kormoranen örtlich auf den Bereich der Fischereigewässer und fischereiwirtschaftlichen Anlagen sowie deren nächste Umgebung von 500 Metern. Abgesehen davon, dass der Antragsteller nicht einmal behauptet, dass seine Grundstücke innerhalb dieser Zone liegen, setzt der Abschuss von Kormoranen außerhalb des Betriebsgeländes überdies voraus, dass der zum Abschuss Berechtigte in dem jeweiligen Bereich die letztlich vom Grundstückseigentümer abgeleitete (vgl. §§ 3 Abs. 1, 11 BJagdG) Berechtigung zur Ausübung der Jagd besitzt (§ 3 Abs. 1 und 3 BbgKorV). Soweit es § 4 Abs. 1 BbgKorV den Bewirtschaftern von Gewässern oder Fischereianlagen gestattet, die Neugründung von Brutkolonien oder Schlafplätzen des Kormorans zu verhindern, folgt daraus ebenfalls keine Befugnis, fremde Grundstücke ohne Zustimmung des Eigentümers zu betreten oder auf diese in sonstiger Weise einzuwirken.

3. Der Antragsteller ist von dem Erfordernis der Antragsbefugnis auch nicht befreit. Soweit er naturschutzrechtlich zur Erhebung einer so genannten altruistischen Verbandsklage befugt ist, gilt dies nicht für das vorliegende Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO.

a) Für die Einführung einer altruistischen Verbandsklage in Normenkontrollsachen bedarf es einer bundesgesetzlichen Ermächtigung. Die VwGO regelt die Zulässigkeitsvoraussetzungen für verwaltungsgerichtliche Rechtschutzmöglichkeiten abschließend und geht dabei davon aus, dass Popular- und Verbandsklagen in der Regel unzulässig sind. § 42 Abs. 2 VwGO macht davon eine Ausnahme, indem die Vorschrift dem Gesetzgeber - auch dem Landesgesetzgeber - ausdrücklich die Möglichkeit eröffnet, eine abweichende Regelung zu treffen und den Kreis der Klagebefugten weiter zu ziehen. Ein entsprechender Vorbehalt für eine abweichende gesetzliche Regelung fehlt in § 47 VwGO. Das führt bei systematischer Auslegung dieser Vorschrift im Vergleich zu § 42 Abs. 2 VwGO zu dem Schluss, dass der Landesgesetzgeber und damit auch der Landesverfassungsgesetzgeber durch die Vorschriften der VwGO gehindert ist, ohne bundesgesetzliche Ermächtigung eine altruistische Verbandsklage in Normenkontrollsachen einzuführen (vgl. OVG Bautzen, Beschluss vom 19. Mai 1994 - 1 S 409/94 -, NVwZ-RR 1995, 514, 515; Hessischer VGH, Beschluss vom 14. April 1997 - 6 N 2349/96 -, bei JURIS; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Auflage, § 47, Rdziff. 48).

b) § 61 Abs. 1 BNatSchG verleiht den anerkannten Naturschutzverbänden nicht die Befugnis, ein Normenkontrollverfahren zu betreiben, ohne die (drohende) Verletzung eigener Rechte geltend machen zu können. Denn die Vorschrift erfasst lediglich Befreiungen (Nr. 1) sowie Planfeststellungsbeschlüsse und Plangenehmigungen (Nr. 2), mithin ausschließlich Verwaltungsakte als Klagegegenstand. Sah das Bundesrecht bereits zuvor eine altruistische naturschutzrechtliche Verbandsklage im Normenkontrollverfahren nicht vor (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. August 1995 - 4 NB 43/94 -, NVwZ-RR 1996, 141), so hat § 61 Abs. 1 BNatSchG daran nichts geändert.

c) Allerdings ermächtigt § 61 Abs. 5 BNatSchG die Länder, Rechtsbehelfe von Vereinen auch in anderen Fällen zuzulassen, in denen nach § 60 Abs. 2 BNatSchG die Mitwirkung von Vereinen vorgesehen ist (Satz 1), sowie weitere Vorschriften über das Verfahren zu erlassen (Satz 2). Mit dieser Vorschrift hat der Bundesgesetzgeber klargestellt, dass § 61 BNatSchG eine bundesrechtliche Mindestregelung darstellt, die weitergehende landesrechtliche Vereinsklageregelungen ermöglicht (vgl. BT-Drs. 14/6378, Seite 62, BR-Drs. 411/01, Seite 115).

Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsnorm sind erfüllt, denn vorliegend war eine Mitwirkung der Vereine nach § 60 Abs. 2 BNatSchG vorgesehen. Gemäß § 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG ist einem von den Ländern anerkannten Verein bei der Vorbereitung von Verordnungen und anderen im Rang unter dem Gesetz stehenden Rechtsvorschriften der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden der Länder Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Einsicht in die einschlägigen Sachverständigengutachten zu geben. Zuständige Behörde kann dabei auch ein Verfassungsorgan wie z.B. die Landesregierung sein, die die Brandenburgische Kormoranverordnung erlassen hat (vgl. Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, 2. Auflage, § 60 Rdziff. 4). Überdies enthält § 60 Abs. 2 Satz 2 und 3 BNatSchG eine weitere Öffnungsklausel, wonach die Länder eine weitergehende Form der Mitwirkung sowie eine Erweiterung des Katalogs der Mitwirkungsfälle vorsehen können (vgl. BT-Drs. 14/6378, Seite 60). Hiervon hat der Gesetzgeber des Landes Brandenburg Gebrauch gemacht und in § 63 Abs. 3 Nr. 5 BbgNatSchG die Beteiligung anerkannter Naturschutzverbände auch für Ausnahmen nach § 43 Abs. 8 BNatSchG vorgesehen.

Es kann dahinstehen, ob der Bundesgesetzgeber die Länder über § 61 Abs. 5 BNatSchG damit auch ermächtigt, die altruistische Verbandsklage zugleich für das Normenkontrollverfahren einzuführen (so Kopp, a.a.O.). Denn jedenfalls hat der Gesetzgeber des Landes Brandenburg dies bislang nicht getan.

§ 65 BbgNatSchG befreit die Naturschutzverbände in Normenkontrollverfahren nicht von dem Erfordernis der Antragsbefugnis. Nach Absatz 1 dieser Vorschrift kann ein anerkannter Naturschutzverband in entsprechender Anwendung des § 61 Abs. 1 Satz 2 und des § 61 Abs. 2 - 4 BNatSchG gegen den Erlass, die Ablehnung oder Unterlassung der in § 61 Abs. 1 Satz 1 des BNatSchG und in § 63 Abs. 3 Nr. 5, 6 und 9 BbgNatSchG genannten Entscheidungen Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung einlegen, ohne in eigenen Rechten verletzt zu sein. § 63 Abs. 3 Nr. 5 BbgNatSchG räumt einem anerkannten Naturschutzverband Mitwirkungsrechte unter anderem vor der Erteilung von Ausnahmen von § 43 Abs. 8 BNatSchG ein. Diese Norm sieht in Satz 4 vor, dass die Landesregierungen die Ausnahmen im Sinne des Satzes 1 BNatSchG allgemein durch Rechtsverordnung zulassen können, soweit es sich nicht um Tiere und Pflanzen der strenggeschützten Arten handelt. Entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers ergibt sich aus dieser Verweisungskette allerdings nicht die Zulässigkeit einer altruistischen Verbandsklage im naturschutzrechtlichen Normenkontrollverfahren. Vielmehr ist davon auszugehen, dass § 65 BbgNatSchG nur Verwaltungsakte als Klagegegenstand erfasst, so dass auch die Verweisung auf § 43 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG in diesem eingeschränkten und mit dem aus § 43 Abs. 8 BNatSchG übernommenen Begriff "Ausnahme" durchaus vereinbaren Sinne zu verstehen ist.

Es erscheint schon zweifelhaft, ob der Gesetzgeber des Landes Brandenburg die Ausnahmen nach § 43 Abs. 8 BNatSchG überhaupt in den Katalog der beteiligungspflichtigen Tatbestände in § 63 Abs. 3 Nr. 5 BbgNatSchG mit einbezogen hat, um damit ein Mitwirkungsrecht bei dem Erlass von Verordnungen nach § 43 Abs. 8 Satz 4 BNatSchG zu begründen. Denn die Beteiligung der Verbände ist bei dem Erlass von Rechtsverordnungen der Naturschutzbehörden ohnehin über § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr.1 BbgNatSchG gesichert, so dass kein Bedürfnis bestand, dies in Nr. 5 erneut zu regeln. Das spricht dafür, dass es ihm lediglich darum ging, den Katalog der mitwirkungspflichtigen Ausnahmen sachlich um diejenigen von den Verboten zum Schutz besonders geschützter und bestimmter anderer Tier- und Pflanzenarten nach § 42 BNatSchG zu erweitern, die von der Vorgängervorschrift des § 63 Abs. 2 Nr. 3 BbgNatSchG a.F. nicht erfasst waren (vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung, Drs. 3/6675 zu Nr. 67 [§ 63]), und dass der genannten Verweisungskette die vom Antragsteller verfochtene Bedeutung nicht beizumessen ist.

Hätte der Landesgesetzgeber naturschutzrechtliche Rechtsverordnungen in den Katalog der Gegenstände einer altruistischen Verbandsklage nach § 65 BbgNatSchG einbeziehen wollen, so hätte es sich geradezu aufgedrängt, dies eindeutig zu regeln, beispielsweise in Absatz 1 dieser Norm den Mitwirkungsfall des § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BbgNatSchG ausdrücklich aufzuführen, was nicht geschehen ist und bereits zeigt, dass nach der Konzeption des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes die Klagerechte von Naturschutzverbänden durchaus hinter deren Mitwirkungsbefugnissen zurückbleiben können. Jedenfalls aber wäre zu erwarten gewesen, dass sich der Gesetzgeber des Landes Brandenburg zumindest in der Gesetzesbegründung zu einer Einführung eines altruistischen Verbandsnormenkontrollverfahrens bekannt hätte, wenn er von der Öffnungsklausel des § 61 Abs. 5 BNatSchG in entsprechender Weise hätte Gebrauch machen wollen. Denn insoweit hätte der Brandenburgische Gesetzgeber einen Weg eingeschlagen, der soweit ersichtlich bislang in keinem anderen Bundesland beschritten worden ist (vgl. dazu Übersichten in Schmidt/Zschiesche/Rosenbaum, Die naturschutzrechtliche Verbandsklage in Deutschland, 2003, Anhang I) und von dem der Bundesgesetzgeber bewusst abgesehen hat. Denn im Gesetzgebungsverfahren zu § 61 BNatSchG ist sowohl durch den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BT-Drs. 14/7469, Seite 25) als auch durch die Regierungsfraktionen (BT-Drs. 14/7490, Seite 44) beantragt worden, Abs. 1 Nr. 2 der Vorschrift dahingehend zu erweitern, dass auch Bebauungspläne erfasst würden, die die genannten Planfeststellungen ersetzen. Dieser Vorschlag ist jedoch durch den auf Anregung des Bundesrates einberufenen Vermittlungsausschuss mit der Begründung zurückgewiesen worden, die Regelung würde im gerichtlichten Verfahren "eine - wiederum nur den anerkannten Vereinen eröffnete - Popularklage gegen Rechtsnormen schaffen, die angesichts der weiten Normenkontrollbefugnis in § 47 Abs. 2 VwGO weder erforderlich noch gerechtfertigt ist" (BT-Drs. 14/7942, Seite 3; BT-Drs. 14/8095, Seite 2). Hat sich der Bundesgesetzgeber damit klar gegen die Einführung einer altruistischen Verbandsklage im Normenkontrollverfahren ausgesprochen, so muss angenommen werden, dass der Landesgesetzgeber eine hiervon abweichende Regelung in aller Klarheit getroffen hätte. Das hat er nicht getan. Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Regelungssystematik des § 65 BbgNatSchG belegen im Gegenteil, dass die Verbandsklagebefugnis von anerkannten Naturschutzvereinen auf Verwaltungsakte beschränkt ist.

Schon der Gesetzeswortlaut spricht eher dafür, dass Gegenstand einer Verbandsklage i.S.v. § 65 BbgNatSchG nur Verwaltungsakte sein können. Der Begriff "Entscheidungen" in § 65 Abs. 1 BbgNatSchG dürfte bereits nach allgemeinen Sprachgebrauch im Sinne individuell-konkreter und nicht im Sinne generell-abstrakter Regelungen zu verstehen sein. Aber selbst wenn man dem Rechtsbegriff isoliert betrachtet einen weitergehenden Inhalt zuschreiben wollte, ergäbe sich jedenfalls aus § 65 Abs. 2 BbgNatSchG, dass mit "Entscheidungen" lediglich Verwaltungsakte im Sinne des § 35 VwVfG gemeint sind. Denn nach dieser Vorschrift gilt Abs. 1 entsprechend, wenn zu Unrecht "anstelle der dort genannten Verwaltungsakte" andere Verwaltungsakte erlassen worden sind, für die das Gesetz eine Mitwirkung der anerkannten Naturschutzverbände nicht vorsieht. Da § 65 Abs. 2 den Abs. 1 der Vorschrift einschränkungslos in Bezug nimmt, ist davon auszugehen, dass beide Begriffe im gleichen Sinne und damit in der konkretisierenden Fassung des Absatzes 2 (Verwaltungsakte) zu verstehen sind. Für die Rechtsauffassung des Antragstellers, dass § 65 BbgNatSchG die Klagegegenstände in Absatz 1 weiter fasse als in Absatz 2, lässt sich auch aus der Gesetzesbegründung (vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung, Drs. 3/6675, zu Nr. 69 [§ 65]) nichts herleiten. Denn danach trägt die in Absatz 2 getroffene Bestimmung über die entsprechende Geltung des Absatzes 1, wenn zu Unrecht statt eines beteiligungspflichtigen ein nichtbeteiligungspflichtiges Verwaltungshandeln gewählt wurde, lediglich der ständigen Rechtssprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Verbandsklagerecht Rechnung und dient somit der Klarstellung. Im Übrigen wäre auch nicht verständlich, warum eine Vorschrift, die Umgehungsschutz herstellen will, insoweit eine Einschränkung enthalten sollte. Dies ist auch bei den in der Gesetzesbegründung als Vorbild angeführten Regelungen im Saarländischen Naturschutzgesetz (§ 33 Abs. 3) und im Berliner Naturschutzgesetz (§ 39 b Abs. 3) nicht der Fall. Im Übrigen regelt § 39 b des Berliner Naturschutzgesetzes in der geltenden Fassung vom 23. März 2005 (GVBl. S. 194) den Umgehungsschutz in Absatz 2 Satz 2 sogar dergestalt, dass ein Klagerecht auch dann besteht, wenn zu Unrecht an Stelle der in Absatz 1 genannten Verwaltungsakte "andere hoheitliche Maßnahmen" gesetzt worden sind, für die das Gesetz eine Mitwirkung der anerkannten Vereine nicht vorsieht. Schließlich nennt auch die Übergangsregelung des § 79 Abs. 7 BbgNatSchG lediglich Verwaltungsakte als mögliche Gegenstände einer Verbandsklage nach § 65 BbgNatSchG.

Dafür, dass § 65 Abs. 1 BbgNatSchG lediglich Verwaltungsakte erfasst, spricht überdies die Begründung des Gesetzgebers (a.a.O.). Denn darin heißt es, dass von der Länderöffnungsklausel des § 61 Abs. 5 BNatSchG mit dem BbgNatSchG nur insoweit Gebrauch gemacht werde, als dies erforderlich sei, um die Verbandsklage auch in den nach dem bisherigen Recht bestehenden Fallgruppen zu ermöglichen - dies betreffe auch die Möglichkeit der Verbandsklage in den Fällen der Ablehnung oder Unterlassung eines der genannten Verwaltungsakte -, sowie um eine der Verbandsbeteiligung nach § 63 Abs. 3 Nr. 9 BbgNatSchG entsprechende Regelung auch für die Verbandsklage zu treffen. § 65 BbgNatSchG in der Fassung vom 25. Juni 1992 bezog sich jedoch eindeutig nur auf den Erlass, die Ablehnung oder die Unterlassung von Verwaltungsakten (vgl. nur Satz 1 Nr. 1 der Vorschrift). Damit folgt aus der Gesetzesbegründung, dass die Neufassung des BbgNatSchG keine Erweiterung der Klagegegenstände dergestalt bewirken sollte, dass nunmehr auch Rechtsverordnungen von den Naturschutzverbänden unter Verzicht auf deren Antragsbefugnis einer verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle unterzogen werden können sollten.

Dieses Ergebnis bestätigt sich gesetzessystematisch durch die Inbezugnahme des § 61 Abs. 4 BNatSchG in § 65 Abs. 1 BbgNatSchG. Nach § 61 Abs. 4 BNatSchG müssen Widerspruch und Klage, wenn der Verwaltungsakt dem Verein nicht bekannt gegeben worden ist, binnen eines Jahres erhoben werden, nachdem der Verein von dem Verwaltungsakt Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können. Diese § 58 Abs. 2 VwGO nachgebildete Vorschrift ist ersichtlich allein auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen und damit auf Verwaltungsakte als Klagegegenstand zugeschnitten. Für Normenkontrollanträge im Sinne des § 47 VwGO würde sie auch keinen Sinn ergeben, weil diese nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ohnehin erst innerhalb von zwei Jahren nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift zu stellen sind. Aber auch die durch § 65 Abs. 1 BbgNatSchG für entsprechend anwendbar erklärten Regelungen in § 61 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG sind eindeutig nur auf Verwaltungsakte ausgerichtet.

Schließlich lässt sich eine altruistische Antragsbefugnis im Normenkontrollverfahren auch nicht aus Verfassungsrecht herleiten. Art. 39 Abs. 8 der Brandenburgischen Verfassung stellt die Ausgestaltung der Verbandsklage von Naturschutzverbänden ausdrücklich unter Gesetzesvorbehalt. Auch lässt sie sich nicht aus Artikel 19 Abs. 4 Satz 1 GG herleiten, weil diese Verfassungsnorm die Verletzung subjektiver Rechte voraussetze und diese nicht selbst gewährt (vgl. BVerfG [1. Kammer des Ersten Senats], Beschluss vom 10. Mai 2001 - 1 BvR 481/01 u. 1 BvR 518/01 -, NVwZ 2001, 1148; BVerwG, Beschluss vom 21. Juli 1997 - 4 B N 10/97- , NVwZ- RR 1998, 98).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Ende der Entscheidung

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