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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 27.04.2006
Aktenzeichen: OVG 11 N 1.06
Rechtsgebiete: VwGO, WaffG


Vorschriften:

VwGO § 124 Abs. 2
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 5
VwGO § 124 a Abs. 5 Satz 2
WaffG § 5 Abs. 1 Nr. 2 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 11 N 1.06

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 11. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Laudemann, den Richter am Oberverwaltungsgericht Fieting und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Apel am 27. April 2006 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 19. Juli 2004 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 8.000 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Mit Bescheid vom 12. Mai 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. September 2003 widerrief der Beklagte zwei dem Kläger unstreitig allein zu schießsportlichen Zwecken erteilte und zum Munitionserwerb berechtigende Waffenbesitzkarten und ordnete an, dass der Kläger die darin eingetragenen drei Waffen unbrauchbar machen zu lassen oder einem Berechtigten zu überlassen und dies anzuzeigen habe. Zur Begründung führte er aus, der Kläger habe sich nachträglich als unzuverlässig erwiesen, weil er in mindestens zwei Fällen unerlaubt und damit missbräuchlich außerhalb einer Schießstätte eine Waffe benutzt habe, um zur Schlachtung anstehende Rinder zu töten. Das Verwaltungsgericht hat die gegen die Bescheide erhobene Anfechtungsklage abgewiesen. Hiergegen richtet sich der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung.

II.

Die Berufung ist gemäß § 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt ist und vorliegt. Das ist hier nicht der Fall.

1. Die zu Gunsten des Klägers allein zu berücksichtigende Antragsbegründung rechtfertigt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

a) Das betrifft zum Einen die Rüge, das Verwaltungsgericht sei insoweit von unzutreffenden Tatsachen ausgegangen, als es angenommen habe, der Kläger habe auf einem eigenen Grundstück Rinder gehalten und diese "zum Zwecke der Schlachtung zusammengetrieben oder sonst wie zielgerichtet in die Enge getrieben." Warum von diesen Umständen die Begründetheit der Anfechtungsklage abhängen sollte, ist weder vom Kläger dargelegt worden noch sonst ersichtlich. Denn für die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass der Kläger zum konkreten Schusswaffengebrauch befugte Personen hätte hinzuziehen können und müssen, weil die von ihm angeführten Nottötungen jeweils zur Schlachtung anstehende, gestresste Tiere betroffen hätten und deshalb keinesfalls völlig unvorhersehbar gewesen seien, war es ersichtlich ohne Belang, ob der Kläger die Tiere selbst gehalten und zusammengetrieben hatte oder ob sie ihm von dritter Seite zur Schlachtung zugeführt worden waren.

b) Auch der gegen die rechtliche Würdigung des Verwaltungsgerichts gerichtete Einwand des Klägers, er habe seine Waffe nicht im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 a WaffG missbräuchlich verwendet, weil er beide Male in einer Notstandssituation geschossen habe, greift nicht durch. Es erscheint schon zweifelhaft, ob in den beiden in Rede stehenden Fällen überhaupt eine Nottötung der Tiere mittels Kugelwaffe erforderlich war, was die vom Antragsgegner dazu befragten Tierärzte des Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamtes des Landkreises Teltow-Fläming in ihrer telefonischen Auskunft vom 4. Juni 2003 gemäß Aktenvermerk vom selben Tage verneint und in ihrer schriftlichen Erklärung vom 5. Juni 2003 "weder ausgeschlossen noch bestätigt" haben, dabei jedoch angemerkt haben, dass in anderen Schlachtbetrieben ebenfalls besonders "wilde" Tiere anfielen, die ausschließlich mit der Bolzenschussmethode betäubt würden. Dies kann jedoch ebenso dahinstehen wie die vom Beklagten geäußerten Zweifel, ob der Kläger wirklich nur in zwei Fällen Schlachtvieh durch den Einsatz von Schusswaffen getötet hat. Denn wären in den beiden genannten Fällen Nottötungen mittels einer Kugelwaffe tatsächlich unumgänglich gewesen, hätten diese nicht vom Kläger selbst vollzogen werden müssen. Vielmehr hätte der Kläger angesichts dessen, dass sich die Tiere nach seinen Angaben noch im Transporthänger befanden und er alle Menschen des Hofes verwiesen und sämtliche Tore geschlossen hatte, um dann zu seiner nahe gelegenen Wohnung zu fahren und die Pistole zu holen, die Polizei oder andere zu einem entsprechenden Schusswaffeneinsatz befugte Personen herbeirufen können. Insoweit hat der Kläger im Übrigen selbst darauf hingewiesen, dass er in vergleichbaren Fällen einen Jäger hinzugezogen habe, um ein jeweils wild gewordenes Tier mittels Schusswaffe töten zu lassen. Rechtfertigender Notstand, der im geltenden Waffengesetz nicht mehr ausdrücklich geregelt ist (vgl. Apel/Bushart, WaffG, § 12 Rz. 54), setzt jedoch stets voraus, dass die Gefahr nicht anders abwendbar ist (vgl. § 34 StGB).

Soweit sich der Kläger auf die ihm nach der Tierschutz-Schlachtverordnung erteilte Genehmigung des Landkreises Teltow-Fläming vom 2. Februar 2000 beruft, Rinder oder Schweine, die ganzjährig im Freien gehalten werden, mittels Kugelwaffe zu betäuben, hat bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass er aus dieser tierschutzrechtlichen Genehmigung im hier relevanten waffenrechtlichen Kontext nichts für sich herleiten kann. Mit diesen Ausführungen setzt sich die Begründung des Zulassungsantrags nicht auseinander.

2. Schließlich hat der Kläger auch keinen Verfahrensmangel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO aufgezeigt. Er rügt auch insoweit lediglich, dass das Verwaltungsgericht in den unter Ziff. 1 a) benannten Punkten einen unzutreffenden Sachverhalt angenommen habe, lässt es jedoch an näheren rechtlichen Darlegungen fehlen, gegen welche Verfahrensvorschriften das Verwaltungsgericht bei der Sachverhaltsermittlung verstoßen haben soll. Überdies sind die genannten Umstände, wie bereits ausgeführt wurde, für das Verwaltungsgericht nicht entscheidungserheblich gewesen, so dass das Urteil auf ihnen nicht beruhen kann.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 und 3 des Gerichtskostengesetzes - GKG -. Der Senat orientiert sich in waffenrechtlichen Streitigkeiten an Tz. 50 f. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (i.d.F. vom Juli 2004, DVBL. 2004), setzt für den Widerruf mehrerer Waffenbesitzkarten wegen desselben Lebenssachverhalts aber nur einmal den Auffangwert von 5.000 Euro an. Hierzu sind 1.500 Euro für zwei weitere Waffen sowie 1.500 Euro für die Munitionserwerbsberechtigung hinzuzurechnen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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