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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 19.07.2006
Aktenzeichen: OVG 11 S 35.06
Rechtsgebiete: VwGO, GmbHG, BJagdG, WaffG


Vorschriften:

VwGO § 146 Abs. 4 Satz 6
GmbHG § 82
BJagdG § 15 Abs. 7
BJagdG § 17 Abs. 1 Satz 2
BJagdG § 17 Abs. 4 Nr. 1
BJagdG § 17 Abs. 5
BJagdG § 17 Abs. 5 Satz 1
WaffG § 5
WaffG § 5 Abs. 2 Nr. 1
WaffG § 5 Abs. 2 Nr. 1 a
WaffG § 5 Abs. 4
WaffG § 30 Abs. 1 Satz 3
WaffG § 30 Abs. 4 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 11 S 35.06

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 11. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Laudemann, den Richter am Oberverwaltungsgericht Fieting und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Apel am 19. Juli 2006 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 7. Juni 2006 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 4.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

Durch Beschluss vom 7. Juni 2006 hat das Verwaltungsgericht es abgelehnt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Jagdschein des Antragstellers vorläufig bis zum 31. Oktober 2006 zu verlängern. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg, denn die zu ihrer Begründung vorgebrachten und gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO vom Oberverwaltungsgericht allein zu prüfenden Gründe rechtfertigen keine Änderung des angefochtenen Beschlusses.

Der Antrag zielt auf eine zumindest zeitweise Vorwegnahme der Hauptsache. Hätte er Erfolg, dürfte der Antragsteller vorläufig die Jagd ausüben. Dieser Vorteil könnte ihm auch dann nicht mehr rückwirkend genommen werden, wenn seine in der Hauptsache bei dem Verwaltungsgericht Cottbus anhängige Klage 3 K 374/04 abgewiesen würde. Die Vorwegnahme der Hauptsache im Wege der einstweiligen Anordnung kommt aus Gründen der effektiven Rechtsschutzgewährung nur dann ausnahmsweise in Betracht, wenn dem Antragsteller anderenfalls schwere und unzumutbare Nachteile drohen, ihm ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung also unzumutbar ist, und wenn überdies eine hohe Wahrscheinlichkeit für ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache spricht. Das ist hier nicht der Fall, denn der Antragstelle hat weder in seiner Beschwerdebegründung noch in seinem darin in Bezug genommenen, erstinstanzlich nicht mehr berücksichtigten Schriftsatz vom 8. Juni 2006 einen die auch nur zeitweise Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigenden Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Deshalb führt die insoweit gerügte Verletzung des rechtlichen Gehörs allein weder zu der begehrten Anordnung noch besteht Veranlassung zur Zurückverweisung unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

Der Antragsgegner hat die Verlängerung des Jagdscheins nicht endgültig versagt, sondern vielmehr die Entscheidung über den Antrag mit Blick auf das gegen den Antragsteller anhängige Strafverfahren wegen Untreue sowie falscher Angaben gemäß § 82 GmbHG unter Berufung auf § 17 Abs. 5 BJagdG ausgesetzt. Während der Dauer einer rechtmäßigen Aussetzung nach § 17 Abs. 5 Satz 1 BJagdG ist ein Anspruch auf Verlängerung des Jagdscheins ausgeschlossen (vgl. OVG Saarlouis, Beschluss vom 12. Juni 2006 - 1 W 25/06 -, bei JURIS).

Wenngleich insoweit eine endgültige Klärung dem Hauptsacheverfahren vorzubehalten ist, spricht bereits nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung einiges dafür, dass der Antragsgegner befugt war, mit der endgültigen Bescheidung des Antrags auf Verlängerung des Jagdscheins bis zum rechtskräftigen Abschluss des gegen den Antragsteller geführten Strafverfahrens zuzuwarten. Schon das schließt es aus, eine hohe Obsiegenswahrscheinlichkeit des Antragstellers im Hauptsacheverfahren und damit einen auch nur die zeitweise Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigenden Anordnungsgrund anzunehmen.

Gemäß § 17 Abs. 5 Satz 1 BJagdG kann die zuständige Behörde die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung des Jagdscheins bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Strafverfahrens im Sinne des § 17 Abs. 4 Nr. 1 BJagdG aussetzen. Zwar ist ein solches Strafverfahren gegen den Antragsteller nicht anhängig. Jedoch könnte die Aussetzung des Jagdscheinverfahrens aus den nachstehenden Erwägungen dennoch im Wege einer analogen Anwendung des § 17 Abs. 5 Satz 1 BJagdG gerechtfertigt sein.

Würde der Antragsteller wegen der ihm noch vorgeworfenen vorsätzlichen Straftaten rechtskräftig zu einer hier nicht von vorn herein fern liegenden Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen verurteilt werden, wäre gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 a WaffG in der Regel seine waffenrechtliche Zuverlässigkeit zu verneinen. Fehlt jedoch die Zuverlässigkeit im Sinne des § 5 WaffG, darf gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG nur ein Jagdschein nach § 15 Abs. 7 BJagdG (Falknerjagdschein) erteilt werden. Damit würde die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit des Antragstellers die Verlängerung seines zur Jagd mit der Waffe berechtigenden Jagdscheins ausschließen. Der Bundesgesetzgeber hat die Vorschrift des § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG mit Art. 15 Nr. 1 a des am 1. April 2003 in Kraft getretenen Gesetzes zur Neuregelung des Waffenrechts vom 11. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3970) eingefügt, um die Anforderung an die Zuverlässigkeit im Waffenrecht und im Jagdrecht einander anzugleichen (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drs. 14/7758, Seite 102 zu Art. 14 Nr. 1 a). Danach sei es aus Gründen der öffentlichen Sicherheit nicht hinnehmbar, dass ein zuvor in waffenrechtlicher Hinsicht unzuverlässiger, jedoch in jagdrechtlicher Hinsicht zuverlässiger Jagdscheininhaber weiterhin eine Waffe nicht nur besitzen, sondern auch führen dürfe, während einem Waffenbesitzkarteninhaber, der nicht zugleich Jagdscheininhaber sei, die Waffenbesitzkarte zu entziehen sei. Auch das Bundesverwaltungsgericht habe infolge der unterschiedlichen Regelungen dieser Frage die Privilegierungen des § 30 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 4 Satz 2 des Waffengesetzes 1976 für obsolet erklärt, soweit das Jagdrecht im Rahmen der Regelvermutungen hinter den Zuverlässigkeitsanforderungen des Waffenrechts zurückbleibe (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1994 - 1 C 31/92 -, BVerwGE 97, 245). Stellt man weiter in Rechnung, dass § 5 Abs. 4 WaffG die danach zuständige Behörde gleichfalls ermächtigt, die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Strafverfahrens nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 WaffG auszusetzen, so dürfte es eher fern liegen, dass die grundsätzlich angestrebte Harmonisierung der Zuverlässigkeitsprüfung im Waffen- und im Jagdrecht gerade hinsichtlich der Befugnis zur Aussetzung der Verfahren eine Ausnahme erleiden sollte. Vielmehr könnten die vorgenannten Umstände durchaus dafür sprechen, dass der Gesetzgeber es versehentlich unterlassen hat, § 17 Abs. 5 Satz 1 BJagdG entsprechend anzupassen, so dass es zumindest ernsthaft in Betracht zu ziehen ist, die Vorschrift analog anzuwenden, um die aufgezeigte Regelungslücke zu schließen.

Nach allem kann dahinstehen, ob es zusätzlich an einem die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigenden Anordnungsgrund fehlt, weil es dem Antragsteller möglich und zumutbar sein könnte, die ihm obliegenden Hegemaßnahmen wiederum einer zur Ausübung der Jagd berechtigten dritten Person zu übertragen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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