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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 06.11.2008
Aktenzeichen: OVG 12 B 50.07
Rechtsgebiete: IFG (Bund)


Vorschriften:

IFG (Bund) § 1 Abs. 1 Satz 1
IFG (Bund) § 1 Abs. 1 Satz 2
IFG (Bund) § 3 Nr. 4
Bei der Tätigkeit des deutschen Bundesrates im Zusammenhang mit dem Zustandekommen von Rechtsverordnungen des Bundes handelt es sich zwar als Rechtsetzung der vollziehenden Gewalt in einem weiteren Sinne um öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit, doch unterfällt diese nicht dem insoweit engeren Begriff der Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher Verwaltungsaufgaben im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG.
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

OVG 12 B 50.07

Verkündet am 6. November 2008

hat der 12. Senat auf die mündliche Verhandlung vom 06. November 2008 durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Kipp, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Plückelmann und den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Riese sowie den ehrenamtlichen Richter Winkel und den ehrenamtlichen Richter Schüssel für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger begehren vom Bundesrat Auskunft über Unterlagen, die im Zusammenhang mit der Erteilung der Zustimmung zum Erlass von Rechtsverordnungen der Bundesregierung bzw. eines Bundesministers bei einem Ausschuss des Bundesrates entstanden sind.

Die Kläger sind als Rechtsanwälte einer überörtlichen Sozietät für kommunale Energieversorgungsunternehmen tätig. Sie beantragten beim Bundesrat am 5. Juli 2006 die Erteilung einer Auskunft über Anträge der Bundesländer, insbesondere des Freistaates Sachsen, zur Beratung der Drucksachen 367/06 ("Verordnung zum Erlass von Regelungen für die Grundversorgung von Haushalten und die Ersatzversorgung im Energiebereich") und 306/06 ("Verordnung zum Erlass von Regelungen des Netzanschlusses von Letztverbrauchern in Niederspannung und Niederdruck") sowie die Übersendung aller einschlägigen Drucksachen, die sich auf die Beratungen zu den Drucksachen 367/06 und 306/06 beziehen, insbesondere die Ausschussdrucksachen.

Mit Bescheid vom 10. Juli 2006 lehnte der Bundesrat diesen Antrag mit der Begründung ab, die erbetenen Unterlagen seien ausschussinterner Natur und gehörten somit zum Bereich der Wahrnehmung parlamentarischer Angelegenheiten, der nicht vom Informationsfreiheitsgesetz des Bundes erfasst sei.

Nachdem der hiergegen eingelegte Widerspruch zunächst nicht beschieden wurde, haben die Kläger im September 2006 (Untätigkeits-) Klage erhoben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27. September 2006 wies der Bundesrat den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, das Informationsfreiheitsgesetz gelte auch für den Bundesrat, soweit er öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehme. Der Bereich der Gesetzgebung unterfalle dagegen nicht dem Informationsfreiheitsgesetz. Bei den begehrten Unterlagen handele es sich um Teile eines internen Beratungsvorgangs eines Ausschusses, dessen Beratungen Kernstück des Gesetzgebungsverfahrens seien. Die einzelnen Ausschüsse bereiteten die Bundesratssitzungen vor. Der federführende Ausschuss erstelle eine Empfehlungsdrucksache, die das Ergebnis der vorherigen Beratungen zusammenfasse. Diese Empfehlungsdrucksachen würden veröffentlicht. Auch die Anträge der Länger würden veröffentlicht, aber nur soweit sie zur Plenarsitzung des Bundesrates gestellt würden.

Die Kläger haben den Widerspruchsbescheid in das Klageverfahren einbezogen und unter Aufhebung der ablehnenden Bescheide beantragt, die Beklagte zu verpflichten, ihnen Auskunft über die Anträge der Bundesländer, insbesondere des Freistaates Sachsen, zur Beratung der Drucksachen 367/06 und 306/06 zu erteilen, soweit diese schriftlich beim zuständigen Ausschusssekretariat des Bundesrates eingegangen sind.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 7. Juni 2007 abgewiesen, da die Erteilung der begehrten Auskunft durch einen der im Informationsfreiheitsgesetz geregelten Ausnahmetatbestände ausgeschlossen sei. Zwar spreche viel dafür, dass der Bundesrat bei der Zustimmung zum Erlass einer Rechtsverordnung nach Artikel 80 Abs. 2 GG öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehme, dies bedürfe jedoch keiner abschließenden Entscheidung.

In jedem Fall bestehe kein Anspruch der Kläger auf die begehrte Auskunft, da die Anträge der Bundesländer zur Beratung der oben angeführten Drucksachen in den zuständigen Ausschüssen des Bundesrates nach § 37 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates (GO BR) der Vertraulichkeit unterlägen und damit der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 4, 1. Alternative IFG erfüllt sei. § 37 Abs. 2 Satz 2 GO BR postuliere die Vertraulichkeit der Verhandlungen, d.h. des Verhandlungsvorganges, nicht jedoch des Verhandlungsgegenstandes. Dieser sei im vorliegenden Fall in der zu erlassenden, als Drucksache öffentlich zugänglichen Rechtsverordnung zu sehen. Bei den (Änderungs-) Anträgen der Bundesländer handele es sich hingegen nicht um den Verhandlungsgegenstand, sondern vielmehr um eine für die Ausschusssitzung angekündigte Verhandlungsposition eines Bundeslandes. Nach den Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung diene die Übermittlung der Anträge vor der Ausschusssitzung an das zuständige Ausschusssekretariat allein dazu, die teilweise sehr umfangreichen Änderungsanträge der Bundesländer vorab den anderen Ausschussmitgliedern zur Kenntnis zu geben, damit diese sich besser und effektiver auf die Sitzung vorbereiten könnten. Dabei stehe im Zeitpunkt der Übermittlung der Anträge noch nicht fest, ob das betreffende Bundesland den Antrag in der Ausschusssitzung tatsächlich so oder anders oder gar nicht stellen werde. Mithin handele es sich bei einem vorab übermittelten Antrag nur um eine auf schriftlichem Wege geäußerte mögliche Verhandlungsposition eines Bundeslandes, die gleichermaßen der Vertraulichkeit unterliege wie eine in der Verhandlung mündlich geäußerte Position, die dann diskutiert und anschließend als Antrag formuliert oder von dem betreffenden Bundesland wieder verworfen werde. Diese Auslegung entspreche auch der Vorschrift des § 44 Abs. 2 GO BR, die die Vertraulichkeit der Niederschrift über jede Sitzung eines Ausschusses vorsehe, wozu u.a. auch die Anträge gehörten. Die Vertraulichkeitspflicht erfasse dabei auch solche Anträge, die von den Bundesländern bereits vor der Ausschusssitzung an das zuständige Sekretariat übermittelt worden seien.

Den Klägern stehe auch kein Auskunftsanspruch unmittelbar aus der Verfassung zu. Sie könnten einen Anspruch auf Informationszugang weder aus dem Demokratiegebot (Art. 20 Abs. 1 GG), der Volkssouveränität (Art. 20 Abs. 2 GG), noch aus dem Grundrecht des Artikel 12 Abs. 1 GG oder der Informationsfreiheit nach Artikel 5 Abs. 1 Satz 1 GG herleiten.

Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Sie machen geltend, das angefochtene Urteil dehne den Be-griff der Verhandlung in nicht nachvollziehbarer Weise aus, wenn es feststelle, dass ein Verordnungsentwurf der Bundesregierung zum Verhandlungsgegenstand, Gegenentwürfe eines einzelnen Bundeslandes aber zum Verhandlungsprozess gehörten. Da der zuständige Ausschuss des Bundesrates zu den in Rede stehenden Verordnungen erhebliche Veränderungen gegenüber dem Entwurf der Bundesregierung beschlossen habe, sei Gegenstand der Ausschusssitzung nicht nur der Regierungsentwurf, sondern auch der oder die Gegenentwürfe einzelner Bundesländer gewesen. Eine Vertraulichkeit von Verordnungsentwürfen - unabhängig vom Urheber - ordne die Geschäftsordnung des Bundesrates jedoch nicht an. § 44 Abs. 2 GO BR stütze die Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht, da sich die Niederschrift auf die Sitzung selbst und nicht auf Dinge beziehe, welche vorher oder nachher stattfänden.

Auch wenn das Demokratiegebot und die Volkssouveränität sowie Artikel 255 EGV keine unmittelbaren subjektiven Rechte begründeten, so seien sie doch bei der gebotenen kritischen Überprüfung von Einschränkungen des Rechts auf Informationszugang, insbesondere durch Geheimhaltungsvorschriften, zu beachten. Eine Bestimmung in der Geschäftsordnung des Bundesrates, welche - wie das Verwaltungsgericht annehme - den Beratungsgegenstand einschließlich der Anträge einzelner Länder generell der Vertraulichkeit unterstelle, sei mit höherrangigem Recht nicht vereinbar, weil sie die demokratische Meinungs- und Willensbildung entgegen dem Sinn und Zweck des Informationsfreiheitsgesetzes, welcher wiederum Ausdruck des Demokratiegebots und der Volkssouveränität sei, in rechtlich nicht hinnehmbarer Weise behindere.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 7. Juni 2007 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesrates vom 10. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. September 2006 zu verpflichten, ihnen Auskunft über die Anträge der Bundesländer, insbesondere des Freistaates Sachsen, zur Beratung der Drucksachen 367/06 ("Verordnung zum Erlass von Regelungen über die Grundversorgung von Haushalten und die Ersatzversorgung im Energiebereich") und 306/06 ("Verordnung zum Erlass von Regelungen des Netzanschlusses von Letztverbrauchern in Niederspannung und Niederdruck") zu erteilen, soweit diese schriftlich beim zuständigen Ausschlusssekretariat des Bundesrates eingegangen sind.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, das Verwaltungsgericht enge den Begriff der Rechtsetzung zu Unrecht auf die rechtsetzende Tätigkeit von Gesetzgebungsorganen ein, obwohl es sich beim Erlass von Rechtsverordnungen zweifelsfrei um einen Akt der Rechtsetzung handele. Artikel 50 GG sei nicht geeignet, die Auffassung des Verwaltungsgerichts zu stützen, da dieser Vorschrift ein anderer Verwaltungsbegriff zugrunde liege. Der verfassungsrechtliche Begriff der Gesetzgebung sei enger gefasst als der Begriff der Rechtsetzung, weshalb die Mitwirkung des Bundesrates beim Erlass von Rechtsverordnungen zum Begriff "Verwaltung des Bundes" zu zählen sei. Sowohl Gesetzgebung als auch Rechtsetzung seien jedoch von der materiellen Verwaltungstätigkeit zu trennen. Die vom Verwaltungsgericht in Bezug genommene Regelung des § 2 Nr. 1 a UIG sei der strengen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes geschuldet, sodass der dort ausdrücklich enthaltene Anwendungsausschluss für Bundesorgane beim Erlass von Rechtsverordnungen keine Bedeutung für die Auslegung des § 1 Abs. 1 IFG habe. Das Fehlen einer entsprechenden Regelung im Informationsfreiheitsgesetz beruhe allein darauf, dass in diesem Bereich gemeinschaftsrechtliche Vorgaben fehlten und es daher einer ausdrücklichen Klarstellung nicht bedurft habe. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sei der Gesetzesbegründung zum Informationsfreiheitsgesetz auch nicht zu entnehmen, dass die Vorbereitungen für einen Rechtsetzungsakt im engeren Sinne, d.h. die Beteiligung am eigentlichen Rechtsetzungsakt, in gleicher Weise dem Anwendungsbereich des Gesetzes unterfallen sollten, wie die vorbereitenden Arbeiten an einem Gesetzentwurf in den zuständigen Bundesministerien.

Im Übrigen verteidigt die Beklagte die Auffassung des Verwaltungsgerichts zum Vorliegen des in § 3 Nr. 4, 1. Alternative IFG geregelten Ausschlussgrundes.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Streitakte und der Verwaltungsvorgänge, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die von den Klägern erhobene Verpflichtungsklage abgewiesen.

Dem Klageanspruch steht entgegen, dass der deutsche Bundesrat mit seiner Tätigkeit im Zusammenhang mit der Vorbereitung und dem Zustandekommen von Rechtsverordnungen des Bundes nicht öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG wahrnimmt. Unabhängig davon scheitert das Auskunftsbegehren auch an dem in § 3 Nr. 4 IFG bestimmten Ausschlusstatbestand.

I. Das Auskunftsbegehren der Kläger richtet sich nach § 1 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz - IFG) vom 5. September 2005 (BGBl. I S. 2722). Danach hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG gilt das Gesetz für sonstige Bundesorgane und -einrichtungen, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen.

Das Informationsfreiheitsgesetz definiert den Begriff der öffentlich-rechtlichen Verwaltungsaufgabe nicht. § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG kommt lediglich klarstellende Bedeutung zu, da die genannten Stellen bereits dem Begriff der Behörde i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG unterfallen, soweit sie nicht ihre verfassungsrechtlich zugewiesenen Funktionen, sondern Verwaltungsaufgaben wahrnehmen (vgl. Rossi, Informationsfreiheitsgesetz, 2006, § 1 Rn. 56). Denn der Behördenbegriff des Informationsfreiheitsgesetzes entspricht nach dem Willen des Gesetzgebers dem des § 1 Abs. 4 VwVfG (vgl. BT-Drs. 15/ 4493, S. 7). Danach ist als Behörde jede Stelle anzusehen, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Dem Verwaltungsverfahrensgesetz liegt ein materieller Verwaltungsbegriff zugrunde, der durch die klassische Negativklausel, Verwaltung sei die Tätigkeit außerhalb von Rechtsetzung und Rechtsprechung, umschrieben wird (vgl. Schmitz in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 1 Rn. 253, 165). Er dient einer sinnvollen Bestimmung des Anwendungsbereichs des Gesetzes, da der formelle Verwaltungsbegriff dafür als teils zu eng, teils zu weit angesehen wird. Erfasst werden sollen einerseits neben Verwaltungsbehörden auch andere staatliche und private Stellen, soweit sie zur Ausübung von Verwaltung befugt sind; andererseits entspricht es nicht dem Willen des Gesetzgebers, die Regeln des Verwaltungsverfahrens auf die rechtsetzende Tätigkeit von Behörden (Rechtsverordnungen, Satzungen) anzuwenden (vgl. Schmitz, a.a.O., § 1 Rn. 160, 161). Gleichwohl ist sie als öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit anzusehen (vgl. Schmitz, a.a.O., § 9 Rn. 159, 165; Meyer in: Knack, VwVfG, 8. Aufl. 2003, § 1 Rn. 65; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl. 2003, § 1 Rn. 18). Dementsprechend wird - worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hinweist - die in Artikel 80 GG vorgesehene Zustimmung des Bundesrates zum Erlass von Rechtsverordnungen der Bundesregierung als Mitwirkung bei der Verwaltung eingestuft (Robbers in: Sachs, GG, 4. Aufl. 2007, Art. 50 Rn. 29, 30; Korioth in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 5. Aufl. 2005, Art. 50 Rn. 23; Bauer in: Dreier, GG, Kommentar, Bd. II, 2. Aufl. 2006, Art. 50 Rn. 25; Maunz-Dürig, GG, Bd. IV, Stand: Dezember 2007, Art. 50 Rn. 22; Krebs in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. II, 5. Aufl. 2001, Art. 50 Rn. 15; Hömig, GG, 8. Aufl. 2007, Art. 50 Rn. 3). Es handelt sich um Rechtsetzungen der vollziehenden Gewalt (vgl. Lücke/Mann in: Sachs, a.a.O., Art. 80 Rn. 1) und damit in einem weiteren Sinn um die Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher Verwaltungstätigkeit, die jedoch nicht unter den für den Behördenbegriff des Informationsfreiheitsgesetzes maßgeblichen materiellen Verwaltungsbegriff fällt.

Anhaltspunkte dafür, dass das Informationsfreiheitsgesetz hiervon abweichend auch auf die rechtsetzende Tätigkeit von Behörden Anwendung finden soll, sind weder dem Gesetz noch den Gesetzesmaterialien mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen.

Dem Hinweis in der amtlichen Begründung, die Vorbereitung von Gesetzen in den Bundesministerien falle als wesentlicher Teil der Verwaltungstätigkeit in den Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes (vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 7), dürfte mit Blick auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 a UIG lediglich klarstellende Bedeutung zukommen, da nach dem Willen des Gesetzgebers allein die Gesetzgebung als spezifisch parlamentarische Angelegenheit vom Anspruch auf Informationszugang ausgenommen bleibt (vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 8).

Ebenso wenig lässt der Umstand, dass für den Erlass von Rechtsverordnungen eine § 2 Abs. 1 Nr. 1 a UIG entsprechende Regelung im Informationsfreiheitsgesetz fehlt, den Schluss zu, behördliche Rechtsetzung sei erfasst. Da mit dem für den Behördenbegriff des § 1 Abs. 4 VwVfG maßgeblichen materiellen Verwaltungsbegriff Rechtsetzung durch Behörden vom Informationszugang ohnehin ausgeschlossen ist, bestand für eine vergleichbare Normierung kein Anlass. Mit Blick hierauf hätte es vielmehr nahe gelegen, eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des Informationsfreiheitsgesetzes ausdrücklich zu regeln. Der Grund für die in § 2 Abs. 1 Nr. 1 UIG enthaltene negative Begriffsbestimmung liegt zudem in dem weiten, über die Definition des § 1 Abs. 4 VwVfG hinaus gehenden Behördenbegriff des neu gefassten Umweltinformationsgesetzes (vgl. Fluck/Theuer, Informationsfreiheitsrecht, Bd. I, Stand: Mai 2008, UIG § 2 Rn. 52), mit dem - worauf die Beklagte zutreffend hinweist - den Vorgaben der mit der Neufassung umzusetzenden Umweltinformationsrichtlinie, die den Mitgliedstaaten lediglich die Möglichkeit von Ausnahmeregelungen einräumt, Rechnung getragen worden ist.

II. Unabhängig davon und selbstständig tragend steht dem Auskunftsbegehren der Kläger ein Ausschlussgrund entgegen. Bei den vorliegend allein in Betracht kommenden Tatbeständen des § 3 IFG handelt es sich um negative Voraussetzungen des in § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG eingeräumten Anspruchs auf Informationszugang (vgl. Rossi, a.a.O., § 1 Rn 33, § 3 Rn. 1), die - entgegen der Ansicht der Kläger - unabhängig davon, ob die Behörde sich auf einen der Tatbestände berufen hat, in vollem Umfang gerichtlicher Prüfung unterliegen. Die für sämtliche Ausnahmetatbestände zwingend geregelte Rechtsfolge des Anspruchsausschlusses lässt keinen Raum für eine Ermessens- oder Abwägungsentscheidung der jeweiligen Behörde.

Der Informationsanspruch ist gemäß § 3 Nr. 4 IFG ausgeschlossen. Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn die Information einer u.a. durch Rechtsvorschrift geregelten Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht unterliegt.

Die Vorschrift dient dem Geheimnisschutz, der weiterhin in direktem Zusammenhang mit dem betreffenden Geheimnis gewährleistet werden soll, mithin durch die entsprechenden materiellrechtlichen Vorschriften in den jeweiligen Spezialgesetzen selbst (vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 11). § 3 Nr. 4 IFG stellt damit auf einen materiellen Geheimnisbegriff ab (vgl. Roth in: Berger/Roth/Scheel, a.a.O., § 3 Rn. 111).

Bei den einschlägigen Regelungen der Geschäftsordnung des Bundesrates (GO BR) handelt es sich um Geheimhaltungsvorschriften der beschriebenen Art (vgl. zu § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UIG: BVerwG, Urteil vom 27. September 2007, NWVBl. 2008, 179, für die Nichtöffentlichkeit von Sitzungen des Kreistags und seiner Ausschüsse).

Nach § 37 Abs. 2 Satz 2 GO BR sind die Verhandlungen der Ausschüsse vertraulich, soweit der Ausschuss nichts anderes beschließt. Geschützt wird - wie vom Verwaltungsgericht ausgeführt - der Verhandlungsvorgang, d.h. der Verhandlungsprozess (-verlauf), um einen unbefangenen und freien Meinungsaustausch zu gewährleisten. Die im Rahmen einer solchen Diskussion eingebrachten Beiträge, Mitteilungen und sonstigen Informationen werden vom Schutzzweck der Geheimhaltungsregelung ebenso erfasst wie schriftlich oder mündlich geäußerte Verhandlungspositionen, da sie deren Grundlage bilden und vom eigentlichen Verhandlungsvorgang nicht zu trennen sind. Zur weiteren Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug genommen (UA S. 7).

Nichts anderes ergibt sich aus § 44 Abs. 2 GO BR über die Vertraulichkeit der Sitzungsniederschrift. Soweit § 44 Abs. 1 GO BR die Namen der Teilnehmer, die Anträge, das Ergebnis der Beratungen und bei Beschlüssen das Stimmverhältnis sowie das Abstimmungsergebnis nach Ländern als Mindestbestandteile einer solchen - vertraulichen - Niederschrift bestimmt, soll ersichtlich vermieden werden, dass anhand der angeführten Informationen Rückschlüsse auf den Verlauf der Verhandlung gezogen werden können. Aus den vom Verwaltungsgericht dargelegten Erwägungen werden auch von den Bundesländern vor einer Ausschusssitzung übermittelte Anträge von der Vertraulichkeitspflicht erfasst (UA S. 8).

Dass die Vertraulichkeit der Ausschussprotokolle auf Antrag nachträglich aufgehoben werden kann (§§ 37 Abs. 2 Satz 2, 44 Abs. 2 GO BR), steht nicht entgegen. Mit Blick auf den materiellen Geheimnisbegriff des § 3 Nr. 4 IFG ist der Ausschlussgrund erfüllt, solange ein entsprechender Beschluss des jeweiligen Bundesratsausschusses nicht vorliegt.

Dass höherrangiges nationales Verfassungsrecht und vorrangiges europäisches Recht im hier streitigen Punkt weder eine erweiternde Auslegung des Informationsfreiheitsgesetzes erfordern noch ihrerseits tragfähige Grundlagen für den klägerischen Anspruch enthalten, hat bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt. Darauf wird Bezug genommen, zumal der Prozessbevollmächtigte der Kläger in der mündlichen Verhandlung dazu keine ergänzenden Ausführungen gemacht hat.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen dafür nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind. Da die Entscheidung auf zwei selbstständig tragende Gründe gestützt wird, hätte eine Revisionszulassung nur in Betracht gezogen werden können, wenn hinsichtlich jedes der beiden Gründe ein Revisionszulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt wäre. Dies ist nicht der Fall. Zwar wird angenommen werden müssen, dass die vom Senat zu § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG eingenommene Rechtsposition bisher höchstrichterlicher nicht geklärt ist, doch kann eine gleichermaßen bestehende Klärungsbedürftigkeit für die Anwendung und Interpretation des § 3 Nr. 4 IFG nicht angenommen werden.

Soweit die Kläger schriftsätzlich eine Entscheidung des Senats dahin beantragt haben, dass die dem beklagten Bundesrat durch die Beiziehung eines Rechtsanwaltes entstandenen Kosten nicht erstattungsfähig seien, konnte dem nicht entsprochen werden. Die Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit der der Beklagten insoweit entstandenen Kosten betrifft nicht die vom Senat zu treffende Kostengrundentscheidung. § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist eine Regelung des Kostenfestsetzungsverfahrens, in dem über Notwendigkeit und Umfang der durch den Rechtsstreit entstandenen Kosten entschieden wird.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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