Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 15.02.2007
Aktenzeichen: OVG 2 A 4.06
Rechtsgebiete: BImSchG, VwGO, GO, BauGB


Vorschriften:

BImSchG § 8 a
VwGO § 47 Abs. 2 Satz 1
GO § 54 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
GO § 54 b Abs. 2 Satz 1
BauGB § 1 Abs. 3
BauGB § 1 Abs. 4
BauGB § 2 Abs. 1 Satz 2
BauGB § 9 Abs. 1
BauGB § 14 Abs. 1
BauGB § 29
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 2 A 4.06

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 2. Senat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Februar 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Korbmacher, die Richter am Oberverwaltungsgericht Hahn und Dr. Jobs sowie die ehrenamtlichen Richter Bahlo und Wübben

für Recht erkannt:

Tenor:

Die am 12. Dezember 2005 beschlossene Satzung der Gemeinde Niederer Fläming über die Veränderungssperre für das Gebiet des Bebauungsplanes Nr. 3 "Windfarm Hohenseefeld" ist unwirksam.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Antragstellerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Normenkontrollantrag richtet sich gegen die am 12. Dezember 2005 beschlossene Satzung der Gemeinde Niederer Fläming über die Veränderungssperre für das Gebiet des Bebauungsplanes Nr. 3 "Windfarm Hohenseefeld".

Die Antragstellerin betreibt auf dem Gemeindegebiet der Antragsgegnerin einen Windpark mit zehn Windenergieanlagen. Sie beabsichtigt die Errichtung von drei weiteren Windenergieanlagen im Ortsteil Hohenseefeld der Antragsgegnerin. In den Genehmigungsverfahren für die Anlagen WEA Nr. 11 und Nr. 12 versagte die Antragsgegnerin ihr Einvernehmen. Unter dem 15. April 2005 ließ das Landesumweltamt den vorzeitigen Beginn nach § 8 a BImSchG zu. Über den hiergegen von der Antragsgegnerin eingelegten Widerspruch hat es - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden.

In ihrer Sitzung am 14. November 2005 beschloss die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin, für den Teilbereich Gemarkung Hohenseefeld des Windeignungsgebietes Nr. 12 Niederer Fläming Ost einen Bebauungsplan aufzustellen. Als Planungsziel wurde in der Beschlussvorlage die "städtebauliche Ordnung und Entwicklung der Windkraftanlagenstandorte innerhalb des Geltungsbereiches des Bebauungsplanes" angegeben. In der Begründung wurde ausgeführt, es sei grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Vorhaben, das Konflikte in Bezug auf die Einbindung in die Umgebung hervorrufen kann, ein Planungserfordernis darstelle. Werde ein Planungserfordernis festgestellt, sei die Gemeinde verpflichtet, einen Bebauungsplan aufzustellen. Für das Windausweisungsgebiet 12 Niederer Fläming Ost, Teilbereich in der Gemeinde Waltersdorf, sei ein vorhabenbezogener Bebauungsplan erarbeitet worden, der zur Zeit noch keine Rechtskraft erlangt habe. Für den Bereich des Windausweisungsgebietes in der Gemeinde Hohenseefeld gebe es keinen Bebauungsplan. Um eine weitere unkontrollierte Bebauung des Gebietes mit Windenergieanlagen und weitere zu erwartende Konflikte in diesem Bereich zu vermeiden, beabsichtige die Gemeinde, die städtebauliche Ordnung über einen Bebauungsplan zu regeln.

In ihrer Sitzung am 12. Dezember 2005 beschloss die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin für den Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 3 "Windfarm Hohenseefeld" die streitgegenständliche Satzung über die Veränderungssperre, die im Amtsblatt für die Gemeinde Niederer Fläming vom 24. Dezember 2005 bekannt gemacht worden ist. Gemäß § 1 Satz 2 der Satzung wird die Veränderungssperre "zur Sicherung der Planung und zur Abwehr von Erschwernissen" erlassen. In der Begründung der Beschlussvorlage wird ausgeführt, dass mit der Planung "eine städtebauliche Ordnung und Entwicklung der Windkraftanlagenstandorte innerhalb des Geltungsbereiches des Bebauungsplanes in der Gemarkung Hohenseefeld gesichert werden" soll. Die Antragstellerin hat am 22. Februar 2006 den Normenkontrollantrag gestellt. Sie hält die Veränderungssperre für rechtswidrig. Zur Begründung trägt sie vor:

Die Satzung sei schon formell fehlerhaft zustande gekommen, da die vorherige Anhörung des Ortsbürgermeisters des Ortsteils Hohenseefeld unterblieben sei. Darüber hinaus fehle es an den gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass der Veränderungssperre, da die gemeindliche Planung mangels einer Aussage zur Art der baulichen Nutzung oder zu den abwägungserheblichen Belangen nicht hinreichend konkretisiert sei. Es sei nicht klar, worin die städtebauliche Erforderlichkeit der in der Begründung des Aufstellungsbeschlusses genannten Zielsetzungen liegen solle. Eine solche Konkretisierung sei auch nicht mit Blick auf die am 20. Januar 2003 beschlossene 1. Änderung des Flächennutzungsplanes, der für den Bereich Hohenseefeld eine Konzentrationszone für die Windkraftnutzung darstelle, verzichtbar. Auch das Angebot der Landplan GmbH vom Februar 2006 zur Erarbeitung des Entwurfs eines Bebauungsplanes enthalte keine konkrete Beschreibung des Projekts und sei von der Antragsgegnerin zudem erst nach Anhängigkeit des Normenkontrollverfahrens bestätigt worden. Aus der rechtswidrigen Versagung des Einvernehmens im Genehmigungsverfahren ergebe sich, dass der Planaufstellungsbeschluss nur vorgeschoben sei und die Antragsgegnerin lediglich den Eintritt einer Sperrwirkung durch die Veränderungssperre bezwecke. Der Eindruck, dass es sich um eine reine Verhinderungsplanung handele, dränge sich auch deshalb auf, weil die Antragsgegnerin bereits in einem Schreiben vom Dezember 2003 auf die durch andere Windparks im Gemeindegebiet bedingte ablehnende Haltung der Einwohner und ihren Einfluss auf die Gemeindevertretung hingewiesen habe.

Die Antragstellerin beantragt,

die Veränderungssperre der Antragsgegnerin vom 12. Dezember 2005 hinsichtlich des Gebietes des Bebauungsplanes Nr. 3 "Windfarm Hohenseefeld" für unwirksam zu erklären. Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus: Eine Anhörung des Ortsbürgermeisters des Ortsteils Hohenseefeld habe stattgefunden. Dieser sei fristgemäß und unter Beifügung aller erforderlichen Unterlagen zu den Sitzungen der Gemeindevertretung vom 14. November und vom 12. Dezember 2005 eingeladen worden und habe durch seine Teilnahme sein Anhörungsrecht wahrgenommen; Einwendungen gegen die Beschlüsse über die Aufstellung des Bebauungsplanes und den Erlass der Veränderungssperre habe er nicht geäußert. Die Veränderungssperre sei auch materiell rechtmäßig. Die Antragsgegnerin habe mit der am 20. Januar 2003 beschlossenen 1. Änderung des Flächennutzungsplans insgesamt drei Konzentrationszonen für Windkraftanlagen dargestellt, die aus den im Regionalplan Havelland Fläming, Teilplan "Windenergienutzung", dargestellten Eignungsgebieten entwickelt worden seien. Durch die Bauleitplanung solle die optimale Ausnutzung des windhöffigen Eignungsgebietes Niederer Fläming Ost unter Berücksichtigung aller öffentlichen Belange gesteuert und umgesetzt sowie die weitere weitgehend ungehinderte Nutzung, speziell hier der Landwirtschaft, gewährleistet werden. Der Gemeinde sei es nicht verwehrt, die Errichtung von Windenergieanlagen in den Konzentrationszonen einer Feinsteuerung, z.B. hinsichtlich der Begrenzung der Anlagenhöhe oder der Festlegung der Standorte, zu unterziehen. Der Annahme, dass es sich hier um eine Verhinderungsplanung handele, stehe entgegen, dass die Antragsgegnerin bereits einen Auftrag zur Erarbeitung eines Bebauungsplans an das Büro L_____ erteilt und die zur Finanzierung erforderlichen Mittel in den Haushalt eingestellt habe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs, der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Normenkontrollantrag hat Erfolg.

I. Der Antrag ist zulässig. Die Antragsbefugnis gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ergibt sich daraus, dass die Antragstellerin auf der Grundlage einer Vereinbarung mit den Grundeigentümern Genehmigungsanträge für Windenergieanlagen im Geltungsbereich der Veränderungssperre gestellt hat (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004, NVwZ 2004, 984). Der am 22. Februar 2006 eingegangene Antrag ist fristgerecht innerhalb von zwei Jahren nach der am 24. Dezember 2005 erfolgten Bekanntmachung der Satzung über die Veränderungssperre (vgl. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) gestellt worden.

II. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet.

1. Der von der Antragstellerin mit Blick auf die angeblich unterbliebene Beteiligung des Ortsbürgermeisters des Ortsteils Hohenseefeld geltend gemachte Verfahrensfehler liegt allerdings nicht vor. § 54 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Gemeindeordnung (GO) bestimmt, dass der Ortsbeirat vor der Beschlussfassung der Gemeindevertretung oder des Hauptausschusses u.a. in denjenigen Angelegenheiten zu hören ist, in denen es um die Aufstellung von Satzungen nach dem Baugesetzbuch geht, soweit sie sich auf den Ortsteil beziehen. Nach § 54 b Abs. 2 Satz 1 GO nimmt der Ortsbürgermeister die nach diesem Gesetz dem Ortsbeirat obliegenden Aufgaben - mit einer hier nicht näher interessierenden Ausnahme - wahr, soweit kein Ortsbeirat gewählt ist. Für den Ortsteil Hohenseefeld fehlt es an Letzterem. Die mithin erforderliche Anhörung des Ortsbürgermeisters des Ortsteils Hohenseefeld ist hier offensichtlich erfolgt. Aus den den Protokollen über die Sitzungen der Gemeindevertretung der Antragsgegnerin vom 14. November und vom 12. Dezember 2005 jeweils als Anlage beigefügten Anwesenheitslisten ergibt sich, dass der Ortsbürgermeister des Ortsteils Hohenseefeld, H_____, an beiden Sitzungen teilgenommen hat. Da die Form der Anhörung in der Gemeindeordnung nicht näher geregelt ist, ist dem Anhörungserfordernis damit genügt. Soweit die Antragsstellerin bestreitet, dass die Ladung fristgemäß und unter Beifügung aller erforderlichen Unterlagen erfolgt sei, bleibt dies unsubstantiiert. Weder den Sitzungsprotokollen noch den sonstigen Unterlagen ist zu entnehmen, dass der zu beteiligende Ortsbürgermeister die Nichteinhaltung von Fristen oder das Fehlen von Unterlagen gerügt hätte. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist auch kein Anhaltspunkt im Gesetz dafür erkennbar, dass "noch einmal gesondert auf das besondere Fragerecht hingewiesen werden" müsste, "um die Wahrung der Ortsrechte hinreichend zu gewährleisten".

2. Ob die angegriffene Satzung an formellen Fehlern leidet, die die Antragstellerin nicht geltend gemacht hat, kann dahinstehen, da die Satzung jedenfalls aus materiell-rechtlichen Gründen ungültig ist. Die Voraussetzungen für den Erlass einer Veränderungssperre haben zum maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nicht vorgelegen.

Nach § 14 Abs. 1 des Baugesetzbuches (BauGB) kann die Gemeinde, wenn ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplanes gefasst ist, zur Sicherung der Planung für den Planbereich eine Veränderungssperre u.a. mit dem Inhalt beschließen, dass Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt werden dürfen. Eine Veränderungssperre darf erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplanes sein soll (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. September 1976, BVerwGE 51, 121, 128; Urteil vom 19. Februar 2004 - 4 CN 13.03 -, NVwZ 2004, 984, 985). Wesentlich ist dabei, dass die Gemeinde bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplanes entwickelt hat. Eine Negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht nicht aus. Erforderlich, aber auch ausreichend ist es, dass die Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre zumindest Vorstellungen über die Art der baulichen Nutzung besitzt, sei es, dass sie einen bestimmten Baugebietstyp, sei es, dass sie nach den Vorschriften des § 9 Abs. 1 BauGB festsetzbare Nutzungen ins Auge gefasst hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004, a.a.O.; Urteil vom 19. Februar 2004 - 4 CN 16.03 - BVerwGE 120, 138). Die Veränderungssperre ist als Sicherungsmittel nur dann ungeeignet, wenn der Bauleitplan einer positiven Planungskonzeption entbehrt und der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind, oder wenn rechtliche Mängel schlechterdings nicht behebbar sind (BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 1993, Buchholz 406.11 § 14 BauGB Nr. 23 = BRS 55 Nr. 95). Der Förderung von Zielen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind, dient eine Veränderungssperre insbesondere auch dann, wenn sich aus den Umständen des konkreten Einzelfalles ergibt, dass die im Aufstellungsbeschluss dargestellten Planungsüberlegungen der Gemeinde offensichtlich nur vorgeschoben sind (vgl. zum Ganzen auch die Urteile des Senats vom 20. September 2006 - 2 A 10.05 - und vom 19. Dezember 2006 - OVG 2 A 21.05 -).

Die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin hat zwar in ihrer Sitzung am 14. November 2005 einen Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst und diesen gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB ortsüblich im Amtsblatt für die Gemeinde Niederer Fläming vom 24. Dezember 2005 bekannt gemacht. Der Planaufstellungsbeschluss und seine Begründung lassen jedoch nicht das Mindestmaß dessen erkennen, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplanes sein soll. Als Planungsziel wird in der Beschlussvorlage die "städtebauliche Ordnung und Entwicklung der Windkraftanlagenstandorte innerhalb des Geltungsbereiches des Bebauungsplanes" angegeben. In der Begründung wird darüber hinaus ausgeführt, es sei grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Vorhaben, das Konflikte in Bezug auf die Einbindung in die Umgebung hervorrufen kann, ein Planungserfordernis darstelle. Werde ein Planungserfordernis festgestellt, sei die Gemeinde verpflichtet, einen Bebauungsplan aufzustellen. Um eine weitere unkontrollierte Bebauung des Gebietes mit Windenergieanlagen und weitere zu erwartenden Konflikte in diesem Bereich zu vermeiden, beabsichtige die Gemeinde, die städtebauliche Ordnung über einen Bebauungsplan zu regeln.

Bei diesen Ausführungen handelt es sich um bloße Leerformeln, die den Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans, insbesondere die Art der baulichen Nutzung nicht erkennen lassen. Es findet sich weder ein Hinweis darauf, welcher Baugebietstyp festgesetzt werden soll, noch darauf, welche nach den Vorschriften des § 9 Abs. 1 BauGB festsetzbaren Nutzungen die Antragsgegnerin ins Auge gefasst hat. Zwar ist die Grundentscheidung, dass das Plangebiet überhaupt für die Windenergie ausgewiesen werden soll, wegen der Lage in einem im Regionalplan Havelland Fläming, Teilplan "Windenergienutzung", als Ziel der Raumordnung dargestellten Eignungsgebiet und der damit nach § 1 Abs. 4 BauGB bestehenden Anpassungspflicht bereits gefallen. Gerade weil eine eigenständige Standortplanung mit Alternativenprüfung der Gemeinde damit weitgehend verwehrt ist, wäre jedoch zumindest eine weitere Konkretisierung der anderweitig geplanten Nutzungen erforderlich gewesen. Dies war auch nicht etwa im Hinblick darauf verzichtbar, dass angesichts der geringen Größe des Plangebiets die anderweitige Nutzung allenfalls insoweit von planerischer Relevanz sein könnte, als es um die Lösung von durch die Windenergieanlagen möglicherweise ausgelöste Nutzungskonflikte geht (vgl. zu diesem Gesichtspunkt VGH Mannheim, Urteil vom 24. November 2005, zitiert nach Juris). Denn es fehlt insbesondere auch an der Angabe irgendwelcher plausibler städtebaulicher Gründe für eine weitere Konkretisierung der im geltenden Flächennutzungsplan für den Bereich Hohenseefeld bereits erfolgten Darstellung einer Konzentrationszone für die Windkraftnutzung. Welche anderweitigen Nutzungen ermöglicht werden sollen und mit welchen öffentlichen Belangen die Windkraftnutzung zu einem planerischen Ausgleich gebracht werden soll, bleibt völlig offen.

Eine andere Beurteilung ist auch nicht aufgrund des Vortrags der Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren gerechtfertigt, wonach durch die Bauleitplanung die optimale Ausnutzung des windhöffigen Eignungsgebietes Niederer Fläming Ost unter Berücksichtigung aller öffentlichen Belange gesteuert und umgesetzt sowie die weitere weitgehend ungehinderte Nutzung, speziell hier der Landwirtschaft, gewährleistet werden soll und eine Feinsteuerung, z.B. hinsichtlich der Begrenzung der Anlagenhöhe oder der Festlegung der Standorte, beabsichtigt sei. Zum einen können diese Erwägungen hier schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil sie sich weder aus dem Planaufstellungsbeschluss noch aus dem Sitzungsprotokoll oder aus sonstigen zum maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses vorhandenen Aufstellungsunterlagen ergaben. Darüber hinaus handelt es sich auch weiterhin nur um Formulierungen mit sehr hohem Allgemeinheitsgrad. Mit Ausnahme der Landwirtschaft werden keine konkreten Belange genannt, die mit der Windkraftnutzung zu einem Ausgleich gebracht werden sollen. Auch der von der Antragsgegnerin mitgeteilte Umstand, dass sie inzwischen einen Auftrag zur Erarbeitung eines Bebauungsplans an das Büro L_____ erteilt und die zur Finanzierung erforderlichen Mittel in den Haushalt eingestellt habe, führt zu keiner anderen Beurteilung, denn zum einen bleibt der konkrete Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans auch weiterhin offen. Zum anderen vermag eine nachträgliche Konkretisierung der Planung eine ungültige Veränderungssperre nicht zu heilen (vgl. OVG Frankfurt (Oder), Beschluss vom 2. Juni 2004 - 3 B 139/03.NE -, EA S. 12 m.w.N.).

Angesichts der fehlenden Angabe plausibler städtebaulicher Gründe für die beabsichtigte Bauleitplanung spricht alles dafür, dass das eigentliche Ziel der Antragsgegnerin die Verhinderung oder zumindest eine erhebliche Verzögerung des Vorhabens der Antragstellerin ist und es sich damit um eine gegen § 1 Abs. 3 BauGB verstoßende und daher unzulässige Negativplanung handelt. Insoweit kommt auch dem von den Antragstellerinnen im gerichtlichen Verfahren vorgelegeten Schreiben der Antragsgegnerin vom 12. Dezember 2003 an das vormals mit der Planung beauftragte Planungsbüro indizielle Bedeutung zu, in dem ausgeführt wird, dass "aufgrund der Anzahl der bereits errichteten Windenergieanlagen in unserem Gemeindegebiet, insbesondere in der Gemarkung Hohenseefeld, und der genehmigten Anlagen des Windparkes in der angrenzenden Gemarkung Waltersdorf (...) sich der Einfluss der Einwohner auf die Gemeindevertretung gegen eine weitere Zustimmung zum Bau von Windkraftanlagen verstärkt" habe und deshalb der Abschluss einer Vereinbarung über die Zahlung einer Entschädigung als "Argumentationshilfe" angeregt wird. Die ablehnende Haltung der Gemeindebevölkerung gegen ein Vorhaben ist jedoch für sich genommen kein städtebaulicher Grund, auf den sich eine Bauleitplanung oder eine Veränderungssperre stützen lassen.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit dem hier entsprechend anwendbaren § 708 Nr. 10 und § 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Ende der Entscheidung

Zurück