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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 29.07.2002
Aktenzeichen: OVG 2 B 139/02
Rechtsgebiete: VwGO, GO


Vorschriften:

VwGO § 80 Abs. 2 Nr. 1
VwGO § 80 Abs. 4 Satz 3
VwGO § 80 Abs. 5
GO § 5 Abs. 3 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT FÜR DAS LAND BRANDENBURG BESCHLUSS

OVG 2 B 139/02

In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren

wegen Kita-Gebühren;

hier: Beschwerde gegen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung

hat der 2. Senat am 29. Juli 2002 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Schmidt, den Richter am Oberverwaltungsgericht Bath und den Richter am Verwaltungsgericht Kluge

beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 16. Mai 2002 wird geändert. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens beider Instanzen, für die Gerichtsgebühren nicht erhoben werden.

Gründe:

Die Beschwerde gegen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragsteller gegen den Beitragsbescheid vom 10. Oktober 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2002 durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 16. Mai 2002 führt zur Änderung des angefochtenen Beschlusses und zur Ablehnung des vorläufigen Rechtsschutzantrages.

Bei der Erhebung öffentlicher Abgaben und Kosten nach § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, zu denen - wie das Verwaltungsgericht nicht verkennt - auch Kita-Gebühren unabhängig von der dogmatisch genauen Zuordnung zu einer bestimmten Abgabenart gehören (Beschlüsse des Senats vom 19. Dezember 1996 - 2 B 107/96 -, S. 3 des Abdrucks, und vom 10. Juni 1998 - 2 B 26/98 - MittStGB 1999, 285), setzt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO voraus, dass entsprechend der für die Aussetzungsentscheidung der Behörde geltenden Bestimmung in § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abgabenerhebung bestehen oder - was hier ersichtlich ausscheidet - diese eine unbillige Härte bedeuten würde. Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats reicht es für das Vorliegen ernstlicher Zweifel nicht aus, wenn die gegen die Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides zu erhebenden Bedenken ein Obsiegen in der Hauptsache ebenso wahrscheinlich wie unwahrscheinlich erscheinen lassen, vielmehr müssen sie solches Gewicht haben, dass der Erfolg in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. Beschlüsse des Senats vom 23. September 1996 - 2 B 53/96 - MittStGB Bbg. 11/12 1997, S. 22 und vom 10. Juni 1998, a.a.O.). Das Verwaltungsgericht hat im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO dabei grundsätzlich von der Gültigkeit der der Abgabenerhebung zugrunde liegenden Satzungsvorschriften auszugehen, es sei denn, sie wären offensichtlich rechtswidrig. Zur Überprüfung hat es sich auf eine summarische Kontrolle der äußeren Gültigkeit der Normen, auf die Prüfung sich ersichtlich aufdrängender materieller Satzungsfehler sowie auf eine solche spezieller substantiierter Einwände des Antragstellers gegen das Satzungsrecht und die sonstigen Voraussetzungen der Abgabenerhebung zu beschränken (vgl. Beschlüsse des Senats, a.a.O.).

Nach diesem Maßstab, hinsichtlich dessen der angefochtene Beschluss nicht erkennen lässt, ob ihn das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt haben will, reichen die vom Verwaltungsgericht aufgezeigten Bedenken an der Rechtmäßigkeit des streitbefangenen Gebührenbescheids, soweit ihnen überhaupt gefolgt werden kann, für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht aus.

Der mögliche Ausfertigungsmangel der einschlägigen Satzung der Gemeinde Rangsdorf über die Erhebung von Gebühren für die Betreuung von Kindern in gemeindlichen Kindertagesstätten und durch Förderung in Tagespflege vom 14. Dezember 2000, den das Verwaltungsgericht in der fehlenden Unterzeichnung der die Gebührensätze enthaltenden Anlage zu § 8 Abs. 1 der Satzung zu erkennen meint, führt nicht im vorbeschriebenen Sinn offensichtlich zur Ungültigkeit der Satzung. Zwar lässt sich aus § 5 Abs. 3 Satz 1 GO ohne weiteres herleiten, dass für die Form der Ausfertigung eine Unterzeichnung des beschlossenen Satzungstextes erforderlich ist. Das erfordert eine Unterschrift, die den Text auch räumlich deckt, d.h. er ist auf der letzten Textseite von den zuständigen Personen zu unterschreiben (vgl. dazu Urteil des Senats vom 19. August 1999 - 2 D 17/98.NE - S. 17 f.). Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Satzungsausfertigung grundsätzlich, weil die Unterschriften des Amtsdirektors und des Vorsitzenden der Gemeindevertretung den vollständigen Satzungstext decken. Lediglich die Anlage der Satzung ist in diesem engen Sinne von den Unterschriften nicht räumlich gedeckt. Ob daraus indes bereits die Fehlerhaftigkeit der Ausfertigung folgt, bedarf eingehenderer und den Rahmen bloß summarischer Prüfung überschreitender Würdigung, die auch mit den vom Verwaltungsgericht hierzu angestellten Überlegungen, wie sie aus der Begründung ersichtlich werden, keineswegs abschließend geleistet ist. Der Senat hat bislang nur die Frage zu beurteilen gehabt, wie es sich mit der Ausfertigung einer Satzung verhält, bei der der gesamte Satzungstext als Anlage zu einer Ausfertigung des Satzungsbeschlusses beigefügt war und davon den - hier vorliegenden - Fall, in dem einzelne Bestandteile der Satzung in einer Anlage verkörpert sind, unterschieden, ohne sich zur Fehlerhaftigkeit einer solchen Ausfertigung zu äußern (Urteil vom 19. August 1999, a.a.O.). Gegen die Fehlerhaftigkeit einer solchen Ausfertigung könnte - worauf die Beschwerde zu Recht hinweist - immerhin sprechen, dass Existenz und Inhalt der Anlage durch die darauf verweisende, von den Unterschriften räumlich gedeckte Satzungsnorm von der Ausfertigung umfasst ist. Dies müsste dazu führen, dass die Ausfertigung als fehlerhaft anzusehen wäre, wenn - was hier nicht der Fall ist - dem Satzungstext die Anlage nicht beigefügt wäre. Diese Überlegung zeigt, dass bei Verweisung einer Satzungsnorm auf eine Anlage eine Verbindung entsteht, bei der die Bezugnahme auf die Anlage gewissermaßen als Platzhalter für den Gesamttext der Anlage fungiert. Angesichts dessen erscheint es jedenfalls vertretbar, auch den Inhalt einer dem ausgefertigten Satzungstext in der vorliegenden Weise nachgestellten Anlage als von den Unterschriften der zuständigen Amtswalter umfasst anzusehen. Die Erwägung des Verwaltungsgerichts, im vorliegenden Fall enthalte die Anlage mit den Abgabensätzen einen besonders wesentlichen Teil der Satzung erscheint demgegenüber nicht überzeugend. Denn für die Frage der Ordnungsmäßigkeit einer Satzungsausfertigung kann es nicht darauf ankommen, ob ein wesentlicher oder ein eher unbedeutender Teil des Satzungstextes nicht von der Unterschrift gedeckt ist. Eine derartige Überlegung verkennt die Identitätsfunktion der Ausfertigung, mit der die Übereinstimmung des beschlossenen Normtextes mit seiner Verkörperung in der Originalurkunde der Satzung bezeugt wird. Denn diese Bezeugung wird grundsätzlich unabhängig davon verfehlt, wie bedeutsam die Abweichung ist (vgl. Urteile des Senats vom 22. Mai 2002 - 2 D 78/00.NE - S. 16 des Abdrucks sowie des 1. Senats des erkennenden Gerichts - 1 D 71/00.NE - S. 10 des Abdrucks; Beschluss des Senats vom 1. März 2002 - 2 B 41/02 - S. 3 des Abdrucks). Kein Zweifel kann im Übrigen daran bestehen, dass die Anlage als solche keine andere Rechtsqualität als der Satzungstext selbst hat, weswegen gegen die hier gewählte technische Normgestaltung, die Beitragssätze in einer Anlage zusammengefasst aus dem Satzungstext auszugliedern, auch keine grundsätzlichen Bedenken bestehen.

Ernstliche Zweifel im Sinne des anzuwendenden Maßstabs ergeben sich auch nicht aus der Argumentation der Antragsteller, mit der diese versuchen, die Absetzung - von ihnen bislang allerdings auch nur geltend gemachten, nicht aber nachgewiesenen - negativen Einkünften aus Vermietung in Höhe von über 40.000,-- DM von ihrem für die Berechnung des Kita-Gebühren maßgeblichen Einkommen zu begründen. Bei summarischer Prüfung spricht vielmehr alles für die vom Antragsgegner mit der Beschwerde nochmals dargelegte Sichtweise, wonach die Abzugspositionen abschließend in § 7 Abs. 4 der Satzung geregelt sind und über diese Vorschrift hinaus, die in der hier maßgeblichen, am 14. Dezember 2000 beschlossenen Fassung der Satzung negative Einkünfte nicht erwähnt, nicht unter Anknüpfung an § 7 Abs.2 der Satzung ("Neben Einkünften im Sinne des Einkommenssteuergesetzes ...") über die einkommensteuerrechtliche Einkunftsarten gewissermaßen "durch die Hintertür" eine Berücksichtigungsfähigkeit herbeigeführt werden kann. Die Vorschrift des § 7 der Satzung lässt vielmehr eine Systematik erkennen, nach der eine solche Auslegung nicht zutreffend erscheint. Denn in Absatz 1 der Bestimmung erfolgt bereits eine Abkoppelung von den Einkunftsarten im Sinne des Einkommenssteuerrechts, die möglicherweise schon als eine Beschränkung auf einen positiven Einkommensbegriff verstanden werden kann. Absatz 2 hat eine klarstellende Funktion in Bezug auf die Berücksichtigung bestimmter einkommenssteuerrechtlich abweichend behandelter Einkünfte, die man unter dem Stichwort "Sozialleistungen" zusammenfassen kann. Absatz 3 regelt, dass Erziehungsgeld und Mutterschaftsgeld bis zu einem Betrag von 600,-- DM monatlich und ein für das Kind gewährtes Pflegegeld unberücksichtigt bleiben. Absatz 4 hat die bereits angesprochene Funktion der näheren Bestimmung der Abzugspositionen. Diese Systematik deutet eher darauf hin, dass § 7 Abs. 2 keinen Anhalt dafür liefert, was als Einkunftsart im einkommenssteuerrechtlichen Sinn im einzelnen in Betracht kommt, sondern nur die Erweiterung des Begriffs der Einkünfte um jene sozialen Ersatzleistungen bezweckt. Als einschlägige Vorschrift für die Frage vom Einkommen absetzungsfähiger Positionen kommt danach nur § 7 Abs. 4 der Satzung in Betracht, die - wie bereits dargelegt - eine Berücksichtigung negativer Einkünfte nicht vorsieht. Kein aussagefähiges Argument für die Auslegung der vorliegenden Satzung liefert jedenfalls der Umstand, dass der Satzungsgeber in der Nachfolgesatzung ausdrücklich die Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte geregelt hat. Denn dies kann sowohl im Sinne der Antragsteller dahin verstanden werden, dass er die Berücksichtigung negativer Einkünfte erstmals ausschließen wollte als auch im Sinne des Antragsgegners dahin, dass er seinen schon bisher vorhandenen und in den Regelungen der Vorgängersatzung auch - wenn vielleicht auch missverständlich - verkörperten Willen lediglich klarer zum Ausdruck bringen wollte.

Andere Fehler des angefochtenen Bescheides und seiner satzungsmäßigen Grundlage sind weder von den Antragstellern geltend gemacht worden noch nach den im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO geltenden Prüfungsmaßstäben sonst ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 188 VwGO.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).



Ende der Entscheidung

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