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Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 28.04.2009
Aktenzeichen: OVG 2 B 6.08
Rechtsgebiete: AufenthG, AufenthV, FreizügG/EU


Vorschriften:

AufenthG § 6 Abs. 4 Satz 1
AufenthG § 6 Abs. 4 Satz 2
AufenthG § 27
AufenthG § 27 Abs. 1
AufenthG § 27 Abs. 1a Nr. 1
AufenthG § 28
AufenthG § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
AufenthG § 28 Abs. 1 Satz 5
AufenthG § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
AufenthG § 30 Abs. 1 Satz 2
AufenthG § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1
AufenthG § 30 Abs. 1 Satz 3
AufenthG § 30 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2
AufenthG § 30 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3
AufenthG § 30 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4
AufenthG § 44a
AufenthV § 41
FreizügG/EU § 2 Abs. 2 Nr. 6
FreizügG/EU § 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

OVG 2 B 6.08

Verkündet am 28. April 2009

hat der 2. Senat auf die mündliche Verhandlung vom 28. April 2009 durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Kipp, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Merz, den Richter am Verwaltungsgericht Dr. Grohmann sowie die ehrenamtlichen Richterinnen Bauer und Dommisch für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin ist indische Staatsangehörige und begehrt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug zu ihrem deutschen Ehemann, dem Beigeladenen zu 2.

Die kinderlose Klägerin ist am 16. April 1982 geboren und nach Aktenlage ohne Berufsausbildung und Beschäftigung. Sie lebt in dem Dorf T_____ im Punjab bei ihrer Familie. Das Dorf liegt etwa 50 km entfernt von Amritsar, der Hauptstadt des gleichnamigen Distrikts des Bundesstaates Punjab. Die Schule hat die Klägerin bis zur 8. Klasse besucht. Ihre Muttersprache ist Panjabi. Darüber hinaus spricht sie Hindi und hat geringe englische Sprachkenntnisse.

Die Klägerin und der - ebenfalls ledige und kinderlose - Beigeladene zu 2 haben am 16. August 2004 in Amritsar geheiratet. Der am 31. August 1951 geborene Beigeladene zu 2 ist deutscher Staatsangehöriger und lebt in I_____ im Landkreis G_____ (Niedersachsen). Er hat bis zum Vorruhestand bei der V_____ AG gearbeitet. Ein früherer Arbeitskollege von ihm ist Herr S_____. Er kennt außerdem weitere in Deutschland lebende Inder. In den Jahren 2001 und 2004 reiste er - auf Vermittlung seiner in Deutschland lebenden indischen Bekannten - insgesamt dreimal nach Indien. Auf der zweiten Reise im Januar 2004 lernte er die Klägerin kennen.

Am 22. Dezember 2004 beantragte die Klägerin bei der deutschen Botschaft in Neu Delhi die Erteilung eines Visums zum Ehegattennachzug. Mit Bescheiden vom 31. August und 22. September 2005 lehnte die Botschaft die Visumerteilung ab. Die Klägerin nahm die dagegen beim Verwaltungsgericht Berlin erhobene Klage am 10. Januar 2006 zurück (VG 3 V 76.05).

Am 5. Mai 2006 beantragte die Klägerin bei der Botschaft in Neu Delhi erneut die Erteilung eines Visums zum Ehegattennachzug. Der Beigeladene zu 1 teilte der Botschaft mit, dass von seiner Seite keine Bedenken gegen eine Visumerteilung bestünden. Mit Bescheid vom 9. März 2007 lehnte die Beklagte die Visumerteilung indes erneut ab. Zur Begründung führte sie aus, dass die Ehe zwischen der Klägerin nicht in den Schutzbereich des Art. 6 GG falle.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 19. Dezember 2007 die gegen die Ablehnung erhobene Klage abgewiesen. Zur Begründung führt es an, dass zwar weder eine Scheinehe festgestellt werden könne noch der Wille zur Herstellung der ehelichen Gemeinschaft zweifelhaft sei, jedoch seien von der Klägerin nicht die nach dem Aufenthaltsgesetz erforderlichen Sprachkenntnisse nachgewiesen worden. Eine Verständigung auf einfache Art in deutscher Sprache setze wenigstens voraus, dass der Ausländer Sätze mit Subjekt, Prädikat und Objekt bilden und entsprechende Sätze mit geläufigen Alltagsbegriffen mehr als nur selten verstehen könne. Diese Anforderungen erfülle die Klägerin nicht. Sie sei bisher nur imstande, einzelne deutsche Worte zu sagen, nicht aber, einfache Sätze zu sprechen, geschweige denn, solche Sätze zu verstehen. Dies ergebe sich aus der Aussage des als Zeugen vernommenen Herrn S_____, der für die Eheleute bei Telefonaten als Sprachmittler fungiere. Die Anforderung an einen nachziehenden ausländischen Ehegatten, sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen zu können, stehe auch im Einklang mit höherrangigem Recht. Das Verwaltungsgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Die Klägerin hat am 18. Februar 2008 Berufung gegen das Urteil eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass sie einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug habe. Es bestehe schon kein Anlass zu Zweifeln an ihrer Fähigkeit, sich in einfacher Art mündlich in der deutschen Sprache zu verständigen. Die mündliche Verständigung sei ausreichend. Die von der Beklagten gestellte Forderung, ein Sprachzertifikat des Goethe-Instituts oder einer von diesem lizensierten Sprachschule über das Bestehen des Sprachkurses SD1 vorzulegen, sei nicht mit dem gesetzlichen Spracherfordernis zu vereinbaren. Die Klägerin sei in der Lage, unabhängig von einem solchen Zertifikat sich in einfacher Sprache mündlich zu verständigen, mithin langsam Gesprochenes und gegebenenfalls Wiederholtes zu verstehen sowie einfach zu antworten. Ab Februar 2008 habe die Klägerin einen dreimonatigen, täglich drei Unterrichtsstunden dauernden Sprachkurs in Amritsar besucht. Ihre anschließenden Versuche, den Test SD1 zu bestehen, seien jedoch erfolglos geblieben. Im Übrigen verstoße das Spracherfordernis gegen deutsches Verfassungsrecht sowie Gemeinschaftsrecht und dürfe deshalb nicht angewandt werden. Es verletze den die Ehe schützenden Art. 6 Abs. 1 GG. Die Integration könne genauso gut durch nach Einreise zu besuchende Kurse gefördert werden. Ein Großteil der nachzugswilligen Ehegatten werde durch die Bestimmung von der Nachzugsmöglichkeit ausgeschlossen, da im Ausland vielfach vor Ort die Infrastruktur zum Spracherwerb fehle. Die Normierung der Ausnahmen von den Sprachanforderungen verstoße auch gegen das Gleichbehandlungsgebot gemäß Art. 3 Abs. 1 GG. So gebe es etwa keinen sachlichen Grund, sie - die Klägerin - anders als die visumfrei einreiseberechtigten sog. Positivstaatler nicht vom Spracherfordernis auszunehmen. Ferner verletzten die Sprachanforderungen den Art. 7 Abs. 2 der Familienzusammenführungsrichtlinie. Der Nachweis von Sprachkenntnissen vor der Einreise sei keine "Integrationsmaßnahme" im Sinne der Vorschrift. Auch Art. 8 Abs. 1 EMRK werde verletzt, da dem Beigeladenen zu 2 allein die Wahl zwischen einem Wegzug ins Ausland oder dem Verzicht auf die Herstellung der ehelichen Gemeinschaft bleibe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 19. Dezember 2007 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 9. März 2007 zu verpflichten, eine Aufenthaltserlaubnis in Form eines Visums zum Ehegattennachzug zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, das angegriffene Urteil habe einen Anspruch der Klägerin auf Erteilung eines Visums zu Recht verneint. Die Klägerin habe nicht die erforderlichen einfachen Kenntnisse der deutschen Sprache nachgewiesen. Zur sprachlichen Verständigung bei Telefonaten bedürften die Klägerin und der Beigeladene zu 2 weiterhin eines Sprachmittlers. Die mangelnden Kenntnisse beträfen das Sprechen ebenso wie das Verstehen. Der Erwerb von einfachen Sprachkenntnissen sei der Klägerin auch nicht unmöglich. Die Kenntnis der lateinischen Schrift sei unabdingbar für die Integration in Deutschland. Die Festlegung des Spracherfordernisses sei auch verfassungsgemäß. Insbesondere sei kein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG festzustellen. Die Integration sowie die Verhinderung von Zwangsehen seien legitime gesetzgeberische Ziele. Die Forderung von einfachen Sprachkenntnissen sei zu deren Erreichung auch geeignet und erforderlich. Der nach der Einreise erforderliche Integrationskurs ziele auf ein anderes, höheres Sprachniveau, könne in einem längeren Zeitraum von zwei Jahren absolviert werden und stelle einen erfolgreichen Abschluss nicht sicher. Es sei erforderlich, dass die Einreisenden bereits vor der Einreise Sprachkenntnisse erlangten. Angemessen sei das Spracherfordernis, weil das bedeutsame Ziel der Integration auch die Auferlegung von Mühen und finanziellen Lasten rechtfertige. Die zu erwerbenden Kenntnisse müssten nur einfache sein. Weiter stelle die gesetzliche Regelung auch keinen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot nach Art. 3 Abs. 1 GG dar. Der Verzicht des Sprachnachweises bei den Staatsangehörigen bestimmter Staaten rechtfertige sich aus den besonders engen (wirtschaftlichen) Beziehungen, die Deutschland zu diesen Staaten pflege. Auch ein Verstoß gegen Art. 8 EMRK sei nicht festzustellen; insoweit würden im Ergebnis keine strengeren Maßstäbe gelten als nach Art. 6 Abs. 1 GG.

Der Beigeladene zu 1 hat keinen Antrag gestellt. Er trägt vor, dass er einer Visumerteilung zustimmen würde, und verweist insoweit auf den persönlichen Eindruck vom Beigeladenen zu 2, der keine Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Ehe habe aufkommen lassen. Gleichzeitig hält er jedoch den Nachweis des Spracherwerbs für notwendig.

Der Beigeladene zu 2 hat im Berufungsverfahren keinen Antrag gestellt. In der mündlichen Verhandlung hat er angegeben, dass er und seine Ehefrau weiter in ständigem telefonischen Kontakt stünden. Er werde jetzt mehr "Druck" machen, damit seine Frau doch noch genügende Sprachkenntnisse erwerbe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte und die Verwaltungsvorgänge verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Sie ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in Form des Visums zum Ehegattennachzug ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung des begehrten Visums (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1) Rechtsgrundlage für die Erteilung eines Visums zum Ehegattennachzug ist - ungeachtet der bereits im Mai 2006 erfolgten Antragstellung - § 6 Abs. 4 Satz 1 und 2 i.V.m. §§ 27 Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 - Richtlinienumsetzungsgesetz - (BGBl. I S. 1970; neu gefasst durch Bekanntmachung vom 25. Februar 2008, BGBl. I S. 162). Abzustellen ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz, soweit es wie hier um die Erteilung einer Erlaubnis aus Rechtsgründen geht (BVerwG, Urteil vom 4. September 2007 - 1 C 43/06 -, NVwZ 2008, 333; OVG Berlin, Urteil vom 24. September 2002 - 8 B 3.02 -, OVGE 24, 128).

Nach § 6 Abs. 4 Satz 1 und 2 AufenthG ist für längerfristige Aufenthalte ein Visum für das Bundesgebiet (nationales Visum) erforderlich, das vor der Einreise erteilt wird. Die Erteilung richtet sich nach den für die Aufenthaltserlaubnis geltenden Vorschriften. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG ist die Aufenthaltserlaubnis dem ausländischen Ehegatten eines Deutschen zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. Die Aufenthaltserlaubnis zur Herstellung und zur Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet für ausländische Familienangehörige (Familiennachzug) wird nach § 27 Abs. 1 AufenthG zum Schutz von Ehe und Familie gemäß Art. 6 GG erteilt.

a) Für die sich aus Art. 6 Abs. 1 GG ergebenden aufenthaltsrechtlichen Folgen der Regelungen der §§ 27, 28 AufenthG genügt nicht allein die formalrechtliche familiäre Bindung. Nach § 27 Abs. 1a Nr. 1 AufenthG wird der Familiennachzug nicht zugelassen, wenn feststeht, dass die Ehe ausschließlich zu dem Zweck geschlossen oder begründet wurde, dem Nachziehenden die Einreise in das und den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen. Dies gilt auch dann, wenn nur ein Ehegatte die eheliche Lebensgemeinschaft herstellen will (sog. einseitige Scheinehe, vgl. OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 18. Juli 2008 - 2 N 207.07 -). Hinsichtlich des Nachweises, ob der Herstellungswille beider Ehegatten besteht, trägt ungeachtet der Vorschrift des § 27 Abs. 1a Nr. 1 AufenthG der Ausländer die materielle Beweislast (OVG Bln-Bbg, Urteil vom 29. Januar 2009 - 2 B 11.08 -, juris; HessVGH, Beschluss vom 3. September 2008 - 11 B 1690/08 -, juris Rz 4).

In Anwendung dieser Maßgaben hat der Senat die notwendige Überzeugung für die Feststellung gewonnen, dass die Klägerin und der Beigeladene zu 2 den Willen haben, eine eheliche Lebensgemeinschaft im Sinne von § 27 Abs. 1 AufenthG im Bundesgebiet herzustellen und zu wahren. Dies folgt aus den zutreffenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts, auf die der Senat insoweit Bezug nimmt, und wird bestätigt durch das Gesamtergebnis der im Berufungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse, vornehmlich der Befragung des Beigeladenen zu 2 in der mündlichen Verhandlung.

b) Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG ist es Voraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an den Ehegatten eines Ausländers, dass der Ehegatte sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann. Die Anforderung ist gemäß § 28 Abs. 1 Satz 5 AufenthG auch auf den ausländischen Ehegatten eines Deutschen anzuwenden.

Mit der Vorschrift sollen nach der Begründung des Richtlinienumsetzungsgesetzentwurfs der Bundesregierung vom 23. April 2007 (vgl. BT-Drs. 16/5065, S. 173 f.) die Betroffenen dazu angeregt werden, sich bereits vor ihrer Einreise einfache Deutschkenntnisse anzueignen und dadurch ihre Integration im Bundesgebiet zu erleichtern. Daneben steht ausweislich der Gesetzesmotive der Schutz von Opfern von Zwangsverheiratungen im Mittelpunkt der Regelung. Bereits präventiv sollen derartige Verheiratungen verhindert werden, indem die durch den Spracherwerb gestärkten Frauen weniger leicht zu Opfern werden. Jedenfalls soll den Opfern durch den Spracherwerb ein eigenständiges Sozialleben in Deutschland ermöglicht und der Zugang zu Hilfsangeboten von Anfang an erleichtert werden.

Was das Niveau der erforderlichen Sprachkenntnisse angeht, so soll es nach den Gesetzesmotiven allein erforderlich sein, sich auf "zumindest rudimentäre Weise" im Gastland verständigen zu können (BT-Drs. 16/5065, S. 174). Nach den vom Bundesministerium des Innern herausgegebenen Hinweisen zum Richtlinienumsetzungsgesetz entspricht die gesetzliche Voraussetzung der Definition des Sprachniveaus der Stufe "A1" der kompetenten Sprachanwendung des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens des Europarats - GER (Bundesministerium des Innern [Hg.], Hinweise zum Richtlinienumsetzungsgesetz, Stand: 18.12.2007 [veröffentlicht unter www.bmi.bund.de], Rz 210 ff.). Die Stufe A1 GER beinhaltet danach als unterstes Sprachstandsniveau die folgenden sprachlichen Fähigkeiten:

"Kann sich mit einfachen, überwiegend isolierten Wendungen über Menschen und Orte äußern. Kann sich auf einfache Art verständigen, doch ist die Kommunikation völlig davon abhängig, dass etwas langsamer wiederholt, umformuliert oder korrigiert wird. Kann einfache Fragen stellen und beantworten, einfache Feststellungen treffen oder auf solche reagieren, sofern es sich um unmittelbare Bedürfnisse oder um sehr vertraute Themen handelt, z.B. wo sie/er wohnt, welche Leute sie/er kennt oder welche Dinge sie/er hat."

Das beschriebene Sprachniveau ist nach Auffassung des Senats geeignet, die in § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG geforderte Fähigkeit der Verständigung in deutscher Sprache auf einfache Art näher zu bestimmen. Es macht insbesondere deutlich, dass an die Verständigung auf einfache Art keine überhöhten Forderungen zu stellen sind. Eine genauere grammatikalische Beschreibung der Anforderungen, wie sie das Verwaltungsgericht im Ausgangsurteil vorgenommen hat (Fähigkeit zur Bildung und zum Verständnis von Sätzen mit Subjekt, Prädikat und Objekt), erhöht die Ansprüche an das erforderliche Sprachniveau, ohne dass dafür Anlass besteht, und ist der Prüfung der Sprachkenntnisse nicht zugrunde zu legen.

Die Fähigkeit, sich auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen zu können, umfasst auch eine einfache schriftliche Verständigung in deutscher Sprache (ebenso VG Berlin, Urteil vom 23. Juli 2008 - 15 V 3.08 -, juris Rz 28 ff.). Dafür spricht schon, dass das Aufenthaltsgesetz an anderer Stelle Kenntnisse der deutschen Sprache fordert, unter bestimmten Voraussetzungen allerdings die mündliche Verständigung genügen lässt (§ 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 5 AufenthG). Im Gesetz kommt es mithin zum Ausdruck, wenn mündliche Kenntnisse genügen (vgl. zur parallelen Problematik im Staatsangehörigkeitsrecht, BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 5 C 8.05 -, juris Rz 14). Vor allem spricht für die Forderung auch einfacher schriftlicher Kenntnisse der Gesetzeszweck der Integrationsförderung. Um ihn zu erreichen, ist die Fähigkeit, einfache Texte in deutscher Sprache lesen und schreiben zu können, von besonderer Bedeutung. Nicht nur im Umgang mit Behörden, sondern auch zur Teilhabe am sonstigen sozialen Miteinander und am wirtschaftlichen Leben in Deutschland erscheint die Fähigkeit zu lesen und zu schreiben geradezu unabdingbar.

Der Nachweis einfacher Sprachkenntnisse im Sinne von § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG ist nicht auf die Vorlage eines Zertifikats SD1 des Goethe-Instituts oder der von diesem lizensierten Partner beschränkt. Das Erfordernis eines in dieser Art spezifizierten Nachweises lässt sich weder dem Gesetz entnehmen, noch dürfte es geboten sein. Davon geht auch die Beklagte aus, wenn sie in ständiger Praxis bei offensichtlich vorhandenen, im Gespräch mit behördlichen Mitarbeitern belegten Sprachkenntnissen auf die Vorlage eines Zertifikats verzichtet. Nach Auffassung des Senats gelten einfache Sprachkenntnisse jedenfalls als nachgewiesen, wenn ein solches Zertifikat vorgelegt wird.

c) Die Klägerin vermag die so näher bestimmte Anforderung, sich auf einfache Art - mündlich und schriftlich - in deutscher Sprache verständigen zu können, nicht zu erfüllen. Sie hat weder durch Vorlage eines SD1-Zertifikats noch auf andere geeignete Weise nachgewiesen, dass sie die genannten Mindestanforderungen erfüllt. Schon ihre Behauptung, sich mündlich auf Deutsch in einfacher Weise verständigen zu können, hat sie nicht glaubhaft gemacht. Insofern beschränkt sich ihre Sprachpraxis auch nach dem ergänzenden Vortrag des Beigeladenen zu 2 in der mündlichen Verhandlung auf einzelne Wörter in sehr wenigen, stark beschränkten Themenbereichen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Empfang finanzieller Leistungen des Beigeladenen zu 2. Lese- und Schreibkenntnisse hat sie nach ihren eigenen Angaben nicht. Ebenso wenig greift hier eine der in § 30 Abs. 1 Sätze 2, 3 AufenthG vorgesehenen Ausnahmen ein. Insbesondere besteht bei der Klägerin nicht ein erkennbar geringer Integrationsbedarf; sie hätte nach der Einreise einen Anspruch auf Teilnahme am Integrationskurs (vgl. § 4 Abs. 2 Integrationskursverordnung - IntV -).

d) § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG ist mit höherrangigem Recht vereinbar.

Die Vorschrift verletzt keine die Klägerin schützenden höherrangigen Rechte, soweit sie Sprachanforderungen als Voraussetzung des Nachzugs von ausländischen Ehegatten zu Deutschen festlegt. Dies entspricht der - soweit ersichtlich - durchgängig in der Rechtsprechung sowie einem Teil der Literatur vertretenen Ansicht (vgl. VG Berlin, Urteil vom 28. Januar 2009 - 2 V 76.07 -, EA S. 7 ff.; Urteil vom 23. April 2008 - 3 V 49.07 -, juris 20 ff.; Urteil vom 23. Juli 2008 - 15 V 3.08 -, juris Rz 36; Urteil vom 10. November 2008 - 12 V 88.07 -, juris Rz 23 ff. und Urteil vom 10. Dezember 2008 - 12 V 20.07 -, juris Rz 24 ff.; VG Koblenz, Beschluss vom 22. August 2008 - 3 L 849/08.KO -, juris Rz 6; VG Oldenburg, Urteil vom 7. November 2007 - 11 A 147/06 -, juris Rz 16; VG Frankfurt a.M., Urteil vom 16. Februar 2009 - 1 K 4071/08.F -, juris Rz 16 ff., zweifelnd: OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 1. Juli 2008 - 11 S 38.08 -, EA S. 3 ff.; Hillgruber, ZAR 2006, 304; Hailbronner, AuslR, Kommentar, Stand: Dezember 2008, § 30 AufenthG Rz 43 ff.; ders., FamRZ 2008, 1583; Breitkreutz/Franßende la Cerda/Hübner, ZAR 2008, 381, 383 f.; differenzierend Thomas, SächsVBl. 2009, 56, 60; a.A.: Göbel-Zimmermann, ZAR 2008, 169, 172 f.; Marx in GK-AufenthG, Stand: Februar 2009, § 30 Rz 65 ff.; ders., Stellungnahme zur Anhörung des Innenausschusses des Deutschen Bundestags zum Entwurf des Richtlinienumsetzungsgesetzes, 16. Mai 2007, Innenausschuss A-Drs. 16(4)209 D, 4 ff.; ders., InfAuslR 2007, 413, 415 ff.; Dienelt, Stellungnahme zur Anhörung des Innenausschusses des Deutschen Bundestags zum Entwurf des Richtlinienumsetzungsgesetzes, Innenausschuss A-Drs. 16(4)209 H, 5 f.; Kingreen, ZAR 2007, 13, 18 f.; Markard/Truchseß, NVwZ 2007, 1025, 1026 ff.; Fischer-Lescano, KJ 2006, 236, 241).

aa) Die Sprachanforderungen verletzen die Klägerin nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG.

Der Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG ist allerdings berührt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts enthält Art. 6 Abs. 1 GG neben dem Grundrecht als Abwehrrecht im klassischen Sinne eine Institutsgarantie sowie eine wertentscheidende Grundsatznorm für den gesamten Bereich des Ehe und Familie betreffenden Rechts (BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 1957 - 1 BvL 4/54 -, "Steuersplitting", BVerfGE 6, 55, 71 ff.). Dabei erreicht jedoch die wertentscheidende Grundsatznorm nicht das Maß an Verbindlichkeit, das der Institutsgarantie oder dem Freiheitsrecht eigen ist (BVerfG, Beschluss vom 18. April 1989 - 2 BvR 1169/84 -, "Volljährigenadoption I", juris Rz 38). Der Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG umfasst die Freiheit der Eheschließung und Familiengründung sowie das Recht auf ein eheliches und familiäres Zusammenleben. Die wertentscheidende Grundsatznorm gebietet dem Staat, Ehe und Familie zu schützen und zu fördern. Das Bundesverfassungsgericht hat die aus der wertentscheidenden Grundsatznorm für den Bereich des Nachzugs ausländischer Ehegatten entstehenden Folgen näher dargelegt. Danach korrespondiert der Förderungspflicht ein Anspruch des Grundrechtsträgers, dass die zuständigen Behörden und Gerichte bei der Entscheidung über ein Aufenthaltsbegehren die bestehenden ehelichen Bindungen in einer Weise berücksichtigen, die der großen Bedeutung des Schutzes der Ehe entspricht. Sowohl der bereits im Bundesgebiet lebende als auch der zuzugswillige Ehegatte sind im persönlichen Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG betroffen, wenn und soweit dem anderen Ehegatten der Aufenthalt im Bundesgebiet zum Zwecke des ehelichen Zusammenlebens versagt wird (Beschluss vom 12. Mai 1987 - 2 BvR 1226/83 u.a. -, "Familiennachzug", BVerfGE 76, 1, 41 ff.). Die Entscheidung, gemeinsam in Deutschland zu leben, verdient einen besonderen staatlichen Schutz, wenn einer der Ehepartner die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Dies gilt vor dem Hintergrund, dass der deutsche Ehepartner durch eine Verweigerung des Nachzugs vor die Entscheidung gestellt wird, zur Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft ins Ausland ziehen oder die Trennung der ehelichen Gemeinschaft hinnehmen zu müssen (BVerfG, Beschluss vom 18. Juli 1979 - 1 BvR 650/77 -, "Ausweisung", juris Rz 33).

Die Verknüpfung der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug mit dem Nachweis einfacher Sprachkenntnisse berührt den so beschriebenen Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG bereits insofern, als er das Recht auf ein eheliches und familiäres Zusammenleben umfasst. Denn dieses Recht drückt sich gerade auch in der Möglichkeit des häuslichen Zusammenlebens aus (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 1987 - 2 BvR 1226/83 u.a. -, NJW 1988, 626, 627). Auch mit dem ggf. bestehenden Zwang des deutschen Ehegatten zum Verlassen des Landes, der sich mittelbar ergibt, wenn sein ausländischer Partner die Anforderungen des § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG nicht erfüllt, berührt die gesetzliche Regelung den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG.

Die Forderung einfacher Sprachkenntnisse stellt allerdings weder einen Eingriff in die Institutsgarantie noch - anders als das Verwaltungsgericht meint - einen Eingriff in das Freiheitsrecht des Art. 6 Abs. 1 GG dar. Eingriffe sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die staatlichen Maßnahmen, die die Ehe schädigen, stören oder sonst beeinträchtigen könnten (BVerfG, Beschluss vom 3. Oktober 1989 - 1 BvL 78/86 u.a. -, "Schlüsselgewalt", juris Rz 27). Die Annahme eines derartigen Eingriffs bei Reglementierungen des Ehegattennachzugs hat das Bundesverfassungsgericht abgelehnt (Beschluss vom 12. Mai 1987 - 2 BvR 1226/83 u.a. -, NJW 1988, 626, 628). Denn Art. 6 Abs. 1 GG begründe nicht einen grundrechtlichen Anspruch von ausländischen Ehegatten auf Nachzug zu ihren berechtigterweise in der Bundesrepublik Deutschland lebenden ausländischen Ehegatten. Das Grundgesetz überantworte es vielmehr weitgehend der gesetzgebenden und der vollziehenden Gewalt festzulegen, in welcher Zahl und unter welchen Voraussetzungen Ausländern der Zugang zum Bundesgebiet ermöglicht werde. Diese Festlegungen seien an Art. 6 Abs. 1 GG zu messen, soweit dieser eine wertentscheidende Grundsatznorm enthalte.

Aufgrund der Berührung des Schutzbereichs des Art. 6 Abs. 1 GG in Gestalt der wertentscheidenden Grundsatznorm sind dem gesetzgeberischen Handeln Grenzen gesetzt. Der Betroffene braucht es nicht hinzunehmen, unter unverhältnismäßiger Vernachlässigung dieser Gesichtspunkte daran gehindert zu werden, bei seinen im Bundesgebiet lebenden nahen Angehörigen ständigen Aufenthalt zu nehmen. Stehen diesem Anspruch öffentliche Interessen gegenüber, sind die familiären Belange des Betroffenen und die gegenläufigen öffentlichen Belange mit dem Ziel eines schonenden Ausgleichs gegeneinander abzuwägen. Die zu treffenden Regelungen müssen den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Übermaßverbots entsprechen. Dabei ist einerseits der hohe Rang zu beachten, der Ehe und Familie im Gefüge des Grundgesetzes zukommt. Andererseits steht dem Gesetzgeber im Ausländerrecht von Verfassungs wegen ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der Kreis der öffentlichen Interessen, die verfolgt werden dürfen, soll nicht unangemessen eingeengt werden. Der Einschätzungsvorrang der Rechtsetzungsorgane hinsichtlich künftiger Verhältnisse und Entwicklungen muss gewahrt bleiben. Auf diese Einschätzungen bezogen kann im Wege der gerichtlichen Kontrolle allein eine Vertretbarkeitsprüfung durchgeführt werden (Beschluss vom 12. Mai 1987 - 2 BvR 1226/83 u.a. -, NJW 1988, 626, 629). Ausländer sowie Deutsche, die Ehen mit Ausländern schließen, müssen damit rechnen, dass das eheliche und familiäre Zusammenleben sich nicht stets in der Bundesrepublik Deutschland vollziehen kann (Jarass/Pieroth, GG, 10. Aufl. 2009, Art. 6 Rz 11). Eine Verletzung der wertentscheidenden Grundsatznorm liegt (erst) dann vor, wenn es dem Ehepartner oder Familienmitglied nicht möglich oder nicht zumutbar ist, dem Ausländer ins Ausland zu folgen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn einem deutschen Kind wegen seiner Beziehung zu der in Deutschland lebenden Mutter die Herstellung der Lebensgemeinschaft mit seinem Vater im Ausland und damit das Verlassen der Bundesrepublik nicht zugemutet werden kann (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. August 1994 - 2 BvR 1542/94 -, juris Rz 11).

Gemessen an dem so konkretisierten Maßstab des grundgesetzlichen Schutzes der Ehe verletzt das Erfordernis der Sprachkenntnisse gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG nicht das Grundrecht der Klägerin aus Art. 6 Abs. 1 GG.

Die genannten Zielrichtungen der Regelung, nämlich die Förderung der Integration und die Bekämpfung von Zwangsverheiratungen, sind offenkundig legitime gesetzgeberische Ziele. Das Spracherfordernis ist auch geeignet, diese Ziele zu erreichen. Ihm liegt die Annahme zugrunde, dass der Erwerb einfacher Sprachkenntnisse durch den ausländischen Ehegatten vor der Einreise nach Deutschland regelmäßig dessen Einfügung in das soziale und wirtschaftliche Leben der Bundesrepublik deutlich verbessern wird. Bei dieser Annahme handelt es sich um eine Einschätzung künftigen Geschehens, die vertretbar und damit von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden ist. Abgesehen davon erscheint es offenkundig, dass Sprachkenntnisse zur besseren und schnelleren Integration beitragen, indem sie von Beginn an die Teilnahme am sozialen Leben ermöglichen. Soweit die Geeignetheit hinsichtlich der Bekämpfung von Zwangsehen mit dem Argument in Zweifel gezogen wird, dass die Eheschließung unter Zwang selbst nicht verhindert werden könne (Markard/Truchseß aaO, 1027), ist auf die vom Gesetzgeber beabsichtigte mittelbare Wirkung zu verweisen. Aufgrund der Sprachkenntnisse wird die Ausnutzung einer Nötigungslage in Deutschland erschwert. Die insoweit bestehende Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers ist zu respektieren.

Es kann ferner nicht festgestellt werden, dass ein Mittel zur Verfügung gestanden hätte, welches es erlaubte, das gesetzgeberische Ziel in gleich effektiver Weise, aber in einer die Ehe der Betroffenen weniger belastenden Art und Weise zu erreichen. Soweit die damit angesprochene Erforderlichkeit des Spracherfordernisses in Frage gestellt und darauf hingewiesen wird, dass auch eine Verpflichtung zum Spracherwerb erst nach der Einreise in Betracht komme, vermag dies nicht zu überzeugen. Eine derartige Regelung würde sich zwar wegen der schnelleren Zuzugsmöglichkeit und der einfacheren Zugänglichkeit der Lehrangebote in Deutschland als ein gegenüber dem Spracherwerb vor der Einreise milderes Mittel darstellen. Sie wäre allerdings erheblich weniger effektiv. Weder die Teilnahme an einem Integrationskurs nach § 44a AufenthG, die keinen erfolgreichen Abschluss sicherstellt, noch sonstige Sprachkurse in Deutschland, bis zu deren Erfolg notwendigerweise ein gewisser Zeitraum vergehen würde, wären eine gleichwertige Alternative. Derartige Mittel wären im Übrigen erheblich kontrollbedürftig und würden den Spracherwerb damit nicht gleich sicher garantieren.

Die Sprachanforderungen sind auch angemessen. Die Abwägung der Belange der Ehe mit den der angegriffenen Regelung zugrunde liegenden öffentlichen Interessen wird dem Gewicht des Schutz- und Förderungsgebots des Art. 6 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als wertentscheidender Grundsatznorm gerecht. Art. 6 Abs. 1 GG verpflichtet den Gesetzgeber nicht, die Gestattung eines Ehegattennachzugs von geringeren Anforderungen an die Vorbereitung einer Integration in die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse in Deutschland abhängig zu machen, als dies durch den Nachweis einfacher Sprachkenntnisse erreicht werden kann.

Dabei ist zunächst das besondere Gewicht, das den mit der Regelung verfolgten Belangen beigemessen werden darf, festzustellen. Dem gesetzgeberischen Ziel der Förderung der Integration ist hohe Bedeutung zuzumessen (vgl. OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 1. Juli 2008 - 11 S 38.08 -, EA S. 7 f.). Die Möglichkeit der Einfügung nachziehender Ehegatten in die sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen der Bundesrepublik ist nicht nur Voraussetzung für ihre persönliche Fortentwicklung im Gastland, sondern in erster Linie ein soziales und wirtschaftliches Interesse der Bundesrepublik Deutschland. Sie ist darüber hinaus auch verfassungsrechtlich fundiert: Die Integration ist schon aus sozialstaatlichen Gründen (Art. 20 Abs. 1 GG) anzustreben; sie dient auch der freien Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG). Darüber hinaus ist sie Voraussetzung für eine Teilhabe am politischen Leben der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere an der politischen Meinungsbildung, und lässt sich damit auch auf das Demokratieprinzip zurückführen (Art. 20 Abs. 1 GG). Die Verhinderung von Zwangsverheiratungen berührt darüber hinaus zentrale Grundrechte der Betroffenen, nämlich die Eheschließungsfreiheit (Art. 6 Abs. 1 GG) und mittelbar die sexuelle Selbstbestimmung und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 GG).

Die die betroffenen nachzugswilligen Ehegatten belastenden Wirkungen der Sprachanforderungen sind zwar nicht gering. Mit Blick auf die hochrangigen öffentlichen Interessen sind sie jedoch hinzunehmen.

Die Sprachanforderungen können für junge Ehen eine Belastung mit sich bringen, da sie dazu führen können, dass eine gewisse Zeit bis zur Herstellung des häuslichen Zusammenlebens vergeht. Weist ein nachzugswilliger Ehegatte die einfachen Sprachkenntnisse indes bereits vor der Heirat oder im zeitlichen Zusammenhang mit dieser nach, entfällt jede Wartezeit. Ist dies nicht der Fall, kann der Zeitraum von wenigen Wochen bis zu - wie hier - mehreren Jahren dauern; nicht ausgeschlossen ist, dass im Einzelfall auch eine dauerhafte Verhinderung des Nachzugs in die Bundesrepublik Deutschland die Folge sein kann. Mit Blick auf die tatsächliche Belastung, nämlich die konkreten Anforderungen und Bedingungen des Spracherwerbs, erweist sich dennoch die Angemessenheit des Spracherfordernisses.

Dies betrifft zunächst den Umstand, dass die dargestellten Anforderungen an den Nachweis einfacher Sprachkenntnisse gering sind. Sie stellen - ungeachtet der sehr unterschiedlichen bildungsmäßigen, kulturellen und muttersprachlichen Voraussetzungen bei den ausländischen Ehepartnern - eine verhältnismäßig niedrige Hürde auf, die in ihren Anforderungen kaum mehr herabzusetzen ist. In zahlreichen Ländern bieten das Goethe-Institut und vielfältige weitere Sprachschulen Sprachkurse an. Solche Sprachkurse stehen weiter über verschiedene Medien zur Verfügung, und zwar grundsätzlich auch in den in Rede stehenden Drittländern. Dort ist mindestens für die regionalen Zentren regelmäßig von einer Zugänglichkeit des Internet auszugehen. Auch bei fehlendem Internetzugang besteht die Möglichkeit des Zugriffs auf Sprachkurse über Bücher, Audio-Kassetten oder CDs.

Die Art und Weise des Spracherwerbs bleibt den nachziehenden Ehegatten im Übrigen freigestellt. Was die finanziellen Aufwendungen für die Absolvierung eines Sprachkurses angeht, so ist zum einen zu berücksichtigen, dass die Auferlegung eines gewissen finanziellen Aufwands unbedenklich erscheint, wenn es um eine grundlegende Lebensentscheidung wie die Übersiedlung zum Ehegatten in ein anderes Land geht. Zum anderen können sich die ausländischen Ehegatten in der Regel zur Unterstützung an ihren in Deutschland lebenden Ehepartner halten. Im vorliegenden Fall des Nachzugs zu einem deutschen Ehepartner vermag dieser durch (telefonische) Gespräche und brieflichen Kontakt auch den Spracherwerb selbst zu unterstützen. Von Bedeutung für die Angemessenheit der Sprachanforderungen ist ferner die in § 30 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 AufenthG vorgesehene Ausnahmeregelung für die nachzugswilligen Ehegatten, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung nicht in der Lage sind, die Anforderungen zu erfüllen. Für diese Fälle der nicht vom Ehegatten zu beseitigenden Hindernisse beim Spracherwerb wird vom Spracherfordernis abgesehen.

Als Indiz für eine Unangemessenheit der Sprachanforderungen würde es erscheinen, wenn eine Mehrzahl der nachzugswilligen Ehegatten, die sich um die Erlangung und den Nachweis von einfachen Sprachkenntnissen bemühen, im Ergebnis über einen längeren Zeitraum vom Ehegattennachzug ausgeschlossen würde, etwa in Folge eines Fehlens der strukturellen Voraussetzungen zum Erlernen der deutschen Sprache in den Herkunftsländern (so vor allem Marx, InfAuslR 2007, 413, 416 f., ders. in GK-AufenthG § 30 Rz 65, 69, 96). Mit Blick auf Art. 8 Abs. 1 Familienzusammenführungsrichtlinie, der den Mitgliedsstaaten die Normierung einer Wartefrist zum Familiennachzug von zwei Jahren freistellt, könnte die Erheblichkeit bei einer regelmäßiger Überschreitung dieses Zeitraums anzunehmen sein (vgl. Marx, GK-AufenthG, aaO. Rz 91, und in InfAuslR 2007, 413, 416).

Eine Überschreitung dieser Maßgabe lässt sich indes auf der Grundlage der verfügbaren Erkenntnisse zu den Auswirkungen der Sprachanforderungen nicht feststellen. Insbesondere lassen die dazu bisher von der Bundesregierung vorgelegten statistischen Daten eine weite Teile der nachzugswilligen Ehegatten ausschließende Wirkung nicht erkennen (vgl. Antworten der Bundesregierung auf Parlamentarische Anfragen, BT-Drs. 16/7288 vom 27. November 2007, BT-Drs. 16/8175 vom 18. Februar 2008, BT-Drs. 16/9137 vom 7. Mai 2008, BT-Drs. 16/10198 vom 2. September 2008, BT-Drs. 16/10732 vom 29. Oktober 2008, BT-Drs. 16/11997 vom 17. Februar 2009). Zum einen ist zwar von 2006 zu 2008, mithin im Einführungszeitraum der gesetzlichen Regelung, ein Rückgang der Erteilung von Visa zum Ehegattennachzug weltweit um etwas mehr als 20% zu beobachten (von 39.585 auf 30.766, BT-Drs. 16/11997 S. 18 ff.). Seitdem bleibt die Zahl der Erteilungen jedoch im Wesentlichen stabil und steigt in einigen Ländern, wie etwa Indien, wieder erheblich an. Zum anderen liegt die Erfolgsquote für die Prüfung SD1 in den Hauptherkunftsländern bei insgesamt deutlich über 50%, nämlich - ermittelt von Januar bis August 2008 - bei rund 60% (nicht differenziert nach Erst- oder Wiederholungsversuch, BT-Drs. 16/10732 S. 24 f.). Die Erfolgsquote für Teilnehmer, die vorher einen Sprachkurs des Goethe-Instituts besucht haben ("Goethe-Interne"), lag im gleichen Zeitraum bei 73% weltweit. In Indien absolvierten von Januar bis August 2008 73% aller Prüflinge sowie 79% der "Internen" den SD1-Test erfolgreich (BT-Drs. 16/11997 S. 24 ff.).

Auch der vorliegende Einzelfall bietet keinen Anlass, die Angemessenheit der Sprachanforderungen hinsichtlich der Person der Klägerin in Zweifel zu ziehen. Die Klägerin, die acht Jahre zur Schule gegangen ist, hat die tatsächliche Möglichkeit zum Erwerb von einfachen deutschen Sprachkenntnissen. Der Umstand, dass ihre Muttersprache Panjabi, eine der indogermanischen Sprachfamilie entstammende Tonsprache, üblicherweise in einer eigenen Schrift, der Gurmukhi, geschrieben wird, ändert hieran nichts. Die Klägerin muss zwar insoweit zum Erwerb der Schriftsprache ein für sie neues (das lateinische) Alphabet lernen. Das unterscheidet sie aber zunächst nicht von zahlreichen weiteren nicht deutschsprachigen Menschen, die in einer anderen als der lateinischen Schrift ihre Muttersprache gelernt haben und sich für den Erwerb der deutschen Sprache ebenfalls diese Schrift aneignen müssen. Dies bedeutet zweifellos eine gewisse Erschwerung des Lernprozesses, schließt den Spracherwerb aber nicht aus und bedeutet auch keine erhebliche, also zu einer Unangemessenheit führende Belastung. Die Sprachkursangebote der Sprachschulen richten sich regelmäßig auf diese Besonderheit ein und bieten mitunter auch besondere Kurse für lernunerfahrene Sprachschüler (vgl. Antwort der Bundesregierung auf eine kleine parlamentarische Anfrage, BT-Drs. 16/11997, S. 8).

Die Klägerin ist auch nicht etwa faktisch an der Absolvierung eines oder verschiedener Sprachkurse gehindert. Dies gilt zum einen in räumlicher Hinsicht. Von ihrem Wohnort aus vermag sie die an verschiedenen Orten in Indien angebotenen Sprachkurse des Goethe-Instituts wie anderer Sprachschulen in Anspruch zu nehmen, sei es in der Distriktstadt Amritsar, in der Hauptstadt des Bundesstaates Chandigarh oder auch in Indiens Hauptstadt Neu Delhi. Den Besuch eines Sprachkurses in Amritsar im Frühjahr 2008 hat sie selbst vorgetragen. Sie hätte darüber hinaus mindestens Zugriff auf über Tonträger vermittelte Sprachkurse. Auch in finanzieller Hinsicht bestehen für die Klägerin keine erheblichen Hürden. Sie hat zwar vorgetragen, dass das Wohnen in Amritsar zur Absolvierung des Sprachkurses für sie und ihre Familie "erhebliche finanzielle Belastungen" mit sich bringe, jedoch gerade nicht, dass ihr dies den Spracherwerb unmöglich mache. Nach den Angaben des Beigeladenen zu 2 im Termin zur mündlichen Verhandlung hat er den Sprachschulbesuch finanziell getragen. Der Beigeladene zu 2 lässt der Klägerin weiterhin regelmäßig nicht unerhebliche finanzielle Unterstützung zukommen.

Darüber hinaus gehende - hier nicht gegebene - besondere Fallkonstellationen bedürfen vorliegend keiner Entscheidung. Insbesondere in Fällen, in denen auch Kinder des deutschen Ehegatten - etwa aus erster Ehe - wegen der Herstellung der ehelichen Gemeinschaft im Ausland das Bundesgebiet verlassen müssten oder der deutsche Ehegatte gezwungen wäre, sich zwischen der häuslichen Gemeinschaft mit seinem ausländischen Ehepartner und dem weiteren Umgang mit seinem in Deutschland lebenden Kind zu entscheiden, erscheint es zwar nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sich das Fehlen einer über § 30 Abs. 1 Satz 2, 3 AufenthG hinausgehenden Ausnahmeregelung mit Blick auf die Schutzwirkung des Art. 6 Abs. 1 GG als unverhältnismäßig erweisen könnte. Selbst das Scheitern einer - gegebenenfalls vorrangig zu prüfenden - verfassungskonformen Auslegung und die etwaige Annahme einer Verfassungswidrigkeit in derart gelagerten Ausnahmefällen würde jedoch nicht dazu führen, dass die Regelung des § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG insgesamt verfassungsrechtlich zu beanstanden wäre. Ein Verfassungsverstoß wäre gegebenenfalls allein insoweit festzustellen, als das Aufenthaltsgesetz keine derartige Konstellationen erfassende Härtefallregelung enthält (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31. März 2006 - 1 BvR 1750/01 -, "Langzeitstudiengebühren", juris Rz 25).

bb) Das Spracherfordernis verletzt weder das Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG noch den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG.

Nach dem Diskriminierungsverbot darf niemand wegen seiner Heimat und Herkunft benachteiligt oder bevorzugt werden. Es erfasst indes nicht eine Differenzierung nach Staatsangehörigkeit (BVerfG, Beschluss vom 9. Februar 1994 - 1 BvR 1687/92 -, "Parabolantenne I", juris Rz 29) oder dem Bildungsniveau.

Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, zwei im Wesentlichen gleiche Sachverhalte nicht ohne hinreichend gewichtigen Grund unterschiedlich zu behandeln (BVerfG, Urteil vom 28. April 1999 - 1 BvL 11/94 u.a. -, "DDR-Rentenanwartschaften", BVerfGE 100, 138, 174). Als Grund für eine Ungleichbehandlung kommt grundsätzlich jede vernünftige Erwägung in Betracht. Es ist zunächst Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselben Rechtsfolgen knüpft, vorausgesetzt, die Auswahl ist sachlich vertretbar und nicht sachfremd. Art. 3 Abs. 1 GG verlangt nicht, die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen. Die Anforderungen sind allerdings höher, wenn - wie hier - verschiedene Personengruppen, und nicht nur verschiedene Sachverhalte, ungleich behandelt werden, jedenfalls soweit die Benachteiligten den begünstigenden Umstand in ihrer Person nicht oder nur schwer erfüllen können. Ebenfalls höhere Anforderungen gelten für Ungleichbehandlungen, die sich auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken können.

Nach diesem Maßstab ist ein die Klägerin treffender Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot nicht festzustellen.

Allerdings wird durch die für bestimmte Personengruppen geregelten Ausnahmen vom Spracherfordernis beim Ehegattennachzug zwischen verschiedenen Zuwanderergruppen im Hinblick auf die Notwendigkeit des Nachweises von Sprachkenntnissen unterschieden. So müssen nach § 30 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 AufenthG diejenigen ausländischen Ehegatten keine Sprachkenntnisse nachweisen, die für die Einreise auch kein Visum benötigen (sog. Positivstaatler). Dabei handelt es sich um die Staatsangehörigen von Australien, Israel, Japan, Kanada, der Republik Korea, von Neuseeland und der Vereinigten Staaten von Amerika sowie die Staatsangehörigen von Andorra, Honduras, Monaco und San Marino, die keine Erwerbstätigkeit ausüben wollen (§ 41 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Aufenthaltsverordnung - AufenthV -). Diese Ungleichbehandlung trifft die Klägerin unmittelbar, da sie allein aufgrund des von ihr nicht beeinflussbaren Umstandes nicht von der Ausnahme profitiert, dass sie Staatsangehörige Indiens ist und Indien nicht zu den in § 41 AufenthV genannten Staaten gehört.

Auch gegenüber den durch § 30 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 AufenthG Privilegierten wird die Klägerin ungleich behandelt. Nach dieser Vorschrift gelten die Sprachanforderungen nicht für Ehegatten, bei denen ein erkennbar geringer Integrationsbedarf im Sinne der Integrationskursverordnung besteht oder die aus anderen Gründen nach der Einreise keinen Anspruch auf Teilnahme an einem Integrationskurs hätten. Dies betrifft vor allem Personen, die eine Hoch- oder Fachhochschulausbildung oder eine entsprechende Qualifikation besitzen oder eine Erwerbstätigkeit ausüben, die regelmäßig eine solche Qualifikation erfordert, und gilt auch dann, wenn die Annahme gerechtfertigt ist, dass sich der Ausländer ohne staatliche Hilfe in das wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Leben der Bundesrepublik Deutschland einfügen wird (vgl. zum Teilnahmeanspruch § 4 Abs. 2 IntV). Weiter sind nach § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AufenthG vom Spracherfordernis ausgenommen die Ehegatten von Ausländern, die einen Aufenthaltstitel als Hochqualifizierter, Forscher oder Selbständiger besitzen. Ehegatten von Unionsbürgern brauchen gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 6, § 3 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern vom 30. Juli 2004 (Freizügigkeitsgesetz/EU - FreizügG/EU -) keine Sprachkenntnisse nachzuweisen.

Die genannten Ausnahmevorschriften betreffen verschiedene Personengruppen und berühren zudem den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG. Die Grenze der gesetzgeberischen Freiheit ist dabei nicht erst bei Vorliegen von Willkür, sondern bereits dann erreicht, wenn sich für eine Ungleichbehandlung kein in angemessenem Verhältnis zu dem Grad der Ungleichbehandlung stehender Rechtfertigungsgrund finden lässt (BVerfG, Beschluss vom 15. März 2000 - 1 BvL 16/96 u.a. -, "Gesundheitsstrukturgesetz", juris Rz 72). Vorliegend besteht jedoch eine derartige sachliche Rechtfertigung.

Grund für die abweichende Behandlung der visumfrei einreisenden Personen nach § 30 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 AufenthG gegenüber den Angehörigen anderer Staaten ist ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs die Rücksichtnahme auf die bedeutenden wirtschaftlichen Beziehungen, die Deutschland zu den Staaten, für die die Visumfreiheit gilt, unterhält (BT-Drs. 16/5065, S. 175 li.Sp.). Auch außenpolitische Rücksichtnahmen gegenüber diesen Staaten können zur Rechtfertigung herangezogen werden. Diese Gründe für die Freistellung einer großen Personengruppe vom Spracherfordernis erscheinen gemessen am Grad der Ungleichbehandlung noch sachgerecht.

Was die in § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AufenthG genannte Personengruppe angeht (Hochqualifizierte, Forscher, Selbständige), so verbindet der Gesetzgeber mit deren Ansiedlung ein erhebliches migrationspolitisches Interesse der Bundesrepublik Deutschland (Motive, BT-Drs. 16/5065, S. 174), da sie Deutschland als Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort stärken und dem Arbeitsmarkt positive Impulse geben sollen. Dieser Differenzierungsgrund, für den ein grundlegender Beurteilungsspielraum des Gesetzgebers zu berücksichtigen ist, erscheint hinreichend gewichtig, um die Ausnahmeregelung zu rechtfertigen. Die Differenzierung wird weiter durch die - nicht zu beanstandende - Annahme des Gesetzgebers gestützt, dass bei den besonders qualifizierten oder selbständig tätigen Ausländern im Allgemeinen davon ausgegangen werden kann, dass unabhängig vom Nachweis einfacher deutscher Sprachkenntnisse in der Regel keine Integrationsprobleme durch den Nachzug von Ehegatten entstehen.

Die Zuwanderung von Unionsbürgern ist ebenfalls in besonderem Maße migrationspolitisch erwünscht und wäre bei Geltung der Sprachanforderungen unter Umständen gefährdet. Die entsprechende Privilegierung erscheint deshalb sachgerecht. Was schließlich die von § 30 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 AufenthG erfassten Ausländer mit geringem Integrationsbedarf angeht, so liegt es auf der Hand, dass sie vor dem Hintergrund des Gesetzeszweckes der Integrationsförderung unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots keinen Bedenken unterliegt.

cc) Es verstößt ferner nicht gegen das in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Vertrauensschutzgebot, dass § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG - wie im Fall der Klägerin - ohne Übergangsregelung auch bei bereits vor dem Inkrafttreten der Neuregelung begonnenen Verfahren Anwendung findet. Die Vorschrift entfaltet keine echte Rückwirkung, da sie nicht gestaltend in einen in der Vergangenheit liegenden Sachverhalt eingreift. Im Fall einer unechten Rückwirkung geht der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz jedoch nicht so weit, den Bürger vor jeder Enttäuschung zu bewahren. Der Einzelne kann sich nicht auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen, wenn sein Vertrauen auf den Fortbestand einer gesetzlichen Regelung eine Rücksichtnahme durch den Gesetzgeber billigerweise nicht beanspruchen kann. Dabei ist abzuwägen zwischen dem Ausmaß des Vertrauensschadens des Einzelnen und der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit (BVerfG, Beschluss vom 16. Oktober 1968 - 1 BvL 7/62 -, juris Rz 33 ff.). Diese Abwägung ergibt hier, dass der Gesetzgeber die Grenzen, die seiner Gestaltungsfreiheit durch das Vertrauensschutzgebot gezogen sind, ungeachtet des Fehlens einer Übergangsregelung nicht überschritten hat. Mit den nunmehr vor der Einreise nachzuweisenden Sprachkenntnissen soll - wie bereits ausgeführt - die Integration der Ausländer in die Bundesrepublik gefördert werden, ein - schon mit Blick auf die wirtschaftliche Eingliederung der nachziehenden Ehegatten - Allgemeininteresse von besonderem Gewicht. Diesem ist das Interesse der Eheleute auf sofortige Herstellung der ehelichen Gemeinschaft während einer Übergangsfrist unterzuordnen.

dd) Die Vorschrift des § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG begegnet auch unter europa- und völkerrechtlichen Gesichtspunkten keinen Bedenken.

Das Spracherfordernis verstößt in gemeinschaftsrechtlicher Hinsicht nicht gegen die Richtlinie RL 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung (Familienzusammenführungsrichtlinie, Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 251/12 vom 3. Oktober 2003 S. 0012 - 0018) (ebenso vor allem Hailbronner, FamRZ 2005, 1, 5; a.A.: Marx, in GK-AufenthG, Stand: Februar 2009, § 30 Rz 74 ff.). Deren Art. 7 Abs. 2 sieht in Gestalt einer Freistellungsklausel vor, dass die Mitgliedstaaten gemäß dem nationalen Recht von Drittstaatsangehörigen verlangen können, dass sie Integrationsmaßnahmen nachkommen müssen.

Soweit vertreten wird, dass Art. 7 Abs. 2 Satz 1 Familienzusammenführungsrichtlinie lediglich Maßnahmen wie die Bereitstellung bestimmter Angebote als Voraussetzung der Erteilung einer Nachzugsgenehmigung ermögliche (vgl. Groenendijk, European Journal of Migration and Law 2006, 215, 223 f.; ders, ZAR 2006, 191, 195 f.), vermag dies nicht zu überzeugen. Zwar dürfte sich der zur Begründung angeführten Entstehungsgeschichte des Art. 5 der Richtlinie RL 2003/109/EG vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (Daueraufenthaltsrichtlinie) der Wille zu einer gewissen Beschränkung der Befugnisse der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Ausformung von Integrationsregeln entnehmen lassen. Es erscheint jedoch zweifelhaft, auf die historische Auslegung einer anderen Richtlinie abzustellen und daraus herzuleiten, den Richtlinien liege ein übergreifendes, trennscharfes Begriffssystem zugrunde. Unabhängig hiervon gibt jedenfalls der Wortlaut des § 7 Abs. 2 Familienzusammenführungsrichtlinie - auch unter Berücksichtigung dieser Einschränkungsabsicht - nichts dafür her, dass der geforderte Nachweis einfacher Sprachkenntnisse vor der Einreise unzulässig sein soll. Aus der Formulierung des Art. 7 Abs. 2 Satz 2 Familienzusammenführungsrichtlinie, nach dem auf Flüchtlinge die Integrationsmaßnahmen nach Satz 1 erst nach Gewährung der Familienzusammenführung Anwendung finden können sollen, lässt sich vielmehr schließen, dass Satz 1 auch Erfordernisse meint, die vor Gestattung des Familiennachzuges erfüllt sein müssen.

Das Spracherfordernis verletzt schließlich nicht die der Klägerin aus Art. 8 EMRK zustehenden Rechte (ebenso vor allem Hailbronner, FamRZ 2008, 1583, 1587).

Danach hat jede Person das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens. Nach Abs. 2 darf eine Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Nach der gefestigten Rechtsprechung des EGMR kann (auch) Art. 8 EMRK nicht dahingehend interpretiert werden, dass er den Staat generell dazu verpflichtet, die Wahl des ehelichen Wohnsitzes eines (teilweise) ausländischen Ehepaares im Inland zu respektieren und eine Familienzusammenführung in seinem Staatsgebiet zu bewilligen. Bei der Regelung und Anwendung des Aufenthaltsrechts ist allerdings der Schutz von Ehe und Familie angemessen zu berücksichtigen (EGMR, Urteil vom 19. Februar 1996 - 53/1995/559/645 -, "Gül/Schweiz", InfAuslR 1996, 245, 246; Urteil vom 31. Januar 2006 - 50435/99 -, "Rodrigues da Silva/Niederlande", EuGRZ 2006, 562, 563 f.). Daraus folgt für den Gesetzgeber die Pflicht, bei der Regelung des Aufenthaltsrechts für nachziehende Familienangehörige neben öffentlichen Interessen, wie etwa der Einwanderungskontrolle oder der Integration von Einwanderern, die bestehenden ehelichen und familiären Bindungen eines Ehegatten an im Aufenthaltsstaat lebende Personen angemessen zu berücksichtigen. Lediglich in besonderen Fallgestaltungen, in denen der Schutz einer familiären Gemeinschaft, nämlich konkret die Aufrechterhaltung einer familiären Beziehung, ausschließlich durch die Erteilung einer Nachzugserlaubnis erreicht werden kann, wird ein Anspruch auf Familiennachzug aus Art. 8 EMRK abgeleitet (EGMR, Urteil vom 21. Dezember 2001 - 31465/96 -, "Sen/Niederlande", InfAuslR 2002, 334, 337). Auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (zu Art. 4 Abs. 1 letzter Unterabsatz Familienzusammenführungsrichtlinie) ist Artikel 8 EMRK nicht so auszulegen, dass ein Mitgliedstaat danach notwendigerweise verpflichtet wäre, die Familienzusammenführung in seinem Hoheitsgebiet zu gestatten. Jedenfalls könne das Erfordernis der Integration unter mehrere der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten rechtmäßigen Ziele fallen (EuGH, Urteil vom 27. Juni 2006 - Rs. C-540/03 -, "Parlament/Rat der Europäischen Union", Rz 66, ABl. EU 2006 Nr. C 190 S. 1 = NJW 2006, 3266 [LS]).

Hieran gemessen lässt sich ein Verstoß gegen Art. 8 EMRK nicht feststellen. In der Grundkonstellation des Nachzugs sind die Ehegatten gerade nicht unausweichlich auf ein eheliches Zusammenleben in der Bundesrepublik Deutschland angewiesen. Das Spracherfordernis als solches hat auch keine ehegefährdende Wirkung. Vorliegend ist nicht erkennbar, dass die Aufrechterhaltung der ehelichen Beziehung der Klägerin und des Beigeladenen zu 2 ausschließlich durch die Erteilung einer Nachzugserlaubnis erreicht werden kann. Zunächst kann die Klägerin die eheliche Gemeinschaft in Deutschland herstellen, sobald sie einfache deutsche Sprachkenntnisse nachgewiesen hat. Sie hat - wie bereits ausgeführt - nicht dargelegt, dass ihr dies prinzipiell nicht möglich ist. Für den Fall, dass der Klägerin den Nachweis dauerhaft nicht erbringen sollte, besteht auch die Möglichkeit, dass der Beigeladene zu 2 die eheliche Gemeinschaft durch Zuzug zu seiner Ehefrau nach Indien herstellt.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 VwGO, 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache die grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage aufwirft, ob die Vorschrift des § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG mit höherrangigem Recht vereinbar ist.

Ende der Entscheidung

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