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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 14.10.2005
Aktenzeichen: OVG 2 S 111.05
Rechtsgebiete: VwGO, BVerfGG, BauGB, Bbg GO, BbgNatSchG


Vorschriften:

VwGO § 47 Abs. 6
VwGO § 91 Abs. 2
BVerfGG § 32
BauGB § 2 Abs. 1 Satz 2
BauGB § 10 Abs. 3 Satz 2
BauGB § 10 Abs. 3 Satz 3
BauGB § 10 Abs. 3 Satz 4
BauGB § 10 Abs. 3 Satz 5
BauGB § 14 Abs. 1
BauGB § 16 Abs. 2 Satz 2
Bbg GO § 5 Abs. 3 Satz 2
BbgNatSchG § 44 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 2 S 111.05

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr . Korbmacher, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Dr. Broy-Bülow und den Richter am Oberverwaltungsgericht Hahn am 14. Oktober 2005 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt die Außervollzugsetzung einer Veränderungssperre. Er ist Eigentümer des am Griebnitzsee in Potsdam-Babelsberg gelegenen Grundstücks V. . Am 3. April 1991 beschloss die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin die Aufstellung des Bebauungsplans "Griebnitzsee" mit dem Ziel, die Flächen im Uferbereich des Sees nach dem Abriss der Grenzsicherungsanlagen für den Gemeinbedarf als Erholungsgebiet zu sichern. Am 29. September 2004 beschloss die Stadtverordnetenversammlung die Satzung über die Veränderungssperre vom 1. Oktober 2004 im Bereich des Bebauungsplans, die am 5. Oktober 2004 in Kraft getreten ist. In der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung vom 2. Februar 2005 wurde der "Beschluss vom 03.04.1991, für die Uferzone Griebnitzsee einen Bebauungsplan aufzustellen, bekräftigt" und gleichzeitig der "Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 8 'Griebnitzsee' neu beschlossen". In derselben Sitzung beschloss die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin auch die Satzung über die Veränderungssperre im Bereich des Bebauungsplans Nr. 8 "Griebnitzsee" erneut; die Satzung ist am 4. Februar 2005 im Amtsblatt der Landeshauptstadt Potsdam veröffentlicht worden.

Der Antragsteller hat am 15. Dezember 2004 den Normenkontrollantrag (OVG 2 A 10.05) und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO gestellt. Mit am 13. Juni 2005 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat der Antragsteller unter Abänderung des bisherigen Antrags sinngemäß beantragt,

die Vollziehung der am 2. Februar 2005 und am 1. Oktober 2004 beschlossenen Satzungen über die Veränderungssperre im Bereich des Bebauungsplans Nr. 8 "Griebnitzsee" bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag auszusetzen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten verwiesen.

II.

Der Antrag ist zulässig; insbesondere bestehen gegen die mit Schriftsstatz vom 12. Juni 2005 erfolgte Antragsänderung, durch die die Antragstellerin die am 2. Februar 2005 beschlossene Veränderungssperre in das Verfahren einbezogen hat, keine Bedenken. Die Antragsgegnerin hat sich mit Schriftsatz vom 11. Juli 2005 rügelos zu dem geänderten Antrag eingelassen und damit stillschweigend die Einwilligung nach § 91 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - erteilt. Darüber hinaus ist die Antragsänderung auch sachdienlich, da der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt und durch die Antragsänderung ein weiteres sonst zu erwartendes Verfahren vermieden wird.

Der Antrag bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.

Der Antragsteller hat die materiellen Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO nicht glaubhaft gemacht. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Die im Rahmen des § 47 Abs. 6 VwGO anzustellenden Erwägungen decken sich weitgehend mit den zu § 32 Bundesverfassungsgerichtsgesetz entwickelten Grundsätzen; beide Vorschriften entsprechen sich in ihrer Zielrichtung. Weil eine Rechtsnorm außer Vollzug gesetzt werden soll, ist es notwendig, bei der Prüfung der Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO einen strengen Maßstab anzulegen. Die für eine vorläufige Regelung sprechenden Gründe müssen so schwer wiegen, dass sie ihren Erlass als unabweisbar erscheinen lassen. Es sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag später aber in der Hauptsache Erfolg hätte, mit den Nachteilen abzuwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Normenkontrollantrag aber in der Hauptsache später erfolglos bliebe (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 18. Juli 1995 - OVG 2 A 4.95 - BRS 57 Nr. 62; OVG für das Land Brandenburg, Beschluss vom 13. Januar 2004 - 3 B 274/03 - NVwZ-RR, 2005, 386 f.). Ein schwerer Nachteil ist dabei dann zu bejahen, wenn Rechte oder rechtlich geschützte Interessen des Antragstellers in ganz besonderem Maße beeinträchtigt oder dem Betroffenen außergewöhnliche Opfer abverlangt werden (vgl. OVG für das Land Brandenburg, Beschluss vom 30. April 2004 - 3 B 281/03.NE -; VGH Kassel, Beschluss vom 26. November 1999, NVwZ-RR 2000, 655, 656, m.w.N.). Der Frage der Rechtsgültigkeit der im Normenkontrollverfahren angefochtenen Satzung kommt bei dieser Abwägung grundsätzlich keine Bedeutung zu, es sei denn, dass die Gültigkeit oder Ungültigkeit der Norm offensichtlich ist (vgl. etwa BVerfG, Einstweilige Anordnung vom 26. März 2003 - 1 BvR 112/03 - BVerfGE 108, 45, 49; OVG Berlin, a.a.O.; OVG für das Land Brandenburg, Beschluss vom 13. Januar 2004, a.a.O., S. 387).

Nach diesem Maßstab kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO im vorliegenden Fall nicht in Betracht. Die angegriffene Satzung vom 2. Februar 2005 über die Veränderungssperre im Bereich des Bebauungsplans Nr. 8 "Griebnitzsee" ist nicht offensichtlich ungültig (1.). Dem Antragsteller drohen auch bei einer reinen Folgenabschätzung keine schweren Nachteile (2.). Eine Prüfung, ob die am 29. September 2004 beschlossene Satzung vom 1. Oktober 2004 über die Veränderungssperre im Bereich dieses Bebauungsplans offensichtlich ungültig ist, erübrigt sich wegen des Vorrangs der späteren Norm.

1. a) Die Satzung über die Veränderungssperre ist wirksam bekannt gemacht worden. Nach § 16 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 3 Satz 2 bis 5 des Baugesetzbuchs (BauGB) reicht es aus, wenn die Gemeinde öffentlich bekannt macht, dass eine Veränderungssperre beschlossen worden ist. Dies ist hier im Amtsblatt für die Landeshauptstadt Potsdam vom 4. Februar 2005 erfolgt. Einer Veröffentlichung des Wortlauts der Veränderungssperre bedurfte es entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht. Ein Bekanntmachungsfehler ist auch nicht darin zu sehen, dass die zur Veränderungssperre gehörende Karte angeblich erst ab dem 15. Februar 2005, mithin elf Tage nach der Bekanntgabe im Amtsblatt einzusehen gewesen sein sollte. Zwar enthält der Bekanntmachungstext insoweit uneinheitliche Angaben, denn einerseits wird ohne Beschränkung auf einen bestimmten Zeitraum darauf hingewiesen, dass die Satzung einschließlich der Karte zur Abgrenzung des räumlichen Geltungsbereiches in der Stadtverwaltung der Antragsgegnerin eingesehen werden können. Andererseits wird ausgeführt, dass die "öffentliche Auslegung" der Karte gemäß § 19 Abs. 3 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin (nur) in der Zeit vom 15. Februar 2005 bis zum 1. März 2005 stattfindet. Ob aus der zuletzt erwähnten Passage hervorgeht, dass die Einsichtnahme tatsächlich erst ab dem 15. Februar 2005 möglich gewesen ist, was die Antragsgegnerin mit dem Argument, dass es sich bei der öffentlichen Auslegung durch Aushang lediglich um eine in der Hauptsatzung normierte zusätzliche Anforderung handele, bestreitet, kann indes dahinstehen. Denn selbst ein Zeitabstand von elf Tagen zwischen dem In-Kraft-Treten der Satzung und der Möglichkeit, ihren Inhalt kennen zu lernen, hielte sich noch im Rahmen des Zulässigen. Insoweit kann auf das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 30. Oktober 1986, ZfBR 1987, 106, verwiesen werden, mit dem der Revision gegen das vom Antragsteller für seine Auffassung zitierte obergerichtliche Urteil (OLG München, Urteil vom 7. Februar 1985, BayVBl 1985, 374) stattgegeben worden ist.

Von einer unwirksamen Bekanntmachung ist ferner auch nicht etwa deshalb auszugehen, weil die Bekanntmachungsanordnung nicht durch den Oberbürgermeister, sondern durch den Beigeordneten für den Geschäftsbereich Zentrale Steuerung und Service als dem nach § 17 Abs. 2 der Hauptsatzung zuständigen Vertreter unterzeichnet worden ist. Die Auffassung des Antragstellers, der Oberbürgermeister könne bei der Bekanntmachung von Rechtsnormen im Amtsblatt überhaupt nicht vertreten werden, weil es sich um keine "allgemeine Angelegenheit" handele, findet weder in der Gemeindeordnung noch in der Bekanntmachungsverordnung oder der Hauptsatzung der Antragsgegnerin eine Grundlage und würde im Verhinderungsfall zu einer durch nichts gerechtfertigten Blockierung der Verwaltungstätigkeit führen. Soweit der Antragsteller das Vorliegen des Verhinderungsfalls bestreitet, ist dies unsubstantiiert und rechtfertigt für sich genommen keine Zweifel, denen der Senat nachzugehen hätte. Nach den durch Presseberichte glaubhaft gemachten Angaben der Antragsgegnerin hielt sich der Oberbürgermeister am 3. Februar 2005, dem Tag der Ausfertigung der Satzung und Unterzeichnung der Bekanntmachungsanordnung, in Luzern auf. Der Umstand, dass er am Vortag noch an der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung teilgenommen haben mag, steht dem offensichtlich nicht entgegen.

b) Die angegriffene Satzung ist auch nicht aus materiellrechtlichen Gründen offensichtlich ungültig. Die Voraussetzungen für den Erlass einer Veränderungssperre haben zum maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses vorgelegen. Die Wirksamkeit einer Veränderungssperre setzt nach § 14 Abs. 1 BauGB neben dem Planaufstellungsbeschluss lediglich voraus, dass ein Bedürfnis zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich besteht. Da die Veränderungssperre die Gemeinde nach der gesetzgeberischen Zielsetzung in die Lage versetzen soll, planerische Vorstellungen umzusetzen, ist es auch nicht erforderlich, dass die Planung bereits einen Stand erreicht hat, der nahezu den Abschluss des Verfahrens ermöglicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. September 1976 - IV C 39.74 - BVerwGE 51, 121). Es genügt vielmehr, dass sich aus dem Planaufstellungsbeschluss oder weiteren Verfahrensschritten wenigstens ansatzweise ersehen lässt, was Inhalt des zukünftigen Bebauungsplans sein soll (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 5. Februar 1990 - 4 B 191.89 - Buchholz 406.11 § 15 BauGB Nr. 6 und vom 27. April 1992 - 4 NB 11.92 - Buchholz 406.11 § 17 BauGB Nr. 5). Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn die Planung hinsichtlich der Art der Nutzung der betroffenen Grundstücksflächen in dem erforderlichen Mindestmaß konkretisiert ist (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 14. September 1995, NVwZ-RR 1996, 313 f.). Die Veränderungssperre ist als Sicherungsmittel nur dann ungeeignet, wenn der Bauleitplan einer positiven Planungskonzeption entbehrt und der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind, oder wenn rechtliche Mängel schlechterdings nicht behebbar sind (BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 1993, Buchholz 406.11 § 14 BauGB Nr. 23). Der Förderung von Zielen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind, dient eine Veränderungssperre insbesondere auch dann, wenn sich aus den Umständen des konkreten Einzelfalles ergibt, dass die im Aufstellungsbeschluss dargestellten Planungsüberlegungen der Gemeinde offensichtlich nur vorgeschoben sind.

aa) Der Planaufstellungsbeschluss vom 2. Februar 2005 ist entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht wegen eines Bekanntmachungsfehlers unwirksam. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB ist der Beschluss, einen Bauleitplan aufzustellen, ortsüblich bekanntzumachen. Art und Form der ortsüblichen Bekanntmachung richten sich nach Landes- und Ortsrecht (vgl. Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 9. Aufl. 2005, § 2 Rn. 49). Da es sich bei dem Aufstellungsbeschluss nicht um eine Satzung oder sonstige ortsrechtliche Vorschrift im Sinne des § 5 Abs. 3 Satz 2 der Gemeindeordnung (GO) i.V.m. der Bekanntmachungsverordnung handelt, ist insoweit allein die Hauptsatzung der Antragsgegnerin einschlägig. Diese regelt in § 19 Abs. 3 Satz 1, dass die öffentliche Bekanntmachung von Plänen, Karten oder Zeichnungen, die Bestandteil einer Satzung oder eines sonstigen Schriftstückes sind, dadurch ersetzt werden kann, dass sie zu jedermanns Einsicht während der öffentlichen Sprechzeiten ausgelegt werden. Nach § 19 Abs. 3 Satz 2 und 3 der Hauptsatzung muss die Anordnung der Ersatzbekanntmachung durch den Oberbürgermeister die genauen Angaben über Ort und Dauer der Auslegung enthalten. Diese Voraussetzungen sind hier offensichtlich erfüllt. Dass die Bekanntmachungsanordnung nicht die Unterschrift des Oberbürgermeisters, sondern die seines nach der Hauptsatzung zuständigen Vertreters trägt, ist - wie oben ausgeführt - nicht zu beanstanden. Anhaltspunkte dafür, dass die (dreiteilige) Karte zur Abgrenzung des räumlichen Geltungsbereichs nicht an dem im Amtsblatt angegeben Ort und zu den angegeben Zeiten eingesehen werden kann, bestehen nicht. Damit ist auch dem Zweck der gesetzlichen Verpflichtung zur ortsüblichen Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses eindeutig genügt, der - neben der Dokumentation des ernsthaften Planungswillens als Voraussetzung für mögliche weitere von der Gemeinde zu treffende Maßnahmen - vor allem darin zu sehen ist, dass sich die von der Planung möglicherweise Betroffenen rechtzeitig mit ihren Dispositionen darauf einrichten können, dass die Gemeinde eine Bauleitplanung betreibt (vgl. Söfker/Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand: 1. Januar 2005, § 2 Rn. 25). Der Aufstellungsbeschluss ist ferner auch nicht mangels Bestimmtheit unwirksam. Der räumliche Geltungsbereich des aufzustellenden Bebauungsplans ist dem Text des Aufstellungsbeschlusses sowie - hinsichtlich der südlichen Grenze - der zeichnerischen Darstellung auf dem zugehörigen Lageplan im Maßstab 1:2000 hinreichend eindeutig zu entnehmen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beschreibung des Anwendungsbereichs sich von dem der ausgelegten Karten unterscheidet, wie der Antragsteller behauptet.

bb) Die Unwirksamkeit des Planaufstellungsbeschlusses mit der Folge der Unzulässigkeit der Veränderungssperre lässt sich auch nicht mit einer fehlerhaften Abwägung begründen. Da ein Planaufstellungsbeschluss das der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials dienende förmliche Planaufstellungsverfahren erst in Gang setzt, kann er nicht schon selbst dem Abwägungsgebot unterliegen. Voraussetzung des Aufstellungsbeschlusses ist es lediglich, dass die Gemeinde die Absicht hat, ein förmliches Planverfahren durchzuführen, und dass die allgemeinen Grundzüge der Planung festliegen (vgl. Söfker/Krautzberger, a.a.O., § 2 Rn. 22). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

In dem Aufstellungsbeschluss vom 2. Februar 2005 wird als Planungsziel für den Bebauungsplan die "Sicherung der Flächen für den Gemeinbedarf Erholung auf öffentlichen Grün- und Wegeflächen und die Anlegung eines gestalteten Uferparks" angegeben. Damit lässt sich aus dem Planaufstellungsbeschluss mindestens ansatzweise ersehen, was Inhalt des zukünftigen Bebauungsplans sein soll. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem im Planaufstellungsbeschluss weiter enthaltenen Hinweis, dass "die in wesentlichen Teilen frei zugänglichen Flächen im Geltungsbereich des künftigen Bebauungsplanes (...) bereits heute übergeordnete Bedeutung als durchgängiger Wanderweg mit durchgängig öffentlich zugänglichen Grünflächen" hätten. Ob diese Feststellung über das Plangebiet tatsächlich unzutreffend ist, wie der Antragsteller meint, bedarf hier keiner Klärung. Denn selbst wenn es sich - wofür allerdings wenig spricht - so verhielte, könnte dies zwar gegebenenfalls zur Fehlerhaftigkeit der späteren Abwägung über den Bebauungsplan führen, sofern die Stadtverordnetenversammlung auch nach Durchführung des der Ermittlung des Abwägungsmaterials dienenden Beteiligungsverfahrens noch von derselben tatsächlichen Grundlage ausgehen sollte. Gerade weil eine nähere Klärung der bisherigen Nutzung der betreffenden Flächen im weiteren Planaufstellungsverfahren ohne weiteres möglich ist, würde es sich zudem nicht um einen (schlechthin) unbehebbaren rechtlichen Mangel, der nach den oben dargelegten Grundsätzen sogar bereits dem Erlass einer Veränderungssperre entgegenstehen würde. Insbesondere kann keine Rede davon sein, dass die dem Planaufstellungsbeschluss zugrunde liegende Annahme, die im Geltungsbereich des künftigen Bebauungsplanes liegenden Flächen seien in wesentlichen Teilen frei zugänglich, offensichtlich falsch wäre. Der Antragsteller räumt in seinem Schriftsatz vom 15. August 2005 - anders als noch im Schriftsatz vom 12. Juni 2005 - selbst ein, dass die Wegfläche zurzeit entlang des Sees frei zugänglich ist. Soweit er insofern geltend macht, dass die Zugänglichkeit "nur durch Duldung einiger Eigentümer" erfolge, ist dies für die hier allein relevante Frage der tatsächlichen Nutzung ohne Bedeutung. Für seine pauschale Behauptung, andere Eigentümer seien durch die Antragsgegnerin "mit Gewalt" an einer Beendigung der Zugänglichkeit gehindert worden, bleibt der Antragsteller eine nachvollziehbare Begründung schuldig. Dass die Unterstellung eines offensichtlich rechtswidrigen Vorgehens der Antragsgegnerin unberechtigt sein dürfte, ergibt sich im Übrigen schon aus der vom Antragsteller selbst eingereichten Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Potsdam zu zwei Beschlüssen der 10. Kammer vom 2. Dezember 2004, denen zufolge die Stadt - ungeachtet des Umstandes, dass es sich bei dem Uferweg nicht um eine öffentliche Straße handele - jedenfalls aus anderen Gesichtspunkten in rechtmäßiger Weise gegen Maßnahmen der Anlieger wie die Errichtung von Zäunen oder die Beseitigung des Wegebelages vorgehen dürfe.

Es spricht auch nichts dafür, dass die streitgegenständliche Veränderungssperre der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind. Insbesondere ergibt sich aus den Umständen des konkreten Einzelfalles nicht, dass die im Aufstellungsbeschluss dargestellten Planungsüberlegungen der Antragsgegnerin nur vorgeschoben wären. Den Ausführungen des Antragstellers ist vielmehr zu entnehmen, dass sich die Antragsgegnerin bereits seit 1990 bemüht, die Nutzung des südlichen Uferbereichs des Griebnitzsees zu Erholungszwecken sicherzustellen. Die hierbei zwischenzeitlich eingetretenen Verzögerungen finden ihre Erklärung in den vom Antragsteller selbst dargelegten jahrelangen rechtlichen Auseinandersetzungen. Andere Ziele, deren "Verdeckung" das Planaufstellungsverfahren dienen könnte, hat der Antragsteller nicht benannt und sind im Übrigen auch nicht ersichtlich. Die Annahme derartiger sachfremder Ziele lässt sich insbesondere nicht damit begründen, dass der Antragsgegnerin die Verwirklichung des geplanten Uferparks mit Rücksicht auf ihre Haushaltslage nicht möglich wäre. Der von dem Antragsteller vorgelegte Presseartikel zu den von der Antragsgegnerin aus finanziellen Gründen zurückgestellten Instandhaltungsmaßnahmen rechtfertigt jedenfalls nicht die erforderliche sichere Prognose, dass die Realisierung des aufzustellenden Bebauungsplans auf Dauer ausgeschlossen ist. Dies gilt zumal, da die Antragsgegnerin erklärt hat, dass dem streitgegenständlichen Planungsverfahren gegenüber anderen Priorität eingeräumt wird.

Der Antragsteller hat auch keine Gründe glaubhaft gemacht, die darauf schließen lassen, dass ihm außergewöhnliche Opfer abverlangt oder seine Rechte oder rechtlich geschützten Interessen durch den unmittelbar bevorstehenden Vollzug der angegriffenen Veränderungssperre in ganz besonderem Maße beeinträchtigt werden könnten. Soweit er für den Fall, dass die einstweilige Anordnung nicht erlassen wird, befürchtet, seiner Verkehrssicherungspflicht nicht nachkommen zu können, verkennt er, dass Verkehrspflichten immer nur im Rahmen der dem Sicherungspflichtigen zur Verfügung stehenden faktischen und rechtlichen Handlungsmöglichkeiten bestehen (vgl. Wagner, in: Münchener Kommentar zum BGB, 4. Aufl. 2004, § 823 Rn. 248) und er mithin für das Unterlassen von baulichen Maßnahmen, an denen er durch die Veränderungssperre gehindert wird, nicht deliktisch verantwortlich sein kann. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin zu Recht darauf hingewiesen, dass private Wege in der freien Landschaft, wozu jedenfalls grundsätzlich auch ein von dem Gartenbereich der Hausgrundstücke abgegrenzter und durchgängig begehbarer Uferbereich gehören dürfte (vgl. hierzu OVG für das Land Brandenburg, Beschluss vom 14. Oktober 2004 - 3a B 255/03 - LKV 2005, 414 ff.), nach § 44 Abs. 1 Satz 1 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes (BbgNatSchG) nur auf eigene Gefahr betreten werden dürfen. Andere Gründe, die die Annahme rechtfertigen könnten, dass ihm ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung schwere Nachteile drohen, hat der Antragsteller nicht geltend gemacht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in § 53 Abs. 3 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG. Der Senat geht hierbei von Ziffer 9.8 des - im Interesse der Vorhersehbarkeit der Kostenfolgen und damit der Rechtssicherheit sowie der Gleichbehandlung - von ihm regelmäßig herangezogenen Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i. d. F. von Juli 2004 (DVBl. 2004, 1525) aus, der für die Normenkontrolle gegen einen Bebauungsplan einen Streitwert von 7.500,- Euro bis 60.000,- Euro vorsieht. Da Streitgegenstand lediglich eine Veränderungssperre ist, erscheint dem Senat ein Betrag von 10.000,- Euro angemessen, der im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entsprechend der Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs zu halbieren ist.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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