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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 26.06.2007
Aktenzeichen: OVG 2 S 62.07
Rechtsgebiete: VwGO, BauGB


Vorschriften:

VwGO § 47 Abs. 6
VwGO § 80
VwGO § 80 a
BauGB § 1 Abs. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 2 S 62.07

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 2. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Korbmacher, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Dr. Broy-Bülow und den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Jobs am 26. Juni 2007 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 15 000 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsteller begehren den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur vorläufigen Außervollzugsetzung des von ihnen im Normenkontrollverfahren OVG 2 A 14.07 angefochtenen Bebauungsplans Nr. 34 -1 "R.straße/B.straße". Sie sind Eigentümer des Grundstücks R.straße in P., das rückwärtig an das Plangebiet des Bebauungsplans angrenzt. Der Bebauungsplan, der im Amtsblatt für die Landeshauptstadt Potsdam vom 29. Juni 2006 bekannt gemacht worden ist, setzt im Wesentlichen allgemeine Wohngebiete für eine Einfamilienhausbebauung, ein Mischgebiet und - im Bereich des Grundstücks der Antragsteller - eine öffentliche Parkanlage fest, hinter der ein durch eine Lärmschutzwand abgeschirmter Großparkplatz für Pkw und Busse für den Besucherverkehr des Kronguts B. vorgesehen ist. Für die Errichtung des Parkplatzes hat die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 7. Februar 2007 eine Baugenehmigung erteilt, gegen die die Antragsteller Widerspruch eingelegt und beim Verwaltungsgericht Potsdam die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs beantragt haben. Über diesen vorläufigen Rechtsschutzantrag ist noch nicht entschieden worden.

Die Antragsteller begründen ihren Antrag, den Bebauungsplan vorläufig außer Vollzug zu setzen, damit, dass im Bebauungsplan statt der ursprünglich erwogenen 4 m hohen Lärm- und Lichtschutzwand nur noch eine 2 m hohe Wand festgesetzt worden sei, die die von dem Parkplatz zu erwartenden Lärm- und Lichtimmissionen nicht hinreichend abschirme. Eine wirksame Begrenzung der dem Sachverständigengutachten zugrunde gelegten Prognose hinsichtlich der voraussichtlichen Kfz-Bewegungszahl sei ohnehin nicht möglich, so dass eine Überschreitung der zulässigen Immissionsgrenzwerte zu erwarten sei. Da mit dem Bau des Parkplatzes bereits begonnen worden sei, würden vollendete Tatsachen geschaffen, denn dieser lasse sich nicht mehr zugunsten der Antragsteller "verschieben", wenn er erst fertig gestellt und auch mit der Errichtung der dahinter liegenden Wohnbebauung begonnen worden sei.

II.

Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 6 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Antragsteller sind antragsbefugt (§ 47 Abs. 2 VwGO). Sie haben hinreichend substanziiert Tatsachen vorgetragen, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass sie durch die Festsetzungen in der von der Antragsgegnerin erlassenen Satzung über den Bebauungsplan Nr. 34-1 "Ribbeckstraße/Blumenstraße" in absehbarer Zeit in ihren Rechten verletzt sein könnten. Denn auch wenn ihr Grundstück nur an das Plangebiet angrenzt, wären ihre Eigentumsbelange als Plannachbarn im Rahmen des Abwägungsgebots des § 1 Abs. 7 BauGB hinreichend zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 1998, BVerwGE 107, 215).

Der Antrag ist jedoch unbegründet. Er ist nicht, wie es § 47 Abs. 6 VwGO verlangt, zu Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Dem steht entgegen, dass eine einstweilige Aussetzung des Vollzuges eines Bebauungsplans nur dessen vorläufige Anwendbarkeit ausschließen könnte, aber nicht die weitere Ausnutzung der für das von den Antragstellern bekämpfte Vorhaben (Parkplatz) bereits erteilten Baugenehmigung vom 7. Februar 2007 verhindern könnte. Angesichts dessen sind die Antragsteller auf die nach den §§ 80, 80 a VwGO zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten des vorläufigen Individualrechtsschutzes zu verweisen, die von ihnen bereits durch den beim Verwaltungsgericht Potsdam gestellten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die erteilte Baugenehmigung vom 7. Februar 2007 für den Parkplatz in Anspruch genommenen worden sind. Diese bieten ohnehin in aller Regel umfassendere und effektivere vorläufige Abwehrmöglichkeiten gegen Beeinträchtigungen rechtlich geschützter Belange der Betroffenen als die nur unter erheblich engeren Voraussetzungen zulässige einstweilige Anordnung im Normenkontrollverfahren (vgl. hierzu OVG Berlin, Beschluss vom 19. März 1999, BRS 62 Nr. 59 m.w.N.). Die im Antragsschriftsatz vom 18. Juni 2007 von den Antragstellern zitierte Entscheidung des OVG Hamburg vom 28. Februar 2007 (DVBl. 2007, 647 Ls) führt zu keiner anderen Beurteilung, denn sie weist eine grundlegend andere prozessuale Ausgangslage auf, weil die maßgeblichen Baugenehmigungen noch nicht erteilt und dementsprechend auch noch kein Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gemäß §§ 80, 80 a VwGO von den dortigen Antragstellern gestellt worden war.

Eine der Ausnahmekonstellationen, bei denen gleichwohl ein Regelungsbedürfnis für die einstweilige Außervollzugsetzung der Geltung eines Bebauungsplans anzuerkennen wäre, etwa weil den Betroffenen nicht die anderenfalls erforderliche Durchführung einer Vielzahl vorläufiger Rechtsschutzverfahren zugemutet werden könnte, ist im vorliegenden Fall nicht gegeben, da lediglich ein durch den Bebauungsplan zugelassenes und bereits genehmigtes Bauvorhaben, nämlich der Parkplatz, im Streit ist. Dass von den übrigen Festsetzungen innerhalb des Bebauungsplangebiets nachteilige Wirkungen auf das Grundstück der Antragsteller ausgehen könnten, die den von ihnen beantragten vorläufigen Rechtsschutz im Rahmen des Normenkontrollverfahrens rechtfertigen könnten, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 3 Nr. 2 in Verbindung mit § 52 Abs. 1 GKG. Der Senat geht hierbei von Ziffer 9.8.1 des von ihm regelmäßig herangezogenen Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Juli 2004 (DVBl. 2004, 1525) aus, der für die Normenkontrolle von Privatpersonen gegen einen Bebauungsplan einen Streitwert von 7 500 EUR bis 60 000 EUR vorsieht. Da der Streitgegenstand für das Hauptsacheverfahren OVG 2 A 14.07 durch Beschluss vom 22. Juni 2007 mit 30.000 EUR bewertet worden ist, war dieser im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entsprechend Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs zu halbieren.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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