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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 14.11.2006
Aktenzeichen: OVG 4 B 10.05
Rechtsgebiete: VwGO, ZPO


Vorschriften:

VwGO § 60 Abs. 1
VwGO § 60 Abs. 2 Satz 1
VwGO § 124 a Abs. 3 Satz 1
VwGO § 173 Satz 1
ZPO § 85 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 4 B 10.05

hat der 4. Senat auf die mündliche Verhandlung vom 14. November 2006 durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts, den Richter am Oberverwaltungsgericht, den Richter am Verwaltungsgericht sowie die ehrenamtliche Richterin und den ehrenamtlichen Richter für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v.H. des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Versetzung der Klägerin zum Zentralen Personalüberhangmanagement (Stellenpool).

Der Beklagte ordnete die Klägerin - die als Regierungsamtfrau (Besoldungsgruppe A 11) in seinem Dienst steht - im Januar 2004 dem Personalüberhang zu und versetzte sie mit Bescheid der Senatsverwaltung für Finanzen vom 25. März 2004 mit Wirkung zum 1. Mai 2004 zum Stellenpool. Die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Berlin mit Urteil vom 15. März 2005, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 18. April 2005, abgewiesen. Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung der Klägerin. Die Klägerin hat mit einem an das Oberverwaltungsgericht Berlin gerichteten, am Montag, dem 20. Juni 2005, beim Verwaltungsgericht Berlin eingegangenen Telefaxschreiben, das an das Oberverwaltungsgericht weitergeleitet wurde und dort einen Tag später einging, ihre Berufung begründet. Mit Schriftsatz vom 4. Juli 2005 hat die Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

Die Klägerin beantragt,

ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sowie das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 15. März 2005 zu ändern und den Bescheid der Senatsverwaltung für Finanzen vom 25. März 2004 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (ein Verwaltungsvorgang Personalakte - drei Bände -, ein Verwaltungsvorgang "Widerspruchsvorgang" sowie drei Halbhefter ergänzende Unterlagen) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unzulässig, weil die Klägerin die Berufungsbegründungsfrist versäumt hat und ihr Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand keinen Erfolg hat.

Gemäß § 124 a Abs. 3 Satz 1 VwGO ist die Berufung, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen (§ 124 a Abs. 3 Satz 2 VwGO). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Berufung unzulässig (§ 124 a Abs. 3 Satz 5 VwGO). Da das erstinstanzliche Urteil dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit entsprechender Rechtsmittelbelehrung am 18. April 2005 zugestellt wurde, lief die Frist zur Berufungsbegründung am 20. Juni 2005 ab. Die Beschwerdebegründung, die von der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten der Klägerin am letzten Tag der Frist per Telefax an das Verwaltungsgericht übermittelt wurde, ist ausweislich der Gerichtsakte erst am 21. Juni 2005 beim Oberverwaltungsgericht Berlin eingegangen. Damit ist die Berufungsbegründungsfrist versäumt.

Der Klägerin kann die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 Abs. 1 VwGO nicht gewährt werden. Hiernach ist, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Innerhalb der Antragsfrist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO - bei der Versäumung der (gesetzlichen) Berufungsbegründungsfrist ein Monat - müssen sämtliche Umstände, die für die Frage von Bedeutung sind, auf welche Weise und durch wessen Verschulden es zur Fristversäumung gekommen ist, dargelegt werden (BVerwG, Beschluss vom 12. Mai 2006 - BVerwG 2 B 9.06 -, juris). Erforderlich ist eine rechtzeitige substantiierte und schlüssige Darstellung der für die Wiedereinsetzung wesentlichen Tatsachen, die glaubhaft zu machen sind (BVerwG, Beschluss vom 12. Mai 2006, a.a.O.). Nach diesen Maßstäben hat die Klägerin nicht glaubhaft gemacht, dass sie ohne Verschulden gehindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten.

Wie der Prozessbevollmächtigte der Klägerin und seine Rechtsanwaltsgehilfin inzwischen eingeräumt haben (Schriftsatz vom 7. November 2006 und eidesstattliche Versicherung vom selben Tag), ist die Übermittlung des Telefaxschreibens mit der Berufungsbegründung nicht per manueller Eingabe der Telefaxnummer (vgl. hierzu die Schriftsätze vom 4. und 21. Juli 2005 sowie eidesstattliche Versicherung vom 18. Juli 2005), sondern mittels Kurzwahltaste des in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten der Klägerin verwendeten Ersatzfaxgerätes erfolgt. Dabei ist ein Ersatzfaxgerät benutzt worden, dessen Kurzwahltaste für das Oberverwaltungsgericht Berlin noch mit einer seit Oktober 2004 nicht mehr zutreffenden Faxnummer des Oberverwaltungsgerichts belegt war. Bei dem - bei Ausfall des Faxgerätes eingesetzten - Ersatzfaxgerät in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten werden die Faxnummern nicht ständig auf den neuesten Stand gebracht. Dieser Vortrag, mit dem der frühere Sachvortrag nicht aufrechterhalten wird, ist insoweit, als er einen neuen Sachverhalt enthält, verspätet, weil er erst nach Ablauf der etwa Ende Juli 2005 endenden Monatsfrist erfolgt ist. Unabhängig hiervon trifft den Prozessbevollmächtigten der Klägerin bei der nunmehr geschilderten Sachlage ein Organisationsverschulden, für das die Klägerin gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO einstehen muss (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 2004 - BVerwG 1 B 282/03 (1 PKH 86/03) - juris). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darf der Rechtsanwalt zwar die Übermittlung eines fristwahrenden Schriftsatzes per Telefax einschließlich der Ermittlung der zutreffenden Faxnummer seinen Büroangestellten überlassen; er muss aber, um seiner Sorgfaltspflicht zu genügen, für eine Büroorganisation sorgen, die eine Überprüfung der per Telefax übermittelten Schriftsätze auch auf Verwendung einer zutreffenden Empfängernummer gewährleistet und die sicherstellt, dass Fehler bei der Verwendung von Faxnummern nach Möglichkeit vermieden werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 2004, a.a.O., m.w.N.). Hieran fehlt es, wenn nicht durch organisatorische Vorkehrungen sichergestellt wird, dass auch bei Einsatz eines Ersatzfaxgerätes stets aktuelle Faxnummern verwendet werden, etwa durch die Anweisung, dass bei Einsatz des Ersatzfaxgerätes die sonst verwendeten Kurzwahltasten nicht benutzt werden dürfen. Dass dies hier geschehen ist, hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nicht vorgetragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO oder § 127 Nr. 1 BRRG genannten Gründe vorliegt.

Ende der Entscheidung

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