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Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 15.06.2009
Aktenzeichen: OVG 4 B 52.08
Rechtsgebiete: ZPO, VwGO, GVO, BeamtStG, GvKostG


Vorschriften:

ZPO § 762
ZPO § 762 Abs. 2
VwGO § 42 Abs. 1
VwGO § 42 Abs. 2
VwGO § 43
VwGO § 43 Abs. 1
GVO § 11 Nr. 2
GVO § 11 Nr. 3
GVO § 11 Nr. 4
GVO § 77
BeamtStG § 35 Satz 2
BeamtStG § 35 Satz 3
BeamtStG § 36 Abs. 2
GvKostG § 19 Abs. 1 Satz 1 a.F.
GvKostG § 35 Abs. 1 Nr. 2 a.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

OVG 4 B 52.08

Verkündet am 15. Juni 2009

hat der 4. Senat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Juni 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Lehmkuhl, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Dr. Blumenberg, den Richter am Verwaltungsgericht Dicke, die ehrenamtliche Richterin Stellmacher und den ehrenamtlichen Richter Völker für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 27. Juni 2007 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v.H. des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger ist Gerichtsvollzieher. Er wendet sich gegen Weisungen betreffend die Verwendung und Abrechnung von Vordrucken. Bei Geschäftsprüfungen am 18. Dezember 2000 und 12. Februar 2001 wurde bemängelt, der Kläger habe in JL-Sachen (Aufträge der Justizbehörden an Gerichtsvollzieher) für die Protokollierung fruchtloser Pfändung oder Einstellung einen selbstbeschafften Vordruck verwendet und hierfür eine Vordruckpauschale in Höhe von 0,80 DM angesetzt. Der Direktor des Amtsgerichts Nauen wies den Kläger mit Schreiben vom 2. August 2001, 24. Oktober 2001 und 14. November 2001 an, in den Fällen der fruchtlosen Pfändung und der Einstellung der Zwangsvollstreckung bei Vollstreckungsaufträgen der Justizbehörden deren Vordruck zu verwenden, soweit selbiger beigefügt sei. In diesen Fällen habe das Erheben der Vordruckpauschale (Einstellung in Spalte 13 des Kassenbuchs II - aus der Landeskasse zu erstattende Auslagen) zu unterbleiben. Die in den Prüfungsprotokollen festgestellten zuviel erhobenen Beträge seien an die Landeskasse zu erstatten. Den Widerspruch des Klägers wies der Präsident des Brandenburgischen Oberlandesgerichts mit Bescheid vom 4. August 2003 als unbegründet zurück.

Mit der dagegen erhobenen Klage hat der Kläger beantragt, die dienstlichen Weisungen aufzuheben, hilfsweise, deren Rechtswidrigkeit festzustellen. Zur Begründung hat er unter anderem vorgetragen, der Vordruck "Erledigungsbericht" genüge nicht den Anforderungen des § 762 ZPO und der Gerichtsvollzieherordnung. Aber auch bei der Verwendung dieses Vordrucks stünde dem Kläger die Vordruckpauschale zu.

Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Potsdam die Aufforderung zur Erstattung der zuviel erhobenen Beträge aufgehoben. Insofern haben die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 27. Juni 2007 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Die mit dem Hauptantrag erhobene Anfechtungsklage sei unzulässig. Die im Streit stehenden Weisungen seien keine Verwaltungsakte. Sie seien nicht auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet. Maßgeblich seien nicht die tatsächlichen Auswirkungen der Maßnahme auf die Rechtsstellung des Betroffenen, sondern allein, ob die Maßnahme auf diese Auswirkungen auch gerichtet sei und diese unmittelbar einträten. Die vom Kläger angefochtenen Weisungen des Beklagten sollten allein seine dienstlichen Verrichtungen in bestimmter Weise festlegen, nicht aber seine persönliche Rechtsstellung in irgendeiner Weise berühren.

Die hilfsweise erhobene Feststellungsklage sei zulässig. Zwischen dem Kläger und dem Beklagten bestehe ein streitiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO, da zwischen ihnen im Streit stehe, welche Vordrucke der Kläger bei erfolglosen Vollstreckungsaufträgen der Justizkasse zu verwenden habe und ob hierfür eine Vordruckpauschale angesetzt werden dürfe. Es liege auch ein Feststellungsinteresse des Klägers vor. Dieser habe ein berechtigtes Interesse daran, zu erfahren, ob er die ihm erteilten Anweisungen zu befolgen habe.

Die Feststellungsklage sei indessen unbegründet. Die angegriffenen Anweisungen berührten nicht die persönliche Rechtsstellung des Klägers, sondern beträfen ausschließlich seine dienstliche Tätigkeit und hielten sich in dem dem Dienstherrn insoweit zustehenden Gestaltungsrahmen. Der Kläger könne die Verletzung eigener Rechte insbesondere nicht unter dem Gesichtspunkt der selbstständigen Stellung des Gerichtsvollziehers geltend machen. Als Beamter sei der Kläger verpflichtet, die von seinem unmittelbaren Dienstvorgesetzten erlassenen Anordnungen auszuführen und die allgemeinen Richtlinien seines Dienstherrn zu befolgen. Im Rahmen der Dienstaufsicht dürfe der Direktor des Amtsgerichts zumindest generelle Weisungen gegenüber dem Kläger erlassen. Die Dienstaufsicht beschränke sich nicht auf Tätigkeiten des Gerichtsvollziehers bei der Einziehung von Kosten. Die Justizverwaltung dürfe die Art und Weise der Durchführung einzelner Vollstreckungsmaßnahmen des Gerichtsvollziehers zum Anlass nehmen, im Wege der Dienstaufsicht auf eine korrekte Amtsführung in künftigen Fällen hinzuwirken. Durch solche generellen Anweisungen betreffend seine Amtsführung sei der Kläger nicht in seiner persönlichen Rechtsstellung als Beamter tangiert. Er könne nicht die Prüfung beanspruchen, ob der von ihm zu verwendende "Erledigungsbericht" den Voraussetzungen von § 762 Abs. 2 ZPO genüge und ob bei der Ausfüllung eine Vordruckpauschale erhoben werden dürfe.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der vom Senat zugelassenen Berufung, zu deren Begründung er im Wesentlichen geltend macht:

Bei den angefochtenen Weisungen handele es sich um Verwaltungsakte. Sie berührten unmittelbar seine Einkommenssituation. Die Verwaltungsaktsqualität werde auch dadurch begründet, dass der Beklagte im Widerspruchsbescheid von ihr ausgegangen sei.

Die Weisungen seien rechtswidrig. Dies ergebe sich schon daraus, dass die zu ihrer Begründung angeführten Rechtsgrundlagen bereits vor ihrem Erlass bzw. vor Erlass des Widerspruchsbescheides außer Kraft getreten seien.

Sollten die Weisungen nicht als Verwaltungsakt zu qualifizieren sein, sei jedenfalls der Hilfsantrag begründet. Das angefochtene Urteil setze sich nicht mit den streitigen Fragen in der Sache auseinander und stelle ihn faktisch rechtlos, indem es die Begründetheit des Hilfsantrags mit derselben Begründung verneine, die es für die vermeintliche Unzulässigkeit des Hauptantrages angeführt habe.

Der Kläger beantragt,

1. das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 27. Juni 2007 zu ändern und die dienstlichen Weisungen des Direktors des Amtsgerichts Nauen vom 2. August, 24. Oktober und 14. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Präsidenten des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 4. August 2003 aufzuheben,

hilfsweise:

festzustellen, dass die dienstlichen Weisungen des Direktors des Amtsgerichts Nauen vom 2. August, 24. Oktober und 14. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Präsidenten des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 4. August 2003 rechtswidrig sind,

2. die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend, tritt der Berufung entgegen und macht geltend, mittelbare Folgen im Hinblick auf das Einkommen des Klägers seien nicht geeignet, dienstlichen Weisungen ihm gegenüber die rechtliche Qualität eines Verwaltungsakts zu verleihen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

1. Hinsichtlich der Weisung, bei Aufträgen der Justizbehörden für die Protokollierung fruchtloser Pfändung oder Einstellung nicht den Vordruck GV 21, sondern den von der Justizbehörde beigefügten "Erledigungsbericht" zu verwenden, ist die Klage teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.

Der Hauptantrag ist unzulässig. Die Anfechtungsklage ist gemäß § 42 Abs. 1 VwGO unstatthaft. Bei der angegriffenen Weisung handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt. Sie ist, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht auf unmittelbare Rechtwirkung nach außen gerichtet (§ 35 Satz 1 VwVfG Bbg). Dieses Merkmal fehlt Maßnahmen gegenüber Beamten, die - wie hier - nach ihrem objektiven Sinngehalt auf organisationsinterne Wirkung abzielen, weil sie dazu bestimmt sind, den Beamten nicht als Träger subjektiver Rechte, sondern als Amtswalter und Glied der Verwaltung anzusprechen. Hierzu gehören Maßnahmen, die bestimmen, auf welche Art und Weise der Beamte seinen dienstlichen Verrichtungen nachzukommen hat. Eine Anordnung mit einer solchen Zielrichtung stellt nicht deshalb einen Verwaltungsakt dar, weil sie sich auf die subjektive Rechtsstellung eines Beamten auswirkt (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 - 2 C 3.05 -, juris Rn. 10; VGH München, Beschluss vom 28. August 2006 - 3 B 02.3257, 3 B 03.31 -, juris Rn. 20; a.A. OVG Münster, Urteil vom 22. Oktober 1986 - 6 A 848/84 -, DGVZ 1987, 119).

Unerheblich ist daher, dass sich aus der im Streit stehenden Weisung Folgen für das Einkommen des Klägers ergeben. Ihm werden nach § 11 Nr. 2 GVO als Entschädigung für den Aufwand bei der Erledigung der Aufträge die vereinnahmten Auslagen - auch betreffend die Verwendung von Vordrucken - überlassen. Können die Auslagen ohne Verschulden des Klägers nicht eingezogen werden, so sind sie ihm nach § 11 Nr. 3 GVO aus der Landeskasse zu ersetzen. Gleichwohl legt die Anweisung der Dienstbehörde zur Verwendung von Vordrucken bei der Protokollierung von Vollstreckungshandlungen das dem Kläger zustehende Einkommen nicht unmittelbar fest. Dies geschieht erst, wenn die Entschädigungen und die aus der Landeskasse zu ersetzenden Beträge nach Ablauf des jeweiligen Kalendervierteljahres gemäß § 11 Nr. 4 i.V.m. § 77 GVO festgesetzt werden. Gegen den Festsetzungsbescheid kann der Kläger Verpflichtungsklage erheben. Sollte es für den Entschädigungsanspruch auf die Rechtswidrigkeit der hier in Rede stehenden Weisung ankommen, wäre dies in jenem Verfahren inzident zu prüfen.

Dass die Weisung ursprünglich mit einem Leistungsbescheid (Erstattung zuviel erhobener Beträge) verbunden war, ist für ihre Rechtsnatur ohne Belang. Sie hat auch nicht dadurch den Charakter eines Verwaltungsakts erhalten, dass über sie durch Widerspruchsbescheid entschieden worden ist oder dass die Widerspruchsbehörde sie als Verwaltungsakt bezeichnet hat. Gemäß § 126 Abs. 3 BRRG ist vor Erhebung auch von Leistungs- und Feststellungsklagen das Vorverfahren durchzuführen. Danach ändert sich durch den Erlass des Widerspruchsbescheides nicht der Charakter der angegriffenen Maßnahme. Eine Änderung der Rechtsnatur durch den Widerspruchsbescheid kommt allenfalls in Betracht, wenn ansonsten die Gewährung effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht ermöglicht werden kann. Dies ist bei Maßnahmen gegenüber Beamten ohne Verwaltungsaktsqualität auszuschließen: Führen sie zu einer Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Beamten, so kann dieser seine Rechte im Wege der Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO oder der allgemeinen Leistungsklage geltend machen (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. März 2006, a.a.O. Rn. 11).

Die mit dem Hilfsantrag erhobene Feststellungsklage ist im Umfang ihrer Zulässigkeit unbegründet.

Die Feststellungsklage ist nur nach Maßgabe der dem Kläger zustehenden Klagebefugnis zulässig. Der prozessuale Vortrag des Klägers zur Frage der Vordruckverwendung ist in weitem Umfang durch die Beanstandung geprägt, die Weisung sei objektiv unvereinbar mit Protokollierungsbestimmungen im Vollstreckungsrecht (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 JBeitrO i.V.m. § 762 ZPO) und mit innerdienstlichen Verwaltungsvorschriften (insbesondere § 70 Nr. 6 Satz 5 GVO a.F., ohne allerdings auf die Klarstellung durch § 69 Nr. 3 Satz 5 2. Halbsatz GVO n.F. einzugehen). Das Vorbringen erweckt damit den Eindruck, als komme es auf die Verletzung eigener (subjektiver) Rechte des Klägers nicht an. Dem ist nicht zu folgen. Zwar ist das in § 43 Abs. 1 VwGO geforderte berechtigte Interesse des Feststellungsklägers an der erstrebten Feststellung nicht gleichbedeutend mit einem rechtlichen Interesse, sondern schließt über ein solches Interesse hinaus jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse auch wirtschaftlicher oder ideeller Art ein. Daraus folgt aber nicht, dass jeder in diesem Sinne Interessierte auch ohne eigene Rechtsbetroffenheit Feststellungsklage erheben kann. Vielmehr ist auf die Feststellungsklage nach § 43 VwGO zur Vermeidung der dem Verwaltungsprozess fremden Popularklage die Vorschrift des § 42 Abs. 2 VwGO über die Klagebefugnis entsprechend anzuwenden. Dies bedeutet, dass auch die auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses gerichteten Klagen gemäß § 43 Abs. 1 VwGO nur zulässig sind, soweit es dem Kläger dabei um die Verwirklichung eigener Rechte geht, sei es, dass er an dem festzustellenden Rechtsverhältnis selbst beteiligt ist, sei es, dass von dem Rechtsverhältnis immerhin eigene Rechte des Klägers abhängen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 1995 - 2 C 32.94 -, juris Rn. 18). Die Feststellungsklage ist keine Interessenten-, sondern eine Verletztenklage (vgl. Happ, in Eyermann, VwGO, 12. Auflage 2006, § 43 Rn. 4; v. Albedyll, in Bader u.a., VwGO, 4. Auflage 2007, § 43 Rn. 24; im Ergebnis ähnlich Pietzcker, in Schoch u.a., VwGO, Stand Oktober 2008, § 43 Rn. 24, 31; Möstl, in Posser/Wolff, VwGO, 2008, § 43 Rn. 22 f.; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Auflage 2007, § 42 Rn. 63, § 43 Rn. 16; einschränkend Wahl/Schütz, in Schoch u.a., a.a.O. § 42 Abs. 2 Rn. 31 f.; a.A. Sodan, in Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Auflage 2006, § 42 Rn. 374).

Dies gilt auch für Klagen eines Beamten gegen Weisungen des Dienstvorgesetzten (vgl. OVG Koblenz, Beschluss vom 26. Februar 1999 - 2 A 10199/99 -, juris Rn. 22). Damit wird letztlich nur die Konsequenz daraus gezogen, dass ein Beamter gemäß § 35 Satz 2 BeamtStG (§ 20 Abs. 1 Satz 3 LBG a.F.) grundsätzlich auch rechtswidrige Anordnungen ausführen muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2000 - 1 D 34.98 -, juris Rn. 41; Urteil vom 18. September 2008 - 2 C 126.07 -, juris Rn. 16). Sieht er sich einer Pflichtenkollision ausgesetzt, so hat er das Remonstrationsverfahren gemäß § 36 Abs. 2 BeamtStG (§ 21 Abs. 2 LBG a.F.) durchzuführen. Nachträglichen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz kann er nur insoweit in Anspruch nehmen, als er geltend macht, dass die Weisung zugleich in rechtswidriger Weise in seine persönliche Rechtsstellung eingreift (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. November 1994 - 2 BvR 1117/94 u.a. -, juris Rn. 6). Die bloße Feststellung objektiver Rechtswidrigkeit ließe nicht nur die Pflicht zur Befolgung der dienstlichen Anordnung unberührt, sondern begründete auch keinen Anspruch des Beamten auf deren Änderung.

Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen ist die Feststellungsklage zwar nicht unzulässig, denn im Rahmen der Klagebefugnis ist nicht abschließend zu prüfen, ob dem Kläger die geltend gemachten Rechte zustehen. Es ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der Kläger in seiner unabhängigen Stellung als Gerichtsvollzieher oder in seinem Entschädigungsanspruch verletzt ist. Der Hilfsantrag ist jedoch nur zulässig, soweit er die Rechtswidrigkeit der Weisung und eine dadurch bewirkte Verletzung eigener Rechte des Klägers festgestellt wissen will (vgl. auch die Antragsformulierung in BVerwG, Urteil vom 2. März 2006, a.a.O. Rn. 5).

Nach Maßgabe der Zulässigkeit ist der Hilfsantrag unbegründet. Die angegriffene Weisung verletzt eigene Rechte des Klägers weder unter dem Gesichtspunkt der selbständigen Stellung des Gerichtsvollziehers noch unter dem der Minderung seiner Einnahmen.

Als Beamter ist der Kläger verpflichtet, die dienstlichen Anordnungen des aufsichtführenden Richters (vgl. § 2 Nr. 2 GVO) auszuführen und dessen allgemeine Richtlinien zu befolgen. Eine Ausnahme von der Befolgungspflicht im Sinne des § 35 Satz 3 BeamtStG sieht das Gesetz für Gerichtsvollzieher, anders als für Rechtspfleger (vgl. § 9 RPflG), nicht vor. Wenn auch die Gerichtsvollzieherordnung und die Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher Vorschriften zur relativen Eigenverantwortlichkeit und Selbstständigkeit des Gerichtsvollziehers enthalten, so hindern diese jedenfalls den Erlass allgemeiner Richtlinien durch den Dienstvorgesetzten nicht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. September 1972 - VI B 29.72 -, Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 44; OVG Berlin, Urteil vom 24. November 1981 - 4 B 47.81 -, UA S. 15; OVG Lüneburg, Urteil vom 29. Oktober 1996 - 5 L 2279/95 -, juris Rn. 6 f.; weitergehend VGH München, Beschluss vom 15. Januar 2009 - 3 ZB 08.818 -, juris Rn. 5 f.). Dies hat das Verwaltungsgericht im Einzelnen zutreffend ausgeführt. Insofern wird von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen.

Auch die Auswirkungen der angegriffenen Weisung auf die Einnahmen des Klägers bedingen keine Berührung mit seinen Rechten als Beamter, erst recht keine Rechtsverletzung. Seine Alimentierung ist sichergestellt durch die ihm zustehenden Dienstbezüge. Darüber hinaus erwächst ihm aus seiner Amtsstellung kein Anspruch darauf, seine dienstlichen Handlungen an dem Ziel der Einnahmenmaximierung auszurichten. Daran ändert sich nichts dadurch, dass ihm uneinbringliche Auslagen gemäß § 11 Nr. 3 GVO aus der Landeskasse ersetzt werden.

Zwar folgt aus der entsprechenden Verwaltungspraxis in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG), dass ihm ein Anspruch auf diese Leistung zu steht. Es ist aber bereits zweifelhaft, inwieweit die angegriffene Weisung das dem Kläger nach Abrechnung der Kosten insgesamt zustehende Einkommen tatsächlich schmälert. Dem eigenen Standpunkt des Klägers folgend ist dies jedenfalls nicht der Fall. Im Gegenteil: Wenn - wie der Kläger meint - der Auslagentatbestand unabhängig davon erfüllt ist, welcher Vordruck verwendet wird, wirkt sich die Weisung, die die Verwendung selbstbeschaffter Vordrucke einschränkt, auf die Höhe des Einkommens nur zu Gunsten des Klägers aus, weil sie dessen Beschaffungsaufwand mindert, den Entschädigungsanspruch dagegen unberührt lässt.

Wird dagegen angenommen, dass der Auslagentatbestand nur bei eigenen Auslagen erfüllt ist, so verringert sich zwar auf Grund der Weisung der Umfang des Aufwendungsersatzes. Dem stehen andererseits geringere Aufwendungen gegenüber. Beide Wirkungen gleichen sich im Grundsatz aus. Ein vermeintlich verletztes Recht des Klägers könnte daher nur den Inhalt haben, mit dem Entschädigungsanspruch für den Fall, dass er die tatsächlichen Kosten übersteigt, ein "Geschäft" machen zu dürfen. Das ist offensichtlich nicht Sinn des Auslagenersatzes.

Davon abgesehen gilt allgemein, dass der Gerichtsvollzieher den ihm im Innenverhältnis zustehenden Anteil an den der Landeskasse zufließenden Gebühren und Auslagen nur dann beanspruchen kann, wenn er den Kostentatbestand zulässigerweise verwirklicht hat, wenn er also bei Beachtung der Weisungen des Dienstvorgesetzten, die er auch im Fall ihrer Rechtswidrigkeit befolgen muss, einen entsprechenden Kostenanspruch des Dienstherrn im Außenverhältnis begründet hat. Die Normen, die solche Ansprüche des Dienstherrn regeln, begründen keine rechtliche geschützte Position des Gerichtsvollziehers, weil sie nicht seinen Interessen zu dienen bestimmt sind. Soweit sich der Vollzug dieser Normen mittelbar auf das Einkommen des Gerichtsvollziehers auswirkt, handelt es sich lediglich um einen "Reflex" (vgl. OVG Berlin, a.a.O., UA S. 15 ff.; VGH München, Beschluss vom 21. Mai 2003 - 3 CE 03.1009 -, juris Rn. 30).

2. Hinsichtlich der Weisung, die Einstellung der Vordruckpauschale in das Kassenbuch bei Verwendung des Vordrucks der Justizbehörden zu unterlassen, ist die Klage insgesamt unzulässig.

Der Hauptantrag ist aus den bereits genannten Gründen (vgl. 1.) unzulässig. Auch die Anweisung zur Führung des Kassenbuches legt das dem Kläger zustehende Einkommen nicht unmittelbar fest. Insofern verhält es sich hier anders als bei Verfügungen, mit denen der Gerichtsvollzieher in Einzelfällen nachträglich zur Rückzahlung von bereits vereinnahmten Auslagen angewiesen wird, denn dadurch wird gleichzeitig verbindlich über die ihm zustehende Entschädigung für den Aufwand bei der Erledigung des Auftrags entschieden (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 29. April 1982 - 2 C 43.80 -, juris Rn. 15). Der Beklagte hat auch nicht etwa angeordnet, die Vordruckpauschale von vornherein nicht zu vereinnahmen. Die die Führung des Kassenbuchs, also den innerdienstlichen Geschäftsverkehr (vgl. § 52 Nr. 2 Buchst. b GVO) betreffende Weisung regelt vielmehr ausschließlich Fälle, in denen die Pauschale ohnehin nicht eingezogen werden kann, weil der Schuldner pfandlos ist oder das Vollstreckungsverfahren aus anderen Gründen eingestellt wird. Insofern bedarf es keiner weiteren Erörterung der Frage, ob eine die Vereinnahmung untersagende Weisung bereits eine verbindliche Vorentscheidung für die dem Kläger zustehende Entschädigung enthielte und deshalb als Verwaltungsakt anzusehen wäre.

Der Hilfsantrag ist ebenfalls unzulässig. Insofern steht der Feststellungsklage der Grundsatz der Subsidiarität entgegen (§ 43 Abs. 2 VwGO).

Eintragungen in Spalte 13 des Kassenbuchs II dienen der Feststellung, in welchem Umfang dem Kläger Auslagenersatz nach § 11 Nr. 3 GVO zusteht. Der Kläger ist der Auffassung, der Auslagentatbestand der Vordruckpauschale werde bei der Verwendung eines Vordrucks in jedem Fall verwirklicht. Träfe dies zu, wäre die Weisung rechtswidrig, da sie die Eintragung der Pauschale nur dann zulässt, wenn er den Vordruck aus eigenen Mitteln beschafft. Den damit letztlich streitigen Anspruch auf Kostenerstattung nach § 11 Nr. 3 GVO hätte der Kläger durch Verpflichtungsklagen gegen die Festsetzungsbescheide gemäß § 11 Nr. 4 i.V.m. § 77 GVO verfolgen müssen. Die dafür geltende Klagefrist, nach deren Ablauf die Bescheide bestandskräftig geworden sind, kann mit einer Feststellungsklage nicht umgangen werden.

Der Subsidiarität der Feststellungsklage steht nicht entgegen, dass die Verpflichtungsklage nicht zu einem gleichwertigen Rechtsschutz führen würde. Die Unzumutbarkeit einer Verweisung auf den Weg einer Gestaltungs- oder Leistungsklage lässt sich mit diesem Argument nur begründen, wenn der Kläger mit der Feststellungsklage vorbeugenden Rechtsschutz begehrt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Mai 1988 - 3 B 5.88 -, Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 98). Ein gegenüber der Verpflichtungsklage weiterreichender Rechtsschutz käme hier in Betracht, wenn sich die Feststellungsklage gegen die zusätzliche Beschwer durch die mit der angegriffenen Weisung ausgelöste beamtenrechtliche Befolgungspflicht richtete oder ganz allgemein eine grundsätzliche Klärung für zukünftige Fälle anstrebte. Darum geht es indessen nicht. Die Weisung hatte bereits bei Klageerhebung im September 2003 keine Bedeutung mehr für das gegenwärtige oder zukünftige dienstliche Verhalten des Klägers oder zukünftige Ersatzansprüche gegen die Landeskasse. Erst recht gilt dies für den hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat. Die Weisung betrifft gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 GvKostG ausschließlich Vollstreckungsaufträge, die vor dem 1. Mai 2001 erteilt worden sind. Zu diesem Zeitpunkt ist § 35 Abs. 1 Nr. 2 GvKostG a.F. außer Kraft getreten, der einen besonderen Auslagentatbestand für die Verwendung von Vordrucken vorsah. Damit ist die Bestimmung über den Pauschsatz für Vordruckkosten (§ 1 der Verordnung über Auslagenpauschsätze nach dem Gesetz über Kosten der Gerichtsvollzieher) gegenstandslos geworden. Zwar kann die Verwendung von Vordrucken auch nach neuem Recht Kosten auslösen, da Nr. 713 des Kostenverzeichnisses eine Pauschale für sonstige bare Auslagen vorsieht. Auf diese Pauschale bezieht sich die Weisung jedoch nicht. Dass mit dem Begriff der "Vordruckpauschale" im Schreiben des Direktors des Amtsgerichts Nauen vom 2. August 2001 keine Auslage nach neuem Recht gemeint ist, lässt sich insbesondere der Bezeichnung der Rechtsgrundlagen in der Begründung des Widerspruchsbescheides entnehmen. Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass sich die Ausführungen des Beklagten in der Klageerwiderung auch auf die neue Rechtslage beziehen lassen. Der Inhalt der angegriffenen Weisung ändert sich dadurch nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Da der Kläger die Kosten zu tragen hat, war über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren nicht zu befinden. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO oder § 127 Nr. 1 BRRG genannten Gründe vorliegt.

Ende der Entscheidung

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