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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 21.05.2007
Aktenzeichen: OVG 4 N 106.05
Rechtsgebiete: VwGO, BBG


Vorschriften:

VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 5
VwGO § 148 Abs. 1
VwGO § 149 Abs. 1 Satz 1
BBG § 42 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 4 N 106.05

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 4. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Buchheister, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Hoock und den Richter am Verwaltungsgericht Schaefer am 21. Mai 2007 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 29. April 2005 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 28.252,58 EUR festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 5 VwGO liegen, soweit sie hinreichend dargelegt sind (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO), nicht vor.

Das Verwaltungsgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage gegen die vorzeitige Zurruhesetzung des Klägers wegen dauernder Dienstunfähigkeit mit Ablauf des Monats Oktober 2002 abgewiesen, nachdem es ein psychiatrisches Sachverständigengutachten des Prof. Dr. H. zur Klärung der Dienstunfähigkeit sowie des aktuellen Gesundheitszustandes des Klägers eingeholt hatte. Dabei hat es einen vom Kläger gegen den Sachverständigen gestellten Befangenheitsantrag in der mündlichen Verhandlung abgelehnt, sodann weiter verhandelt und in der Sache entschieden, ohne eine Entscheidung über die noch in der mündlichen Verhandlung eingelegte Beschwerde gegen die Zurückweisung des Befangenheitsgesuches abzuwarten. Der Kläger macht mit seinem Berufungszulassungsantrag zusammengefasst geltend (Schriftsätze vom 4. August und 10. Oktober 2005 sowie 3. Januar und 13. April 2006), das Urteil sei verfahrensfehlerhaft zustande gekommen (im Folgenden 1.), weil er keine Möglichkeit zu einer gesonderten Begründung der Beschwerde gehabt habe (s. insbesondere S. 1-6 des Schriftsatzes vom 4. August 2005) und weil die angefochtene Entscheidung vor Abschluss des Beschwerdeverfahrens getroffen worden sei (S. 7-10). Ferner bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (im Folgenden 2.), weil es auf Feststellungen eines befangenen Sachverständigen beruhe (S. 10-13), ein ohne ausreichende Untersuchungen erstelltes Gutachten verwerte (S. 13-19) sowie bei der Frage der Dienstfähigkeit von falschen Wertungen und Tatsachengrundlagen ausgehe (S. 19-22).

1. Die vom Kläger geltend gemachten Verfahrensmängel führen nicht zur Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

a) Dies gilt zunächst für den sinngemäß gerügten Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Artikel 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO).

Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht anwaltlich vertretene Kläger, der bereits vor der Verhandlung sein Befangenheitsgesuch ausführlich begründet (Schriftsatz vom 22. März 2005) und zur Erwiderung der Beklagten Stellung genommen hatte (Schriftsatz vom 28. April 2005), hatte in der Verhandlung Gelegenheit, sich zu der Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs zu äußern und gegebenenfalls einen Vertagungsantrag zu stellen. Dass er diese prozessualen Rechte nicht wahrgenommen hat, lässt sich nicht im Rahmen des Zulassungsantrages wettmachen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Februar 1998 - 7 B 24.98 - Juris Rn. 2).

Im Übrigen war ein Vertagungsgrund nicht gegeben. Das Gericht hat bei seiner Entscheidung, ob bei Vorliegen erheblicher Gründe eine Verhandlung vertagt wird (§ 173 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO), nach pflichtgemäßem Ermessen sowohl das Gebot der Beschleunigung des Verfahrens als auch den Anspruch der Beteiligten auf Gewährung rechtlichen Gehörs zu berücksichtigen. Weist etwa das Gericht erstmals in der mündlichen Verhandlung auf neue, aus seiner Sicht entscheidungserhebliche Gesichtspunkte rechtlicher oder tatsächlicher Art hin, mit denen ein Beteiligter nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens schlechterdings nicht zu rechnen brauchte, so kann es von ihm hierzu regelmäßig keine sofortige und umfassende Stellungnahme verlangen (vgl. zum Vorstehenden BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 1999 - 7 B 155.99 - Juris Rn. 4). Ein solcher oder vergleichbarer Fall lag hier nicht vor. Vielmehr enthielten weder die Erläuterungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung noch die vom Verwaltungsgericht ausweislich des Terminprotokolls mitgeteilten Gründe für die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs Angaben, mit denen schlechterdings nicht zu rechnen war und die eine ausreichende Stellungnahme noch in der mündlichen Verhandlung nicht ermöglicht hätten (vgl.a. § 227 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Insbesondere ist nicht ersichtlich, warum der Kläger seinen ergänzenden Beschwerdevortrag mit Schriftsatz vom 21. Juni 2005, der sich auf "seine Wahrnehmungen der Äußerungen des Prof. Dr. H. in der mündlichen Verhandlung bezog" (S. 4 des Schriftsatzes vom 4. August 2005), nicht bereits in der mündlichen Verhandlung hätte vorbringen können. Die Beklagte weist insoweit zu Recht darauf hin, dass der Kläger seine Argumentation auch im Berufungszulassungsverfahren wie im Verfahren über die Ablehnung des Sachverständigen lediglich auf eine wörtliche Auseinandersetzung mit dem Gutachten, den Äußerungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung und der "Gutachterakte" und damit allein auf Kenntnisse stützt, über die er im Termin vom 29. April 2005 bereits verfügte. Ein Vertagungsgrund bestand für das Verwaltungsgericht umso weniger, als der Kläger nicht zu erkennen gegeben hat, mit Blick auf die Zurückweisung seines Befangenheitsantrages überhaupt noch weiter vortragen zu wollen. Die Beschwerde vom 29. April 2005 bezieht sich zur Begründung lediglich auf den Befangenheitsantrag vom 22. März 2005 und beschränkt sich ansonsten auf den Hinweis, dass eine ergänzende Begründung "gegebenenfalls" gesondert erfolge.

b) Das Verwaltungsgericht durfte das angefochtene Urteil auch erlassen, ohne die Beschwerdeentscheidung abzuwarten. Eine Beschwerde hat nach § 149 Abs. 1 Satz 1 VwGO nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie die Festsetzung eines Ordnungs- oder Zwangsmittels zum Gegenstand hat. Hieran fehlte es. Die Beschwerde betraf den das Ablehnungsgesuch zurückweisenden Beschluss des Verwaltungsgerichts. Das Gericht darf in einem solchen Fall die mündliche Verhandlung fortsetzen und ein (End-) Urteil erlassen (vgl. BFH, Beschluss vom 23. Juni 1978 - VI B 35/78 - Juris Rn. 7 f.; BGH, Urteil vom 1. Februar 1972 - VI ZR 134/70 - NJW 1972, 1133, 1134; Greger in: Zöller, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 406 Rn. 13). Soweit in der Literatur das Nichtabwarten der Beschwerdeentscheidung für unzweckmäßig (Huber in: Musielak, ZPO, 5. Aufl. 2007, § 406 Rn. 22) bzw. unangemessen (Leipold in: Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. 2006, § 406 Rn. 75) gehalten wird oder auf Fälle offensichtlich aussichtsloser Beschwerden beschränkt werden soll (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 65. Aufl. 2007, § 406 Rn. 33), führt dies zu keiner anderen Beurteilung, weil diese Auffassung ein solches Vorgehen gleichwohl für nicht rechtsfehlerhaft hält und ein Ermessensmissbrauch hier weder ersichtlich noch dargelegt ist. Im Übrigen vermag der Senat dieser Auffassung, soweit sie das Ermessen der Verwaltungsgerichte in diesem Zusammenhang für generell eingeschränkt hält, nicht zu folgen. Für die Befugnis der Verwaltungsgerichte, nach Zurückweisung eines auf eine Befangenheit des Sachverständigen gestützten Ablehnungsgesuches die mündliche Verhandlung fortzusetzen und ein (End-) Urteil zu erlassen, ohne eine Beschwerdeentscheidung abzuwarten, sprechen neben der Regelung in § 149 Abs. 1 Satz 1 VwGO auch verfahrensökonomische Gründe (vgl. dazu BFH, Beschluss vom 23. Juni 1978, a.a.O.). Der ablehnende Verfahrensbeteiligte wird dadurch auch nicht rechtlos gestellt wird. Denn es bleibt ihm unbenommen, die Beschwerde weiter zu verfolgen und das gleichwohl auf das Gutachten des von ihm abgelehnten Sachverständigen gestützte Urteil der Vorinstanz mit Zulassungsgründen anzugreifen, die freilich insoweit nur dann Erfolg haben können (und ggf. zu einer Zurückverweisung an das Verwaltungsgericht führen, § 130 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), wenn der abgelehnte Sachverständige entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts tatsächlich befangen gewesen ist. Das trifft hier jedoch nicht zu, wie der Senat mit seinem die Beschwerde gegen die Zurückweisung des Befangenheitsantrages zurückweisenden Beschluss (OVG 4 L 17.05) entschieden hat. Insoweit fehlt es - selbst wenn man entgegen der hier vertretenen Ansicht einen Verfahrensfehler annehmen würde - jedenfalls an dessen Ursächlichkeit.

Ob die Verfahrensweise des Verwaltungsgerichts, die Beschwerde gegen den Beschluss vom 29. April 2005 dem Oberverwaltungsgericht erst nach der Absetzung des Urteils unter dem 7. Juni 2005 vorzulegen, gegen die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage nach § 148 Abs. 1 VwGO verstößt, wie der Kläger meint, bedarf keiner Vertiefung, weil das am 29. April 2005 verkündete Urteil hierauf nicht beruhen kann. Eine Verpflichtung, die mündliche Verhandlung vom 29. April 2005 zu vertagen, um die Beschwerde gegen die Zurückweisung des Befangenheitsantrages vor einer Entscheidung in der Sache dem Oberverwaltungsgericht vorzulegen, bestand jedenfalls hier nicht. Insoweit gilt das Vorstehende entsprechend.

c) Sollte der Einwand des Klägers, das Urteil sei falsch, weil es auf den Feststellungen eines befangenen Sachverständigen beruhe, auch als Aufklärungsrüge zu verstehen sein, so wäre diese unberechtigt. Der Sachverständige Prof. Dr. H. war - wie der Senat mit unanfechtbarem Beschluss vom heutigen Tag zu OVG 4 L 17.05 entschieden hat - nicht befangen. Auf eine Befangenheit des Sachverständigen kann der Zulassungsantrag deshalb nicht mit Erfolg gestützt werden.

2. Mit den vom Kläger angeführten und hier allein zu prüfenden Gründen sind ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht aufgezeigt. Gemessen an den geltend gemachten Aspekten hat das Verwaltungsgericht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit richtig entschieden. Es ist nach dem Prüfungsstoff des Senats zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte den Kläger zu Recht wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt hat.

a) Wie bereits ausgeführt, kann der Zulassungsantrag und damit auch der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht mit Erfolg auf eine Befangenheit des Sachverständigen gestützt werden, weil der Sachverständige nicht befangen war. Im Übrigen verweist der Senat wegen der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung insoweit auf die Begründung des genannten Beschlusses vom heutigen Tag zu OVG 4 L 17.05.

b) Auch die Argumentation des Verwaltungsgerichts, das eingeholte psychiatrische Sachverständigengutachten sei verwertbar, vermag der Kläger mit der Begründung seines Zulassungsantrages, (zusammengefasst:) der Sachverständige hätte nur auf der Grundlage der Untersuchungen durch Prof. Dr. B. und ohne eine eigene Untersuchung des Klägers das psychiatrische Gutachten nicht erstellen dürfen, nicht in Zweifel zu ziehen.

Zwar hat der vom Gericht beauftragte Sachverständige sein Gutachten grundsätzlich selbst zu erstellen und ist nicht befugt, den Auftrag auf einen anderen zu übertragen (§ 98 VwGO i.V.m. § 404 Abs. 1, § 407, § 407 a Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 ZPO). Er ist jedoch nicht verpflichtet, sämtliche für die Begutachtung notwendigen Tätigkeiten persönlich vorzunehmen, vielmehr darf er - so lange seine volle persönliche Verantwortung uneingeschränkt gewahrt bleibt - zu seiner Unterstützung bei der Vorbereitung und Abfassung des schriftlichen Gutachtens geschulte und zuverlässige Hilfskräfte sowie wissenschaftliche Mitarbeiter, insbesondere zu einzelnen Untersuchungen, heranziehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Juli 1994 - 8 B 56.94 - Juris Rn. 3 und Urteil vom 9. März 1984 - 8 C 87.83 - BVerwGE 69, 70; VGH München, Beschluss vom 15. Februar 2005 - 14 ZB 03.2441 - Juris Rn. 3; Huber in: Musielak, ZPO, 5. Aufl. 2007, § 407 a Rn. 3; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 65. Aufl. 2007, § 407 a Rn. 4 ff.; Leipold in: Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. 2006, § 407 a Rn. 4 ff.). Soweit er sich der Mitarbeit einer anderen Person bedient, hat er diese namhaft zu machen und den Umfang ihrer Tätigkeit anzugeben, falls es sich nicht um Hilfsdienste von untergeordneter Bedeutung handelt (§ 407a Abs. 2 Satz 2 ZPO). In welchem Ausmaß zulässigerweise Hilfspersonen herangezogen werden dürfen, liegt grundsätzlich im Ermessen des Sachverständigen. Insoweit lassen sich keine starren Grenzen ziehen. Es hängt von dem jeweiligen Sachgebiet, der zu beurteilenden Frage sowie den konkreten Umständen des Einzelfalles ab, ob es ausnahmsweise ausreicht, dass dem Sachverständigen etwa durch die Lektüre des von einem zuverlässigen und geschulten Mitarbeiter verfassten schriftlichen Gutachtens die darin wiedergegebenen für die Begutachtung wesentlichen Umstände vermittelt werden, oder ob es, wie in aller Regel insbesondere bei einem aufgrund eingehender klinischer Untersuchungen erstellten medizinischen Gutachten, einer eigenen Kontrolluntersuchung und Urteilsbildung des Sachverständigen bedarf (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Juli 1994, a.a.O.). Die Grenze der erlaubten Mitarbeit - mit der Folge der Unverwertbarkeit des Gutachtens - ist jedenfalls überschritten, wenn aus Art und Umfang der Mitarbeit eines weiteren Arztes gefolgert werden kann, der beauftragte Sachverständige habe seine das Gutachten prägenden und regelmäßig in einem unverzichtbaren Kern von ihm selbst zu erbringenden Zentralaufgaben nicht selbst wahrgenommen, sondern delegiert (vgl. 2. Senat des BSG, Beschluss vom 30. Januar 2006 - B 2 U 358/05 - Juris Rn. 3).

Hiervon ausgehend durfte der vom Gericht beauftragte Sachverständige Prof. Dr. H. die Durchführung der drei Untersuchungstermine an Herrn Prof. Dr. B. delegieren und das Gutachten ohne den geplanten letzten Termin, bei dem der Kläger durch ihn persönlich untersucht werden sollte, erstellen. Nach der Erklärung des Sachverständigen, er sei aufgrund gemeinsamer Diskussion und Urteilsbildung mit dem Gutachten einverstanden (S. 19 des Gutachtens), sowie seinen Erläuterungen zur Erstellung des Gutachtens in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ist davon auszugehen, dass der Sachverständige das Gutachten aufgrund eigener Urteilsbildung gefertigt hat und seine persönliche Verantwortung inhaltlich uneingeschränkt gewahrt ist. Einen Beleg dafür, dass der Sachverständige das Gutachten gänzlich aus der Hand gegeben hat, ergibt sich insbesondere nicht aus einem angeblichen Vermerk in der Gutachterakte, wonach (sinngemäß) Prof. Dr. B. das Gutachten komplett übernehmen soll. Ein solcher Vermerk findet sich in der Gutachterakte nicht, sondern lediglich eine Verfügung des Sachverständigen auf einem gerichtlichen Anschreiben, dieses Prof. Dr. B. zuzuleiten, der bereits die kompletten Unterlagen bekommen habe. Aus dieser Büroanweisung kann der Kläger nicht Hinreichendes im Sinne seiner These herleiten. Vielmehr hatte sich der Sachverständige eine eigene Bewertungsgrundlage geschaffen, indem er nach jeder Untersuchung durch Prof. Dr. B. das Ergebnis mit diesem besprochen sowie dessen Aufzeichnungen eingesehen und die Akten, soweit sie als Grundlage in dem Gutachten angeführt sind, selbst durchgesehen hatte (vgl. Terminprotokoll S. 2). Er war sich auf der Grundlage der von Prof. Dr. B. durchgeführten Untersuchungen, den mit ihm geführten Diskussionen und der Durchsicht des Aktenmaterials "absolut sicher", dass eine Begutachtung auch ohne den nicht durchgeführten letzten Untersuchungstermin erfolgen konnte (vgl. Terminprotokoll S. 3). So war er auch in der Lage einzuschätzen, dass der Kläger ein "bemerkenswerter Fall" ist (vgl. Terminprotokoll S. 3). In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat er ausdrücklich bestätigt, er "stehe" zu den Feststellungen des Gutachtens, und in diesem Zusammenhang angegeben, er habe am Terminstag das Gutachten mit Prof. Dr. B. eine Dreiviertelstunde noch einmal im Detail besprochen (vgl. Terminprotokoll S. 3). Danach ist auch vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Beurteilung der Persönlichkeitsstruktur des Klägers und deren Auswirkung auf dessen Dienstfähigkeit weitgehend um Bewertungs- und Beurteilungsfragen handelt, nicht ersichtlich, dass der Sachverständige die persönliche Verantwortung für das gefundene Ergebnis nicht hätte übernehmen können. Auch wenn bei psychiatrischen Gutachten - wie hier - ein vom Gericht beauftragter Sachverständiger regelmäßig nicht befugt sein sollte, seinen Mitarbeitern die persönliche Begegnung und das explorierende Gespräch mit dem Probanden vollständig zu übertragen (so der 9. Senat des BSG, Beschluss vom 18. September 2003 - B 9 VU 2/03 - Juris Rn. 9; offen gelassen vom 2. Senat des BSG, Beschluss vom 17. November 2006 - B 2 U 58/05 - Juris Rn. 4, wonach es der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht zu entnehmen sei, dass bei einem ärztlichen Gutachten die persönliche Untersuchung des Patienten stets zum unverzichtbaren Kern der Aufgaben des Sachverständigen gehöre), spricht Überwiegendes dafür, dass der Sachverständige im vorliegenden Fall (ausnahmsweise) auf einen persönlichen Kontakt mit dem Kläger verzichten durfte. Aus der Eigenart des Gutachtenthemas (Klärung, inwieweit der Kläger im Oktober bzw. Dezember 2002 dienstfähig war oder innerhalb von sechs Monaten dienstfähig gewesen wäre sowie des aktuellen Gesundheitszustandes aus psychiatrischer Sicht) ergab sich nicht, dass für die Untersuchungen ausschließlich die spezielle Sachkunde und Erfahrungen des beauftragten Sachverständigen benötigt wurden und diejenigen des Prof. Dr. B. - der nach den Angaben des Sachverständigen Juniorprofessor und seit seinem Eintritt in die Charité als hochqualifizierter Fachkollege bekannt ist (vgl. Terminprotokoll S. 3) - nicht ausreichend gewesen waren. Der Sachverständige hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, es sei in der Medizin, darunter auch die Psychiatrie, nicht unüblich, auf fachgerecht erhobene Fremdbefunde zurückzugreifen; dies gelte auch für psychopathologische Befunde (Terminprotokoll S. 3). Ferner hat der Sachverständige, wie bereits ausgeführt, nach jeder Untersuchung durch Prof. Dr. B das Ergebnis mit diesem besprochen sowie dessen Aufzeichnungen eingesehen, und war sich sicher, dass eine Begutachtung auch ohne den geplanten vierten Untersuchungstermin erfolgen konnte. Das Gutachten beruht insgesamt auf "gemeinsamer Diskussion und Urteilsbildung" (S. 19 des Gutachtens). Der Sachverständige weist außerdem in dem Gutachten ausdrücklich darauf hin, dass im Hinblick auf den nicht zustande gekommenen geplanten letzten Untersuchungstermin eine "gewisse Befundunsicherheit" bestehe und die diagnostische Erörterung mit dieser Einschränkung erfolge (S. 11 des Gutachtens). Diese Befundunsicherheit hat das Verwaltungsgericht gesehen und zutreffend gewürdigt. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass das in Rede stehende Gutachten nicht die alleinige Entscheidungsgrundlage des Verwaltungsgerichts bildete, sondern der Sache nach (auch) als Bestätigung der Richtigkeit der amtsärztlichen Befunde herangezogen worden ist, auf die die Beklagte die angefochtene Entscheidung gestützt hat.

c) Auch unter Berücksichtigung der weiteren, im Verfahren über die Ablehnung des Sachverständigen geltend gemachten Angriffe gegen die Verwertbarkeit des Gutachtens wären Richtigkeitszweifel nicht aufgezeigt:

Der Kläger hat nicht hinreichend substantiiert, dass das Gutachten untauglich sei, weil es mit den genannten Einschränkungen versehen ist.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist ein gerichtliches Sachverständigengutachten nur dann nicht verwertbar, wenn es unvollständig, widersprüchlich oder aus anderen Gründen nicht überzeugend ist, wenn das Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn der Sachverständige erkennbar nicht über die notwendige Sachkunde verfügt oder Zweifel an seiner Unparteilichkeit bestehen, wenn sich durch neuen entscheidungserheblichem Sachvortrag der Beteiligten oder durch eigene Ermittlungstätigkeit des Gerichts die Bedeutung der vom Sachverständigen zu klärenden Fragen verändert haben, wenn ein anderer Sachverständiger über neue und überlegenere Forschungsmittel oder über größere Erfahrung verfügt, oder wenn das Beweisergebnis durch substantiierten Vortrag eines der Beteiligten oder durch Eigenüberlegungen des Gerichts ernsthaft erschüttert wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Juni 1992 - 4 B 1-11.92 - Juris Rn. 54) oder sonstige Verfahrensfehler bei Erstellung des Gutachtens festzustellen sind, die sich auf das Ergebnis auswirken.

Anhaltspunkte dafür, dass das Gutachten an einem der dargestellten Mängel leidet, hat der Kläger nicht hinreichend dargelegt. Allein der Umstand, dass der Sachverständige im Gutachten ausdrücklich eine auf Grund der nicht zustande gekommenen geplanten letzten Untersuchung verbliebene Unsicherheit in der Beurteilung eingeräumt hat, genügt hierfür nicht. Denn er hat gleichwohl das Vorliegen einer Anpassungsstörung beim Kläger eindeutig bejaht (S. 11, 13, 17 des Gutachtens). Lediglich wegen der auch möglichen Persönlichkeitsstörung hat er auf die verbliebene Unsicherheit Bezug genommen und nur eine Nähe zur zwanghaften Persönlichkeitsstörung attestiert (S. 14 f. des Gutachtens). Für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts waren jedoch allein die erst genannten, hinreichend sicheren Feststellungen des Gutachtens (zur Anpassungsstörung) maßgeblich, die nach Ansicht des Verwaltungsgerichts im Ergebnis mit den bereits von der Beklagten eingeholten amtsärztlichen Stellungnahmen übereinstimmten.

Soweit der Kläger in der Zulassungsbegründung die Auseinandersetzung des Verwaltungsgerichts mit der anders lautenden privatärztlichen Stellungnahme der Fachärztin B. vom 10. Februar 2004 bemängelt, die dem Sachverständigen vorlag, ist diese Kritik des Klägers nicht begründet. Das ärztliche Attest ist ungeeignet, weil es zwar eine bestimmte Diagnose enthält (posttraumatische Belastungsstörung), aber in den nachfolgenden (drei) Sätzen nicht ansatzweise erläutert, wie die Ärztin zu dieser Erkenntnis gelangt ist. Das Verwaltungsgericht musste der Einschätzung in diesem Attest, dass keine Dienstunfähigkeit auf Dauer vorliege, deshalb kein Gewicht beimessen.

Schließlich ist auch mit dem Einwand, die mit dem Gutachten bescheinigte chronische Anpassungsstörung könne definitionsgemäß nicht existieren, ein Fehler des Gutachtens nicht dargelegt. Denn der Sachverständige hat mit dem Gutachten eine derartige Feststellung nicht (uneingeschränkt) getroffen, sondern die Charakterisierung der Anpassungsstörung als "chronisch" ausdrücklich in Anführungsstriche gesetzt und damit zu erkennen gegeben, dass dies nur eine vergleichende Klassifizierung nach DSM IV sei (S. 14 des Gutachtens).

Im Übrigen nimmt der Senat auf die Ausführungen in seinem Beschluss vom heutigen Tag zu OVG 4 L 17.05 Bezug.

d) Auch die Einwände gegen die Argumentation des Verwaltungsgerichts, eine Dienstfähigkeit hätte auch nicht vorgelegen, wenn der Kläger "in einer konfliktärmeren Arbeitsumgebung tätig gewesen wäre und einer in seinen Augen 'adäquaten' Arbeit nachgegangen wäre" (S. 9 UA), überzeugen nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 23. September 2004 - 2 C 27.03 - Juris Rn. 12) ist zur Beurteilung der Dienstfähigkeit auf das dem Beamten zuletzt übertragene abstrakt-funktionelle Amt abzustellen und nicht entscheidend, ob der Beamte die Aufgaben bewältigen kann, die ihm ein (ihm "adäquat" erscheinendes) konkret-funktionelles Amt (Dienstposten) stellt. Hiermit stehen die Ausführungen des angefochtenen Urteils in Einklang. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auf die Atteste der ihn behandelnden Ärzte vom 15. Juni 2005 (S. 19 des Schriftsatzes vom 4. August 2005) und 14. November 2005 (S. 3 des Schriftsatzes vom 3. Januar 2006) Bezug nimmt und die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Möglichkeit einer anderweitigen Verwendung im Sinne von § 42 Abs. 3 BBG bemängelt (S. 20 f. des Schriftsatzes vom 4. August 2005), sind diese Atteste teilweise nicht innerhalb der Frist für die Begründung des Zulassungsantrages eingereicht worden. Unabhängig hiervon begründen sie und die hierauf beruhende Argumentation des Klägers keine ernstlichen Zweifel an der Auffassung des Verwaltungsgerichts. Insoweit fehlt es an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Begründung (S. 10 UA); der Vortrag beschränkt sich auf eine wertende Wiedergabe des Urteils.

Das Verwaltungsgericht ist insoweit als Maßstab, den der Kläger nicht angreift, davon ausgegangen, dass der Dienstherr eine nur beschränkt überprüfbare Prognose zu treffen habe, ob der Beamte dauernd dienstunfähig sein werde, wobei ein Zeitraum von sechs Monaten zu Grunde zu legen sei, es also darauf ankomme, ob er innerhalb dieser Zeit voraussichtlich wieder voll dienstfähig sein werde. Die dies verneinende Prognose der Beklagten hat das Verwaltungsgericht für rechtmäßig gehalten und auch erläutert, warum die Prognose der Beklagten auch unter Berücksichtigung der im Januar 2002 begonnenen Verhaltenstherapie tragfähig sei. Dass die Prognose von dem Therapeuten des Klägers bestritten wird, reicht insoweit zur Darlegung ernstlicher Zweifel nicht aus. Auch trifft es nicht zu, wie der Kläger an anderer Stelle einwendet, dass das Gutachten die Prognose des Therapeuten Dr. G. nicht berücksichtigt habe (s. S. 5 und 17 des Gutachtens). Im Übrigen zieht die gutachterliche Stellungnahme des Dr. G. vom 15. Juni 2005 dessen günstige Prognose aus 2002 selbst in Zweifel, weil der Kläger auch Jahre später noch therapiert worden ist; die ihm 2005 von dem Therapeuten bescheinigte Dienstfähigkeit bezieht sich außerdem ersichtlich auf einen vom Therapeuten "unbedingt befürworteten" Einsatz am alten Arbeitsplatz, um ein Buchprojekt fortzuführen. Hieraus lässt sich keine Dienstfähigkeit des Klägers im Sinne des Gesetzes herleiten.

Hinsichtlich der Frage einer weiteren Verwendung des Klägers in der Abteilung Zentralverwaltung rügt der Kläger die Haltung der Beklagten (S. 4 f. des Schriftsatzes vom 10. Oktober 2005) und übersieht, dass das Verwaltungsgericht das Schreiben der Beklagten vom 8. Januar 2002 in Übereinstimmung mit ihm dahingehend ausgelegt hat, dass die Beklagte eindeutig erklärt hat, entsprechend der Empfehlung des amtsärztlichen Dienstes sei eine Verwendung in der Abteilung Zentralverwaltung nicht vorgesehen. Danach kam es auf das vorangegangene Personalgespräch vom 21. Dezember 2001 nicht mehr an. Dahinstehen kann auch, dass der Kläger dem - vom Akteninhalt (Bl. 343 der Personalakte) gestützten - Vortrag der Beklagten, am 18. Februar 2002 sei ein erneutes Personalgespräch geführt worden, in dem ihm seine künftige Verwendung in der Abteilung Auskunft und Ersuchen bekannt gegeben worden sei, nicht entgegengetreten ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 5 Satz 2 und Satz 1 Nr. 1 GKG (6,5fache Betrag des Endgrundgehaltes in der Besoldungsgruppe A 14 im Zeitpunkt des Eingangs des Berufungszulassungsantrages).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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