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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 04.05.2007
Aktenzeichen: OVG 4 N 18.04
Rechtsgebiete: BBesG, HaushaltsstrukturG 1996, VwGO


Vorschriften:

BBesG § 46
BBesG § 46 Abs. 1 Satz 1
HaushaltsstrukturG 1996 § 1 Satz 1
VwGO § 92 Abs. 3
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 4
VwGO § 155 Abs. 2
VwGO § 161 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 4 N 18.04

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 4. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Buchheister, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Hoock und den Richter am Verwaltungsgericht Schaefer am 4. Mai 2007 beschlossen:

Tenor:

Das Verfahren wird, soweit die Klägerin eine Zulage für die Monate Mai und Juni 2002 begehrt hat, eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 27. Oktober 2003 ist insoweit wirkungslos.

Das Berufungszulassungsverfahren wird eingestellt, soweit die Klägerin eine Zulage für die Zeit vom 1. bis 17. März 2002 begehrt hat.

Im Übrigen wird der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 27. Oktober 2003 abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt, soweit es erledigt ist (Zulage für die Monate Mai und Juni 2002), der Beklagte.

Im Übrigen (Zulage für die Monate März und April 2002) trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens die Klägerin.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe bis zur teilweisen Erledigung auf 876,48 EUR und für das Verfahren danach auf 306,77 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten haben darüber gestritten, ob der Klägerin für die Zeit vom 1. März bis 30. Juni 2002 eine Zulage nach § 46 BBesG zusteht. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 27. Oktober 2003 mit der Begründung abgewiesen, es könne offen bleiben, ob und in welchem Zeitpunkt der Klägerin die höherwertigen Aufgaben in formell genügender Weise übertragen worden seien, weil das haushaltsrechtliche Wartejahr nach Artikel III § 1 Satz 1 des Haushaltsstrukturgesetzes 1996 noch nicht abgelaufen gewesen sei; dieses habe erst mit einer an eine Stellenbesetzungsentscheidung anknüpfenden Aufgabenübertragung und damit erst im Juli 2002 zu laufen begonnen. Im Hinblick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. April 2005 - 2 C 8.04 - (ZBR 2005, 304) u.a. zur Auslegung der genannten haushaltsrechtlichen Vorschrift hat der Beklagte für die Monate Mai und Juni 2002 der Klägerin die streitige Zulage gewährt; die Beteiligten haben insoweit übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Im Übrigen trägt die Klägerin nunmehr vor, die Zulage stehe ihr ab dem 18. März 2002 zu. Eine wirksame Übertragung der höherwertigen Aufgaben im Sinne des § 46 BBesG sei bereits zum 18. September 2000 erfolgt. Ihre damals zuständige "Leiterin" Frau W. habe zu diesem Zeitpunkt die Wahrnehmung der höherwertigen Aufgaben in Abstimmung mit der "Amtsleiterin 4" Frau Kr. angeordnet. Es bedürfe im Übrigen keiner Anordnung des Dienstvorgesetzten, vielmehr reiche eine nach der Geschäftsverteilung eingeräumte Dispositionsbefugnis für Organisations- und Realakte aus. Der Beklagte habe mit Bescheid vom 24. Mai 2002 den Übertragungszeitpunkt (rückwirkend) nicht erst auf den 1. November 2000 festsetzen dürfen. Sie habe einen Anspruch darauf, dass der Übertragungszeitpunkt auf den 18. September 2000 neu festgesetzt werde.

II.

1. Das Verfahren ist durch die übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten in der Hauptsache teilweise - hinsichtlich einer Zulage für die Monate Mai und Juni 2002 - erledigt und daher entsprechend § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist insoweit wirkungslos (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO analog).

Über die Kosten des Verfahrens ist gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstand zu entscheiden. Billigem Ermessen entspricht es, die Kosten des Verfahrens dem Beklagten aufzuerlegen, weil die Klage hinsichtlich einer Zulage für die Monate Mai und Juni 2002 auf der Grundlage des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. April 2005 (a.a.O.) Erfolg gehabt hätte.

2. Hinsichtlich einer Zulage für die Zeit vom 1. bis 17. März 2002 hat die Klägerin - bei verständiger Würdigung des Vorbringens des Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schriftsatz vom 19. März 2007 - den Antrag auf Zulassung der Berufung zurückgenommen. Sie hat hiermit eingeräumt, dass ihr die Zulage erst (anteilig) ab dem 18. März 2002 zustehe. Das Berufungszulassungsverfahren war in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Die Klägerin hat insoweit die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens zu tragen, § 155 Abs. 2 VwGO.

3. Im Übrigen, also hinsichtlich einer Zulage für die Zeit vom 18. März bis 30. April 2002, hat der Antrag auf Zulassung der Berufung keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 4 VwGO liegen nicht vor.

a) Mit den von der Klägerin angeführten und hier allein zu prüfenden Gründen sind ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht aufgezeigt.

Solche liegen nicht vor, wenn zwar einzelne Rechtssätze, welche das Urteil tragen, zu Zweifeln Anlass bieten, das Urteil aber im Ergebnis aus anderen, auf der Hand liegenden Gründen offensichtlich richtig ist; § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO verlangt nicht, die Berufung wegen eines Fehlers zuzulassen, der für den Ausgang des Berufungsverfahrens und damit für das Ergebnis des Prozesses mit Sicherheit bedeutungslos bleiben wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - 7 AV 4.03 - Juris Rn. 7 ff.). So liegt der Fall hier. Soweit die Auslegung von Artikel III § 1 Satz 1 des Haushaltsstrukturgesetzes 1996 durch das Verwaltungsgericht mit der (späteren) Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 7. April 2005, a.a.O.) im Widerspruch steht und insoweit Richtigkeitszweifel begründet werden, ist das Urteil - hinsichtlich der noch streitigen Zeit vom 18. März bis 30. April 2002 - im Ergebnis gleichwohl richtig, weil sich für diesen Zeitraum auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kein Anspruch ergibt. Nach § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG erhält ein Beamter, dem die Aufgaben eines höherwertigen Amtes vorübergehend vertretungsweise übertragen werden, nach 18 Monaten der ununterbrochenen Wahrnehmung dieser Aufgaben eine Zulage, wenn in diesem Zeitpunkt die haushaltsrechtlichen und laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für die Übertragung dieses Amtes vorliegen. Hier fehlt es an einer wirksamen Übertragung der höherwertigen Aufgaben vor dem 1. November 2000 und damit für die hier (noch) relevante Zeit vom 18. September bis 31. Oktober 2000.

Nach ständiger Rechtsprechung des OVG Berlin, der der Senat folgt, bedarf es hierzu einer beamtenrechtlichen Entscheidung des Dienstvorgesetzten (vgl. etwa OVG Berlin, Urteil vom 27. August 2002 - 4 B 8.00 - S. 6 UA). Auch wenn das Bundesverwaltungsgericht, wie die Klägerin einwendet, keinen dahingehenden Rechtssatz aufgestellt hat, hat es in der Revisionsentscheidung zu dem o.g. Urteil des OVG Berlin insoweit bestätigend ausgeführt, dass die Beamtin "aufgrund einer Entscheidung ihres Dienstvorgesetzten" wirksam mit den höherwertigen Aufgaben betraut worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. April 2005, a.a.O., S. 305). Das Erfordernis einer Entscheidung (zumindest) des Dienstvorgesetzten für die Wirksamkeit der Übertragung höherwertiger Aufgaben im Sinne von § 46 BBesG ergibt sich daraus, dass nur der Dienstvorgesetzte bzw. die (oberste) Dienstbehörde für beamtenrechtliche Entscheidungen zuständig ist (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 LBG Bln) und sonstige Vorgesetzte allein Anordnungen für die - bereits zugewiesene - dienstliche Tätigkeit erteilen können (vgl. § 5 Abs. 2 LBG Bln). Hierauf hat bereits das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil hingewiesen. Außerdem ist die Klägerin in dem Vergleichsvorschlag vom 20. Februar 2007 auf diesen Aspekt hingewiesen worden und hat dazu Stellung genommen.

Die Übertragung des höherwertigen Amtes vor dem 1. November 2000 (hier zum 18. September 2000) hat nicht die Dienstvorgesetzte der Klägerin (vgl. hierzu § 4 Abs. 1 und 3, § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5, Satz 2 LBG Bln, § 36 Abs. 2 Buchstabe i, § 38 Abs. 2 Satz 1 des Bezirksverwaltungsgesetzes sowie die bezirkliche Schlusszeichnungsregelung für Geschäftsvorfälle des Personalservice) verfügt. Dies waren weder ihre unmittelbare Fachvorgesetzte Frau W., die die kommissarische Wahrnehmung der Gruppenleitung des Bereiches Jug 4 B angeordnet hatte, noch die Leiterin des Bereiches Jug 4, Frau Kr., die diese Entscheidung ausweislich des von der Klägerin vorgelegten Vermerkes vom 21. September 2000 gebilligt haben dürfte. Beamtenrechtliche Entscheidungen oblagen nicht ihnen, sondern der Leiterin des Personalservice(teams). Diese hat die Übertragung der höherwertigen Aufgaben mit Bescheid vom 24. Mai 2002 (rückwirkend) erst zum 1. November 2000 angeordnet. Dass der Beklagte von der tatsächlichen Wahrnehmung des höherwertigen Dienstpostens durch die Klägerin seit dem 18. September 2000 bereits vor dem Bescheid vom 24. Mai 2002 gewusst habe und er hierdurch wie durch den Bescheid selbst die Wahrnehmung konkludent gebilligt habe, indem er die Klägerin in Kenntnis der Sache auf der höherwertigen Funktion belassen habe, trifft so nicht zu. Im Zeitpunkt der Kenntniserlangung (Februar 2002) bestand für den Beklagten kein Anlass, die Klägerin nicht auf dem Dienstposten zu belassen. Für die Zeit vor dem 1. November 2000 hat der Beklagte mit dem Bescheid vom 24. Mai 2002 eine klare Regelung getroffen. Die Billigung einer Übertragung zu einem früheren Zeitpunkt kann darin nicht gesehen werden. Der nunmehr geltend gemachte Anspruch auf Änderung des Bescheides hinsichtlich des Übertragungszeitpunktes liegt (jedenfalls im Hinblick auf § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO) außerhalb des Prüfungsstoffes des Senats. Im Übrigen bestand für die Übertragung erst zum 1. November 2000 auch ein sachlicher Grund. Ausweislich des Vermerks vom 14. März 2002 hat die bisherige Stelleninhaberin zwar bereits seit dem 13. September 2000 ihre bisherigen Aufgaben nicht mehr wahrgenommen, ist jedoch - wie auch die Klägerin einräumt (S. 10 der Widerspruchsbegründung vom 11. Juli 2002 und S. 6 des Schriftsatzes vom 19. März 2007) - erst am 1. November 2000 "offiziell" auf eine andere Planstelle eingewiesen worden. Bei dieser Sachlage kommt es nicht mehr darauf an, ob es sich bei dem hier noch streitigen Zeitraum um eine bloße "Verhinderungsvertretung" oder eine von § 46 BBesG allein erfasste "Vakanzvertretung" gehandelt hat (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 28. April 2005 - 2 C 29.04 - ZBR 2005, 306, 307).

b) Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist nicht dargelegt. Das Urteil weicht zwar vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. April 2005 (a.a.O.) ab, beruht aber - wie zu a) dargelegt - nicht hierauf.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 und Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes, das hier noch in der bis zum 30. Juni 2004 geltenden Fassung anzuwenden ist (vgl. § 72 Nr. 1 GKG i.d.F. des Art. 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 5. Mai 2004, BGBl. I S. 718) - GKG a.F. -.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG a.F.).

Ende der Entscheidung

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