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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 02.04.2007
Aktenzeichen: OVG 4 S 3.07
Rechtsgebiete: VwGO, Beurteilungs-AV


Vorschriften:

VwGO § 123 Abs. 1
Beurteilungs-AV § 7 Abs. 2
Beurteilungs-AV § 7 Abs. 3
Beurteilungs-AV § 7 Abs. 4
Beurteilungs-AV § 7 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 4 S 3.07

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 4. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Buchheister, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Hoock und den Richter am Verwaltungsgericht Schaefer am 2. April 2007 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerden des Antragsgegners und des Beigeladenen wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 22. Januar 2007 mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.

Der Antrag der Antragstellerin, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die ausgeschriebene Stelle einer Vorsitzenden Richterin/eines Vorsitzenden Richters bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht so lange nicht zu besetzen, bis über ihren Widerspruch gegen die Auswahlentscheidung bestandskräftig oder erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts entschieden ist, wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die zulässigen Beschwerden des Antragsgegners und des Beigeladenen sind begründet. Der angefochtene Beschluss kann auf der für den Senat maßgeblichen Grundlage der Beschwerdebegründung (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) keinen Bestand haben und ist auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis richtig.

Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO liegen nicht vor. Die Antragstellerin hat nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass die vom Antragsgegner beabsichtigte Besetzung der ausgeschriebenen Stelle einer Vorsitzenden Richterin/eines Vorsitzenden Richters bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht mit dem Beigeladenen die Verwirklichung eigener Rechte vereiteln könnte (vgl. § 123 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 ZPO).

Artikel 33 Abs. 2 GG gewährt jedem Deutschen ein Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Ein Beförderungsbewerber kann dementsprechend beanspruchen, dass der Dienstherr über seine Bewerbung ermessens- und beurteilungsfehlerfrei entscheidet. Ein bei der Beförderungsauswahl unterlegener Bewerber muss seinen Anspruch aus Artikel 33 Abs. 2 GG durch vorläufigen Rechtsschutz wirksam sichern können. Artikel 19 Abs. 4 GG garantiert eine effektive gerichtliche Kontrolle. Einstweiliger Rechtsschutz ist deswegen unter tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Bewerbungsverfahrensanspruchs zu gewähren. Ein abgelehnter Bewerber, dessen subjektives Recht aus Artikel 33 Abs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt worden ist, kann eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen, wenn seine Erfolgsaussichten bei einer erneuten Auswahl offen sind, seine Auswahl also möglich erscheint. Dieser Prüfungsmaßstab ist wie im Hauptsacheverfahren auch bei seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung anzulegen. Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung dürfen ebenfalls nicht über das hinausgehen, was für ein Obsiegen im Hauptsacheverfahren genügt (vgl. zum Vorstehenden BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 2004 - 2 VR 3.03 - Buchholz 310 § 123 Nr. 23, S. 3 m.w.N.).

Das bei der Beförderung zu beachtende Prinzip der Bestenauslese (Artikel 33 Abs. 2 GG) fordert, zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen. Dabei muss der für die Auswahlentscheidung maßgebliche Leistungsvergleich der Bewerber auf aussagekräftige, d.h. hinreichend differenzierte und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhende dienstliche Beurteilungen gestützt werden. Dies sind regelmäßig die - bezogen auf den Zeitpunkt der Auswahlentscheidung - aktuellsten dienstlichen Beurteilungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99, 102 f. und Beschluss vom 20. Januar 2004, a.a.O., S. 4). Die Entscheidung des Dienstherrn darüber, welcher Beamte der Bestgeeignete für einen Beförderungsdienstposten ist, kann als Akt wertender Erkenntnis des für die Beurteilung zuständigen Organs von den Gerichten nur darauf überprüft werden, ob sie den für eine sachgerechte Entscheidung unverzichtbaren Grundvoraussetzungen genügt. Diese sind die Einhaltung des vorgeschriebenen Verfahrens, die Zugrundelegung des richtigen Sachverhalts, die zutreffende Erfassung des Begriffs der Eignung und der gesetzlichen Grenzen der Beurteilungsermächtigung, das Fehlen sachfremder Erwägungen sowie die Beachtung allgemeiner Bewertungsmaßstäbe (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. September 2004 - 2 C 8.03 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 43, S. 9).

Nach diesen Maßstäben ist die Auswahlentscheidung des Antragsgegners zugunsten des Beigeladenen nicht zu beanstanden.

Ausweislich des Vermerks zum Auswahlverfahren vom 9. August 2006 ist der Antragsgegner von den aktuellen dienstlichen (Anlass-) Beurteilungen der Antragstellerin und des Beigeladenen ausgegangen und hat auf deren Basis Leistung und Eignung miteinander verglichen. Da die Antragstellerin leistungsmäßig mit der Gesamtnote "übertrifft erheblich die Anforderungen" beurteilt und für das angestrebte Amt als "besonders geeignet" eingeschätzt worden ist (Beurteilung des Präsidenten des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 4. August 2006), hat der Beigeladene, der jeweils die Spitzennote "ausgezeichnet" bzw. "hervorragend geeignet" erhalten hat (Beurteilung des Staatssekretärs des Ministeriums der Justiz des Landes Brandenburg vom 26. Juli 2006), bei beiden Wertungen einen Qualifikationsvorsprung.

a) Der von der Antragstellerin erhobene Haupteinwand, dass die Beurteilungen nicht miteinander vergleichbar seien, wovon auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist, greift nicht durch.

Das Verwaltungsgericht hat tragend darauf abgestellt, dass der Antragsgegner die Antragstellerin nicht allein wegen ihrer im Verhältnis zum Beigeladenen schlechteren Beurteilung vom weiteren Leistungs- und Eignungsvergleich der Bewerber habe ausschließen dürfen, weil die Beurteilungen nicht vergleichbar gewesen seien. Es bestünden Anhaltspunkte dafür, dass der jeweiligen Beurteilung unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe zu Grunde gelegt worden seien. Die seit Juli 2005 für Richter geltende Beurteilungsrichtlinie habe zu einer deutlichen Absenkung des bisherigen allgemeinen Leistungsniveaus (in der Regel um zwei Notenstufen) geführt. So sei auch die Antragstellerin, die noch im Oktober 2004 mit der Spitzennote (hervorragend) beurteilt worden sei, um zwei Notenstufen heruntergesetzt worden, obwohl sich ihre Leistungen ausweislich der Ausführungen in ihrer Anlassbeurteilung nicht verschlechtert hätten. Der Besetzungsvorschlag habe daher nicht ohne weiteres annehmen dürfen, nur ein mit der Spitzennote beurteilter Richter (R 2) weise dieselbe Leistung und Befähigung auf wie ein mit der Spitzennote beurteilter Ministerialrat (B 2) im Ministerium der Justiz. Zudem bestünden erhebliche Zweifel, ob bei der Beurteilung der Ministerialbeamten ein vergleichbar strenger Beurteilungsmaßstab - wie bei Richtern seit Juli 2005 - angewendet werde. Während im Ministerium der Justiz zwei Beamte und damit ein Viertel aller Beamten der Besoldungsgruppe B 2 die Spitzennote erhalten hätten, sei der Anteil bei Richtern im Geschäftsbereich des Oberlandesgerichts Brandenburg deutlich niedriger. Schließlich sei die Auswahlentscheidung auch deshalb fehlerhaft, weil im Hinblick auf das Anforderungsprofil eines Vorsitzenden Richters eines Obergerichts nicht gänzlich außer Betracht hätte bleiben dürfen, dass die Antragstellerin langjährige und aktuelle Erfahrungen als Vorsitzende eine Spruchkörpers und als Richterin am Oberlandesgericht vorweisen könne, was dem Beigeladenen fehle.

Diesen Annahmen des Verwaltungsgerichts vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

Die Eignungsnote der Antragstellerin und des Beigeladenen sind nach einem einheitlichen Beurteilungsmaßstab ermittelt worden. Wie der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 26. Februar 2007 (unbestritten) ausgeführt hat, sind die Eignungsnoten hier für alle Bewerber einheitlich nach der am 1. Juli 2005 in Kraft getretenen Allgemeinen Verfügung betreffend die dienstliche Beurteilung der Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte vom 20. Juni 2005 (Beurteilungs-AV) vergeben worden. Um sicherzustellen, dass bei der Anwendung der Beurteilungs-AV in allen Geschäftsbereichen einheitliche Beurteilungsmaßstäbe angelegt würden, hätten seit dem Inkrafttreten der Beurteilungs-AV unter Beteiligung des Ministeriums der Justiz bereits mehrere Beurteilungskonferenzen der Obergerichtspräsidenten und der Generalstaatsanwälte stattgefunden, auf denen man sich auf einheitliche Beurteilungsmaßstäbe verständigt habe. Bei der Beurteilung von zum Ministerium der Justiz abgeordneten Richtern, aber auch bei vorausschauenden Eignungsbewertungen von Beamten des Ministeriums der Justiz aus Anlass von Bewerbungen auf Richterstellen würden im gesamten Geschäftsbereich vereinheitlichte Beurteilungsmaßstäbe angewandt. Anhaltspunkte dafür, dass dies nicht zutrifft, bestehen nicht und sind von der Antragstellerin auch nicht vorgetragen worden. So sind seit dem Inkrafttreten der Beurteilungs-AV bei Eignungsbewertungen von Beamten für richterliche Beförderungsämter in der ordentlichen Gerichtsbarkeit durch das Ministerium für Justiz auch nicht etwa nur Spitzennoten, sondern auch (bis zu 2 Stufen) schlechtere Noten vergeben worden (vgl. den Schriftsatz des Antragsgegners vom 26. Februar 2007, S. 2 f.).

Die Eignungsbewertung des Beigeladenen ist auch schlüssig aus seinem Leistungs- und Befähigungsbild entwickelt worden (vgl. zu diesem Erfordernis Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 6. Aufl. 2005, S. 62). Der Beigeladene hat in seinem innegehabten Amt Leistungen erbracht, die mit der Spitzennote bewertet worden sind (vgl. die hier maßgebliche Anlassbeurteilung sowie auch die Regelbeurteilung zum Stichtag 1. März 2004) und die der Antragsgegner rechtsfehlerfrei zum Anforderungsprofil in Verhältnis gesetzt hat (S. 12 f. des Auswahlvermerks sowie S. 3 und 5-7 des Schriftsatzes des Antragsgegners vom 26. Februar 2007). Der Antragsgegner ist, ohne dass Beurteilungsfehler ersichtlich sind, davon ausgegangen, dass die Aufgaben bzw. Tätigkeiten von Richtern wie der Antragstellerin und Ministerialbeamten wie dem Beigeladenen in bestimmter Weise vergleichbar sind und dass auch die im Bereich der Ministerialbürokratie gezeigten Leistungen und Fähigkeiten eine Eignungsbeurteilung in Bezug auf ein Richteramt zulassen. Insoweit ist die Annahme, dass der Beigeladene insbesondere als langjähriger Leiter des für Zivil- und Zivilprozessrecht, Gerichtsverfassungs- und Rechtspflegerrecht sowie das Recht der Freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständigen Referats und als Vertreter des Referatsleiters im Referat für Handels-, Wirtschafts- und Familienrecht für das angestrebte Amt eines Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht in herausragender Weise fachlich qualifiziert ist, nicht zu beanstanden. Gleiches gilt für die Einschätzung, dass die dem Beigeladenen bescheinigte hohe Kommunikationsfähigkeit, herausragende rhetorische Begabung und seine hervorragenden Personalführungseigenschaften ihn für die Leitung der mündlichen Verhandlungen eines OLG-Senats prädestinieren und für die Führung eines aus unterschiedlichen Richterpersönlichkeiten zusammengesetzten Spruchkörpers besonders befähigen. Im Übrigen kann der Dienstherr ohne Abwägungsfehler davon ausgehen, dass die erfolgreiche Wahrnehmung bestimmter Aufgaben und Tätigkeitsfelder im höheren Dienst des Justizministeriums ungeachtet der Frage, ob die Tätigkeit im Justizministerium bereits als dem richterlichen Dienst angenähert gelten kann, grundsätzlich eine qualitative Steigerung der Eignung für ein höheres Richteramt ermöglicht, die bei entsprechenden dienstlichen Leistungen im Einzelfall auch festgestellt werden kann (vgl. VGH Kassel, Beschluss vom 24. September 2002 - 1 TG 1353/02 - Juris Rn. 19).

Der Tragfähigkeit der Eignungsbeurteilung des Beigeladenen lässt sich nicht entgegenhalten, dass es der ständigen Praxis in allen Bundesländern entspreche, zum Vorsitzenden an einem Obergericht in der Regel nur denjenigen zu ernennen, der die Eignung durch eine Erprobung an einem Obergericht nachgewiesen hat. Die erfolgreiche Tätigkeit bei einem Obergericht oder eine Ersatzerprobung ist im Land Brandenburg (nur) Voraussetzung bei der Übertragung des ersten richterlichen Beförderungsamtes (vgl. die Allgemeine Verfügung zur Qualifikationsabordnung von Richtern und Staatsanwälten vom 10. Mai 1995, JMBl. S. 86). Bei der Vergabe weiterer richterlicher Beförderungsämter ist eine in vergleichbarer Weise formalisierte "Erprobung" nicht vorgesehen und wird auch nicht praktiziert. Im Übrigen gilt auch insoweit, dass die Eignung für ein Richteramt an einem Obergericht nicht notwendigerweise eine vorherige erfolgreiche obergerichtliche Tätigkeit voraussetzt. Die Eignung kann sich auch aus der erfolgreichen Wahrnehmung solcher Aufgaben ergeben, die in vergleichbarer Weise Rückschlüsse auf die Befähigung zulassen, den Anforderungen des angestrebten Richteramtes gerecht zu werden. Die erfolgreiche Wahrnehmung herausgehobener Aufgaben als Referatsleiter und stellvertretender Abteilungsleiter in einem Justizministerium fällt zweifellos hierunter.

Die Einschätzung des Antragsgegners, dass auch die Leistungsbeurteilungen der Antragstellerin und des Beigeladenen vergleichbar sind und nicht etwa auf unterschiedlichen, die Antragstellerin benachteiligenden Beurteilungsmaßstäben beruhen, ist rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.

Allein der Umstand, dass die seit Juli 2005 für Richter geltende Beurteilungsrichtlinie zu einer Absenkung des bisherigen allgemeinen Leistungsniveaus (in der Regel um zwei Notenstufen) geführt hat und die Antragstellerin, die im Oktober 2004 erstmals mit der Spitzennote (hervorragend) beurteilt worden war, um zwei Notenstufen heruntergesetzt worden ist, vermag die Annahme eines unterschiedlichen Beurteilungsmaßstabes für die Leistungsnote nicht zu tragen. Auch im Ministerium der Justiz ist nach den plausiblen Ausführungen des Antragsgegners seit dem Inkrafttreten der Verwaltungsvorschrift über die dienstliche Beurteilung von Beamten im Landesdienst - BeurtVV - bei der Eignungsbewertung für das Beförderungsamt ein strengerer Beurteilungsmaßstab als zuvor angelegt worden (vgl. u.a. den Schriftsatz des Antragsgegners vom 26. Februar 2007, S. 8). Dass im Ministerium der Justiz die beiden Beamtenbewerber im vorliegenden Bewerbungsverfahren - bei insgesamt nur acht Beamten der Besoldungsgruppe B 2 im Ministerium der Justiz - mit der Spitzennote beurteilt worden sind, steht dem nicht entgegen. Ein Anteil der Beurteilungen mit der Spitzennote von 25 % hat angesichts der geringen Zahl der insoweit in Rede stehenden B 2-Stellen im Ministerium der Justiz nur wenig Aussagekraft und würde auch keine Entwertung der Spitzennote darstellen (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 2. März 2000 - 2 C 7.99 - NVwZ-RR 2000, 621, 622). Auch ein Gesamtvergleich der nach Inkrafttreten der neuen Beurteilungsrichtlinien sich ergebenden Notenverteilung bei den Beamten des höheren Dienstes im Ministerium der Justiz und den Richtern am Brandenburgischen Oberlandesgericht bzw. den Richtern im Land Brandenburg wäre derzeit nicht aussagekräftig, da nach den Angaben des Antragsgegners (vgl. Schriftsatz vom 17. November 2006, S. 8) bislang nur wenige Ministerialbeamte bzw. Richter nach den neuen Beurteilungsrichtlinien beurteilt worden sind. Dies gilt insbesondere für den von der Antragstellerin mit 3 % bezifferten Anteil der Beurteilungen mit Spitzennote für Richter am Oberlandesgericht nach Inkrafttreten der neuen Beurteilungsrichtlinie (vgl. Schriftsatz vom 26. März 2007, S. 2). Insgesamt betrachtet bleibt die These der Antragstellerin, dass die Spitzennote im Ministerialbereich generell nach einem großzügigeren Maßstab vergeben werde als im Geschäftsbereich des Präsidenten des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, auf der Grundlage der dem Senat in diesem Verfahren unterbreiteten Angaben nur eine Behauptung, für die prüfbare Anhaltspunkte oder gar Belege fehlen. Bezogen auf den Beigeladenen lässt auch eine Gesamtwürdigung seiner in den über ihn erstellten Beurteilungen zum Ausdruck kommenden Leistungsentwicklung keine erkennbaren Zweifel daran aufkommen, dass er bei Anlegung des für die Vergleichbarkeit der Beurteilungen gebotenen strengen Maßstabes leistungsmäßig der Spitzennote zuzuordnen ist. Auch die in den Berteilungsrichtlinien jeweils vorgesehene unterschiedliche Zahl von Notenstufen (sieben für Ministerialbeamte und elf für Richter) beeinträchtigte hier jedenfalls deswegen nicht die Vergleichbarkeit der Leistungsbeurteilungen, weil der Beigeladene die Spitzennote erhalten hat.

Im Übrigen ist für die Frage der Vergleichbarkeit der Beurteilungen zu berücksichtigen, dass hier die Eignungsnote ausschlaggebende Bedeutung für die Auswahlentscheidung hatte. Bei einem herausgehobenen Dienstposten mit Leitungsfunktion und einem spezifischen Anforderungsprofil - wie hier bei der Stelle einer Vorsitzenden Richterin/eines Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht - ist die Auswahlentscheidung danach zu treffen, dass demjenigen Bewerber der Vorrang gegeben wird, der die Voraussetzungen des Anforderungsprofils am besten erfüllt (vgl. VGH München, Beschluss vom 1. August 2006 - 3 CE 06.1241 - Juris Rn. 41). Insbesondere wenn - wie hier - Bewerber aus verschiedenen Geschäftsbereichen konkurrieren, ist maßgeblich, inwieweit sie das Anforderungsprofil für das angestrebte (Beförderungs-) Amt erfüllen, d.h. in welchem Maße sie hierfür geeignet erscheinen. Denn die Leistungsbeurteilung kann sich nur auf den jeweils bislang innegehabten Dienstposten und dessen Anforderungsprofil beziehen (vgl. VGH München, Beschluss vom 19. Januar 2000 - 3 CE 99.3309 - DÖD 2000, 111, 112), nicht jedoch auf das Anforderungsprofil für das angestrebte Beförderungsamt, das hier auch ohne nähere Kennzeichnung des Antragsgegners in der Ausschreibung vom 15. März 2006 (JMBl. S. 34) ausreichend feststand (vgl. hierzu VGH Kassel, Beschlüsse vom 2. Juli 1996, a.a.O., S. 158 f. und vom 26. November 1992 - 1 TG 1792/92 - NVwZ 1993, 282, 283 betreffend die Stelle eines Vorsitzenden Richters beim Verwaltungsgericht).

b) Die der Auswahl zu Grunde liegenden dienstlichen (Anlass-) Beurteilungen der Antragstellerin und des Beigeladenen, die das Gericht im Streit über die Auswahl für ein Beförderungsamt zu überprüfen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 2004, a.a.O., S. 4), sind nach dem für den Senat maßgeblichen Streitstoff auch für sich genommen nicht fehlerhaft. Dass die Antragstellerin als Eignungsnote "besonders geeignet" anstatt, wie von ihr begehrt, "hervorragend geeignet" erhalten hat, begründet keinen gerichtlich feststellbaren Beurteilungsfehler. Der Einwand der Antragstellerin, die Benotung stehe im Widerspruch zur Begründung der einzelnen Beurteilungsmerkmale, überzeugt nicht. § 7 Abs. 3 Beurteilungs-AV bestimmt, dass zwecks Vergleichbarkeit der Beurteilungen bei jedem der zehn Beurteilungsmerkmale nach § 7 Abs. 2 Beurteilungs-AV deutlich zu machen ist, ob die durch das Beurteilungsmerkmal beschriebenen Eigenschaften bei dem Beurteilten besonders ausgeprägt, gut ausgeprägt, durchschnittlich ausgeprägt oder wenig ausgeprägt sind. Die Antragstellerin ist nicht bei sämtlichen Merkmalen, sondern nur bei sieben Merkmalen mit dem höchsten Ausprägungsgrad "besonders ausgeprägt" und bei drei Merkmalen, insbesondere zur Führungskompetenz, die für das angestrebte Beförderungsamt eine besondere Bedeutung hat, mit dem Ausprägungsgrad "gut ausgeprägt" beurteilt worden. Danach ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Antragstellerin bei der nach § 7 Abs. 4 Beurteilungs-AV vorgesehenen, das Gesamtergebnis der Beurteilung zusammenzufassenden Bewertung und bei der nach § 7 Abs. 5 Beurteilungs-AV vorgesehenen Eignungsbewertung nicht mit der Spitzennote beurteilt worden ist. Auch mit ihrem Einwand, die Bewertung des Ausprägungsgrades bei drei Beurteilungsmerkmalen nur mit "gut ausgeprägt" sei nach der jeweiligen verbalen Beurteilung nicht nachvollziehbar, vermag die Antragstellerin keinen gerichtlich feststellbaren Beurteilungsfehler aufzuzeigen. Die Bewertung, ob die Eigenschaften "besonders" oder "gut" ausgeprägt sind, hängt nicht nur davon ab, ob die Eigenschaften für sich genommen positiv bewertet werden, sondern auch von der Vergleichsgruppe.

Die dienstliche Beurteilung des Beigeladenen bezieht sich auch hinreichend auf den Beurteilungszeitraum, da die von der Antragstellerin gerügte Bezugnahme auf frühere Leistungen und Arbeitsgebiete in der Beurteilung erkennbar nur der Verdeutlichung der (auch) im Beurteilungszeitraum gezeigten Fähigkeiten und gesammelten Erfahrungen des Beigeladenen dienen.

c) Der Antragsgegner war ferner nicht verpflichtet, bei der Auswahlentscheidung ältere Beurteilungen (der Antragstellerin), insbesondere ihre letzte Regelbeurteilung in weiterem Umfang heranzuziehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 27. Februar 2003 - 2 C 16.02 - BVerwGE 118, 370, 377) stellen ältere Beurteilungen keine bloßen Hilfskriterien dar, für deren Heranziehung bei dienstrechtlichen Auswahlentscheidungen keine Rangfolge vorgegeben ist, sondern sie können vielmehr unmittelbar Erkenntnisse über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Beurteilten erbringen und namentlich dann bedeutsame Rückschlüsse und Prognosen über die künftige Bewährung in einem Beförderungsamt ermöglichen, wenn sie positive oder negative Aussagen über Charaktereigenschaften, Kenntnisse, Fähigkeiten, Verwendungen und Leistungen sowie deren voraussichtliche weitere Entwicklung enthalten. Diese Erwägungen betreffen in erster Linie allerdings nur den Fall, dass eine Stichentscheidung unter zwei oder mehr aktuell im Wesentlichen gleich beurteilten Beamten bzw. Richtern zu treffen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2003, a.a.O.). Dann können derartige Äußerungen, insbesondere bei einer Gesamtwürdigung der vorhandenen dienstlichen Beurteilungen erkennbare positive oder negative Entwicklungstendenzen, den Ausschlag geben. Hier sind die Antragstellerin und der Beigeladene jedoch nicht im Wesentlichen gleich beurteilt.

Die der Auswahlentscheidung zu Grunde gelegten Anlassbeurteilungen sind mit Blick auf die aktuelle Qualifikation auch nicht generell weniger aussagekräftig als Regelbeurteilungen (vgl. hierzu OVG Münster, Beschluss vom 8. Juli 2003 - 1 B 349/03 - Juris Rdnr. 22). Die Anlassbeurteilung ist vielmehr unverzichtbar, um gerade bei dem praktisch häufigen Fehlen aktueller oder vergleichbarer Regelbeurteilungen eine Vergleichbarkeit der Bewerber hinsichtlich Leistung wie Eignung herzustellen (vgl. hierzu OVG Münster, Beschluss vom 8. Juni 2006 - 1 B 195/06 - Juris Rdnr. 6).

Bei dieser Sachlage kommt es auf die früheren Beurteilungen der Antragstellerin und des Beigeladenen nicht entscheidend an. Im Übrigen hat die Antragstellerin nicht plausibel dargelegt, dass die früheren Beurteilungen ein für sie günstigeres Bild ergeben würden.

d) Die Auswahlentscheidung leidet schließlich nicht daran (wie das Verwaltungsgericht allerdings angenommen hat), dass der Antragsgegner die richterlichen Erfahrungen der Antragstellerin, insbesondere als Vorsitzende Richterin am Landgericht und als Beisitzerin am Oberlandesgericht, gänzlich außer Betracht gelassen habe. Der Antragsgegner hat diese Erfahrungen und die entsprechende Bewährung der Antragstellerin nicht unberücksichtigt gelassen, sondern ausweislich des Besetzungsvorschlages des Präsidenten des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, der Vorlage des Ministeriums der Justiz an den Richterwahlausschuss und den ergänzenden Erläuterungen im gerichtlichen Verfahren gesehen und gewürdigt. Es ist lediglich so, dass er diesen richterlichen Erfahrungen der Antragstellerin keinen gleichsam automatischen Vorrang gegenüber den ministeriellen Erfahrungen des Beigeladenen eingeräumt hat, sondern davon ausgegangen ist, dass sich die erforderliche Befähigung und Eignung für das Amt eines Vorsitzenden Richters an einem Obergericht auch und in vergleichbarer Weise aus der erfolgreichen Wahrnehmung von herausgehobenen Aufgaben in einem Minsterium ergeben können. Diese Annahme ist nicht zu beanstanden. Die Auffassung der Antragstellerin liefe demgegenüber darauf hinaus, dass die Eignung und Befähigung für die erfolgreiche Wahrnehmung eines (höheren) Richteramtes nur durch eine richterliche (Vor-) Tätigkeit nachgewiesen werden könnten. Das trifft jedoch ersichtlich nicht zu. Es ist vielmehr regelmäßig eine Frage des Einzelfalles, ob ein Bewerber als Verwaltungsjurist nach den Anforderungen seines dortigen Amtes und den dort gezeigten Leistungen befähigt und geeignet ist, (auch) die Anforderungen eines Richteramtes zu meistern. Bezogen auf die fachlichen und sonstigen Anforderungen an die von dem Beigeladenen erfolgreich wahrgenommenen Aufgaben im Minsterium der Justiz hat der Antragsgegner dies nachvollziehbar dargelegt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, da dieser sich durch Stellen eines Antrags dem Risiko der Kostenpflicht (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO) ausgesetzt hat. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG. Der Senat bewertet nach Überprüfung seiner Spruchpraxis eine auf Freihaltung der Stelle gerichtete Konkurrentenstreitigkeit mit dem (vollen) Auffangwert, weil sie einen dem Beförderungsbegehren vorgelagerten und davon abgehobenen Streitgegenstand betrifft, nämlich den geltend gemachten Bewerbungsverfahrensanspruch, über dessen Bestehen oder Nichtbestehen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes regelmäßig mit der Wirkung einer Vorwegnahme der Hauptsache entschieden wird.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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