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Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 28.03.2006
Aktenzeichen: OVG 5 B 14.04
Rechtsgebiete: StAG, AuslG, ZGB


Vorschriften:

StAG § 8
AuslG § 86 Abs. 1 Nr. 2
AuslG § 86 Abs. 1 Nr. 3
AuslG § 87
AuslG § 87 Abs. 1
AuslG § 87 Abs. 1 Satz 2 n.F.
AuslG § 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1
AuslG § 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 n.F.
AuslG § 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 n.F.
AuslG § 102a
ZGB § 988
ZGB § 989
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 5 B 14.04

Verkündet am: 28. März 2006

In der Verwaltungsstreitsache

Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 11. Juni 2003 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger sind iranische Staatsangehörige. Sie erheben Anspruch auf Einbürgerung unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit.

Der im Jahre 1936 in Berlin geborene Kläger lebt seit 1956 ständig in Berlin. Er stammt von einer deutschen Mutter ab, die Ende 1933 infolge Eheschließung mit einem persischen Staatsangehörigen ihre deutsche Staatsangehörigkeit verloren hatte. Die in Teheran geborene Ehefrau des Klägers kam 1979 nach Berlin. Beide Eheleute, die sowohl nach iranischem wie nach deutschen Recht miteinander verheiratet sind, sind seit den 80er Jahren im Besitz von Aufenthaltsberechtigungen.

Die Kläger beantragten im Jahre 1994 gemeinsam ihre Einbürgerung. Im August 1995 sicherte ihnen der Beklagte unter dem Vorbehalt, dass innerhalb von zwei Jahren der Verlust der iranischen Staatsangehörigkeit nachgewiesen werde, die Einbürgerung zu. Nachdem die Kläger jegliche Entlassungsbemühung mit der Begründung abgelehnt hatten, dass sie im Iran über Immobilienbesitz verfügten, dessen Verlust ihnen im Falle der Aufgabe ihrer Staatsangehörigkeit drohe, und sie im übrigen die Möglichkeit der Einflussnahme auf die dortigen gesellschaftlichen Verhältnisse nicht verlieren wollten, lehnte die Behörde den Einbürgerungsantrag mit Bescheid vom 18. November 1997 ab. Der hiergegen erhobene Widerspruch der Kläger blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 21. Juni 1999).

Das Verwaltungsgericht hat die auf Verpflichtung zur Einbürgerung unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit gerichtete Klage durch Urteil vom 11. Juni 2003 im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die Kläger hätten die behaupteten erheblichen Nachteile durch den Verlust ihrer Immobilien bzw. - im Falle der Veräußerung - durch einen deutlich unter dem Verkehrswert liegenden Erlös nicht hinreichend substantiiert dargetan. Es fehle an Wertgutachten für die Grundstücke bzw. die Grundstücksanteile und -anwartschaften. Es sei ferner nicht ersichtlich, dass sie im Falle der nach dem iranischen Zivilgesetzbuch geforderten Übertragung der Liegenschaften auf Iraner diese weit unter dem Verkehrswert veräußern müssten. Und schließlich hätten sie ihre hiesigen Vermögensverhältnisse nicht offen gelegt, so dass nicht beurteilt werden könne, ob ihnen selbst im Falle einer verlustbringenden Veräußerung der Immobilien erhebliche wirtschaftliche Nachteile drohten. Bei dieser Sachlage bestehe für das Gericht kein Anlass zu eigenen Nachforschungen. Einer (Ermessens-) Einbürgerung nach § 8 des Staatsangehörigkeitsgesetzes - StAG - stehe das Zustimmungserfordernis nach dem Niederlassungsabkommen zwischen dem Deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien von 1929 entgegen. Für eine Ermessensreduzierung auf Null gebe es keine Anhaltspunkte. Das gelte auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger von einer ehemaligen Deutschen abstamme. Selbst dann sei die Einbürgerungsbehörde befugt, die Einbürgerung von der Entlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit abhängig zu machen.

Mit ihrer - vom Senat zugelassenen - Berufung greifen die Kläger unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzliches Vorbringens im wesentlichen zwei tragende Annahmen des Verwaltungsgerichts an: Sie wenden sich in erster Linie gegen den Vorwurf mangelnder Darlegung. Ihrer Verpflichtung, hinreichende Ansatztatsachen für die Behauptung darzulegen, ihnen drohten im Falle der Aufgabe der iranischen Staatsangehörigkeit erhebliche wirtschaftliche Nachteile, seien sie nachgekommen. So hätten sie dem Gericht eine Liste des Grundbesitzes und der Beteiligungen an Grundbesitz im Iran sowie die entsprechenden Grundbuchauszüge vorgelegt; ferner hätten sie die Schätzung eines iranischen Maklers beigebracht, wonach allein zwei der Immobilien, an denen die Klägerin entweder beteiligt sei oder hinsichtlich derer sie als Erbin Anwartschaftsrechte habe, einen Wert von zusammen rund 206.000 € hätten. Hinzu kämen noch vier weitere Grundstücke, so dass selbst unter Berücksichtigung bloßer Anteilsberechtigungen ohne weiteres davon auszugehen sei, dass der Wert des Immobilienbesitzes den Betrag ihres nachgewiesenen Jahreseinkommens überschreite. Unter diesen Umständen sei es Sache des Verwaltungsgerichts gewesen, die Richtigkeit ihrer Angaben durch Einholung eines Wertgutachtens von Amts wegen zu überprüfen. Im übrigen seien sie zur Beibringung eines Privatgutachtens wegen des damit verbunden Kostenrisikos angesichts der ungewissen Erfolgsaussichten ihrer Klage ebenso wenig bereit wie zum Verzicht auf ihren Grundbesitz oder zu dessen "Zwangsverkauf". Er unterliege erfahrungsgemäß einer erheblichen Wertsteigerung und sei zu ihrer Alterssicherung gedacht. Auch dem Ansinnen, ihre gesamten Vermögensverhältnisse in Deutschland zu offenbaren, würden sie keine Folge leisten. Eine derart weitgehende Offenbarungspflicht sehe das Gesetz nicht vor.

Darüber hinaus beanstanden die Kläger, dass sich das Verwaltungsgericht nicht mit der aus Anlass eines Rundschreibens der Senatsinnenverwaltung vom September 2001 schon lange vor der angefochtenen Entscheidung zwischen den Beteiligten kontrovers diskutierten Frage auseinandergesetzt habe, ob nicht zumindest die Klägerin einen Anspruch auf Einbürgerung habe, weil sie allein nach iranischer Verwaltungspraxis unstreitig keinen Antrag auf Entlassung aus der iranischen Staatsangehörigkeit stellen könne. Einbürgerungsbewerber seien rechtlich individuell zu behandeln; strebe also - wie in ihrem Fall - der Ehemann die Aufgabe seiner bisherigen Staatsangehörigkeit nicht an, so sei die Ehefrau wegen der fehlenden Möglichkeit, ihre Staatsangehörigkeit aufzugeben, unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit einzubürgern.

Und schließlich habe sich das Verwaltungsgericht auch nicht mit der Erleichterung der Einbürgerung älterer Personen auseinandergesetzt.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 11. Juni 2003 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Bezirksamts Charlottenburg von Berlin vom 18. November 1997 und des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 28. Juni 1999 zu verpflichten, sie einzubürgern.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und beruft sich ergänzend auf eine aktuelle Stellungnahme der deutschen Botschaft in Teheran vom Dezember 2004, aus der sich ergebe, dass die Kläger weder für den Fall, dass unbewegliches Vermögen unter Aufsicht der Staatsanwaltschaft zum Verkauf gebracht werde, noch für den Fall, dass es durch einen Vertreter veräußert werde, gravierende Nachteile wirtschaftlicher oder vermögensrechtlicher Natur zu befürchten hätten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten, den Einbürgerungsvorgang des Beklagten sowie die die Kläger betreffenden Ausländerakten (2 Bände) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Kläger ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Einbürgerung unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit.

Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Kläger die Voraussetzungen für eine Anspruchseinbürgerung nach § 86 Abs. 1 Nr. 2 und 3 des Ausländergesetzes in der vor dem 1. Januar 2000 geltenden Fassung - AuslG a.F. - erfüllen, wie im übrigen auch die ihnen erteilte Einbürgerungszusicherung vom August 1995 erweist. Der Einbürgerung der Kläger steht jedoch entgegen, dass sie zur Aufgabe ihrer bisherigen Staatsangehörigkeit nicht bereit sind, obwohl sie die Voraussetzungen, unter denen Mehrstaatigkeit hinzunehmen ist, nicht erfüllen.

Die Frage, ob Mehrstaatigkeit hinzunehmen ist, beurteilt sich, da der Einbürgerungsantrag der Kläger aus dem Jahre 1995 datiert, gemäß § 102a AuslG nach § 87 Ausländergesetz in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung - AuslG n.F. -. Nach Absatz 1 Satz 1 dieser Vorschrift ist das der Fall, wenn der Einbürgerungsbewerber seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann. Diejenigen Fälle, in denen die an sich unerwünschte Mehrstaatigkeit ausnahmsweise wegen besonders schwieriger Bedingungen für den Einbürgerungsbewerber in Kauf genommen wird, regelt § 87 Abs. 1 Satz 2 AuslG n.F. abschließend (vgl. Nr. 87.1.1. S. 2 StAR-VwV; vgl. ferner OVG Münster, Urteil vom 16. September 1997 - 25 A 1816.96 - InfAuslR 1998, 186; ebenso Hailbronner, AuslR, Rdnr. 5 zu § 87; a.A. Berlit in GK-StAR, Rdnr. 23 ff. zu § 12 StAG: Auffanggeneralklausel). Die darin enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe unterliegen in vollem Umfang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle. Eine Einschätzungsprärogative, ein Beurteilungsspielraum oder ein Normenkonkretisierungsermessen steht der Einbürgerungsbehörde nicht zu (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.11.2002 - 13 S 810.02 - InfAuslR 2003, 160 = DVBl 2003, 469). Auch das hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt.

Die Kläger berufen sich in erster Linie auf § 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AuslG n.F.. Nach dieser durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15. Juli 1999 (BGBl. I S. 1618) eingefügten, die bisherigen Gründe für die Hinnahme von Mehrstaatigkeit erweiternden Regelung ist die Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit als unzumutbar anzusehen, wenn dem Einbürgerungsbewerber hierdurch erhebliche Nachteile insbesondere wirtschaftlicher oder vermögensrechtlicher Art entstehen würden, die über den Verlust der staatsbürgerlichen Rechte (wie etwa das Wahlrecht) hinausgehen. Als Nachteil in diesem Sinne ist es nach Nr. 87.1.2.5.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsrecht vom 13. Dezember 2000 - StAR-VwV - (GMBl. 2001, 122) anzusehen, wenn sich der Einbürgerungsbewerber gegenüber dem Herkunftsstaat verpflichten muss, Rechte an Liegenschaften, die er im Herkunftsstaat besitzt oder durch Erbfolge erwerben könnte, nach dem Ausscheiden aus der Staatsangehörigkeit ohne angemessene Entschädigung auf andere Personen zu übertragen oder deutlich unter Wert zu veräußern. Nach der StAR-VwV ist ein dadurch verursachter Nachteil in der Regel dann erheblich, wenn er ein durchschnittliches Bruttojahreseinkommen des Einbürgerungsbewerbers übersteigt und oberhalb der "Bagatellgrenze" von 20.000,- DM liegt (Nr. 87.1.2.5). Ob diesen undifferenziert festgelegten Eckwerten - angesichts der generalklauselartigen Formulierung in Satz 1 des § 87 Abs. 1 AuslG, wonach die Aufgabe der Staatsangehörigkeit besonders schwierigen Bedingungen begegnen muss - lediglich die Bedeutung allgemeiner Anhaltspunkte beizumessen ist, kann dahinstehen. Denn der Frage, ob nicht vielmehr die (gesamte) Einkommens- und Vermögenslage des Einbürgerungsbewerbers in die Beurteilung einzubeziehen ist, wie es das Verwaltungsgericht angenommen hat, wäre erst dann nachzugehen, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür bestünden, dass die den Klägern im Falle der Entlassung aus der iranischen Staatsangehörigkeit drohenden Nachteile auch unter Berücksichtigung der von ihnen zu fordernden Anstrengungen zur Schadensabwehr oder -begrenzung aller Voraussicht nach die Höhe ihres Bruttojahreseinkommens erreichen oder gar überschreiten würden. Schon davon kann nicht ausgegangen werden. Die Kläger haben das voraussichtliche Entstehen beachtlicher Nachteile selbst dann, wenn (lediglich) ihr Bruttojahreseinkommen in Höhe von knapp 64.000 € als Maßstab zugrunde gelegt würde, auch im Berufungsverfahren nicht hinreichend dargelegt.

Die Kläger haben sich darauf beschränkt, die Grundstücke, die ganz oder teilweise in ihrem Eigentum stehen oder bezüglich derer Anwartschaften bestehen, im einzelnen zu bezeichnen und Grundbuchauszüge vorzulegen. Angaben zum Wert der einzelnen Liegenschaften haben sie nicht gemacht. Lediglich hinsichtlich zweier Grundstücke in Teheran haben sie vorgetragen, dass sie im Mai 2003 von Maklern auf ihre Veranlassung hin geschätzt worden seien, einen Beleg hierfür allerdings nicht zu den Akten gereicht. Sie haben sich, obwohl sie auf ihre Darlegungslast hinsichtlich der Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AuslG n.F. mehrfach hingewiesen worden sind, auch nicht zu der seitens des Gerichts vorgeschlagenen Wertermittlung ausgewählter Grundstücke in Teheran über das von der deutschen Botschaft benannte Center of the Official Experts of the Judiciary in Teheran bereit gefunden. Dieser Vorschlag diente - wie den Klägern mitgeteilt worden ist - dem Zweck, dem Senat greifbare Anhaltspunkte für die Beachtlichkeit der im Falle der Aufgabe ihrer Staatsangehörigkeit drohenden Verluste zu bieten, die dann ggf. Anlass für weitere Ermittlungen von Amts wegen geben könnten. Denn dass der bloße Hinweis auf das Vorhandensein von Grundstücken nicht als "Ansatztatsache" gewertet werden kann, liegt auf der Hand und bedarf keiner weiteren Begründung.

Selbst wenn allerdings unterstellt würde, dass der Wert aller Liegenschaften die Höhe eines Bruttojahreseinkommens von rund 65.000 € erreicht, wären damit allein die Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AuslG n.F. noch nicht dargetan. Denn wie bereits erwähnt gehört zur Darlegung des Entstehens beachtlicher Nachteile ferner, dass zumindest glaubhaft gemacht wird, dass ihr Eintreten tatsächlich zu befürchten steht und sie nicht durch zumutbare Maßnahmen abgewendet oder begrenzt werden können. Auch daran fehlt es. Im übrigen kann nach Aktenlage weder davon ausgegangen werden, dass eine Veräußerung des Immobilienbesitzes im Iran nicht möglich wäre, noch davon, dass ein etwaiger Erlös weit unter dem Verkehrswert läge.

Nach §§ 988, 989 des iranischen Zivilgesetzbuches (abgedruckt bei Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Stichwort Iran, S. 19) kann die iranische Staatsangehörigkeit zwar nur aufgeben, wer sich vorher verpflichtet hat, innerhalb eines Jahres nach dem Datum der Aufgabe seine Rechte an unbeweglichem Vermögen, das ihm im Iran gehört oder unter Umständen aufgrund von Erbschaft gehören wird, "auf irgend eine Art und Weise auf iranische Staatsangehörige zu übertragen" (§ 988 ZGB). Nimmt ein iranischer Staatsangehöriger eine fremde Staatsangehörigkeit ohne die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften (also ohne Zustimmung) an, so gilt die ausländische Staatsangehörigkeit als "null und nichtig", wird sein gesamtes unbewegliches Vermögen unter der Aufsicht des Staatsanwalts des Ortes verkauft und ihm nach Begleichung der Verkaufskosten der Erlös ausgehändigt (§ 989 ZGB). Hierzu hat die deutsche Botschaft in Teheran auf Nachfrage des Beklagten im Dezember 2004 mitgeteilt, dass selbst im Falle der Veräußerung unter Aufsicht der Staatsanwaltschaft gravierende wirtschaftliche Nachteile nicht zwingend zu erwarten seien. Bei freihändigem Verkauf sei - anders als die Kläger dies bislang behauptet hatten - die Einschaltung eines Vertreters, namentlich eines bevollmächtigten Verwandten oder eines Rechtsanwalts, zulässig. Der Verkauf laufe in der Regel ohne rechtliche Probleme ab; der Erlös werde ohne staatliche Beteiligung durch Banküberweisung (Bank Melli) transferiert. Wie die Botschaft weiter mitgeteilt hat, gehen auch etwaige Erbansprüche nach dem Verlust der Staatsangehörigkeit nicht verloren; auch in diesem Fall könne und müsse das in die Erbmasse fallende unbewegliche Vermögen innerhalb eines Jahres veräußert werden, was aber in der Regel ebenfalls ohne Probleme ablaufe.

Die danach zwar unvermeidliche, aber grundsätzlich mögliche und sogar freihändig durchführbare Veräußerung des Grundbesitzes im Iran ist den Klägern entgegen ihrer Auffassung auch zuzumuten. Unter dem Gesichtspunkt des erzielbaren Erlöses stellt sich die Frage der Zumutbarkeit nicht (mehr). Auf die Argumentation der Kläger einzugehen, dass eine Verweisung auf die Veräußerungsmöglichkeiten einem Zwangsverkauf gleichkäme, wie er aus der deutschen Geschichte bestens bekannt sei, versagt sich der Senat. Ob die Kläger, wie pauschal behauptet wird, auf die Grundstücke als Alterssicherung angewiesen sind, vermag der Senat nicht zu beurteilen, da sie die Offenlegung ihrer Vermögensverhältnisse ablehnen, erscheint angesichts der erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung allerdings eher unwahrscheinlich.

Zu Unrecht beanstanden die Kläger ferner, dass das Verwaltungsgericht die Hinnehmbarkeit von Mehrstaatigkeit nach § 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 AuslG n.F. ungeprüft gelassen habe. Hierzu bestand keine Veranlassung. Denn die Voraussetzungen dieser Vorschrift, nach der angenommen wird, dass die Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit besonders schwierigen Bedingungen begegnet, wenn der Einbürgerung älterer Personen ausschließlich das Hindernis eintretender Mehrstaatigkeit entgegensteht, die Entlassung auf unverhältnismäßige Schwierigkeiten stößt und die Versagung der Einbürgerung eine besondere Härte darstellen würde, liegen ersichtlich nicht vor. Der Kläger ist zwar dem Kreis der älteren Personen im Sinne von § 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 AuslG n.F. zuzurechnen. Auch mag es sein, dass die Versagung der Einbürgerung mit Rücksicht auf sein affektives Interesses an der Beibehaltung der iranischen Staatsangehörigkeit eine besondere Härte für ihn bedeuten würde. Das allein reicht jedoch nicht. Vielmehr muss die Entlassung darüber hinaus auf unverhältnismäßige - tatsächliche oder rechtliche - Schwierigkeiten stoßen. Das ist nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsrecht beispielsweise dann der Fall, wenn der ältere Einbürgerungsbewerber aus Alters- oder Gesundheitsgründen die Entlassungsbedingungen nicht oder nur mit erheblichen Schwierigkeiten erfüllen kann, ihm also etwa eine persönliche Vorsprache bei der Auslandsvertretung oder eine Reise in den Heimatstaat nicht mehr zugemutet werden kann, oder wenn sich nicht mehr aufklären lässt, aus welcher Staatsangehörigkeit die Entlassung zu bewirken ist (Nr. 87.1.2.4 StAR-VwV). Auch die Dauer des Entlassungsverfahrens kann für ältere Personen zu unverhältnismäßigen Schwierigkeiten führen. In einer den genannten Beispielsfällen vergleichbaren Lage befindet sich der Kläger nicht. Soweit er auf die Dauer seines Aufenthalts in Deutschland und die Abstammung von einer deutschen Mutter verweist, wären auch diese Umstände ausschließlich dem Bereich der besonderen Härte zuzuordnen. Die wirtschaftlichen Nachteile, die im Vordergrund seiner Argumentation stehen, sind in diesem Zusammenhang ohne Belang. Denn die Tatsache, dass er das 60. Lebensjahr bereits deutlich überschritten hat, rechtfertigt es nicht, die Anforderungen an die Erheblichkeit der wirtschaftlichen Nachteile im Sinne von § 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AuslG n.F. zu senken (vgl. auch Berlit, GK-StAR, Rdn. 214 zu § 12).

Ohne Erfolg machen die Kläger weiter geltend, dass nach der Praxis des Beklagten zumindest die Klägerin ihre Einbürgerung unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit beanspruchen könne. Das Rundschreiben der Senatsinnenverwaltung vom 4. September 2001 an alle bezirklichen Einbürgerungsämter betreffend die "Einbürgerung iranischer Staatsangehöriger - Entlassung aus der iranischen Staatsangehörigkeit ohne Einbeziehung des Ehepartners", auf das sie sich berufen, gibt in der hier vorliegenden Fallkonstellation für einen derartigen Anspruch nichts her. In diesem Rundschreiben heißt es:

"Die Botschaft der Islamischen Republik Iran in Berlin hat in einem bei der Staatsangehörigkeitsbehörde des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin anhängigen Fall mitgeteilt, dass iranische Frauen nur in Abhängigkeit von ihrem Ehemann die Entlassung aus der iranischen Staatsangehörigkeit beantragen können und ihr eigener individueller Antrag nicht angenommen wird.

Angesichts der Auskunft der iranischen Botschaft bestehen nach meiner Auffassung keine Zweifel mehr an der rechtlichen Unmöglichkeit des Ausscheidens aus der iranischen Staatsangehörigkeit in diesen Fällen. Mein Rundschreiben vom 01.11.2000 hebe ich deshalb auf und bitte, in gleich gelagerten Fällen iranische Einbürgerungsbewerberinnen, ohne weiterhin Entlassungsbemühungen zu fordern, gemäß § 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AuslG i.V.m. Nr. 87.1.2.1. StAR-VwV unter endgültiger Hinnahme von Mehrstaatigkeit einzubürgern."

Nach seinem offenkundigen Sinn betrifft dieses Rundschreiben solche Fälle, in denen der Ehemann den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nicht anstrebt, also auch keine Veranlassung hat, seine Entlassung aus der iranischen Staatsangehörigkeit zu beantragen. In diesen Fällen wird davon auszugehen sein, dass die Ehefrau nach iranischem Recht ihre bisherige Staatsangehörigkeit nicht aufgeben kann (vgl. auch § 988 Ziff. 3 ZGB). So liegt der Fall hier aber gerade nicht. Vielmehr wollen die Kläger als Eheleute eingebürgert werden; so haben sie es beantragt, mit dieser Zielsetzung betreiben sie das vorliegende Verfahren. Es sind ausschließlich gemeinsame wirtschaftliche Interessen, die sie veranlassen, den ihnen aus staatsangehörigkeitsrechtlicher Sicht objektiv möglichen und subjektiv zumutbaren Entlassungsantrag nicht zu stellen. Sich unter diesen Umständen darauf zu berufen, das praktizierte iranische Recht sehe das alleinige Ausscheiden einer mit einem Iraner verheirateten Frau nicht vor, liefe nicht nur dem von jedem Einbürgerungsbewerber im Interesse der Vermeidung von Mehrstaatigkeit zu fordernden Bemühen um die Aufgabe seiner bisherigen Staatsangehörigkeit, sondern auch dem staatlichen Interesse an der Einheitlichkeit der Staatsangehörigkeit innerhalb einer ehelichen Gemeinschaft zuwider und lässt die zu erwartende Hinwendung zu Deutschland vermissen.

Dass sich der von den Klägern geltend gemachte Einbürgerungsanspruch schließlich auch nicht auf § 8 des Staatsangehörigkeitsgesetzes stützen lässt, hat das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf Nr. II des Schlussprotokolls zum Niederlassungsabkommen zwischen dem Deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien vom 17. Februar 1929 (vgl. die Bekanntmachung vom 15.08.1955, BGBl. II S. 829) und das bei der Ermessensausübung zu beachtende staatliche Interesse an der Vermeidung von Mehrstaatigkeit zutreffend dargelegt. Darauf kann zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden, zumal die Berufung Beanstandungen insoweit nicht erhebt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen worden, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Ende der Entscheidung

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