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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 26.10.2009
Aktenzeichen: OVG 5 NC 5.09
Rechtsgebiete: KapVO


Vorschriften:

KapVO § 14 Abs. 2 Nr. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG BESCHLUSS

OVG 5 NC 5.09

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 5. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Wahle, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Ehricke und den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Peters am 26. Oktober 2009 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 12. Dezember 2008 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten der Beschwerde zu tragen.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht den Antrag, die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, die Antragstellerin vom Wintersemester 2008/09 an vorläufig zum Studium der Psychologie (Bachelor of Science) zuzulassen, abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass in diesem Studiengang über die in der Zulassungsordnung für Studienanfänger festgesetzte Zulassungszahl (112) hinaus keine weiteren Studienplätze vorhanden seien. Nach dem Zweiten Abschnitt der Kapazitätsverordnung errechne sich eine Basiszahl von 146,13045, die - gemäß der Rechtsprechung der Kammer zum früheren Diplomstudiengang - zutreffend nicht um einen Schwundausgleichsfaktor erhöht worden sei. Die von der Antragsgegnerin vorgenommene Verminderung der Aufnahmekapazität auf 112 Studienplätze sei im Hinblick auf die Belastung der Lehreinheit durch Studierende des auslaufenden Diplom-Studienganges, die sich noch innerhalb der Regelstudienzeit befänden (394) und Anspruch auf einen ordnungsgemäßen Abschluss ihres Studiums hätten, gerechtfertigt.

Mit der Beschwerde rügt die Antragstellerin die unterlassene Schwundquotenberechnung und die fehlerhafte Anwendung des Überprüfungstatbestandes des § 14 Abs. 2 Nr. 7 KapVO. Nach ihrer Auffassung werde der Studiengang Psychologie an der Antragsgegnerin durch die Reduzierung der Aufnahmekapazität und die gerichtliche Billigung, einen tatsächlich vorhandenen, jedoch nicht quantifizierten Schwund nicht abzusetzen, seit dem Wintersemester 2007/08 "in doppelter Weise gepampert".

II.

Der Senat entscheidet über die Beschwerde gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO im Rahmen der Darlegungen des Beschwerdeführers. Der angegriffene Beschluss hält einer auf das Vorbringen der Antragstellerin bezogenen Überprüfung stand.

Die gegen den Nichtansatz einer Schwundquote gerichteten Angriffe der Beschwerde gehen ins Leere. Zunächst trifft es nicht zu, dass das Verwaltungsgericht seine Entscheidung, aus welchen Gründen die Basiszahl zu Recht nicht um einen Schwundausgleichsfaktor erhöht worden sei, nicht begründet habe. Die Kammer hat durch den Verweis auf ihre Beschlüsse aus dem Jahre 2005 zum früheren Diplomstudiengang verwiesen, wonach es gerechtfertigt ist, von einem Schwundausgleich abzusehen, wenn sich aus einem Vergleich der Basiszahl mit der Zahl der in den höheren Semestern durchschnittlich eingeschriebenen Studierenden eine tatsächliche Überlast ergibt. Diese Rechtsprechung, die ihrerseits auf die langjährige Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin zurückgeht (vgl. etwa Beschluss vom 6. September 2000 - OVG 5 NC 5.00 - [FU/Tiermedizin, WS 1999/2000]), ist dem Bevollmächtigten der Antragstellerin, der sie wiederholt thematisiert hat, bekannt. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin mit der Beschwerdeerwiderung Verlaufsstatistiken vorgelegt, nach denen es tatsächlich weder im Bachelorstudiengang noch in dem auslaufenden Diplomstudiengang zu einer Abnahme der Studierendenzahlen in den höheren Semestern gekommen ist. Ist mithin davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin ihrer Auffüllverpflichtung nachkommt, so kann von einem "Pampern" durch die Rechtsprechung beider Instanzen keine Rede sein.

Die im Folgenden zwischen der Billigung des Nichtansatzes einer Schwundquote und der Bestätigung der vom Akademischen Senat der Antragsgegnerin getroffenen Verminderungsentscheidung nicht mehr differenzierende inhaltliche Kritik der Beschwerde an den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zeigt Rechtsfehler zum Nachteil der Antragstellerin nicht auf.

Die Rüge der Beschwerde, das Verwaltungsgericht habe - ebenso wie der Senat in seinen das Wintersemester 2005/06 und das Wintersemester 2007/08 betreffenden Entscheidungen vom 3. August 2006 (OVG 5 NC 4.06) und 19. September 2008 (OVG 5 NC 126.07) - verkannt, dass eine Verminderungsentscheidung nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 KapVO keine Ermessensentscheidung sei, sondern als gebundene Entscheidung der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliege, geht ebenfalls ins Leere. Sowohl das Verwaltungsgericht als auch der Senat haben die Frage, ob der Hochschule, wenn sie von der Möglichkeit einer Verminderung oder Erhöhung des Berechnungsergebnisses Gebrauch macht, ein Ermessens- (so das OVG Münster) bzw. ein Beurteilungsspielraum (so das Bundesverwaltungsgericht) zusteht, stets offen gelassen. Davon, dass der Senat die Auffassung des OVG Münster für die überzeugendere halte bzw. gehalten habe, ist entgegen der Behauptung der Beschwerde zu keiner Zeit die Rede gewesen. Das hierfür angeführte Zitat belegt nichts anderes.

Die Ansicht der Beschwerde, dass es bereits an der für die Anwendung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 KapVO vorausgesetzten Überlast durch Studierende des gleichen Studiengangs fehle - wie sich an Studiendauer und Curricularnormwert von Bachelor- und Diplomstudiengang zeige -, greift ersichtlich zu kurz. Maßgeblich für die Beurteilung, ob eine Verminderung in Betracht kommt, ist die Frage, ob ein Ausgleich für eine Mehrbelastung "des Personals nach § 8 Abs. 1" KapVO, also des der Lehreinheit zugeordneten Lehrpersonals und der sonstigen Lehrpersonen, durch Studierende höherer Semester erforderlich ist. Dass aber der Diplomstudiengang ungeachtet dessen, dass in ihm keine Studienanfänger mehr aufgenommen werden, auch weiterhin der Lehreinheit Psychologie zugeordnet ist und im Übrigen nur durch das der Lehreinheit zugeordnete Lehrpersonal ausgebildet werden kann, wird die Beschwerde nicht ernsthaft in Abrede stellen wollen. Er ist deshalb kein "gesonderter" oder "anderer" Studiengang. Vielmehr tritt der auf ihn entfallende Lehraufwand neben den Ausbildungsaufwand für den an seine Stelle getretenen neuen, fachgleichen (Bachelor-) Studiengang (vgl. Beschluss des Senats vom 8. Mai 2009 - OVG 5 NC 84.08 - [HU Berlin, Bachelorstudium Grundschulpädagogik, WS 2007/08]).

Was die Ausführungen der Beschwerde zur Fehlerhaftigkeit der Verminderungsentscheidung des Akademischen Senats und deren Auswirkung auf die festgesetzte - verminderte - Zulassung angeht, so sind diese in weiten Teilen kaum nachvollziehbar. Einerseits wird beispielsweise gerügt, das Verwaltungsgericht wie auch der Senat in seiner zum vorangegangenen Berechnungszeitraum ergangenen Entscheidung hätten die gebotene gerichtliche Vollkontrolle nicht vorgenommen; auf der anderen Seite wird beanstandet, der Senat habe in jener Entscheidung die Ermessenserwägungen des Akademischen Senats in Bezug auf die Verminderung vollkommen ausgetauscht und sich damit an dessen Stelle gesetzt, was nicht seine Aufgabe sei. Von diesem offenkundigen Bruch in der Argumentation abgesehen hat das Verwaltungsgericht auf der Grundlage der Rechtsprechung des Senats, auf welche die Kritik der Beschwerde zielt, den Beschluss des Akademischen Senats vollinhaltlich überprüft und - zu Recht - festgestellt, dass die Verminderungsentscheidung von der zutreffenden Annahme einer die vorhandene Ausbildungskapazität erheblich übersteigenden realen Ausbildungslast der Lehreinheit ausgegangen ist. Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang einwendet, der Akademische Senat habe gar nicht wissen können, worüber er entscheide, weil ihm bei Beschlussfassung die maßgeblichen Entscheidungskriterien vorenthalten worden seien, fragt sich schon, woher sie diese Erkenntnis nimmt. Ihr liegen darüber hinaus Annahmen zugrunde, die sich anhand der Kapazitätsunterlagen nicht nachvollziehen lassen. Als Unterstellung erweist sich insbesondere die Behauptung der Beschwerde, die Entscheidung des Akademischen Senats beruhe auf einer mit 630 "grob falsch" angegebenen Zahl der Studierenden in den höheren Fachsemestern des Diplomstudiengangs. Davon kann gar keine Rede sein. Die betreffende Passage der Beschlussvorlage lautet:

"Im Wintersemester 2008/2009 wird es wahrscheinlich 630 Studierende in den Fachsemestern 1 bis 9 einschließlich der Studierenden in dem auslaufenden Diplomstudiengang geben..." Der Akademische Senat hat seiner Beschlussfassung damit ersichtlich die Gesamtzahl der im Fach Psychologie voraussichtlich eingeschriebenen Studierenden (Bachelor und Diplom) im Berechnungszeitraum zugrunde gelegt, eine Erwartung übrigens, die sich im Nachhinein auch bestätigt hat (nach dem statistischen Endstand haben sich insgesamt 624 Studierende eingeschrieben bzw. rückgemeldet, 34 haben sich beurlauben lassen).

Soweit die Beschwerde eine Begründung dafür vermisst, weshalb der Akademische Senat die Zulassungszahl ausgerechnet auf 112 Plätze vermindert hat, gibt auch dies keinen Hinweis auf einen Rechtsfehler zum Nachteil der Antragstellerin. Auf der Grundlage der Berechnung nach dem Zweiten Abschnitt der Kapazitätsverordnung im angegriffenen Beschluss, der die Beschwerde nichts entgegensetzt, beläuft sich die Gesamtzahl der im Verlaufe des dreijährigen Bachelorstudiengangs aufzunehmenden Studierenden auf (146 x 3 =) 438. Dass bei derzeit im Fach Psychologie insgesamt eingeschriebenen 624 Studierenden selbst dann, wenn man die bei den Diplomstudierenden gegenüber den Studierenden des Bachelorstudiengangs deutlich höhere Lehrnachfrage unberücksichtigt ließe, eine Verminderung des Berechnungsergebnisses um (146 - 112 =) 34 Plätze nicht geeignet ist, Rechte der Antragstellerin zu verletzen, liegt angesichts der auch dann noch vorhandenen erheblichen Überlast auf der Hand.

Unzutreffend ist schließlich die Annahme der Beschwerde, der Beschluss des Verwaltungsgerichts wie auch die dieser zugrunde liegende Entscheidung des Senats setzten sich in Widerspruch zu der eigenen Rechtsprechung zum Dienstleistungsbedarf bei auslaufenden Studiengängen. Aus der Entscheidung des Senats vom 3. August 2006 - OVG 5 NC 4.06 -, aus welcher die Beschwerde zum Beleg ihrer Auffassung umfangreich und "mit Genuss" zitiert, ergibt sich dies jedenfalls nicht. Denn dieser Entscheidung lag ersichtlich eine völlig andere, mit der vorliegenden nicht ansatzweise vergleichbare Konstellation zugrunde. Dort ging es um die Frage, ob der Dienstleistungsbedarf für einen erst in der Planung befindlichen, im Bewerbungszeitraum also noch nicht angebotenen lehramtsbezogenen Masterstudiengang angesetzt werden darf. Soweit sich der Senat in diesem Zusammenhang zu den Verminderungsmöglichkeiten nach § 14 Abs. 2 KapVO geäußert hat, war dies allein dem Einwand der Beschwerde der Hochschule geschuldet, das Verwaltungsgericht greife mit der "starren" Anwendung der Kapazitätsverordnung in die mit der Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge verbundene besondere hochschulpolitische Zielsetzung ein, ohne einen anderen Weg aufzuzeigen, der es der Antragsgegnerin ermögliche, die geordnete Wahrnehmung ihres Ausbildungsauftrags im Bereich Psychologie aufrecht erhalten zu können.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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