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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 13.03.2007
Aktenzeichen: OVG 5 S 22.07
Rechtsgebiete: VwGO, StVG, FeV


Vorschriften:

VwGO § 80 Abs. 1 Satz 1
VwGO § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4
VwGO § 80 Abs. 3
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 3
StVG § 3 Abs. 1 Satz 1
FeV § 46 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 5 S 22.07

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 5. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Wolnicki, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Ehricke und den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Raabe am 13. März 2007 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 20. Juli 2006 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerde trägt der Antragsteller.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2 500 € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung u.a. die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe (vgl. Satz 6 der Vorschrift). Auf der danach allein maßgeblichen Grundlage der Beschwerdebegründung besteht für eine Änderung des angefochtenen Beschlusses kein Anlass.

Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die unter dem 14. Juni 2006 verfügte, auf § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 FeV gestützte Entziehung der Fahrerlaubnis und die zugleich getroffenen Nebenentscheidungen (Abgabe des Führerscheins und Zwangsgeldandrohung) bei summarischer Prüfung offensichtlich rechtmäßig seien, weil der Antragsteller erheblich bzw. wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften verstoßen habe. Der Antragsgegner habe die Ungeeignetheit des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen zutreffend aus den für ihn im Verkehrszentralregister eingetragenen Verkehrsverstößen - dreimalige Überschreitungen der Geschwindigkeit um 24, 34 bzw. 54 km/h - sowie daraus hergeleitet, dass im Zeitraum von Ende 2003 bis Januar 2006 insgesamt 138 bußgeldpflichtige Verkehrsverstöße registriert seien. Danach handele es sich für den Zeitraum von April 2004 bis Dezember 2005 unter anderem um 42 Parkverstöße, neben drei bereits genannten weitere sechs Geschwindigkeitsüberschreitungen - mit solchen von 6 bis 21 km/h, in einem Fall um 21 km/h in einer Tempo 30-Zone -, ein Verstoß gegen die Gurtpflicht, ein Rotlichtverstoß, ein Verstoß gegen Meldepflichten sowie gegen das Verbot der Benutzung von Mobiltelefonen. Die hiergegen sowie gegen die weiteren Ausführungen des Verwaltungsgerichts vorgebrachten Einwände des Antragstellers greifen nicht durch.

Soweit der Antragsteller geltend macht, die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Fahrerlaubnisentziehung sei nicht ausreichend begründet, trifft dies nicht zu; der Antragsgegner hat die Anordnung der sofortigen Vollziehung seiner Verfügung sinngemäß damit begründet, dass der Antragsteller sich infolge des von ihm an den Tag gelegten Verhaltens als weit überhöhtes Sicherheitsrisiko für die anderen Verkehrsteilnehmer erwiesen habe, so dass die Unanfechtbarkeit des Bescheides nicht abgewartet werden könne (vgl. S. 3 des Bescheids vom 14. Juni 2006, im Einzelnen beginnend ab Absatz 2). Diese Ausführungen, die deutlich machen, dass sich der Antragsgegner des Regel-Ausnahmeverhältnisses von § 80 Abs. 1 Satz 1 zu Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO bewusst war, genügen den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Soweit der Antragsteller sodann in der Sache zunächst - pauschal - geltend macht, die "angeblichen weiteren Verstöße von Geschwindigkeitsüberschreitungen, Rotlichtverstoß, Verstoß gegen die Meldepflichten und Gurtpflicht sowie ein angeblicher Verstoß gegen die Benutzung von Mobiltelefonen" seien nicht "rechtskräftig", weil gegen "die entsprechenden Bußgeldbescheide" Einspruch eingelegt worden sei und die Verfahren "noch nicht abgeschlossen" seien, ist dies unsubstantiiert. Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss sich die Beschwerdebegründung u.a. mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Dies erfordert es hier, Angaben darüber zu machen, wann gegen welche Bescheide Einspruch eingelegt und in welchem Stadium sich die jeweiligen Verfahren im Einzelnen befinden sollen; daran fehlt es bei dem vorstehend wiedergegebenen Vorbringen. Soweit der Antragsteller im Weiteren geltend macht, dass sich für ihn (lediglich) "im Schnitt ... sechs Parkverstöße im Monat" ergäben und diese Zahl auch nach der - von ihm nicht näher bezeichneten - Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht ausreiche, ausnahmsweise die Entziehung der Fahrerlaubnis zu rechtfertigen, greift das nicht durch. Zwar ist in der Rechtsprechung geklärt, dass die durch die Nichterfassung im Verkehrszentralregister dem Bagatellbereich zuzurechnenden Verkehrsordnungswidrigkeiten grundsätzlich bei der Prüfung der Fahreignung außer Betracht zu bleiben haben (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 18. Mai 1973 - VII C 12.71 -, BVerwGE 42, 206, 207); ebenso ist jedoch geklärt, dass es von diesem Grundsatz Ausnahmen gibt. Eine solche Ausnahme hat das Bundesverwaltungsgericht angenommen, wenn der Inhaber der Fahrerlaubnis die Rechtsordnung über den ruhenden Verkehr nicht anerkennt, und ausgeführt, dass ein Kraftfahrer, der offensichtlich nicht willens ist, auch bloße Ordnungsvorschriften, die im Interesse eines geordneten, leichten und ungefährdeten Verkehrs geschaffen sind, einzuhalten, und der solche Vorschriften hartnäckig missachtet, wenn dies seinen persönlichen Interessen entspricht, zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht geeignet ist (BVerwG, Beschluss vom 15. November 1976 - VII B 121.76 -, DÖV 1977, 602, 603; s. ferner OVG Lüneburg, Beschluss vom 2. Dezember 1999 - 12 M 4307/99 u. 4601/99 -, NJW 2000, 685; OVG Berlin, Beschluss vom 28. April 2005 - 1 S 8.04 -, S. 4 des Beschlussabdrucks; OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 25. Oktober 2005 - 1 S 96.05 -, S. 6 des Beschlussabdrucks, und vom 21. September 2006 - 1 S 47.06 -, S. 4 des Beschlussabdrucks; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. Januar 2006 - 16 B 2137/05 -, juris). So liegt es im Falle des Antragstellers. 138 bußgeldpflichtige Verkehrsverstöße innerhalb von gerade gut zwei Jahren (oder, wie der Antragsteller rechnet, sechs Ordnungswidrigkeiten "im Schnitt" pro Monat), darunter die vorstehend von dem Verwaltungsgericht aufgeführten, machen deutlich, dass der Antragsteller die Rechtsordnung über den ruhenden Verkehr nicht anerkennt und offensichtlich auch bloße Ordnungsvorschriften hartnäckig missachtet; nach der Rechtsprechung kann bereits eine deutlich geringere als die bei dem Antragsteller zu verzeichnende Anzahl von Verstößen gegen den ruhenden Verkehr geeignet sein, eine Fahrerlaubnisentziehung zu tragen bzw. mitzutragen (s. etwa OVG Berlin, Beschluss vom 28. April 2005, a.a.O.: 60 Verstöße innerhalb von zehn Monaten; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. September 2006, a.a.O.: etwa 35 Verstöße in gut vier Jahren; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. Januar 2006, a.a.O.: 27 Verstöße innerhalb von zwei Jahren). Soweit der Antragsteller schließlich darauf abhebt, er habe keine Verkehrsteilnehmer konkret gefährdet bzw. bis heute keinen Unfall verursacht, spielt dies keine Rolle. Denn die Hartnäckigkeit, mit der der Antragsteller gegen Parkvorschriften verstößt, ist auch im Hinblick auf sein Verhalten im fließenden Verkehr aussagekräftig (vgl. entspr. etwa OVG Münster, a.a.O); die von dem Antragsteller im fließenden Verkehr begangenen Verfehlungen, vor allem die Geschwindigkeitsüberschreitungen, unterstreichen dies noch.

Soweit der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 2. Februar 2007 ergänzend darauf hingewiesen hat, dass der Antragsteller seit der Einleitung des Entziehungsverfahrens in weiteren 46 Fällen durch Verstöße im ruhenden Straßenverkehr aufgefallen sei, kommt es darauf für die hier zu treffende Entscheidung nicht an. Der Senat hat daher von einer Übersendung der die Zeit von Februar 2006 bis Ende Januar 2007 betreffenden - und damit bemerkenswerter Weise auch den Zeitraum nach der mit sofortiger Wirkung verfügten Entziehung der Fahrerlaubnis erfassenden - Datensätze an den Antragsteller zum Zwecke der Stellungnahme abgesehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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