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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 30.11.2009
Aktenzeichen: OVG 60 PV 18.07
Rechtsgebiete: BPersVG, RVG, GKG (2009)


Vorschriften:

BPersVG § 108 Abs. 1 Satz 2
RVG § 23 Abs. 3 Satz 2
RVG § 33 Abs. 1
RVG § 33 Abs. 8 Satz 1
GKG (2009) § 42 Abs. 3 Satz 1
GKG (2009) § 52 Abs. 2
Der Wert des Gegenstandes anwaltlicher Tätigkeit ist in einem personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren, mit dem die Ersetzung der Zustimmung des Personalrats zur außerordentlichen Kündigung eines seiner Mitglieder erstrebt wird, nicht entsprechend § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG n.F. am Vierteljahresverdienst des betroffenen Personalratsmitglieds, sondern am Auffangwert (4.000 Euro) zu orientieren.
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG BESCHLUSS

OVG 60 PV 18.07

In der Personalvertretungssache

hat der 60. Senat - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Landes Berlin - durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Wahle am 30. November 2009 beschlossen:

Tenor:

Der Gegenstandswert wird auf 4.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

Auf den Antrag des Bevollmächtigten des Beteiligten zu 2 vom 23. Oktober 2009 war der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren mit dem Auffangwert festzusetzen (§ 23 Abs. 3 Satz 2, § 33 Abs. 1 und 8 Satz 1, 1. Halbsatz RVG).

Billiges Ermessen erfordert nicht, den Gegenstandswert auf den Vierteljahresverdienst des betroffenen Personalratsmitglieds festzusetzen. Nach § 42 Abs. 4 Satz 1, 1. Halbsatz GKG a.F. (jetzt § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG) ist für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend. Darum ging es im vorliegenden Verfahren nicht; Gegenstand war vielmehr die Ersetzung der Zustimmung des Personalrats zur außerordentlichen Kündigung eines seiner Mitglieder gemäß § 108 Abs. 1 Satz 2 BPersVG. Es trifft zwar zu, dass wegen der in § 108 Abs. 1 Satz 3 BPersVG angeordneten Beteiligung des betroffenen Arbeitnehmers eine Ersetzung der Zustimmung durch die Verwaltungsgerichte in einem etwa nachfolgenden Kündigungsschutzprozess präjudizielle Wirkung entfaltet. Auch wenn somit der anwaltlich vertretene Beschäftigte im Zustimmungsersetzungsverfahren seine eigenen individualrechtlichen Interessen aus dem Beschäftigungsverhältnis wahrnimmt, steht doch der Schutz der ungestörten Ausübung des Personalratsamtes, der Unabhängigkeit der Amtsausübung sowie der Kontinuität der personellen Zusammensetzung der Personalvertretung im Vordergrund, nicht dagegen die möglichen Folgewirkungen für den Beschäftigten. Letztere sind nur mittelbar, weil auch bei einer Zustimmungsersetzung der Dienstherr von dem Kündigungsrecht keinen Gebrauch machen muss, ebenso wie sich nicht zwangsläufig an eine Kündigung ein Kündigungsschutzprozess anschließen muss. Die Zustimmungsersetzung stellt nur eine der Kündigungsvoraussetzungen des § 15 Abs. 2 Satz 1 KSchG her; die Berechtigung zur außerordentlichen Kündigung kann unter Berufung auf neue Tatsachen in einem etwas nachfolgenden Kündigungsschutzprozess durchaus in Frage gestellt werden. Auch Nr. 31 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit mit seinem pauschalisierenden Ansatz des Auffangwertes ohne Rücksicht auf wirtschaftliche Folgewirkungen spricht gegen eine am Vierteljahresverdienst des betroffenen Personalratsmitglieds orientierte Festsetzung. In dieser Auffassung sieht sich der Senat nicht nur durch die - soweit ersichtlich - einhellige Auffassung in der Rechtsprechung anderer Oberverwaltungsgerichte in Fällen des § 108 Abs. 1 Satz 2 BPersVG bestätigt (vgl. z.B. OVG Münster, Beschluss vom 18. Juli 2005 - 1 E 741/05.PVL -, Juris; OVG Bremen, Beschluss vom 26. März 2007 - P S 85/07.PVL u.a. -, Juris), sondern auch durch die Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte in den vergleichbaren Fällen der Auflösung des Arbeitsverhältnisses eines Jugendvertreters nach § 9 Abs. 4 BPersVG (vgl. z.B. VGH Mannheim, Beschluss vom 5. September 1994 - PB 15 S 2971/93 -, Juris Rn. 5, VGH München, Beschluss vom 22. August 1997 - 18 P 97.1184 - Juris R. 4, jeweils unter Berufung auf insoweit nicht veröffentlichte Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts), bei denen eine Anlehnung an den Maßstab des § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG näher läge. Die vom Bevollmächtigten des Beteiligten zu 2 angeführte Rechtsprechung der Arbeitsgerichte zu vergleichbaren Fällen nach § 103 Abs. 2 BetrVG ist uneinheitlich (vgl. zum Stand des Meinungsstreits Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 2. November 2009 - 5 Ta 113/09 -, Juris Rn. 11 ff.).

Der Auffangwert beträgt in personalvertretungsrechtlichen Streitigkeiten 4.000 Euro. Daran hält der Senat in ständiger Rechtsprechung auch in Ansehung der anderslautenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fest. In seinen Beschlüssen vom 21. März 2007 (- BVerwG 6 PB 17.06 -, Juris) und vom 3. April 2007 (- BVerwG 6 PB 18.06 -, Juris) hat das Bundesverwaltungsgericht den Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wegen Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde auf 5.000 Euro festgesetzt und dabei maßgeblich darauf abgestellt, dass auf diese Weise die Wertfestsetzung im Ergebnis in derselben Höhe erfolge wie in solchen personalvertretungsrechtlichen Rechtsstreitigkeiten, in welchen nach Maßgabe des Landesrechts die Verwaltungsgerichtsordnung gelte und für welche u.a. in direkter Anwendung des § 52 Abs. 2 GKG der Auffangwert von 5.000 Euro festgesetzt zu werden pflege. Dem liegt offensichtlich die dem Gedanken der Rechtseinheit verpflichtete Erwägung zugrunde, es nicht zu - aus unterschiedlichem Landesrecht resultierenden - Wertungswidersprüchen in der Gegenstandswertfestsetzung in Verfahren des dritten Rechtszuges kommen zu lassen. Für die Gegenstandswertfestsetzung für das erstinstanzliche Beschlussverfahren (und auch für das zweitinstanzliche Beschwerdeverfahren) beansprucht dieser Gedanke allerdings keine Geltung, weil es hier zu solchen Wertungswidersprüchen nicht kommen kann; die Fachkammern (und der Fachsenat) entscheiden nur nach Maßgabe des Personalvertretungsgesetzes des Landes, für das die Verwaltungsgerichtsordnung ebenso wenig gilt (§ 91 Abs. 2 PersVG) wie für das Personalvertretungsgesetz des Bundes (§ 83 Abs. 2 BPersVG). Die vom Bundesverwaltungsgericht für richtig gehaltene Orientierung an dem in § 52 Abs. 2 GKG genannten Auffangwert käme in diesen Fällen einer Anhebung des Auffangwertes in § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG gleich, die der Gesetzgeber im Kostenrechtsmodernisierungsgesetz gerade nicht vollzogen hat.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).

Ende der Entscheidung

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