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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 20.09.2005
Aktenzeichen: OVG 8 S 84.05
Rechtsgebiete: VwGO, SchulG


Vorschriften:

VwGO § 123 Abs. 1
SchulG § 8 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 a.F.
SchulG § 42 Abs. 1
SchulG § 42 Abs. 2
SchulG § 55
SchulG § 55 Abs. 3 Satz 2
SchulG § 55 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1
SchulG § 55 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2
SchulG § 55 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3
SchulG § 55 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG BESCHLUSS

OVG 8 S 84.05

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg durch die Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Xalter und die Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Schrauder und Weber am 20. September 2005 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerden der Antragsteller und des Antragsgegners werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden den Antragstellern einerseits und dem Antragsgegner andererseits je zur Hälfte auferlegt.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2 500 € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerden der Antragsteller und des Antragsgegners sind zulässig, aber unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat dem Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO zutreffend aufgegeben, unter der Antragstellerin zu 1. und einem weiteren Bewerber um die Aufnahme in die erste Klasse der Joan-Miró-Grundschule ein Losverfahren durchzuführen und die Antragstellerin zu 1. je nach dessen Ausgang entweder aufzunehmen oder nachrücken zu lassen, sofern der andernfalls aufzunehmende Mitbewerber verzichtet, und den Eilrechtsschutzantrag im Übrigen zurückgewiesen, weil die Antragstellerin zu 1. nur eines der drei Aufnahmekriterien gemäß § 55 Abs. 3 Satz 2 SchulG erfülle und deshalb zwar nicht habe bevorrechtigt aufgenommen werden müssen, jedoch ein Mitbewerber zu Unrecht bevorzugt aufgenommen worden sei, obwohl er sich ebenfalls auf nur ein Kriterium berufen könne.

Das Beschwerdevorbringen der Antragsteller und dasjenige des Antragsgegners, das insgesamt den Umfang der obergerichtlichen Prüfung des angefochtenen Beschlusses bestimmt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigt nicht dessen Änderung. Die Antragsteller machen ebenso ohne Erfolg geltend, sie hätten einen Anspruch auf Aufnahme der Antragstellerin zu 1. in die Joan-Miró-Grundschule, wie der Antragsgegner erfolglos die bevorzugte Vergabe eines Schulplatzes an das Kind mit der Bewerbernummer 18 verteidigt, dessen Besuch der zuständigen Schule angeblich gewachsene Bindungen zu anderen Kindern beeinträchtigen würde, und hilfsweise die Anordnung eines echten statt eines nur "virtuellen" Losverfahrens beanstandet.

1. Die Rüge der Antragsteller, das Bestehen gewachsener Bindungen zu dem Kind M. K. M. und deren Beeinträchtigung hätten der richterlichen Aufklärungspflicht unterlegen, geht fehl. Die Antragsteller verkennen insoweit nicht nur den Umfang ihrer Darlegungs- und Substanziierungslast im Eilrechtsschutzverfahren, der grundsätzlich verringerte Anforderungen an die gerichtliche Aufklärung korrespondieren, sondern auch die Maßgeblichkeit der schulbehördlichen Auswahlentscheidung als Zeitpunkt für die substanziierte und nachvollziehbare Darlegung der gesetzlichen Kriterien für die Aufnahme in eine andere als die zuständige Grundschule (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 4. November 2004 - OVG 8 S 111.04 -). Des ungeachtet hat das Verwaltungsgericht die Verneinung dieses Kriteriums nicht auf unzureichende Substanziierung des Vortrags über bestehende Bindungen gestützt, sondern es ist im Gegenteil zunächst davon ausgegangen, dass sich zwischen der Antragstellerin zu 1. und M. auf Grund der gemeinsamen Betreuung in einer deutsch-spanischen Großpflegestelle seit dem Jahr 2000 und dem anschließenden gemeinsamen Besuch eines deutsch-spanischen Kindergartens über einen längeren Zeitraum Bindungen entwickelt hatten, die zu einer inneren Verbundenheit der Kinder geführt hatten. Es fehlt jedoch am Merkmal der Beeinträchtigung der gewachsenen Bindungen durch den Besuch der zuständigen Grundschule, weil die Kinder dadurch, dass M. im vergangenen Schuljahr 2004/2005 die Vorklasse der Joan-Miró-Grundschule, die Antragstellerin zu 1. hingegen die Vorklasse des spanisch-deutschen Kindergartens el caracol e.V. besucht hat, in ihrem Bildungsverlauf voneinander getrennt worden und ihre Bindungen seither nicht weiter "gewachsen" sind. Dementsprechend führen die Antragsteller in ihrer Beschwerdebegründung selbst zutreffend aus, dass der Antragsgegner die gewachsenen Bindungen der Antragstellerin zu 1. durch die Nichtaufnahme in die Vorklasse der Joan-Miró-Grundschule getrennt habe, die Antragstellerin zu 1. durch diese Trennung der beiden Kinder im Vorschuljahr 2004/2005 in ihrer gewachsenen Bindung zu dem Kind M. K. M. erheblich beeinträchtigt worden sei. Damit war jedenfalls die bis dahin auf paralleler Betreuung und Entwicklung beruhende Kontinuität der inneren Verbundenheit der Kinder, welche das Aufnahmekriterium nach § 55 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SchulG bewahren soll, bereits beendet. Daraus folgt zwar nicht, dass seither keine Beziehungen mehr zwischen den Kindern bestehen. Sind aber durch die Trennung der Kinder bereits zu Beginn des Vorschuljahres die Voraussetzungen für die kontinuierliche Weiterentwicklung der Bindungen beseitigt worden, geht die maßgebliche Beeinträchtigung von dieser zurückliegenden Trennung, nicht hingegen von der jetzigen bloßen Fortsetzung der nunmehr durch getrennte Betreuung und Bildung in verschiedenen Einrichtungen gekennzeichneten Verhältnisse aus. Eine Wiederherstellung bereits beeinträchtigter Bindungen ist indes in § 55 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SchulG als Aufnahmekriterium nicht vorgesehen (Senatsbeschluss vom 26. November 2004 - OVG 8 S 109.04 -).

Entgegen dem Vorbringen der Antragsteller kann auch nicht angenommen werden, dass der Besuch der Joan-Miró-Grundschule die Betreuung der Antragstellerin zu 1. wesentlich erleichtern würde. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass ein gemeinsamer Schulweg mit Freunden, der das Bringen und Holen erleichtern würde, und die Bildung von Fahrgemeinschaften keine wesentliche Betreuungserleichterung gemäß § 55 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 SchulG darstellt, und zur Begründung auf die Verhältnisse abgestellt, die der Besuch der für die Antragstellerin zu 1. zuständigen Cäcilien-Grundschule am nahe gelegenen Nikolsburger Platz mit sich brächte. Die Einschulungsbereiche der zuständigen Grundschulen sind in aller Regel so gestaltet, dass der Schulweg fußläufig und nach einiger Übung auch von jüngeren Schulkindern selbstständig zu bewältigen ist. Das bedeutet indes nicht, dass sich Bewerber auf den dann kürzeren Schulweg im Sinne einer wesentlichen Betreuungserleichterung berufen könnten, die in unmittelbarer Nachbarschaft zur Joan-Miró-Grundschule wohnen. Der Senat hat bereits entschieden (Beschluss vom 20. September 2002 - OVG 8 S 224.02 -), dass es ermessensfehlerhaft wäre, in eine an einem Schulversuch teilnehmende Grundschule ohne Einschulungsbereich vorrangig Kinder aufzunehmen, die in der örtlichen Nähe der Schule wohnen. Daraus folgt, dass eine wesentliche Betreuungserleichterung nicht schon dann anerkannt werden kann, wenn Eltern Fahrgemeinschaften zu einer Schule ohne Einschulungsbereich bilden. Im vorliegenden Fall beträgt der Weg zur zuständigen Grundschule etwa einen halben Kilometer und ist ampelgeregelt, so dass sich nach einer kurzen Phase der Eingewöhnung die Frage nach Bring- und Abholgemeinschaften - anders als beim Besuch der deutlich weiter entfernten Joan-Miró-Grundschule - nicht mehr stellte. Im Übrigen ist die Gründung solcher Gemeinschaften weder auf bestimmte Schulen noch auf solche Eltern und Kinder beschränkt, die schon jetzt miteinander bekannt oder befreundet sind.

Ebenfalls ohne Erfolg berufen sich die Antragsteller für ihren vermeintlichen Anspruch auf Aufnahme der Antragstellerin zu 1. in die Joan-Miró-Grundschule da-rauf, dass der Antragsgegner so genannte Antragskinder aufgenommen hat, die zwischen neun und zwölf Monaten jünger sind als die in diesem Jahr schulpflichtig gewordene Antragstellerin zu 1. und die erst im Schuljahr 2006/2007 regulär schulpflichtig werden würden. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass es dem Gesetzgeber nicht verwehrt ist, sein Einschulungskonzept auf Grund anderer Zielvorstellungen zu ändern und neue Stichtagsregelungen einzuführen, auch wenn dadurch mehr Kinder in die Grundschule aufzunehmen und deshalb potenziell mehr Bewerber auch für die Joan-Miró-Grundschule vorhanden waren. Es besteht keine Verpflichtung des Schulträgers, die Aufnahmechancen von Jahr zu Jahr konstant zu halten, und kein darauf gerichteter Anspruch. Die Nachteile durch den Anstieg der Bewerberzahlen sind hier ebenso hinzunehmen wie etwa in Fällen geburtenstarker Jahrgänge.

Soweit die Antragsteller demgegenüber bestreiten, dass in diesem Jahr ausreichend Schulplätze zur Verfügung stehen, insbesondere die ersten Klassen "überfüllt" und die "Altersunterschiede und Entwicklungsstände gravierend" seien, zeigen sie weder eine sachwidrige Ungleichbehandlung noch einen Aufnahmevorrang auf. Der Altersunterschied zwischen den jeweils jüngsten "Pflicht-" und "Antragskindern" nach § 42 Abs. 1 und Abs. 2 SchulG von bis zu drei Monaten ist unbedenklich; daraus allein ergibt sich kein signifikantes Entwicklungsdefizit. Innerhalb der Gruppe der ohne Antrag schulpflichtigen Kinder wird ein Altersunterschied von bis zu einem Jahr hingenommen, ohne dass allein deshalb einschulungsrelevante Entwicklungsunterschiede angenommen werden.

Aus der Aufnahme von Antragskindern ergibt sich für die Antragsteller keine ungerechtfertigte Benachteiligung und unzumutbare Härte. Zwar steht ihnen ein Recht auf Bildung der Antragstellerin zu 1. zu. Das daraus in Verbindung mit dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) aber allenfalls herzuleitende subjektive Recht auf Teilhabe an den vorhandenen öffentlichen Bildungseinrichtungen (vgl. Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Bd. 1, 3. Aufl. 2000, Rdnrn. 361, 364) verhindert bei der Verteilung verfügbarer Leistungen schulischer Bildung allerdings lediglich eine Schlechterstellung gegenüber anderen Schülern ohne vertretbaren Grund. Dem allgemeinen Bildungsanspruch wird im Übrigen angemessen dadurch entsprochen, dass die Aufnahme in der zuständigen Grundschule nach § 55 SchulG gewährleistet bleibt (Senatsbeschluss vom 22. Februar 2002 - OVG 8 SN 164.01 -). - Aber selbst wenn das Beschwerdevorbringen der Antragsteller so zu verstehen wäre, dass dort in diesem Jahr nicht ausreichend Schulplätze zur Verfügung stünden, und dies zuträfe, könnten die Antragsteller nicht deshalb Aufnahme in der Joan-Miró-Grundschule statt in der zuständigen Grundschule verlangen.

2. Die Beschwerde des Antragsgegners ist ebenfalls unbegründet. Das gilt zunächst für die Rüge der Wertung des Verwaltungsgerichts, das Kind mit der Bewerbernummer 18 sei zu Unrecht gemäß § 55 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SchulG vorrangig in die Joan-Miró-Grundschule aufgenommen worden. Diese Wertung des Verwaltungsgerichts in dem angefochtenen Beschluss ist vielmehr zutreffend, die Annahme des Antragsgegners, das Kind mit der Bewerbernummer 18 habe gegenüber den 34 Kindern, die lediglich das Aufnahmekriterium des § 55 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SchulG erfüllen, vorrangig aufgenommen werden müssen, weil es neben diesem auch das Aufnahmekriterium des § 55 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SchulG (Beeinträchtigung gewachsener Bindungen) erfülle, trifft nicht zu.

Der Senat hat zu dem Merkmal "gewachsene Bindungen zu anderen Kindern" im Sinne der insoweit gleich lautenden Vorgängerregelung des § 8 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SchulG a.F. bereits entschieden (Beschluss vom 26. November 2004 - OVG 8 S 109.04 -). An den damals formulierten Anforderungen wird auch unter der Geltung des neuen Schulgesetzes festgehalten. Danach sind "gewachsene Bindungen" zu anderen Kindern im Sinne von § 55 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SchulG solche Bindungen, die sich über einen längeren Zeitraum entwickelt und zu einer inneren Verbundenheit der Kinder geführt haben.

Dies ergibt sich aus Wortlaut, Sinn und Zweck der Vorschrift. Mit dem Begriff "Bindungen" macht der Gesetzgeber deutlich, dass nicht jedwede Beziehung zwischen Kindern ausreicht, sondern eine innere Verbundenheit erforderlich ist. Das Merkmal "gewachsene" erfordert, dass sich die Bindung über einen längeren Zeitraum entwickelt hat. Dies entspricht auch dem Zweck der Vorschrift, den Besuch einer anderen als der zuständigen Grundschule nur ausnahmsweise, d. h. bei Vorliegen besonderer Umstände zuzulassen. Der Gesetzgeber ging von dem Regelfall aus, dass Kinder im vorschulischen Alter ihre Bindungen zu Geschwisterkindern oder Kindern in Kindergärten, Horten oder anderen Einrichtungen der Jugendhilfe entwickeln. Für den (Ausnahme-)Fall, dass durch Trennung oder Umzug der Eltern oder den Besuch einer nicht im Einschulungsbereich liegenden vorschulischen Einrichtung eine gewachsene Bindung zwischen Kindern beeinträchtigt würde, sollte eine Ausnahme vom Grundsatz der Einschulung in der zuständigen Grundschule möglich sein.

Ausgehend hiervon gehören zu den "gewachsenen Bindungen" neben den Bindungen zwischen Geschwistern, auch solche Bindungen zwischen Kindern, die aus dem gemeinsamen Besuch von Einrichtungen der Jugendhilfe und aus sonstiger organisierter Betreuung im vorschulischen Bereich entstanden sind (vgl. zu letzterem: Amtliche Begründung zum 14. Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes für Berlin - 14. ÄndG - Abgh.-Drs. 7/1297 zu § 8, S. 19). Dabei genügt es nicht, dass Kinder gemeinsam dieselbe vorschulische Einrichtung besucht haben; erforderlich ist vielmehr, dass daraus Bindungen erwachsen sind.

Erziehungsberechtigte, die ihre Kinder in eine andere als die zuständige Grundschule einschulen möchten, müssen bereits bei Antragstellung (vgl. erneut zum maßgeblichen Zeitpunkt Senatsbeschluss vom 4. November 2004 - OVG 8 S 111.04 -) konkret und nachvollziehbar die gewachsenen Bindungen zu anderen Kindern und deren mögliche Beeinträchtigung darlegen. Dabei dürfen die Anforderungen an die Darlegung einerseits nicht zu hoch gesteckt werden, andererseits muss der Vortrag aber so konkret sein, dass ohne weitere Nachfrage für die Schule erkennbar ist, was die "gewachsenen Bindungen" im Einzelnen ausmacht. Die Angabe, die Kinder hätten gemeinsam eine vorschulische Einrichtung besucht, reicht nicht aus; denn daraus ergibt sich nicht automatisch, dass aus diesem gemeinsamen Besuch auch gewachsene Bindungen entstanden sind, die beeinträchtigt werden können. Ebenso wenig genügt die pauschale Behauptung, es bestünden gewachsene Bindungen zu anderen namentlich benannten Kindern, oder der Vortrag, die Kinder seien eng miteinander befreundet. Denn der Begriff der (engen) Freundschaft wird von den Erziehungsberechtigten fünf- bzw. sechsjähriger Kinder völlig unterschiedlich genutzt und gibt daher keinen Aufschluss über die Bindung eines Kindes zu anderen Kindern. Lediglich bei Geschwisterkindern liegt es nahe, ohne weitere Ausführungen des Erziehungsberechtigten gewachsene Bindungen anzunehmen, die durch den Besuch von unterschiedlichen (Grund-) Schulen beeinträchtigt werden können.

Gemessen hieran ist bei dem Aufnahmeantrag für das Bewerberkind Nr. 18 nicht ausreichend dargelegt worden, dass es gewachsene Bindungen zu anderen Kindern hat, die bei der Ablehnung seiner Aufnahme in die nicht zuständige Grundschule beeinträchtigt werden. In ihrer Begründung zum Aufnahmeantrag hat die Mutter dieses Kindes an verschiedenen Stellen übereinstimmend vier Kinder namentlich genannt, zu denen "gewachsene Bindungen" aus dem Kinderladen bzw. der aktuellen Kindergartengruppe bestünden. Das vom Antragsgegner angeführte Bewerberkind Nr. 4, das Spanisch als Muttersprache hat, befindet sich unter ihnen nicht. Dessen Mutter wiederum hat in einer Anlage zu ihrem Aufnahmeantrag drei Kinder genannt, die die Joan-Miró-Grundschule besuchen und zu deren spanisch-deutschen Familien "langjährige und intensive Kontakte" bestünden, sowie vier "größere Freunde... (, die) seit einigen Jahren Schüler der Joan-Miró-Grundschule" seien. Unter diesen findet sich jedoch ebenso wenig das Bewerberkind Nr. 18. Lediglich an der dafür vorgesehenen Stelle der Aufnahmeantragsformulare ist in einer von denjenigen der beiden Mütter deutlich abweichenden dritten Handschrift zu dem Vordrucktext "gewachsene Bindungen bestehen zu" bei dem Bewerberkind Nr. 18 der Name des Bewerberkindes Nr. 4 eingefügt worden (Bl. 52 R VV) und umgekehrt (Bl. 164 R VV); in derselben abweichenden Handschrift ist zu der vorgedruckten Frage: "Seit wann und wie?" der Zusatz vermerkt worden: "seit d. Kindertagesstätte" bzw. "seit d. Kindergarten". Damit ist den Substanziierungsanforderungen nicht ansatzweise genügt, weil mit der bloßen - wenngleich jeweils korrespondierenden - Namensnennung eines Kindes, das gleichzeitig dieselbe vorschulische Betreuungseinrichtung besucht hat, gewachsene Bindungen nicht konkret und nachvollziehbar dargelegt werden. Es fehlt an jedweden Tatsachenangaben dazu, wie sich die erforderliche innere Verbundenheit der Kinder manifestiert.

Danach ist auch die verwaltungsgerichtliche Anordnung eines Losverfahrens mit nur denjenigen Bewerbern, die die Auswahlentscheidung des Antragsgegners angegriffen haben, nicht zu beanstanden. Erfüllt nämlich der Bewerber Nr. 18 ebenfalls nur eines der drei gesetzlichen Aufnahmekriterien und hätte er deshalb nicht gegenüber der Antragstellerin zu 1. und anderen Bewerbern, die ebenfalls nur das Aufnahmekriterium gemäß § 55 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SchulG erfüllen, vorrangig aufgenommen werden dürfen, ist die Vergabe dieses Schulplatzes rechtswidrig. Dadurch wird das Aufnahmerecht der abgelehnten Bewerber verkürzt. Die auf diese Weise fehlerhaft herbeigeführte Ausschöpfung der planmäßigen Aufnahmekapazität im Kontingent der deutschen Muttersprachler, das hier allein streitgegenständlich ist, kann der Antragsgegner den Antragstellern nicht entgegen halten. Das folgt aus dem verfassungsrechtlichen Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG (OVG Bremen, SPE 133 Nr. 1, Beschl. v. 25.09.1990 - 1 B 52/90 -). Daher sind die Antragsteller als benachteiligte Bewerber so zu stellen, als sei dieser Platz unbesetzt geblieben. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht deshalb entschieden, dass in einem derartigen Fall die rechtswidrige Benachteiligung bis an die Grenze der Funktionsfähigkeit durch Bereitstellung eines zusätzlichen Schulplatzes auszugleichen ist (vgl. auch Senatsbeschluss vom 20. September 2002 - OVG 8 S 224.02 -).

Ebenfalls zutreffend hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass dieser zusätzliche Grundschulplatz unter den rechtsschutzsuchenden Bewerbern zu verlosen ist. Ist - wie hier - der Fehler nicht im Losverfahren, sondern bei der Prüfung der Vorrangigkeit nach § 55 Abs. 3 Satz 3 SchulG gemacht worden, dann muss die Schulbehörde den zum Ausgleich für die rechtswidrige Vergabe geschaffenen Platz an einen abgelehnten Bewerber vergeben, der seine Ablehnung angegriffen hat. Haben mehrere solcher Bewerber mit gleichem Rang ihre Ablehnung angefochten, dann ist der freie Platz unter ihnen zu verlosen. Ein so genanntes "virtuelles" Losverfahren unter Einbeziehung aller - erfolglos gebliebenen und erfolgreichen - gleichrangigen Bewerber kommt bei dieser Konstellation nicht in Betracht. Ein derartiges Verfahren wäre insofern lediglich fiktiv, als eine bereits bestandskräftig gewordene Ablehnung eines solchen Bewerbers ebenso wenig zu dessen Schulaufnahme führte, wenn er nunmehr Losglück hätte, wie umgekehrt der Misserfolg eines bereits aufgenommenen Schülers bei wiederholter Auslosung die Rückabwicklung seiner Schulaufnahme zur Folge hätte. Wird aber der zusätzliche freie Platz im Wege eines derart fiktiven "virtuellen" Verfahrens verlost, besteht die Möglichkeit, dass von denjenigen Bewerbern, die gegen ihre Ablehnung rechtlich vorgegangen sind, dabei den Vergabefehler aufgezeigt und den freien Platz sowie ggf. dessen Verlosung erstritten haben, dennoch keiner diesen Platz erhält. Fällt nämlich das Los im "virtuellen" Verfahren auf keinen von ihnen, kann der Platz nicht vergeben werden. Er bleibt unbesetzt, obwohl er eigens zu Rechtsschutzzwecken bereit gestellt worden ist. Solcher Rechtsschutz wäre nicht effektiv. - Der weiteren Frage, ob auch dann kein lediglich "virtuelles", sondern "echtes" Losverfahren durchzuführen ist, wenn und soweit Schulplätze nicht auf Grund einer unrichtigen Vorrangentscheidung, sondern in einem fehlerhaften Losverfahren vergeben worden sind (vgl. Senatsbeschlüsse vom 4. November 2004 - OVG 8 S 111.04 -, vom 26. November 2004 - OVG 8 S 109.04 - und vom 29. November 2004 - OVG 8 S 115.04 -), und ob es dann ggf. einen Unterschied macht, wenn die Fehlerhaftigkeit des Losverfahrens zur Aufnahme rangniedrigerer und deshalb materiell nicht berechtigter Bewerber geführt hat, oder nicht, braucht hier nicht weiter nachgegangen zu werden, weil ein solcher Sachverhalt nicht gegeben ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Beschwerdegegenstandes beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 Satz 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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