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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 02.05.2006
Aktenzeichen: OVG 9 N 9.06
Rechtsgebiete: VwGO, BbgAbfG, KAG


Vorschriften:

VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO § 124 a Abs. 4
BbgAbfG § 9
KAG § 6 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 9 N 9.06

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 9. Senat durch ... am 2. Mai 2006 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das ohne mündliche Verhandlung am 10. August 2005 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) wird abgelehnt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 30,- DM bzw. 15,34 € festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da der Beklagte Zulassungsgründe im Sinne des § 124 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) innerhalb der Begründungsfrist von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO) nicht dargetan hat.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), auf die sich der Beklagte in erster Linie beruft, liegen vor, wenn mit der Begründung des Zulassungsantrages ein tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. März 2004 - 1 BvR 461/03 - DVBl. 2004, 822). Das bedeutet eine Erläuterung, nach der das angefochtene Urteil nach seiner Begründung im Ergebnis keinen Bestand haben kann, mithin in der Regel der Erfolg des Rechtsmittels, dessen Zulassung erstrebt wird, wahrscheinlicher ist als dessen Misserfolg. Erforderlich aber auch ausreichend ist die Auseinandersetzung mit der Begründung des Verwaltungsgerichts; nicht verlangt werden kann eine weitergehende Auseinandersetzung mit tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen der beabsichtigten Rechtsverfolgung, die das Verwaltungsgericht von seinem Rechtsstandpunkt aus abzuhandeln keine Veranlassung sah. Der Zulassungsgrund betrifft jedoch nur die Richtigkeit des Urteils im Ergebnis; stellt sich das Urteil im Ergebnis aus anderen Gründen als offensichtlich richtig dar, liegt der Zulassungsgrund auch bei ausreichender Darlegung seiner Voraussetzungen im Hinblick auf die Begründung des Verwaltungsgerichts nicht vor (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - 7 AV 4.03 - NVwZ-RR 2004, 542).

Nach diesen Maßstäben kommt eine Zulassung des Rechtsmittels nicht in Betracht. Innerhalb der Zulassungsbegründungsfrist hat der Beklagte sich gegenüber der Urteilsbegründung, dass die umstrittene Erhebung von Abfallgebühren rechtswidrig sei, weil die ihr zugrunde liegende Gebührensatzung vom 21. Juni 2000 (AGS-2000) für die Hausmüllentsorgung keinen gültigen Gebührensatz enthalte, vorrangig darauf berufen, es sei beabsichtigt, in der nächsten Kreistagssitzung am 23. November 2005 mit Rückwirkung für die Zeit vom 1. Juli 1998 bis zum 30. April 2002 eine neue Gebührensatzung zu erlassen, mit der die Gebührensätze teilweise gesenkt und teilweise durch eine neue Gebührenberechnung gerechtfertigt, somit insgesamt die vom Verwaltungsgericht angemahnten Kostenüberschreitungen ausgeschlossen würden. Dazu hat der Beklagte - ebenfalls innerhalb der Begründungsfrist - den Satzungsentwurf sowie die zugehörigen Gebührenberechnungsunterlagen vorgelegt und geltend gemacht, die neue Satzung sei als Rechtsänderung im Zulassungsverfahren zu berücksichtigen, wenn sie im Zeitpunkt der Entscheidung über den Zulassungsantrag erlassen sei. Nach Ablauf der Frist für die Begründung des Zulassungsantrages hat der Beklagte mit beim Gericht im vorliegenden Verfahren am 9./11. Januar 2006 eingegangenem Schriftsatz vom 14. Dezember 2005 mitgeteilt, dass die betreffende Satzung vom Kreistag des Kreises Ba_____ am 23. November 2005 beschlossen worden sei, und dazu bestimmte Satzungsvorgänge eingereicht, einschließlich des Amtsblattes des Kreises Ba_____ vom 7. Dezember 2005, in dem die Satzung veröffentlicht worden ist. Den Vorgängen ist zu entnehmen, dass die Kreistagsmitglieder am 8. November 2005 unter Hinweis auf die Tagesordnung zur Sitzung am 23. dieses Monats eingeladen worden sind und dass die Tagesordnung, in der auch die Sitzungsvorlage der zu beschließenden Abfallgebührensatzung aufgeführt ist ( II-70-12/05), im Amtsblatt des Kreises vom 16. November bekannt gemacht worden ist.

Auf der Grundlage des diesbezüglichen Vorbringens und Sachverhalts sind ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils vom Beklagten nicht dargetan.

Das gilt zunächst ungeachtet der Frage, ob das Vorbringen des Beklagten, mit der neuen (zu erlassenden) Satzung würden die vom Verwaltungsgericht gerügten Fehler der AGS-2000 ausgeräumt, hinreichend substantiiert ist, und ob die (neue) Satzung vom 23. November 2005 (AGS-2005) formell und hinsichtlich der für die vorliegende Veranlagung einschlägigen Vorschriften materiell gültig ist. Selbst wenn dies unterstellt würde, fehlte es doch an einer hinreichenden Darlegung des Zulassungsgrundes. Den Überlegungen des Beklagten, nach seinem innerhalb der Begründungsfrist erfolgten Vortrag zur bevorstehenden neuen Satzung sei diese nach ihrem Erlass als im Zulassungsverfahren beachtliche Rechtsänderung zu berücksichtigen, ist nicht zu folgen.

Zwar ist die Berücksichtung von Rechtsänderungen, mit denen vom Verwaltungsgericht festgestellte Mängel einer Satzung beseitigt werden, im Zulassungsverfahren bei der Prüfung, ob das Urteil ernstlichen Zweifeln begegnet, nicht etwa schon deshalb ausgeschlossen, weil die Änderung des Satzungsrechts erst nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts oder jedenfalls erst nach Ablauf der Frist für die Begründung der Zulassung der Berufung erfolgt ist. Eine solche Betrachtung würde dem Zweck des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO widersprechen (vgl. dazu den auch vom Beklagten zitierten Beschluss des BVerwG vom 15. Dezember 2003 - 7 AV 2.03 - NVwZ-RR 2004, 744 f.). Maßgebend für die Prüfung dieses Zulassungsgrundes sind alle innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist dargelegten Gründe, zu denen auch der Hinweis auf eine bevorstehende, für den Rechtsstreit beachtliche Rechtsänderung gehören kann.

Eine andere Frage ist aber, was für eine hinreichend substantiierte Darlegung einer bevorstehenden Rechtsänderung ausreicht. Es liegt auf der Hand, dass es im Hinblick auf die zu beachtende zeitliche Schranke für eine substantiierte (schlüssige) Darlegung einer (bevorstehenden) Rechtsänderung nicht genügen kann, dass der Zulassungsbewerber sich spekulativ auf etwaige Rechtsänderungen beruft, ohne dass sich diese schon hinreichend konkret abzeichnen. Dementsprechend hat der Senat in seinem Beschluss vom 14. Dezember 2005 - OVG 9 S 90.05 - zur vergleichbaren Problematik der Rechtzeitigkeit und Substantiierung des Vorbringens im Beschwerdeverfahren nach § 146 Abs. 4 VwGO, auf der Grundlage neuen Satzungsrechts sei von einer geänderten Rechtslage auszugehen, darauf hingewiesen, dass die Äußerung der Absicht neues Satzungsrecht zu erlassen, nicht ausreicht, etwaiges neues Satzungsrecht im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung zu berücksichtigen. Notwendig sind das Vorliegen und die Darlegung einer Sachlage, nach der mit hinreichender Sicherheit davon auszugehen ist, dass es zu einer bestimmten, für den vorliegenden Fall beachtlichen Satzungsänderung kommen wird.

Eine solche liegt nicht schon vor, weil seitens der Kreisverwaltung (Landrat) ein Entwurf zur Änderung oder zum Neuerlass einer Abfallgebührensatzung vorbereitet worden ist und zur Beschlussfassung in die nächste Sitzung des Kreistages eingebracht werden soll. Durch eine Satzungsvorlage der Verwaltung besteht noch keine Bindung für den Kreistag, als dem für den Erlass von Satzungen (ausschließlich) zuständigen Beschlussorgan (§ 29 Abs. 2 Nr. 9 Landkreisordnung - LKrO -). Auch wenn Abfallgebühren - sofern nicht ein privatrechtliches Entgelt erhoben wird - zu erheben sind und die Gebühren die voraussichtlichen Entsorgungskosten in der Regel decken sollen (§ 9 Brandenburgisches Abfallgesetz - BbgAbfG -), besteht beim Erlass einer Abfallgebührensatzung kein von Gesetzes wegen konkret vorgegebener Satzungsinhalt, der vom Satzungsgeber nur nachzuvollziehen wäre. Höhe und Berechnung der Gebühren gründen nicht auf feststehenden Rechengrößen, sondern auf einer Kalkulation mit Prognoseerfordernissen und prognostischen Spielräumen. Die insoweit zu treffenden Prognoseentscheidungen sind auf der Grundlage einer ex-ante Betrachtung auch dann zu treffen, wenn es, wie hier, um die Rechtfertigung der Höhe von Gebühren in vergangenen Zeiträumen geht, wobei den Satzungsgeber im Falle des Fehlens einer ordnungsgemäßen Prognostizierung in der Vergangenheit die Feststellungslast dafür trifft, dass die jeweilige Prognose so, wie nunmehr vorgenommen, auch in der Vergangenheit getroffen worden wäre (vgl. Urteil des Senats vom 1. Dezember 2005 - OVG 9 A 3.05 - zu den hier ergänzend eingreifenden Grundsätzen der Kalkulation von Benutzungsgebühren nach dem Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg - KAG -, ferner Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg, Urteil vom 6. November 1997 - 2 D 32/96.NE -, VwRR-MO 1998, 48). Entgegen der Begründung der vom Beklagten dem Kreistag zur Beschlussfassung zugeleiteten Satzungsvorlage ist es nicht ohne weiteres zulässig, auf eine Kostenrechnung nach den tatsächlichen Kosten und Einnahmen nach Abschluss der interessierenden Leistungsperiode (so genannte Ist-Werte) abzustellen. Die Ist-Werte entfalten ihre Bedeutung nur zur Kontrolle einer in den Folgeperioden etwa auszugleichenden (vgl. § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG) Über- oder Unterdeckung der prognostizierten Kosten der Leistungsperiode. Der Beschluss der vom Beklagten zur Begründung des Zulassungsantrages erarbeiteten Satzungsvorlage, wie sie mit Schriftsatz vom 18. Oktober 2005 vorgelegt worden ist, war unter Berücksichtigung der Entscheidungsspielräume des Kreistages somit offen. Zudem fehlte es in diesem Zeitpunkt schon, was für eine Berücksichtigung einer bevorstehenden Rechtsänderung zumindest Voraussetzung, letztlich aber wohl auch nicht ausreichend gewesen wäre, an einer hinreichenden Bindung auf der Verwaltungs- und vorbereitenden Ausschussebene. Die beteiligten Ausschüsse haben ausweislich der nachgereichten Satzungsunterlagen erst im November 2005 über die Vorlage entschieden; ferner ist die Einladung zur Kreistagssitzung am 23. November 2005 zwecks Beschluss u.a. über die in Rede stehende Satzungsvorlage erst unter dem 8. November, die Bekanntmachung der Tagesordnung erst am 16. November 2005 erfolgt. Selbst wenn man es für die Darlegung einer bevorstehenden Rechtsänderung nicht für notwendig halten wollte, dass die betreffende Satzung im Kreistag schon beschlossen worden ist, so wäre als Minimum jedenfalls zu fordern, dass sich die Befassung des Kreistages mit der betreffenden Satzungsvorlage schon im Zeitpunkt der Begründung des Zulassungsantrages als sicher darstellt. Dementsprechend müsste dann jedenfalls dargelegt werden können, dass eine Einladung zur Sitzung, in der die Satzung beschlossen werden soll, vorliegt wie auch die Bekanntmachung der Tagesordnung, die die Satzungsvorlage zur Beschlussfassung einbezieht. Frühestens in diesem Zeitpunkt läge eine Sachlage vor, bei der mit hinreichender Sicherheit von einer über Absichtserklärungen der Verwaltung hinausgehenden Anbahnung einer Rechtsänderung durch das zuständige Beschlussorgan gesprochen werden könnte. Danach reichen im vorliegenden Fall die Darlegungen des Beklagten zu einer zu berücksichtigenden bevorstehenden Rechtsänderung nicht aus.

Diesen Überlegungen steht die zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Dezember 2003 nicht entgegen. In jenem Fall bestand keine Veranlassung, näher der Frage nachzugehen, welche Anforderungen an die Konkretisierung einer bevorstehenden Rechtsänderung innerhalb der Frist zur Begründung des Zulassungsantrages zu stellen sind, wenn die Gesetzesvorlage noch nicht beschlossen worden ist. Denn die Zulassungsbewerberin jenes Verfahrens hatte entsprechend der damals vorliegenden Lage des Gesetzgebungsverfahrens innerhalb der Begründungsfrist vorgetragen, dass die einschlägige Gesetzesänderung vom Bundestag schon in dritter Lesung beschlossen worden war und als nicht zustimmungsbedürftiges Gesetz den Bundesrat passiert hatte. Es fehlten somit nur noch Gegenzeichnung des Gesetzes durch den Bundespräsidenten, Ausfertigung und Verkündung des Gesetzes (Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG) eines im Sinne von Art. 78 GG im parlamentarischen Verfahren schon "zustande gekommenen" Gesetzes. Dieser Stand einer bevorstehenden Rechtsänderung ist mit dem hier dargelegten Stand eines Satzungsgebungsverfahrens nicht einmal annäherungsweise vergleichbar.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils sind im Übrigen auch deshalb nicht dargetan, weil nach den im Zulassungsverfahren maßgeblichen Prüfungsgrundsätzen nicht hinreichend sicher festgestellt werden kann, dass die hier einschlägigen, abgesenkten Gebührensätze der neuen Satzung für die Entsorgung von Hausmüll (§ 7 Abs. 1 a AGS-2005) der Höhe nach gerechtfertigt sind. In der Zulassungsbegründung ist nicht näher dargelegt, ob die Berechnungen auf bestimmten prognostischen Ansätzen einer ex-ante Betrachtung beruhen und weshalb die betreffenden Prognosen im damaligen Zeitpunkt so vorgenommen worden wären. Die Begründung der beschlossenen Satzung selbst stellt - wie schon dargelegt - auf Ist-Werte ab, da danach von den tatsächlichen Kosten der Abfallentsorgung im Kreis in der Zeit vom 1. Juli 1998 bis zum 30. April 2002 und den Einnahmen auf der Grundlage der tatsächlich veranlagten Personen und aufgestellten Behälter ausgegangen worden ist (Vorbemerkungen zu den Nachberechnungen Seite 1). Letzteres ist aus den erörterten Gründen ohne eine - hier nicht erkennbare Begründung, dass die tatsächlichen den zu prognostizierenden Werten entsprechen - im Ansatz fehlerhaft, wonach im Zulassungsverfahren jedenfalls nicht im Sinne überwiegender Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann, dass die umstrittene Abgabenfestsetzung auf einem gültigen Gebührensatz beruht. Es ist nicht Sache des Zulassungsverfahrens, den Rechenansätzen der Gebührennachberechnungen der Satzung für die verschiedenen Leistungszeiträume im Einzelnen näher nachzugehen, um zu prüfen, ob sie auch bei einer belegbaren prognostischen Betrachtung ex ante gerechtfertigt wären.

Auch das übrige Vorbringen des Beklagten zur Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts greift nicht durch. Insoweit geht es darum, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht Rücklagen als nicht ansatzfähig bewertet habe, die in die in erster Instanz zur Rechtfertigung der AGS-2000 nachgereichte Gebührenkalkulation von 2004 wegen des ungewissen Ausganges von Nachforderungen bzw. Prozessen, die von den beauftragten Entsorgungsunternehmen zwecks Ausgleichs zugesicherter, aber nicht erreichter Umsätze angestrengt worden seien, eingestellt worden seien. Ob Rücklagen dieser Art im Ausgangspunkt bei einer Nachberechnung des Gebührensatzes ansatzfähig seien, habe das Verwaltungsgericht ohne Grund offen gelassen und stattdessen, wiederum zu Unrecht, die Rücklagen allein deshalb als unzulässig angesehen, weil die den Entsorgungsunternehmen etwa in Aussicht gestellten Gewinne überhöht wären und zu nicht erforderlichen Kosten führen würden. Nach dem Gebot der Vorsicht (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) sei es geboten, offene Prozessrisiken in voller Höhe durch Rücklagenbildung abzusichern; eine Rücklagenminderung sei erst geboten, wenn eine Reduzierung der eingeklagten Forderung absehbar sei.

Nach diesem Vorbringen ist schon unklar, wieso es nach den Darlegungen des Beklagten zu neuem Satzungsrecht auf die Frage der Rücklagenbildung im Berufungsverfahren noch ankommen soll. Die der AGS-2005 zugrunde liegenden Nachberechnungen zur Rechtfertigung der für die verschiedenen Leistungszeiträume beschlossenen Gebührensätze sollen ausweislich der Satzungsbegründung keine Kostenansätze für die umstrittenen Rücklagen enthalten. Zudem wird durch die neue Satzung die AGS-2000 aufgehoben (§ 12 Satz 2 AGS-2005), was ungeachtet der materiellrechtlichen Gültigkeit der Vorschriften der AGS-2005 im Übrigen in jedem Fall verbindlich sein dürfte. Danach fehlt es an einem schlüssigen Vortrag des Beklagten schon insoweit, als es in einem Berufungsverfahren für den Ausgang des Rechtsstreits auf die angeblich vom Verwaltungsgericht fehlerhaft beurteilte Frage entscheidungserheblich auch noch ankommen muss. Die Vorstellung des Beklagten, notfalls sei über die Zulässigkeit der Rücklagen vom Oberverwaltungsgericht auch in einem "obiter dictum" zu entscheiden, geht fehl.

Letztlich hat der Beklagte im Zusammenhang mit der Problematik der Rücklagenbildung aber auch der Sache nach die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht beachtlich erschüttert. Dieses durfte die Frage, ob die umstrittenen Umlagen - ungeachtet ihrer gegenwärtigen Unbestimmtheit - dem Ansatz nach in die Nachkalkulation 2004 eingestellt werden durften, durchaus offen lassen. Aus seiner Sicht kam es auf diese Frage nämlich nicht an. Denn es hielt die Einstellung der Rücklagen deshalb für unzulässig, weil die Erfüllung des von den Entsorgungsunternehmen eingeklagten Gewinnverlustausgleichs gegen den Grundsatz der Erforderlichkeit der Kosten verstoßen würde. Mit der diesbezüglichen Begründung des Verwaltungsgerichts setzt der Beklagte sich aber nicht einmal annäherungsweise hinreichend auseinander. Sein Hinweis auf das bei der Kalkulation und den Kostenansätzen zu beachtende Gebot der Vorsicht trifft nicht die vom Verwaltungsgericht angestellte Überlegung, dass Entgeltvereinbarungen mit Gewinnmargen von mehr als 20 v.H., um die es bei den Prozessen und Rücklagen gehe, nicht mehr kostengerecht seien.

Soweit der Beklagte sich für die Zulassung der Berufung auch darauf beruft, dass die Sache besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten aufweise (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), fehlt es - abgesehen von der Frage der Rücklagenbildung - schon an einer hinreichend konkreten Beschreibung, unter welchem Gesichtspunkt solche Schwierigkeiten in einem Berufungsverfahren auftreten sollten. Wenn er darauf verweist, dass tatsächliche Schwierigkeiten bestünden, weil - gemeint ist wohl im Zusammenhang mit den Nachberechnungen zur AGS-2005 - "umfangreiche Ermittlungen zur Frage des Kostenüberschreitungsverbotes erforderlich" gewesen seien, wird nicht hinreichend deutlich, was aus seiner Sicht insoweit problematisch sein soll. Im Übrigen käme es aus den zum Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO im Zusammenhang mit einer Berücksichtigung der AGS-2005 dargelegten Gründen auf solche Fragen auch nicht an. Entsprechendes gilt, wenn er sich auf besondere rechtliche Schwierigkeiten in Bezug auf die Frage der Rücklagenbildung beruft.

Soweit der Beklagte mit dem Schriftsatz vom 14. Dezember 2005 mitgeteilt hat, der verfahrensgegenständliche Gebührenbescheid werde in Ansehung der neuen Satzung um 4,91 Euro ermäßigt, kann offen bleiben, ob sich die Ermäßigung auf den streitbefangenen Teil des nur teilweise angefochtenen und insoweit aufgehobenen Bescheides bezieht, da sie für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens keine Bedeutung hat. Die Kläger und der Beklagte haben in Ansehung der Ermäßigung der Gebühr eine Erledigungserklärung nicht abgegeben. Danach kommt eine teilweise Einstellung des Klage- oder Zulassungsverfahrens nicht in Betracht. Aber auch ein Teilerfolg des Beklagten im Zulassungsverfahren scheidet aus. Zwar entfällt mit teilweiser Aufhebung des hier beschränkt angefochtenen Bescheides insoweit das Rechtsschutzinteresse für die Klage, was (objektiv) zur teilweisen Unrichtigkeit eines Urteils führt, das den Bescheid in vollem Umfang der Anfechtung aufhebt. Diese Veränderung der Sach- und Rechtslage (sofern sie sich hier auf die Teilanfechtung und -aufhebung des Bescheides beziehen würde) ist im vorliegenden Zulassungsverfahren aber schon deshalb nicht zu berücksichtigen, weil diese Änderung erst nach Ablauf der nach Zustellung des Urteils am 25. August 2005 mit dem 25. Oktober 2005 endenden Frist zur Begründung des Zulassungsantrages eingetreten und mitgeteilt worden ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3, § 47 Abs. 1 und 3 des Gerichtskostengesetzes - GKG -.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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