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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 07.05.2008
Aktenzeichen: OVG 9 S 11.08
Rechtsgebiete: VwGO, KAG


Vorschriften:

VwGO § 80 Abs. 5
KAG § 8 Abs. 2 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 9 S 11.08

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 9. Senat durch den Präsidenten am Oberverwaltungsgerichts Kipp, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Riese und den Richter am Finanzgericht Dr. Beck am 7. Mai 2008 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 20. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerde tragen die Antragsteller.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 520,14 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Das Beschwerdevorbringen, das allein Gegenstand der Prüfung des Oberverwaltungsgericht ist (§ 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO), rechtfertigt keine Änderung des angefochtenen Bescheides.

Der von dem Verwaltungsgericht herangezogene und von den Antragstellern beanstandete Prüfungsrahmen entspricht der ständigen Rechtsprechung des mit Ablauf des 30. Juni 2005 aufgelösten Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg (vgl. nur den vom Verwaltungsgericht zitierten Beschluss vom 23. September 1996 - 2 B 53/96 -), der sich der erkennende Senat angeschlossen hat (vgl. Beschluss vom 1. August 2005 - OVG 9 S 2.05 -, juris). Es ist unbestritten, dass der Untersuchungsgrundsatz (§ 86 VwGO) auch in dem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gilt. Bei der Frage, welchen Umfang und welche Intensität die anzustellenden Ermittlungen haben müssen, ist jedoch der Eilcharakter dieses Verfahrens zu berücksichtigen, dessen Aufgabe es ist, über die Vollziehbarkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bis zur Hauptsacheentscheidung zu beschließen. Danach findet in dem gerichtlichen Aussetzungsverfahren keine umfassende und vertiefte Untersuchung, sondern lediglich eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage statt, die sich auf die Kontrolle der äußeren Gültigkeit der Satzung und sich ersichtlich aufdrängender materieller Satzungsfehler sowie die Prüfung substanziierter Einwände der Antragsteller gegen die Satzung und die Prüfung der sonstigen Voraussetzungen der Abgabenerhebung beschränkt (vgl. Beschluss des Senats vom 1. August 2005, a.a.O.).

Hiervon ausgehend zeigt das Beschwerdevorbringen keinen Änderungsbedarf auf. Der von den Antragstellern erhobene Vorwurf, das Verwaltungsgericht habe die Einordnung der Landstraße als Anliegerstraße thematisiert, obwohl zwischen den Beteiligten unstreitig sei, dass es sich dabei um eine Haupterschließungsstraße handele, geht ins Leere, da den beanstandeten Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Anliegerstraße keine entscheidungserhebliche Bedeutung zukommt.

Die Einwendungen gegen die Abschnittsbildung greifen nicht durch. Der Gemeinde steht für das Ob und das Wie des Ausbaus ein weites Ausbauermessen bis zur Grenze des sachlich Vertretbaren zu. Es ist vorliegend nicht erkennbar, dass die Gemeinde bei der Abschnittsbildung gegen das Willkürverbot verstoßen hat (vgl. hierzu OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 5. November 2002 - 2 M 175/02 -, juris). Die Gemeindevertretung hat mit ihrem Beschluss vom 19. Mai 2005 den auszubauenden (Straßen-)Abschnitt anhand äußerlich erkennbarer Merkmale (Straßenausbau der Landstraße im Abschnitt Altlandsberger Chaussee bis Lerchenstraße) festgelegt und somit in sachgerechter Weise einen selbständig abzurechnenden Abschnitt gebildet (vgl. zur Abschnittsbildung Driehaus in ders., Kommunalabgabenrecht, Stand März 2008, § 8 Rdnr. 111 ff.). Die Zulässigkeit dieser Abschnittsbildung wird entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht dadurch in Frage gestellt, dass im Ergebnis lediglich die Personen zu einem Beitrag herangezogen werden, deren Grundstücke an dem ausgebauten Abschnitt anliegen, während die übrigen Anlieger von Beitragen verschont bleiben. Dies ist vielmehr die Folge des beitragsrechtlichen Vorteilsbegriffs in § 8 Abs. 2 Satz 2 KAG, wonach sich der durch Beiträge abzugeltende Sondervorteil aus der räumlich engen Beziehung des Grundstücks zur ausgebauten Anlage ergibt (sog. Grundstücksbezogenheit des Beitrags, vgl. Driehaus in ders., a.a.O, § 8 Rdnr. 270 ff.).

Der Vorhalt der Antragsteller, das Verwaltungsgericht habe die Entscheidung über die Abschnittsbildung als nicht weiter zu begründenden innerdienstlichen Ermessensakt gewertet und dabei unberücksichtigt gelassen, dass § 8 der Straßenausbaubeitragssatzung (SABS) gerade eine nachprüfbare Ermessens-entscheidung über die Abschnittsbildung verlange, verfängt nicht. Die Entscheidung der Gemeinde, einen Abschnitt zu bilden und gesondert abzurechnen, liegt in ihrem Ermessen (§ 8 Abs. 5 KAG) und wird in den Grenzen des Willkürverbotes maßgeblich von der Vorfinanzierungsfunktion der Abschnittsbildung bestimmt. Der Abschnittsbildungsbeschluss ist aber kein Verwaltungsakt, der den Anforderungen des § 121 AO an die Begründung von Abgabenbescheiden unterliegt (sog. innerdienstlicher Ermessensakt, vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20. Februar 2002 - A 2 S 521/98 -, juris; ebenso zum Erschließungsbeitragsrecht BVerwG, Urteil vom 26. September 1983 - 8 C 47, 67-69.82 -, BVerwGE 68, 48). Durch diese Interpretation des Abschnittsbildungsbeschlusses verliert die Regelung des § 8 SABS nicht - wie die Antragsteller meinen - ihren Anwendungsbereich. Zum einen stellt sie eine ausdrückliche Satzungsermächtigung zur Abschnittsbildung dar und bestimmt insoweit den Abgabentatbestand i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG. Zum anderen bewirkt diese Regelung, dass der Abschnittsbildungsbeschluss nicht in satzungsgemäßer Form veröffentlicht werden muss (vgl. Driehaus in ders., a.a.O., § 8 Rdnr. 111, 114).

Soweit die Antragsteller rügen, das Verwaltungsgericht habe sich bei der Würdigung der einzelnen baulichen Maßnahmen einseitig an der Plausibilität des Vorbringens des Antragsgegners orientiert und beispielhaft auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Ersetzung der Granitborde durch Betonbordsteine verweisen, vermag dies der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, im Rahmen der Beitragserhebung inzident zu prüfen, ob und inwieweit die Gemeinde die sinnvollste und zweckmäßigste Ausbaumaßnahme gewählt hat. Angesichts des weiten Ausbauermessens der Gemeinde ist für die gerichtliche Prüfung entscheidend, ob die konkret vorgenommene Ausbaumaßnahme im Ergebnis das gesetzliche Beitragsmerkmal einer Verbesserung i.S.d. § 8 Abs. 2 Satz 1 KAG erfüllt und die dadurch ausgelöste Kostenfolge sich noch im Rahmen des sachlich Vertretbaren bewegt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. Januar 2008 - 15 A 3195/07 -, juris). Dementsprechend kommt es nicht darauf an, dass jede einzelne getätigte Aufwendung einen Verbesserungsvorteil mit sich bringt, sondern lediglich darauf, dass die Aufwendung Teil der insgesamt einen Verbesserungsvorteil beinhaltenden Ausbaumaßnahme ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30. Oktober 2001 - 15 A 4648/99 -, juris). In zutreffender Anwendung dieses Maßstabes hat das Verwaltungsgericht eine beitragsfähige Verbesserung u.a. in Gestalt der asphaltierten Fahrbahn, des Straßenschichtenaufbaus und der Aufpflasterungen bejaht und ausgeführt, dass diese Verbesserung nicht durch die von den Antragstellern angeführten Verschlechterungen kompensiert wird. Zudem hat das Verwaltungsgericht in nicht zu beanstandender Weise dem weiten Ausbauermessen der Gemeinde Rechnung getragen, indem es deren Entscheidung, die alten Granitborde wegen ihrer Beschaffenheit durch Betonrandsteine zu ersetzen, als nicht unplausibel angesehen und insofern ernstliche Rechtmäßigkeitszweifel verneint hat. Vor diesem Hintergrund kann die Entscheidung der Gemeinde, die Granitborde nicht zu verwenden, allenfalls zu einer - im Hauptsacheverfahren zu klärenden - rechnerischen Minderung des beitragsfähigen Aufwandes führen, soweit diese objektiv wiederverwendungsfähig sind und einen ohne weiteres ermittelbaren, nicht unerheblichen wirtschaftlichen Wert haben (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Auflage 2007, § 33 Rdnr. 15).

Schließlich ist der Straßenausbaubeitragsbescheid nicht wegen unbilliger Härte von der Vollziehung auszusetzen. Eine unbillige und nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte i.S.d. § 80 Abs. 4 Satz 3 Alt. 2 VwGO liegt vor, wenn dem Abgabenpflichtigen durch die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes wirtschaftliche Nachteile drohen, die nicht oder nur schwer gut zu machen sind oder wenn die Vollziehung zu einer Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz führen würde (vgl. zur inhaltsgleichen Vorschrift des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO BFH, Beschluss vom 31. Januar 1967 - VI S 9/66 -, juris). Es kann offen bleiben, ob eine Aussetzung der Vollziehung - ungeachtet der wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragsteller - nur in Betracht kommt, wenn auch Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen (so in ständiger Rechtsprechung der BFH, vgl. statt vieler Beschluss vom 9. Dezember 1999 - III B 16/99 -, juris). Jedenfalls sprechen die von den Antragstellern dargelegten Einkommens- und Vermögensverhältnisse gegen eine unbillige Härte, weil sich daraus nicht ergibt, dass ihnen durch die Vollziehung unzumutbare Nachteile drohen. Die sofortige Zahlung des erhobenen Beitrages und eine etwaige dafür erforderliche Kreditaufnahme stellen Belastungen dar, die nicht über die mit einer Schuldbegleichung allgemein verbundene Härte hinausgehen und keine Aussetzung der Vollziehung rechtfertigen (vgl. BFH, Beschluss vom 2. November 2004 - XI S 15/04 -, juris).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes - GKG -.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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