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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 01.08.2005
Aktenzeichen: OVG 9 S 2.05
Rechtsgebiete: VwGO, KAG


Vorschriften:

VwGO § 146 Abs. 4
VwGO § 80 Abs. 4 Satz 3
VwGO § 80 Abs. 5
VwGO § 86
KAG Bbg § 8
KAG § 12
1. Angesichts des nur summarischen Prüfungsrahmens nach § 80 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 3 VwGO ist es dem Antragsteller zumutbar, sich außerhalb des Gerichtsverfahens bzw. unabhängig davon Akteneinsicht bei der Abgaben erhebenden Behörde zu verschaffen.

2. Im kommunalabgabenrechtlichen Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren ist von der Behörde regelmäßig Akteneinsicht zu gewähren, wenn dadurch Verhältnisse Dritter nicht berührt werden.


OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG Beschluss

OVG 9 S 2.05

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Heranziehung zu Straßenausbaubeiträgen;

hier: Beschwerde

hat der 9. Senat am 1. August 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht , den Richter am Oberverwaltungsgericht und die Richterin am Oberverwaltungsgericht

beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 8. Dezember 2003 wird insoweit geändert, als die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den das Grundstück Gemarkung S. Flur Flurstück betreffenden Beitragsbescheid des Antragsgegners vom 20. Februar 2003 hinsichtlich eines Betrages von 14,50 € und des Widerspruchs gegen den das Grundstück Gemarkung S. Flur Flurstück betreffenden Beitragsbescheid des Antragsgegners vom 20. Februar 2003 hinsichtlich eines Betrages von 1,73 € angeordnet wird. Die Beschwerde der Antragstellerin im Übrigen wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 6 961,19 € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerde gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichts im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Dies erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses. Der Beschwerdeführer muss in der Beschwerdebegründung darlegen, warum er die angefochtene Entscheidung in bestimmten Punkten für unrichtig hält und aus welchen Gründen eine andere Entscheidung des Verwaltungsgerichts geboten ist (vgl. nur OVG Bbg, Beschluss vom 1. Juli 2003 - 2 B 13/03 -, veröffentlicht in Juris, m.w.N.), d.h. aus welchen Gründen eine Änderung des Beschlusses ernsthaft in Betracht zu ziehen ist. Die Prüfung des Oberverwaltungsgerichts beschränkt sich gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO in einer ersten Stufe darauf, ob die Beschwerdebegründung geeignet ist, die Begründung des angefochtenen Beschlusses zu erschüttern; nur wenn dies der Fall ist, ist auf einer zweiten Stufe von Amts wegen zu prüfen, ob sich der Beschluss auf der Grundlage der Erkenntnisse des Beschwerdeverfahrens im Ergebnis als richtig erweist oder geändert werden muss (vgl. den vorzitierten Beschluss des OVG Bbg vom 1. Juli 2003).

Nach diesen Grundsätzen bleibt das vorliegende Rechtsmittel auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens der Antragstellerin überwiegend erfolglos. Insoweit zeigt die Beschwerdebegründung nicht auf, dass die in Anwendung des zutreffenden Prüfungsmaßstabes gewonnene Überzeugung des Verwaltungsgerichts, dass die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beitragsbescheides nicht ernstlich zweifelhaft sei, fehlerhaft ist.

Das gilt zunächst für das Vorbringen der Antragstellerin, das Verwaltungsgericht habe gegen den Untersuchungsgrundsatz des § 86 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - verstoßen, da es die für die Erhebung der umstrittenen Straßenausbaubeiträge maßgeblichen Abrechnungsunterlagen des Antragsgegners nicht beigezogen habe, obwohl dies von ihr, der Antragstellerin, ausdrücklich beantragt und dieser Antrag mit dem weiteren Antrag auf Einsicht in die beizuziehenden Akten verbunden sowie ferner angekündigt worden sei, nach Einsicht in diese Akten weiter vortragen zu wollen. Mit diesem Vortrag macht die Antragstellerin der Sache nach einen Verfahrensfehler geltend, der es, wenn er vorläge, gebieten würde, die betreffenden Unterlagen des Antragsgegners, wie mit der Beschwerde erneut beantragt, im Beschwerdeverfahren beizuziehen und der Antragstellerin sodann Gelegenheit zu geben, ergänzend zur Sache vorzutragen. Der von der Antragstellerin gerügte Verfahrensfehler liegt indessen nicht vor.

Das Verwaltungsgericht hat für die Prüfung ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Beitragsbescheide im Sinne des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO darauf abgestellt, dass solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes erst dann bestehen, wenn ein Erfolg des Rechtsbehelfs in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als sein Misserfolg, wobei für die betreffende Prüfung im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ein im Vergleich zum Hauptsacheverfahren reduzierter Prüfungsrahmen maßgeblich sei. Danach sei regelmäßig von der Gültigkeit des dem Abgabenbescheid zugrunde liegenden Satzungsrechtes auszugehen und habe sich das Gericht auf die Kontrolle der äußeren Gültigkeit der Satzung und sich ersichtlich aufdrängender materieller Satzungsfehler sowie die Prüfung spezieller substanziierter Einwände der Antragsteller gegen die Satzung und die Prüfung der sonstigen Voraussetzungen der Abgabenerhebung zu beschränken. Die betreffende Prüfung finde dort ihre Grenzen, wo es um die Klärung schwieriger Rechts- und Tatsachenfragen gehe; deren abschließende Beurteilung bleibe dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.

Diese Überlegungen zum Prüfungsrahmen des vorliegenden Verfahrens entsprechen der ständigen Rechtsprechung des mit Ablauf des 30. Juni 2005 aufgelösten Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg (vgl. nur den vom Verwaltungsgericht zitierten Beschluss vom 23. September 1996 - 2 B 53/96 -, Mitt.StGB Bbg 11-12/ 1997, S. 22f.), der auch der erkennende Senat folgt. Entsprechend diesem im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO reduzierten Prüfungsrahmen ist die Verpflichtung des Gerichts eingeschränkt, Unterlagen zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit bzw. Gültigkeit der einschlägigen Abgabensatzung beizuziehen. Speziell die Abrechnungsunterlagen, auf die die Antragstellerin als auch im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO notwendig zu prüfende Unterlagen abstellt, gehören nach den dargelegten Prüfungsgrundsätzen nicht zu den nach § 86 VwGO von vornherein und notwendig anzufordernden Akten. Von Interesse sind die Abrechnungsunterlagen nur, wenn die ordnungsgemäße Ermittlung des Beitragssatzes von der Antragstellerseite substanziiert in Frage gestellt worden ist oder sonstige Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Ermittlung des Satzes bestehen. An dieser Betrachtung ändert sich nichts, wenn es der Antragstellerin - wie hier - gerade darum geht, sich erst im Gerichtsverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hinsichtlich der Details der Ermittlung des Beitragssatzes zu informieren und ggf. auf der Grundlage der vom Verwaltungsgericht beigezogenen Unterlagen zur Fehlerhaftigkeit der Satzung vorzutragen. Es liegt nämlich in ihrer Sphäre, sich schon zuvor oder jedenfalls im Verlauf das Gerichtsverfahrens, soweit es möglich und zumutbar ist, durch Akteneinsicht beim Antragsgegner hinsichtlich etwaiger Fehler bei der Ermittlung des Beitragssatzes oder sonstiger Satzungsfehler kundig zu machen. Das ist auch mit Grundsätzen der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Artikel 19 Abs. 4 GG) vereinbar. Auch die Offizialmaxime steht unter dem Vorbehalt zumutbarer prozessualer Mitwirkungspflichten der Beteiligten. So ist der Antragstellerin angesichts des nur summarischen Prüfungsrahmens nach § 80 Abs. 5 Satz 1 i.Vm. Abs. 4 Satz 3 VwGO zumutbar, sich außerhalb des Gerichtsverfahrens bzw. unabhängig davon Akteneinsicht zu verschaffen (vgl. OVG Bbg, Beschluss vom 2. April 1996 - 2 B 6/96 -; ferner BFH, Beschluss vom 26. Mai 1995 - VI B 91/94 -, zitiert nach Juris). Dies gilt auch, wenn - wie hier - gegenüber der Behörde kein regelrechter Anspruch auf Akteneinsicht, sondern nur auf fehlerfreie Ausübung des Ermessens, Akteneinsicht zu gewähren, besteht (vgl. die vorzitierten Beschlüsse). Auch dann muss sich die Antragstellerin zunächst unmittelbar bei der Behörde um Akteneinsicht bemühen, bevor das Gericht etwa gehalten sein könnte, Akten anzufordern, die es nach dem Stand des Verfahrens selbst nicht benötigt.

Im vorliegenden Fall ergibt sich der Anspruch auf Akteneinsicht nach behördlichem Ermessen aus dem nach dem Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg (KAG) einschlägigen Verwaltungsverfahrensrecht. Dieses ist dahingehend ausgestaltet, dass im kommunalen Abgabenrecht im Sinne eines im Abgabenrecht möglichst einheitlichen Verfahrensrechts in § 12 KAG auf bestimmte Vorschriften der Abgabenordnung (AO) verwiesen wird; über § 1 Abs. 3 KAG gilt diese Verweisung auch dann, wenn die betreffenden Abgaben von den Gemeinden und Gemeindeverbänden auf Grund anderer Gesetze als des KAG erhoben werden, soweit diese keine Bestimmung treffen. Ein Rückgriff auf Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Brandenburg (VwVfG) scheidet aus, weil die Verweisung in § 12 KAG abschließender Natur und auch einer ergänzenden Anwendung durch Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes (siehe § 2 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG) nicht zugänglich ist (vgl. OVG Bbg, Beschluss vom 10. Juli 1998 - 2 A 197/97- OVG NW zur vergleichbaren Rechtslage nach § 12 KAG NW, Beschluss vom 27. Oktober 1989 - 2 A 1927/89 -, Gemht 1991, 42).

Die Vorschriften der Abgabenordnung geben keinen unmittelbaren Anspruch auf Akteneinsicht im Verwaltungs- und im Widerspruchsverfahren, wie ihn § 29 VwVfG kennt. Das gilt sowohl für den in § 12 Abs. 1 Nr. 3 a KAG in Bezug genommenen § 91 AO, der das Anhörungsrecht der Beteiligten im abgabenrechtlichen Verwaltungsverfahren regelt, wie auch für § 364 AO, der die Mitteilung der in "Besteuerungsunterlagen" im Einspruchsverfahren gegen den Steuerbescheid betrifft (vgl. dazu BFH, Beschluss vom 4. Juni 2003 - VII B 138/01 -, NVwZ 2004, 382 ff.). Ein Rückgriff auf § 364 AO im kommunalabgabenrechtlichen Verfahren wäre im Übrigen auch deshalb ausgeschlossen, weil § 12 KAG in der hier einschlägigen Fassung eine Verweisung auf § 364 AO nicht (mehr) enthält. Aus den dargelegten Gründen kann auch nicht ergänzend auf § 29 VwVfG zurückgegriffen werden.

Nach dieser Rechtslage ist die Möglichkeit der Akteneinsicht im abgabenrechtlichen Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren aber nicht generell ausgeschlossen. Ein solcher absoluter Ausschluss wäre mit rechtsstaatlichen Grundsätzen der Verwirklichung rechtlichen Gehörs, der Waffengleichheit im Verwaltungsverfahren und dem Grundsatz eines fairen Verfahrens (vgl. zu diesen verfassungsrechtlichen Bezügen des Akteneinsichtsrechts Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Auflage 2003, § 29 RNr. 2 und 3) nicht vereinbar. Dementsprechend ist anerkannt, dass die Gewährung von Akteneinsicht unter der Geltung der Abgabenordnung im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde und ein Anspruch des Abgabenschuldners auf fehlerfreie Ausübung dieses Ermessens besteht (vgl. BFH, a.a.O.). Nicht nur aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität, sondern gerade auch in Ansehung der Praxis der Finanzbehörden, nach bestimmten Ermessensrichtlinien Akteneinsicht zu gewähren, hat der Gesetzgeber der Abgabenordnung auf die Einführung eines Anspruchs auf Akteneinsicht verzichtet (vgl. BFH, a.a.O.). Im Rahmen des ihnen zustehenden Ermessens sollen die Finanzbehörden Akteneinsicht regelmäßig gewähren, wenn dadurch Verhältnisse Dritter nicht berührt werden (BFH, zitierter Beschluss vom 26. Mai 1995 - VI B 91/94 -). Diese Grundsätze gelten auch im kommunalabgabenrechtlichen Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren. Dementsprechend kann die Einsichtnahme in die Satzungs- und speziell dabei auch die Abrechnungsunterlagen für Straßenausbaubeiträge im Regelfall nicht verwehrt werden. Auf einer vergleichbaren Linie liegt die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die Behörde in Fällen, in denen ein Anspruch auf Akteneinsicht auf Grund spezieller Vorschrift nicht besteht, nach pflichtgemäßem Ermessen über einen dahingehenden Antrag zu entscheiden hat, wenn der Betreffende ein - wie es hier nicht zweifelhaft sein kann - berechtigtes Interesse an der Akteneinsicht hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Juni 1989 - 5 B 63.89 -, zitiert nach Juris). Hiernach konnte die Antragstellerin vom Verwaltungsgericht ohne unzumutbare Erschwerung der Rechtsverfolgung mit dem Hinweis, eine Beiziehung weiterer Aktenunterlagen sei nicht beabsichtigt, darauf verwiesen werden, sich beim Antragsgegner selbst um die Einsicht in die Abrechnungsunterlagen zu bemühen. Jedenfalls solange die Antragstellerin dies nicht erfolglos versucht hatte, war das Verwaltungsgericht und ist auch der Senat nicht gehalten, eine Beiziehung der von der Antragstellerin zur Einsicht erwünschenden Unterlagen zu erwägen. Dass sie sich um die Einsicht in die betreffenden Unterlagen beim Antragsgegner vergeblich bemüht hätte, ist von der Antragstellerin weder in erster Instanz noch im Beschwerdeverfahren geltend gemacht worden.

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Beitragsbescheide sind von der Antragstellerin auch nicht insoweit dargelegt, als sie geltend macht, der Antragsgegner habe die Bauleistungen für die im Streit stehende Ausbaumaßnahme unter Verstoß gegen das Gebot einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung nicht ausgeschrieben und habe andererseits nicht substanziiert dargelegt, dass diesem Gebot trotz fehlender Ausschreibung Genüge getan worden sei; insoweit sei der Antragsgegner darlegungspflichtig. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin folgt aus der Tatsache, dass die Bauleistungen für die abgerechnete Ausbaumaßnahme nicht ausgeschrieben worden sind, nicht ohne weiteres eine Vermutung für die Rechtswidrigkeit des Beitragssatzes. Welche rechtliche Bedeutung der Verstoß gegen etwa bestehende Ausschreibungspflichten für die Erhebung von Beiträgen nach § 8 KAG hat, ist in der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg und des erkennenden Senats noch nicht geklärt und eine im vorliegenden summarischen Verfahren auch nicht zu entscheidende Frage. Letzteres geht auch nicht zu Lasten des Antragsgegners, da ein Verstoß gegen haushaltsrechtliche Vorschriften nicht von vornherein zur Rechtswidrigkeit der Beitragserhebung führen muss (vgl. auch hierzu den schon zitierten Beschluss des OVG Bbg. vom 2. April 1996 - 2 B 6/96 -). Soweit der Antragsteller auf die Rechtsprechung von Oberverwaltungsgerichten für andere Bundesländer verweist, kann diese nicht ohne weiteres auf das Kommunalabgabengesetz des Landes Brandenburg übertragen werden, da im Kommunalabgabenrecht die Auswirkungen eines Verstoßes gegen haushaltsrechtliche Vorschriften eine Frage des jeweiligen Landesrechts ist. Im Übrigen hat die Antragstellerin auch nichts dazu vorgetragen, dass der auf die Beitragspflichtigen umgelegte Aufwand völlig außer Verhältnis zum Umfang und zur Qualität der abgerechneten Bauleistungen stünden (vgl. zu diesem Gesichtspunkt ebenfalls den vorzitierten Beschluss vom 2. April 1996).

Soweit die Antragstellerin die Rechtmäßigkeit der den Bescheiden zugrunde liegenden Beitragssatzung damit in Frage stellt, die sich auf Beiträge für den Ausbau der N. im Abschnitt zwischen der Q. und der A. beziehende Einzelsatzung der Stadt hätte einen geringeren Anliegeranteil als geschehen festlegen müssen, vermag die Antragstellerin auch mit diesem Vorbringen nicht durchzudringen. Es kann dahinstehen, ob sich bei näherer Prüfung bestätigen könnte, dass die N. nur deshalb ausgebaut worden ist, um ein neues Gewerbegebiet zu erschließen, wie die Antragstellerin meint, und ob bei der Aufstellung des Bebauungsplans Gewerbegebiet Nord I-III vom 25. Februar 1992 westlich der N. befindliche Gewerbegrundstücke gezielt dadurch von einer Beitragspflicht entlastet worden sind, dass eine zwischen diesen Grundstücken und der Straße befindliche Fläche als öffentliche Grünfläche festgesetzt worden ist. Die Klärung dieser Fragen wie auch der weiteren Frage, ob sich daraus rechtliche Konsequenzen für den Anliegeranteil ergeben könnten, müssen dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Für die hier maßgebliche summarische Prüfung bleibt festzuhalten, dass bei der Aufstellung von Bebauungsplänen ein weites planerisches Ermessen der Gemeinde besteht und es danach von den Eigentümern der von der auszubauenden Straße erschlossenen Grundstücke grundsätzlich hinzunehmen ist, wenn durch die Festsetzung öffentlicher Grünflächen bestimmte Grundstücke von der betreffenden Straße nicht erschlossen werden und sich dadurch für die erschlossenen Grundstücke der Beitrag erhöht. Soweit es um die Höhe des Anliegeranteils geht, der berücksichtigen muss, in welchem Umfang die Allgemeinheit im Verhältnis zu den Anliegern von der Ausbaumaßnahme Vorteile hat (vgl. § 8 Abs. 4 Satz 7 KAG), bestimmt die vorliegende Beitragssatzung vom 26. März 2003 (BS) in § 3 Abs. 2, dass der Anliegeranteil für die Verbesserung der Fahrbahn und die Verbesserung der Radwege bei 40 % des Ausbauaufwandes, dass der Anliegeranteil für die Verbesserung der öffentlichen Straßenbeleuchtung und der Straßenentwässerung bei 50 % und derjenige für die Verbesserung der Gehwege bei 60 % des Ausbauaufwandes liege. Diese Sätze lassen erkennen, dass der Satzungsgeber dem Nutzen der Allgemeinheit durch die Ausbaumaßnahme eine ganz wesentliche Bedeutung beigemessen hat, wonach der Anteil der Allgemeinheit teilweise sogar höher ist als der Anliegeranteil, und dass die Verkehrsbedeutung des ausgebauten Teils der N. für andere Grundstücke als nur die von der Straße erschlossenen Grundstücke entsprechend gewichtig eingeschätzt worden ist. Nach den im vorliegenden Verfahren geltenden Prüfungsmaßstäben ist danach auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Antragstellerin kein ernstlicher Zweifel in die Richtung gegeben, dass die Anliegeranteile zu hoch festgesetzt worden wären. Letztlich wird auch von der Antragstellerin selbst nicht substanziiert dargelegt, in welcher Höhe und auf Grund welcher verkehrsmäßigen Inanspruchnahme der N. durch die nicht von dieser Straße erschlossenen Gewerbegrundstücke die Anliegeranteile niedriger hätten festgesetzt werden müssen.

Schließlich führt auch das Vorbringen der Antragstellerin zu einer fehlerhaften Beschränkung der beitragspflichtigen Flächen durch die Beitragssatzung bzw. einer fehlerhaften Flächenermittlung bei der Festsetzung des Beitragssatzes nicht zu ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Bescheide.

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht nach dem vorliegenden Bebauungsplan Gewerbegebiet Nord I-III sowie der Flurkarte mit der Darstellung des Abrechnungsgebietes aus der auch die Bebauung im fraglichen Gebiet erkennbar ist, darauf abgestellt, es spreche einiges dafür, dass es sich bei allen im Abrechnungsgebiet liegenden Grundstücken um baulich oder gewerblich nutzbare Flächen handele. Danach ist der Beitragsmaßstab zur Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes in § 4 BS bei summarischer Prüfung nicht lückenhaft, wie die Antragstellerin meint. Auch ihre übrigen Einwände greifen nicht durch. Der Antragsgegner hat auf die entsprechenden Vorhalte der Antragstellerin unwidersprochen darauf hingewiesen, dass weder für eine Tiefenbegrenzung noch für private Grünflächen Flächenabzüge vorgenommen worden sind. Zutreffend hat er sich insoweit darauf berufen, dass bei den baulich und gewerblich nutzbaren Grundstücken private Grünflächen von der Beitragspflicht nicht ausgenommen sind. In diesem Sinne, nämlich der Erfassung des gesamten Grundstückes einschließlich etwaiger privater Grünflächen, durfte auch § 4 Abs. 2 BS auszulegen sein, auch wenn dort (nur) von baulich und gewerblich nutzbaren "Flächen" der beitragspflichtigen Grundstücke die Rede ist. Abs. 2 von § 4 BS knüpft nämlich an Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift an, in dem für die Beitragsberechnung auf die Flächen abgestellt wird, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten öffentlichen Einrichtung einen wirtschaftlichen Vorteil zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht bietet und die durch die Anlage, die Gegenstand der beitragsfähigen Maßnahme ist, erschlossen werden. An diesem so beschriebenen Vorteil nehmen auch die privaten Grünflächen teil, was bei der Interpretation der "baulich und gewerblich" nutzbaren "Flächen" in § 4 Abs. 2 BS zu berücksichtigen ist. Die betreffende Satzungsregelung wie auch die in § 4 Abs. 3 BS, die definiert, welche Flächen als baulich oder gewerblich nutzbar gelten, ist danach jedenfalls nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ungültig.

Soweit die Antragstellerin die Aufwandsverteilung auch insoweit angreift, als bei der Flächenermittlung die Flächen unberücksichtigt geblieben sind, die im Bebauungsplan als Standort für eine Fernwärmeversorgung im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 12 des Baugesetzbuches (BauGB) festgesetzt worden sind, begründet das ebenfalls keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Ungültigkeit der Satzungsregelungen zur Aufwandsverteilung, insbesondere auch nicht zum Beitragssatz. Ob und inwieweit und ggf. unter welchen Voraussetzungen Grundstücke, die für Zwecke genutzt werden oder durch Festsetzungen des Bebauungsplans für Zwecke bestimmt sind, die ihrerseits in einem weiteren Sinne der Erschließung von Grundstücken durch Einrichtungen und Anlagen der Entsorgung und Versorgung der Grundstücke dienen, am wirtschaftlichen Vorteil im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 2 KAG durch eine bestimmte Ausbaumaßnahme nicht teilhaben, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung zum Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg noch nicht geklärt. Für die Teilhabe eines für die Fernwärmeversorgung bestimmten Grundstückes am wirtschaftlichen Vorteil einer Ausbaumaßnahme, wie sie hier vorliegt, kann sprechen, dass die Verbesserung der Straßenverhältnisse diesem Grundstück ebenso wie den übrigen Grundstücken im Abrechnungsgebiet im Sinne der Verbesserung seiner wegemäßigen Erschließung zugute kommt und damit auch den Gebrauchswert des Grundstückes steigert. Andererseits könnte die Bindung des Grundstückes an die Nutzung nur für Versorgungszwecke, die der Erschließung anderer Grundstücke dienen, eine solche Vorteilsbetrachtung auch ausschließen (zur Problematik, allerdings auf der Grundlage der insoweit einschlägigen Vorschriften des BBauG bzw. BauGB zum Erschließungsbeitragsrecht vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteile vom 11. Dezember 1987 - 8 C 85.86 -, NVwZ 1988, 632 ff. und vom 23. Oktober 1996 - 8 C 40.95 -, NVwZ 1998, 72 ff.; ferner VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28. Juli 1994 - 2 S 315/94 - und Bayrischer VGH, Urteil vom 18. Mai 1992 - 6 B 87.01614 -, beide Urteil zitiert nach Juris). Aus den eingangs schon dargelegten Gründen ist es indessen nicht Sache des vorliegenden Verfahrens die sich in diesem Zusammenhang ergebenden Fragen zu klären. Die danach offene Rechtslage geht zu Lasten der Antragstellerin.

Einen mit der Beschwerde durchgreifenden Fehler bei der Ermittlung der beitragspflichtigen Grundstücksflächen hat die Antragstellerin auch nicht insoweit aufgezeigt, als sie der Meinung ist, auch die von der N. aus nur über die im Bebauungsplan Gewerbegebiet Nord I-III festgesetzten öffentlichen Grünflächen erreichbaren Grundstücke hätten in die Flächenermittlung einbezogen werden müssen. Richtig ist zwar, dass die Legende des Planes zur Festsetzung öffentlicher Grünflächen den Zusatz enthält: " Zulässig sind Befestigungen wie Grundstückszufahrten und Gehwege. Ausnahmsweise zulässig sind Stellplätze." Auf der Grundlage dieses Zusatzes werden die durch die öffentlichen Grünflächen von der N. getrennten Grundstücke aber noch nicht als so genannte Hinterliegergrundstücke von der N. erschlossen. Zutreffend weist der Antragsgegner darauf hin, dass eine solche Hinterliegererschließung (zumindest) voraussetzt, entweder, dass das Anlieger- und das Hinterliegergrundstück im selben Eigentum stehen, oder dass für das Hinterliegergrundstück neben der tatsächlichen Erreichbarkeit über das Anliegergrundstück eine hinreichende dauerhafte rechtliche Sicherung dieser Erreichbarkeit bestehen muss. Für solche Voraussetzungen hat die Antragstellerin indessen nichts vorgetragen, wobei hier offen bleiben kann, wie eine hinreichende dauerhafte rechtliche Sicherung ausgestaltet sein müsste. Der von der Antragstellerin insoweit angezogene Zusatz im Bebauungsplan für die öffentlichen Grünflächen reicht jedenfalls für eine Hinterliegergrundstückserschließung nicht aus, da er ausschließlich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Anlage von Zufahrten im Bereich der öffentlichen Grünflächen betrifft, nicht aber einen gegenüber der Stadt Cottbus ohne weiteres durchsetzbaren Anspruch auf die Anlage von Zufahrten. Anhaltspunkte, dass im Zeitpunkt der Entstehung der Beitragspflicht zu den jenseits der öffentlichen Grünflächen liegenden Grundstücke schon Zufahrten zur N. angelegt gewesen wären, was unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls für eine Hinterliegergrundstückserschließung ausreichen könnte (vgl. OVG NW, Beschluss vom 17. Mai 2004 - 15 B 747/04 -, NVwZ-RR 2004, 784) ergeben sich aus dem Beschwerdevorbringen der Antragstellerin nicht, da sie ausschließlich darauf hingewiesen hat, dass auf den öffentlichen Grünflächen teilweise Stellplätze angelegt worden seien.

Nach alledem war die Beschwerde im Wesentlichen zurückzuweisen. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs allerdings insoweit zu Unrecht abgelehnt, als der Antragsgegner in den angefochtenen Bescheiden für die Beitragsberechnung nicht den in der Beitragssatzung (§ 6) festgelegten Beitragssatz von 4,10 €/m2 angewandt, sondern den Beitrag nach einem Satz von 4,10239 €/m2 berechnet hat. Im Hinblick darauf war die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 20. Februar 2003, der das Grundstück Gemarkung Schmellwitz Flur Flurstück betrifft, hinsichtlich eines Betrages von 14,50 € (0,00239 €/m² x 6.065,94 m²) anzuordnen und für den Bescheid des Antragsgegners vom 20. Februar 2003, der das Grundstück Gemarkung Schmellwitz Flur 70 Flurstück 175/5 betrifft, hinsichtlich eines Betrags von 1,73 € (0,00239 €/m² x 721,50 m²).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 20 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes - GKG a.F. -, das hier gemäß § 72 Nr. 1 des Gerichtskostengesetzes i.d.F. des Artikels 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718) noch in der bis zum 30. Juni 2004 geltenden Fassung anzuwenden ist.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG a.F.).

Ende der Entscheidung

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