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Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin
Beschluss verkündet am 15.11.2002
Aktenzeichen: 8 SN 258.00
Rechtsgebiete: Genfer Konvention, AuslG 1990, BSHG, HumHAG, Prot. Nr. 4 z. Konv. z. Schutze d. Menschenr. u. Grundfr. v. 16. Sept.1963


Vorschriften:

Genfer Konvention Art. 31 Abs. 2
Genfer Konvention Art. 26
Genfer Konvention Art. 23
AuslG 1990 § 12
AuslG 1990 § 14
BSHG § 120 Abs. 5
HumHAG § 1
Prot. Nr. 4 z. Konv. z. Schutze d. Menschenr. u. Grundfr. v. 16. Sept.1963 Art. 2 Abs. 1
Zur Anwendbarkeit der Genfer Konvention und des § 120 Abs. 5 BSHG auf eine ausländerrechtliche Beschränkung der Wohnsitzwahl.

Jüdische Emigranten, die nach dem sog. Grundsatzerlass des Auswärtigen Amtes vom 25. März 1997 Aufnahme gefunden haben, sind keine Flüchtlinge im Sinne des § 1 HumHAG (wie OVG Berlin, DVBl 2001, 574 = NVwZ Beil. I, 2001, 43).

Die ihnen für die Dauer des Sozialhilfebezugs auferlegte Verpflichtung zur Wohnsitznahme in einem bestimmten Bundesland verstößt nicht gegen Art. 2 Abs. 1 Protokoll Nr. 4 zur Konvention zum Schütze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 16. September 1963.


OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN BESCHLUSS

Aktenzeichen OVG 8 SN 258.00

Berlin, den 15. November 2002

In der Verwaltungsstreitsache

Tenor:

wird der Antrag der Antragstellerin, die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 14. November 2000 zuzulassen, abgelehnt und verworfen.

Der Zulassungsantrag, für dessen Zulässigkeit noch das Verfahrensrecht in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung maßgeblich ist (§ 194 Abs. 2 VwGO i.d.F. des Art. 1 Nr. 28 des Gesetzes zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess vom 20. Dezember 2001 [BGBl. I S. 3987]) ist teils unbegründet, teils unzulässig. Der Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Verwaltungsgerichtsentscheidung (§§ 146 Abs. 4 a.F., 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nicht gegeben, derjenige grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§§ 146 Abs. 4 a.F., 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht den prozessualen Erfordernissen genügend dargelegt worden.

Für den erstgenannten Zulassungsgrund sind zumindest gewichtige Gesichtspunkte erforderlich, die eine der Antragstellerin günstige Erfolgsprognose erlauben. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung erster Instanz liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die verwaltungsgerichtliche Entscheidung einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird, wenn also ein Erfolg der Angriffe gegen die erstinstanzliche Entscheidung wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg (vgl. Senatsbeschlüsse vom 19. August 1997 - OVG 8 SN 295.97 - NVwZ 1998, 197, vom 15. Juli 1999 - OVG 8 N 10.99 - und vom 29. Juli 1999 - OVG 8 N 33.99 - und st. Senatsrspr.; HessVGH, InfAuslR 2000, 497; vgl. auch Seibert, NVwZ 1999, 113, 115 m.z.N.). Das ist nicht der Fall.

Mit dem angegriffenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid des Landeseinwohneramts Berlin vom 19. September 2000 wiederherzustellen, abgelehnt. Durch diesen Bescheid wird der von der Ausländerbehörde der Stadt Frankfurt/Oder verfügte Widerruf der Beschränkung der Wohnsitznahme auf das Land Brandenburg unter Anordnung der sofortigen Vollziehung zurückgenommen, die der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis der Antragstellerin ursprünglich beigefügt worden war. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Die Rücknahme sei rechts- und ermessensfehlerfrei, denn der Widerruf jener Nebenbestimmung sei rechtswidrig gewesen. Die Wohnsitzauflage sei ihrerseits nicht zu beanstanden, insbesondere mit höherrangigem innerstaatlichen Recht und völkerrechtlichen Übereinkommen vereinbar.

Demgegenüber hat die Antragstellerin mit ihrem Zulassungsvorbringen ergebnisrelevante Richtigkeitszweifel nicht aufgezeigt.

Es trifft schon nicht zu, dass das Verwaltungsgericht ausgeführt habe, auf die Antragstellerin sei die Genfer Flüchtlingskonvention anwendbar. Vielmehr werden in den Beschlussgründen lediglich erstinstanzlich von der Antragstellerin angesprochene, vermeintliche Verstöße (u.a.) gegen die Konvention geprüft und verneint. Daraus kann - anders als im gegenteiligen Fall einer Bestätigung solcher Verstöße - nicht geschlossen werden, die Konvention werde definitiv für einschlägig gehalten. Die Vorinstanz brauchte sich insoweit nicht festzulegen, weil sie das Verwaltungshandeln für mit den Bestimmungen der Flüchtlingskonvention vereinbar hielt.

Ebenfalls fehl geht das Zulassungsvorbringen, soweit es die verwaltungsgerichtliche Verneinung von Verstößen gegen einzelne, von der Antragstellerin für einschlägig gehaltene Konventionsbestimmungen angreift. Ihre Bedenken gegen die Richtigkeit der Annahme, dass sie sich gegenüber der Wohnsitzbeschränkung nicht auf Art. 31 Abs. 2 (- der von ihr stattdessen genannte Art. 30 GFK hat die gänzlich sachverhaltsfremde "Überführung von Vermögenswerten" zum Regelungsgegenstand -) GFK berufen kann, weil diese Bestimmung nur Flüchtlinge betrifft, die sich - so die Überschrift - "nicht rechtmäßig im Aufnahmeland aufhalten", wohingegen die Antragstellerin sich rechtmäßig, nämlich mit Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufhält, sind unbegründet. Nach der Überschrift und mit der deutlichen Bezugnahme der Wendung "diese Flüchtlinge" ("such refugees", cés refugiés") in Abs. 2 auf den in Abs. 1 angesprochenen Personenkreis beschränkt sich die Bestimmung ersichtlich darauf, ausschließlich solche Flüchtlinge zu begünstigen, die sich unrechtmäßig in einem fremden Staat aufhalten (Davy, Asyl und internationales Flüchtlingsrecht, Wien 1996, S. 186 f.). Auf Grund der Entstehungsgeschichte sowie nach Sinn und Zweck regelt die Bestimmung einen minimalen und vorübergehenden Anfangsstatus speziell der illegal eingereisten und aufhältlichen Flüchtlinge in der Übergangsphase während der Illegalität bis zur Regelung ihrer Rechtsstellung oder ihrer Aufnahme in einem anderen Land (Davy, a.a.O. S. 180 ff., insbesondere 182 und 185). Ein derartiges Stadium der Illegalität hat für die Antragstellerin niemals bestanden.

Für Flüchtlinge, die sich rechtmäßig im Gebiet des Aufnahmestaates befinden, ergibt sich die räumliche Regelung des Aufenthalts aus Art. 26 GFK. Ihnen wird danach grundsätzlich das Recht gewährt, ihren Aufenthalt zu wählen und sich frei zu bewegen, dies allerdings vorbehaltlich der Bestimmungen, die allgemein auf Ausländer unter den gleichen Umständen Anwendung finden. Gewährt wird hiernach die Gleichbehandlung nur mit anderen Ausländern. Der Vorbehalt lässt räumliche Beschränkungen nach dem allgemeinen Ausländerrecht zu, mithin auch solche einer Beschränkung der Wohnsitzwahl in der Gestalt einer Auflage gemäß § 14 AuslG. Allein um diese handelt es sich hier; denn § 12 Abs. 1 AuslG ist schon deshalb nicht einschlägig, weil der Geltungsbereich der Aufenthaltserlaubnis für einen rechtmäßigen Aufenthalt im ganzen Bundesgebiet nicht eingeschränkt wird (Discher in GK AuslR, April 2001, § 12 RdNrn. 251 ff.). Es steht außer Frage, dass diese Rechtsgrundlage unterschiedslos auf alle Ausländer anwendbar ist und unter den gleichen Voraussetzungen solche Auflagen auch für Ausländer zulässt, die nicht Flüchtlinge sind.

Das Vorbringen der Antragstellerin zu Art. 23 GFK und § 120 Abs. 5 Satz 2 BSHG liegt im Ansatz neben der Sache. Insbesondere die von ihr aufgeworfene Frage nach der Einschränkung der Freizügigkeit von Konventionsflüchtlingen durch § 120 Abs. 5 Satz 2 BSHG stellt sich nicht. Die Vorschrift fällt nicht unter den Vorbehalt nach Art. 26 GFK. Sie schränkt nicht die Freizügigkeit, sondern das Recht auf Fürsorge ein. Nur in diesem Zusammenhang kann deshalb auch die von der Antragstellerin für relevant gehaltene speziell fürsorgerechtliche Gewährleistung der Inländergleichbehandlung in Art. 23 GFK Bedeutung erlangen (vgl. BVerwGE 111, 200, 209). Ein Ge- oder Verbot von Freizügigkeitsbeschränkungen für Ausländer enthält indes auch diese Bestimmung nicht.

Zulassungsrelevanz gewinnt dieses Vorbringen der Antragstellerin im Ergebnis auch dann nicht, wenn der Senat ihm die Erwägung entnimmt, die Unanwendbarkeit der in § 120 Abs. 5 Satz 2 BSHG normierten Einschränkung der vollen Sozialhilfegewährung auf Flüchtlinge im Sinne der Genfer Konvention (BVerwG, a.a.O. S. 213) gelte gleichermaßen für die in § 120 Abs. 5 Satz 1 BSHG geregelte Fallgestaltung eines Verstoßes gegen eine konkret verfügte ausländerrechtliche räumliche Beschränkung, weil die Inländergleichbehandlung für beide Varianten Geltung beanspruche. In der Tat könnte die Wohnsitzbeschränkung ihr Ziel nicht erreichen, der unerwünschten Verlagerung von Sozialhilfelasten durch Binnenwanderung in andere Bundesländer entgegenzuwirken, um die angemessene Verteilung der Belastungen beizubehalten und zugleich missbräuchlicher (mehrfacher) Inanspruchnahme von Sozialhilfe vorzubeugen, wenn die Leistungen auch außerhalb des Gebietes, auf das die Wohnsitznahme beschränkt worden ist, in unvermindertem Umfang anfielen. Gegen eine derartige Erstreckung der Unanwendbarkeit von § 120 Abs. 5 Satz 2 BSHG für Konventionsflüchtlinge auf die Fälle des Verstoßes gegen eine nach Art. 26 GFK zulässigerweise bestehende ausländerrechtliche räumliche Beschränkung nach § 120 Abs. 5 Satz 1 BSHG spricht jedoch, dass Art. 23 GFK die fürsorgerechtliche Inländergleichbehandlung solchen Flüchtlingen gewährleistet, die sich in dem fremden Staatsgebiet "rechtmäßig" aufhalten. In diesem Merkmal könnte eine Verweisung auf das nationale Aufenthaltsrecht liegen, so dass die Gewährleistung des Rechts auf Fürsorge möglicherweise das Recht auf freie Wahl des Aufenthaltsortes nicht mit der Folge einschließt, den Ort der Fürsorgeleistungen bestimmen zu dürfen, vielmehr insoweit allein Art. 26 GFK maßgebend ist (vgl. BVerwGE 111, 200, 209 unter Hinweis auf BVerwGE 100, 335, 346). Wenn nämlich dem Aufenthaltsrecht nach nationalem Ausländerrecht eine räumliche Beschränkung beigefügt und dadurch das gemäß Art. 26 GFK gewährleistete Freizügigkeitsrecht wirksam eingeschränkt worden ist, kann die Inländergleichbehandlung im Bereich der öffentlichen Fürsorge und sonstigen Hilfeleistungen möglicherweise von vornherein nur in dem Teil des Bundesgebietes beansprucht werden, der sich aus der Beschränkung ergibt (so Deiseroth, ZAR 2000, 7, 14).

Angesichts dieser beachtlichen Gegenposition kann die dem Antragsvorbringen etwa zu entnehmende These, dem Aufenthaltsrecht von Konventionsflüchtlingen dürften ausländerrechtliche räumliche Beschränkungen zur Steuerung einer angemessenen Soziallastenverteilung schlechthin nicht beigefügt werden, ernstliche Richtigkeitszweifel im Sinne überwiegender Aussichten auf einen Rechtsmittelerfolg nicht vermitteln. Sofern die damit angesprochene Rechtsfrage als schwierig anzusehen sein sollte, weil sie sich nicht bereits im Zulassungsverfahren zuverlässig beantworten lässt, und deshalb der Ausgang des Verfahrens als offen angesehen wird, kann zwar generell auch ohne spezifischen Vortrag zu diesem Zulassungsgrund eine Zulassung der Beschwerde gemäß §§ 146 Abs. 4 a.F., 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache in Betracht kommen (st. Senrspr.; vgl. auch Seibert, DVBl. 1997, 932, 935 f.; OVG Niedersachsen, NVwZ 1997, 1229; Kuhla/Hüttenbrink, DVBl. 1999, 898, 904; Uechtritz? NVwZ 2000, 1217, 1219 f.). Die aufgezeigte Schwierigkeit bedürfte jedoch nicht der Lösung in einem Beschwerdeverfahren, weil sich die daraus sich ergebende Frage für die Entscheidung nicht stellte. Die Beschwerde würde vielmehr unabhängig hiervon erfolglos bleiben, weil die Antragstellerin als jüdische Emigrantin aus dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion entgegen ihrer im Antrags- und Zulassungsvorbringen durchgängig vertretenen Auffassung nicht Kontingentflüchtling ist.

Die Ansicht der Antragstellerin, ihre Aufnahme als jüdische Emigrantin aus der ehemaligen Sowjetunion erfülle alle Tatbestandsmerkmale des § 1 des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge - HumHAG - vom 22. Juli 1990 (BGBl. I S. 1057), zuletzt geändert durch Gesetz vom 29. Oktober 1997 (BGBl. I S. 2584), so dass dieses sog. Kontingentflüchtlingsgesetz direkt auf sie anzuwenden sei, ist unrichtig. Das Gesetz betrifft zwar Personen, die im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen im Bundesgebiet aufgenommen worden sind. Es gilt aber nicht allgemein für Ausländer, denen aus humanitären Gründen Aufenthalt gewährt wird, sondern nur für ausländische Flüchtlinge. Das setzt voraus, dass die aufzunehmenden Personen sich in einer Verfolgungssituation befinden oder ihre Lage durch ein Flüchtlingsschicksal gekennzeichnet ist (BVerwG 9 C 77.89, Urteil vom 17. Februar 1992, NVwZ 1993, 187). So liegt der Fall der Antragstellerin als jüdische Emigrantin indes nicht. Die Aufnahme dieses Personenkreises erfolgt in einem geregelten Verfahren nach dem sog. Grundsatzerlass des Auswärtigen Amtes vom 25. März 1997 (vgl. dazu Hochreuter, NVwZ 2000, 1376 ff.), der auf dem Grundgedanken der Wiedergutmachung beruht, Juden in der früheren Sowjetunion vor antisemitischen Pressionen zu schützen und ihnen eine Heimat zu bieten, und wesentlich die Stärkung der jüdischen Gemeinden in Deutschland bezweckt. Aktuelle Verfolgungssituationen und konkrete Flüchtlingsschicksale werden für die Aufnahme nicht vorausgesetzt oder festgestellt und sind wohl auch nicht anzunehmen. Die Aufnahmekriterien sind andere. Es kommt maßgeblich auf die Herkunft aus einem der Länder der ehemaligen UdSSR und vor allem auf die jüdische Abstammung an. Dementsprechend erfolgt die Aufnahme nach dem genannten Grundsatzerlass (Geschäftszeichen 514-516.20/7) nicht gemäß, sondern ausdrücklich "analog zum Gesetz über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge (KontingentflüchtlingsG) vom 22.07.1980". Die Analogie hat ihren Grund erkennbar in dem Bestreben, den Emigranten auf der Grundlage dieses Gesetzes sogleich die unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilen und zahlreiche Leistungen zur Eingliederung und Lebenssicherung gewähren zu können. Die voraussetzungsunabhängige Verleihung des Flüchtlingsstatus unmittelbar nach § 1 Abs. 1 HumHAG (= KontingentflüchtlingsG) ist damit nicht verbunden. Ebenso wenig kann die Rechtsstellung der aufgenommenen jüdischen Zuwanderer unter den Voraussetzungen der §§ 2 a und 2 b des Gesetzes erlöschen oder widerrufen werden, eben weil sie keine Flüchtlinge sind. Sie genießen deshalb abweichend von § 1 Abs. 1 HumHAG auch nicht die Rechtsstellung nach den Art. 2 bis 34 GFK und erhalten beispielsweise in Brandenburg (Erlass Nr. 129/2000 des Ministeriums des Innern vom 26. Oktober 2000) abweichend von § 2 HumHAG eine Statusbescheinigung mit dem Inhalt: "Der Inhaber dieser Bescheinigung ist als Zuwanderer in entsprechender Anwendung des HumHAG aufgenommen worden" (vgl. zum Ganzen eingehend OVG Berlin, Beschluss vom 5. Februar 2001 - 6 S 51.00 -, DVBl. 2001, 574 f. = NVwZ, Beil. I, 2001, 43 - die dortigen Antragsteller waren ebenfalls von dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens vertreten, die sich deshalb auch hier dazu eingehend geäußert haben; ebenso und hierauf Bezug nehmend Senatsbeschluss vom 1. November 2001 - OVG 8 N 37.01 -).

Mit Recht hat das Verwaltungsgericht schließlich ausgeführt, dass aus dem Protokoll Nr. 4 zur Konvention zum Schütze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 16. September 1963 (BGBl. II 1968 S. 423, 1109), nach dessen Art. 2 Abs. 1 jedermann, der sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Staates aufhält, das Recht hat, sich dort frei zu bewegen und seinen Wohnsitz frei zu wählen, kein Verbot der in Rede stehenden räumlichen Beschränkung folgt. Denn der Aufenthalt der Antragstellerin ist nur insoweit "rechtmäßig" im Sinne der Bestimmung, als sie nicht gegen Grenzen verstößt, die ihre Aufenthaltserlaubnis vorsieht (vgl. BVerwGE 100, 335, 346 = InfAuslR 1996, 392, 396). Solche Grenzen zieht hier die Auflage, den Wohnsitz nur im Land Brandenburg zu nehmen; nur bei Beachtung dieser Auflage ist der Aufenthalt rechtmäßig. Darin liegt entgegen der Rüge der Antragstellerin kein Zirkelschluss, sondern die zulässige Bestimmung der Rechtmäßigkeitskriterien für das konkrete Aufenthaltsrecht. Das Merkmal des rechtmäßigen Sich-Aufhaltens im Hoheitsgebiet eines Staates verweist auf das jeweilige innerstaatliche Recht (EKMR, Entscheidung, vom 1. Dezember 1986, Beschwerde Nr. 11825/85, NVwZ 1988, 286). Diesem Recht und den staatlichen Organen ist es vorbehalten, die Voraussetzungen aufzustellen, die erfüllt sein müssen, damit der Aufenthalt einer Person in dem Staatsgebiet als rechtmäßig angesehen werden kann (EKMR, a.a.O., S. 237). Ist eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund innerstaatlicher Vorschriften räumlich beschränkt, ist nur der dieser Beschränkung entsprechende Aufenthalt im Hoheitsgebiet dieses Staates "rechtmäßig".

Nach alledem brauchte der Senat der Frage nicht nachzugehen, ob die ursprüngliche Wohnsitzauflage, die im Zeitpunkt ihrer "Streichung" (durch Widerruf) längst bestandskräftig war, allein auf Grund der Rücknahme dieses Widerrufs erneut einer Rechtmäßigkeitsprüfung unterzogen werden kann, obwohl auch die Rücknahmewirkung ex tunc nur bis zum Erlass des Widerrufs zurückreicht und deshalb lediglich diejenigen rechtlichen Verhältnisse wieder erstehen dürften, die in jenem Zeitpunkt bestanden.

Die Beschwerde kann auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen werden. Die Grundsatzbedeutung ist schon nicht hinreichend dargelegt.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, die eine in dem angestrebten Rechtsmittelverfahren klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage von fallübergreifender Bedeutung aufwirft. Dargelegt sind diese Zulassungsvoraussetzungen, wenn der Zulassungsantrag eine bestimmte Rechtsfrage formuliert, deren Entscheidungserheblichkeit erkennen lässt und zumindest einen Hinweis auf den Grund enthält, der die Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll (st. Senatsrspr.). An allem fehlt es hier. Weder reicht die substanzlose Wendung, die Voraussetzung ergäbe sich aus der großen Zahl anhängiger Verfahren, aus, um die grundsätzliche Bedeutsamkeit aufzuzeigen, noch hat die Antragstellerin eine Rechtsfrage formuliert und deren Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit im angestrebten Beschwerdeverfahren erläutert. Sollte ihrem Vorbringen sinngemäß die Frage entnommen werden dürfen, ob eine ausländerrechtliche Einschränkung der Wohnsitznahme zum Zwecke der Verhinderung einer Verlagerung von Sozialhilfelasten auch gegenüber Konventionsflüchtlingen erfolgen kann, könnte sie nicht zur Beschwerdezulassung führen, weil die Antragstellerin - wie dargelegt - nicht die Rechtsstellung nach der Genfer Flüchtlingskonvention inne hat, so dass sich diese Frage nicht stellte.

Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Der Wert des Antragsgegenstandes wird auf 2 045,17 € (entsprechend 4 000 DM) festgesetzt (§ 20 Abs. 3, § 13 Abs. 1, § 14 Abs. 3 GKG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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